04.01.2014 Aufrufe

PDF-Ausgabe - G´sund Online

PDF-Ausgabe - G´sund Online

PDF-Ausgabe - G´sund Online

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

36<br />

GESUNDHEIT & FORSCHUNG<br />

Alpha-1-Antitrypsinmangel<br />

Genetischer Defekt in den Leberzellen verursacht Lungenschwäche<br />

Mit jedem Atemzug,<br />

mit dem<br />

wir den Sauerstoff in<br />

die Lunge bringen,<br />

atmen wir Millionen<br />

von Schadstoffpartikeln<br />

und Krankheitserregern<br />

ein. Aus<br />

diesem Grund besitzen<br />

unsere Bronchien<br />

OA Dr. Norbert<br />

Kaufmann, Innere<br />

Medizin 2, LKH Graz<br />

West.<br />

ein ausgeklügeltes<br />

Reinigungssystem<br />

und die Lungenbläschen werden durch spezielle<br />

Abwehrzellen geschützt. Sie sind mit<br />

speziellen „Waffen“, nämlich mit aggressiven<br />

eiweißspaltenden Substanzen, so genannten<br />

„Proteasen“ ausgestattet, die die<br />

eindringenden Bakterien, Viren, Pilzsporen<br />

usw. nach Aufnahme in ihr Zellinneres<br />

zerstören.<br />

Schutzmechanismus der Natur<br />

Im Abwehrkampf mit den Eindringlingen<br />

gehen jedoch auch diese Abwehrzellen zugrunde.<br />

Dadurch werden ihre Proteasen freigesetzt<br />

und zerstören nun körpereigenes Gewebe.<br />

Besonders anfällig auf diese Enzyme<br />

sind die elastischen Fasern der Lunge. Die<br />

Folge wäre ein permanentes Schwinden der<br />

Lungenbläschen und die Ausbildung einer<br />

Lungenüberblähung.<br />

Um dies zu verhindern, hat uns die Natur mit<br />

einem Schutzmechanismus versehen. In den<br />

Leberzellen werden Eiweißkörper erzeugt,<br />

die in die Blutbahn abgegeben werden und<br />

so in die Lunge gelangen, wo sie diese aggressiven<br />

Proteasen rasch binden und inaktivieren<br />

können. Diese Antiproteasen verhindern<br />

damit ein vorzeitiges „Altern“ der Lunge<br />

und die Ausbildung des Lungenemphysems.<br />

Die wichtigste Antiprotease ist das<br />

„Alpha-1-Antitrypsin“.<br />

Gendefekt verursacht<br />

Lungenemphysem<br />

Bei einem Teil der Menschen jedoch kommt<br />

es aufgrund eines genetischen Defektes in<br />

den Leberzellen zur Bildung eines minderwertigen<br />

Alpha-1-Antitrypsin-Moleküls, das<br />

die Proteasen in der Lunge je nach Art des<br />

Gendefektes nur unzureichend zu binden und<br />

zu inaktivieren vermag.<br />

• In der „heterozygoten“ Form wird das defekte<br />

Chromosom nur von einem Elternteil<br />

Die hier gezeigten anatomischen Strukturen der Lunge<br />

werden bei Alpha-1-Antitrypsinmangel schrittweise<br />

zerstört. Dies führt zu einer überblähten Lunge<br />

(Lungenemphysem).<br />

weitervererbt und führt zur Ausbildung einer<br />

Schwachform der Erkrankung.<br />

• Bei der „homozygoten“ Form kommt es zu<br />

einer massiven Produktionsstörung des Alpha-1-Antitrypsins<br />

in den Leberzellen, da<br />

von beiden Elternteilen jeweils ein defektes<br />

Chromosom weitervererbt wird.<br />

Die Häufigkeit der homozygoten Form, also<br />

der vollständigen Ausprägung des Alpha-1-<br />

Antitrypsinmangels (auch als Al-Proteasen-<br />

Inhibitormangel bezeichnet) beträgt in Europa<br />

0,01–0,02 % der Bevölkerung mit einem<br />

Nord-Süd- und West-Ost-Gefälle. Er ist die<br />

häufigste genetische Ursache von Lungenemphysemen<br />

bei Erwachsenen.<br />

Lungenemphysem und<br />

Behandlungsmöglichkeiten<br />

Je nach Art des Gendefektes kommt es bei<br />

den meisten Betroffenen schon im 3. bis 4.<br />

Lebensjahrzehnt zum Schwinden<br />

der Lungenbläschen. Die<br />

Folge ist eine allmählich zunehmende<br />

Atemnot bei Belastung<br />

durch Kollaps der Bronchien<br />

während der Ausatmung<br />

und damit kommt es zu einer<br />

Überblähung der Lunge mit<br />

dem Gefühl ersticken zu müssen.<br />

Bei einem Teil der betroffenen<br />

Personen kommt es<br />

schon im Kindesalter zur Ausbildung<br />

einer Leberzirrhose<br />

(knotiger Umbau der Leber bis<br />

zur vollständigen Zerstörung).<br />

Die Ursache ist neben dem genetisch<br />

bedingten Synthesefehler<br />

zur Bildung des Alpha-1-<br />

Antitrypsins ein weiterer Erbdefekt,<br />

der verhindert, dass die<br />

fehlgebildeten Eiweißmoleküle<br />

in den Leberzellen abgebaut<br />

werden können. In seltenen<br />

Fällen können eine Entzündung des Unterhautfettgewebes,<br />

Muskelschmerzen, Leberkrebs<br />

und rheumatische Beschwerden<br />

beobachtet werden.<br />

Das Lungenemphysem wird mit den üblichen<br />

inhalativen bronchialerweiternden Medikamenten<br />

wie Betamimetika, Anticholinergika<br />

und Kortisonpräparaten behandelt. Dazu<br />

kommt eine wöchentliche intravenöse Substitutionstherapie<br />

mit dem Alpha-1-Antitrypsin.<br />

Diese Behandlung ist bis zum Lebensende<br />

durchzuführen. Zur Vermeidung von<br />

Atemwegsinfekten sollten Betroffene die<br />

nötigen Schutzimpfungen durchführen lassen.<br />

Als besonders vorteilhaft hat sich gezieltes<br />

körperliches Aufbautraining bewährt.<br />

In den fortgeschrittenen Stadien ist eine<br />

Sauerstoff-Langzeittherapie notwendig. ■<br />

norbert.kaufmann@lkh-grazwest.at<br />

Guideline für G’sund-Beiträge<br />

Diese Guideline bietet einen Überblick über die Art der Textgestaltung,<br />

Fotoqualität und -überlieferung für G’sund-Beiträge.<br />

Beispiele dienen der zusätzlichen Orientierung.<br />

■<br />

Mehr dazu:<br />

www.gsund.net ➟ G’sund online ➟ Guideline G’sund Beiträge<br />

Juni 2006<br />

Menschen helfen Menschen

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!