Wehrwissenschaftliche Forschung Jahresbericht 2012
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<strong>Forschung</strong>saktivitäten <strong>2012</strong> 58 59<br />
TRDir‘in Dr. Elke Reifer<br />
<strong>Wehrwissenschaftliche</strong>s Institut für<br />
Schutztechnologien – ABC-Schutz,<br />
Munster<br />
elkereifer@bundeswehr.org<br />
Kollektivschutz in der Bundeswehr – neue Möglichkeiten<br />
mit katalytischen und regenerierbaren Filtersystemen<br />
Geschützte Bundeswehrfahrzeuge sind mit ABC-Schutzbelüftungsanlagen<br />
auf Aktivkohlebasis ausgerüstet. Diese<br />
stoßen bei einem Gefahrstoffspektrum aus ABC-Kampfstoffen,<br />
toxischen Industriegasen und Schussgasbestandteilen<br />
an ihre Leistungsgrenzen. Neue katalytische bzw.<br />
regenerative Filtersysteme bieten die Möglichkeit, das<br />
Schutzspektrum zu erweitern und die Nutzungsdauer<br />
der Filter zu verlängern.<br />
TORR Dipl.-Chem. Thomas Harwardt<br />
<strong>Wehrwissenschaftliche</strong>s Institut für<br />
Schutztechnologien – ABC-Schutz,<br />
Munster<br />
thomas1harwardt@bundeswehr.org<br />
ABC-Kollektivschutzsysteme stellen saubere Atemluft durch<br />
Filterung der Außenluft auch unter rigiden Einsatzbedingungen<br />
zur Verfügung. Diese Außenluft kann in militärischen<br />
Szenaren mit nuklearen, radiologischen, biologischen und<br />
chemischen (ABC)-Kampfstoffen, toxischen Industriechemikalien<br />
(TIC) oder gesundheitsschädlichen Schussgasbestandteilen<br />
aus Waffensystemen belastet sein. Eine besondere Herausforderung<br />
stellt das Kohlenmonoxid (CO) aus den Schussgasen dar.<br />
Handelsübliche CO-Filter sind für die militärische Anwendung<br />
nicht geeignet, da sie eine zu geringe Einsatz- und Lagerdauer<br />
aufweisen. Neue Filtersysteme auf katalytischer und regenerativer<br />
Basis versprechen für eine lange Einsatzdauer einen Schutz<br />
vor CO, den ABC-Kampstoffen und TIC. Diese Filtersysteme<br />
werden am <strong>Wehrwissenschaftliche</strong>n Institut für Schutztechnologien<br />
– ABC-Schutz (WIS) anhand von Demonstratoren unter<br />
militärischen Einsatzbedingungen auf ihre Eignung als Schutzbelüftungssysteme<br />
in geschützten Fahrzeugen untersucht.<br />
Drei verschiedene Lösungswege wurden betrachtet, die alle auf<br />
der Eliminierung von CO durch einen Katalysator basieren.<br />
Dieser Katalysator wird insbesondere durch die anderen Bestandteile<br />
der Schussgase geschädigt („Katalysatorgifte“),<br />
so dass er durch technische Maßnahmen geschützt werden<br />
muss. Dies könnte einerseits durch einen Betrieb bei hoher<br />
Temperatur, andererseits durch einen Vorfilter erfolgen.<br />
Als Vorfilter wurden nicht regenerierbare und regenerierbare<br />
Systeme untersucht.<br />
Bei der so genannten CATOX-Technologie erfolgt die Luftreinigung<br />
durch katalytische Oxidation auf einem 280 – 350 °C<br />
heißen Katalysator. Dabei wird CO zu Kohlendioxid (CO 2 ) oxidiert<br />
und chemische Kampfstoffe und TIC in weniger toxische<br />
Produkte umgesetzt, die in einem chemisorptiven Filter abgeschieden<br />
werden. Während die Eliminierung von CO durch<br />
Ergebnisse des WIS belegt wurde, stehen Untersuchungen zur<br />
chemischen Stabilität gegenüber verschiedenen Katalysatorgiften<br />
noch aus.<br />
Eine Kombination aus einem konventionellen Vorfilter auf<br />
Aktivkohlebasis mit einem bei niedrigeren Temperaturen<br />
arbeitendem Katalysator war bisher nicht erfolgreich, da der<br />
Aktivkohlefilter keine ausreichende Rückhaltefähigkeit für<br />
Katalysatorgifte zeigte. Es wird untersucht, ob spezifische Vorfilter<br />
oder gegen Katalysatorgifte gehärtete Katalysatoren eine<br />
geeignete Lösung darstellen. Beide Strategien werden am WIS<br />
parallel verfolgt.<br />
Da Vorfilter auf Aktivkohlebasis regelmäßig ausgetauscht<br />
werden müssen, ist ein regenerierbares Filtersystem anzustreben,<br />
welches eine quasi unbegrenzte Einsatzdauer bietet.<br />
Als regenerierbares Filtersystem bietet sich z. B. die Druckwechseladsorption,<br />
(Pressure Swing Adsorption, PSA) an.<br />
Zwei Adsorberbetten werden eingesetzt, von denen eines<br />
gereinigte Luft zur Verfügung stellt, während das andere<br />
zur gleichen Zeit regeneriert wird. Nach einigen Sekunden<br />
wechseln die Adsorberbetten automatisch ihre Funktion, so<br />
dass stets ein gereinigtes Filterbett zur Verfügung steht. Diese<br />
Technologie ist zur Rückhaltung vieler Schadstoffe über einen<br />
großen Siedepunktbereich konzipiert. WIS-Untersuchungen<br />
belegen, dass einen Katalysator beeinträchtigende Schussgasbestandteile<br />
sehr effektiv mittels PSA aus dem Luftstrom<br />
entfernt werden können. Jedoch lässt sich CO durch PSA<br />
selbst nicht zurückhalten. Ein Nachteil dieses Verfahrens ist<br />
die komplexe Technik, die z. B. die Bereitstellung der Rohluft<br />
mit einem Überdruck von ca. 2,7 bar erfordert.<br />
Neben den hier vorgestellten Technologien sind auch künftig<br />
Entwicklungen, wie z. B. die Plasmatechnologie, zu betrachten,<br />
die ähnliche Vorteile wie regenerative Systeme bieten könnten.<br />
Weitere Untersuchungen beschäftigen sich mit der Frage der<br />
Langzeitstabilität des Katalysators unter den klimatischen<br />
Bedingungen, die von der Bundeswehr gefordert werden.<br />
Abb. 1: Schussgase am Beispiel eines gepanzerten Fahrzeugs Abb. 2: Die CATOX-Technologie Abb. 3: Testaufbau für die PSA-Technologie Abb. 4: PSA-Testergebnisse mit SO 2