Wehrwissenschaftliche Forschung Jahresbericht 2012
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<strong>Forschung</strong>saktivitäten <strong>2012</strong><br />
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Dipl.-Ing. Stephan Dill<br />
Deutsches Zentrum für Luft- und<br />
Raumfahrt,<br />
Institut für Hochfrequenztechnik und<br />
Radarsysteme, Oberpfaffenhofen<br />
stephan.dill@dlr.de<br />
SUMIRAD – ein schneller MMW-Radiometerscanner zur verbesserten<br />
Aufklärungsfähigkeit militärischer Fahrzeuge<br />
Heutzutage müssen Streitkräfte in unterschiedlichen Einsatzszenarien<br />
bestehen. In urbaner Umgebung ist der Führer<br />
der Vorhut eines Konvois mit einer komplexen Bedrohungssituation<br />
konfrontiert. Erkennung von Bedrohungen durch<br />
geeignete Aufklärungssensoren ist daher wichtig. Das Institut<br />
für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme des Deutschen<br />
Zentrums für Luft-und Raumfahrt (DLR) hat hierfür das<br />
SUMIRAD-System entwickelt, ein radiometrisches Abbildungsgerät<br />
im Millimeterwellenbereich (MMW) zur fahrzeuggestützen<br />
Aufklärung.<br />
Dr. Markus Peichl<br />
Deutsches Zentrum für Luft- und<br />
Raumfahrt,<br />
Institut für Hochfrequenztechnik und<br />
Radarsysteme, Oberpfaffenhofen<br />
markus.peichl@dlr.de<br />
Für Militärfahrzeuge besteht in urbaner Umgebung häufig<br />
eine asymmetrische Bedrohung durch sogenannte IED<br />
(Improvised Explosive Devices – unkonventionelle Sprengoder<br />
Brandvorrichtungen), die in vielen Ausführungsformen<br />
existieren. Um riskante Situationen zu vermeiden ist eine<br />
möglichst vorausschauende Kenntnis der aktuellen Bedrohungslage<br />
notwendig. Daher sollte der Konvoiführer durch<br />
echtzeitfähige Aufklärungsinformationen aus seiner näheren<br />
Umgebung über ein geeignetes Mensch-Maschine-Interface<br />
(MMI) unterstützt werden.<br />
Im Rahmen des SUM-Projekts (Surveillance in an Urban environment<br />
using Mobile sensors) wurde von vier europäischen<br />
Partnern (u.a. das DLR) ein kostengünstiges, fahrzeugmontiertes<br />
Multisensor-System entwickelt, das auch unter widrigen<br />
Sichtbedingungen arbeiten kann (z.B. Nebel, Regen, Staub,<br />
Rauch). Das System umfasst optische Kameras im sichtbaren<br />
und infraroten Wellenlängenbereich, deren Bilder leicht vom<br />
Operateur interpretiert werden können. Zusätzlich sind<br />
ein abbildendes Radar und ein abbildendes Radiometer im<br />
MMW-Bereich unter nahezu allen Sicht- und Wetterbedingungen<br />
einsatzfähig und können komplementäre Information<br />
liefern, die eine Art von 3D-Abbildung und die Nutzung<br />
des Eindringvermögens von Mikrowellen erlauben. Die verfügbaren<br />
Sensordaten werden durch hochentwickelte Datenfusion<br />
so kombiniert, dass nur relevante Informationen<br />
extrahiert und auf dem MMI angezeigt, sowie die Genauigkeit<br />
und Verlässlichkeit der einzelnen Sensoren gesteigert wird.<br />
Zur beabsichtigten Anwendung wird das SUM-System gemäß<br />
Abbildung 1 auf einem Fahrzeug montiert und beobachtet<br />
fortwährend das interessierende Szenario. Das abbildende<br />
Radiometersystem SUMIRAD bietet den Vorteil, Objekte oder<br />
Personen unter atmosphärischen Sichteinschränkungen sowie<br />
hinter nichtmetallischen Materialien wie z. B. Kleidung oder<br />
dünnen dielektrischen Wänden oder leichter Vegetation<br />
detektieren zu können.<br />
SUMIRAD ist gemäß Abbildung 2 als leichtgewichtiges vollmechanisches<br />
Scannersystem mit nur zwei Radiometerempfängern<br />
ausgeführt, welches die Abdeckung eines großen<br />
Gesichtsfeldes mit hoher Leistungsfähigkeit bei geringen<br />
Systemkosten erlaubt. Die innovative Scanmechanik ermöglicht<br />
die fortwährende Aufnahme quasi-optischer<br />
Mikrowellenbilder in nahezu Echtzeit.<br />
Zur finalen Systemdemonstration mit bewegtem Fahrzeug<br />
wurden gemäß Abbildung 3 alle SUM-Sensoren auf das Dach<br />
eines Unimog-LKW montiert. Als Versuche wurde eine Vielzahl<br />
von Objekten zur IED-Simulation in verschiedenen Szenarien<br />
ausgewählt. Die Abbildungen 4a bis 4c zeigen das softwareautomatisierte<br />
Detektionsergebnis eines solchen Szenarios mit und<br />
ohne Bedrohung. Abbildung 4a zeigt das optische Bild der<br />
Szene mit einer Kartonschachtel neben dem rechten Straßenrand.<br />
Abbildung 4b zeigt das zugehörige Radiometerbild,<br />
wobei hier die Schachtel leer war (also keine Bedrohung) und<br />
sich damit kaum vom Hintergrund unterscheiden lässt.<br />
Auch die Straße, der Grasbereich sowie Gebäude sind im Bild<br />
deutlich zu identifizieren. Abbildung 4c zeigt das identische<br />
Szenario, wobei hier die Schachtel mit einem metallischen<br />
Gegenstand als möglichem IED (also als Bedrohung) gefüllt<br />
ist. Nun ist die Signatur der Schachtel deutlich vom Hintergrund<br />
separierbar, was als ein Indiz für eine mögliche Bedrohung<br />
gedeutet werden kann. In den zugehörigen optischen<br />
Bildern ist dazu aber kein Unterschied feststellbar.<br />
Das Projekt wurde von der European Defence Agency (EDA)<br />
im Rahmen des Joint Investment Program on Force Protection<br />
(JIP-FP) gefördert. Der finale Systemdemonstrator wurde von<br />
EDA und weiteren militärischen Beobachtern als erfolgreich<br />
bewertet. Zukünftige Aktivitäten sollten sich auf die Systemoptimierung<br />
hinsichtlich eines volloperationellen Reifegrades<br />
konzentrieren.<br />
Abb. 1: Illustration zum beabsichtigten Betrieb<br />
des SUM-Systems<br />
Abb. 2: Photographie des aufgebauten<br />
SUMIRAD-Systems<br />
Abb. 3: Installation des SUM-Systemdemonstrators<br />
auf einem militärischen<br />
Fahrzeug<br />
Abb. 4a: Videoaufnahme eines Szenarios mit<br />
einer Kartonschachtel als Testobjekt für eine<br />
mögliche Bedrohung am Straßenrand<br />
Abb. 4b: Zugehöriges Radiometerbild mit leerer<br />
Schachtel (simuliert keine Bedrohung)<br />
Abb. 4c: Zugehöriges Radiometerbild<br />
mit Metallobjekt in der Schachtel<br />
(simuliert eine Bedrohung)