Wehrwissenschaftliche Forschung Jahresbericht 2012
Wehrwissenschaftliche Forschung Jahresbericht 2012
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<strong>Forschung</strong>saktivitäten <strong>2012</strong><br />
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Dr. Carsten Zimmermann<br />
<strong>Wehrwissenschaftliche</strong>s Institut für<br />
Werk- und Betriebsstoffe, Erding<br />
Dr. Wolfgang H. Uedelhoven<br />
<strong>Wehrwissenschaftliche</strong>s Institut für<br />
Werk- und Betriebsstoffe, Erding<br />
Prof. Dr. Bernhard Kurz<br />
Hochschule für angewandte<br />
Wissenschaften, München<br />
carsten1zimmermann@bundeswehr.org<br />
wolfganguedelhoven@bundeswehr.org<br />
bernhard.kurz@hm.edu<br />
Korrelation zwischen thermophysiologischen Simulationsverfahren und<br />
dem selbstempfundenen klimatischen Tragekomfort von Fußbekleidung<br />
Der klimatische Tragekomfort der Fußbekleidung ist ein wesentlicher<br />
Teilaspekt in der Bewertung der Leistungsfähigkeit<br />
des Gesamtsystems Einsatzbekleidung für den Soldaten.<br />
Im Rahmen einer Studie konnte durch die Korrelation von<br />
Ergebnissen thermophysiologischer Simulationsverfahren<br />
mit subjektiven wie objektiven Tragekomfortdaten von<br />
Probanden die Prognosequalität validiert und verbessert<br />
werden.<br />
Das grundlegend veränderte Aufgabenspektrum der Bundeswehr<br />
mit Einsätzen auch unter extremen klimatischen Bedingungen<br />
hat die Anforderungen an leistungsfähige Bekleidung<br />
gerade auch für den Fußbereich deutlich erhöht. Neben<br />
dem primären Schutz des Fußes vor äußeren mechanischen<br />
Einflüssen spielt der klimatische Tragekomfort, d. h. die<br />
Gewährleistung eines möglichst optimalen Mikroklimas im<br />
Schuh eine wesentliche Rolle. Mit Hilfe von thermophysiologischen<br />
Simulationen unter Verwendung von klimatisierten<br />
Fußmodellen können Parameter wie das thermische Isolationsverhalten<br />
und der Feuchtetransport von Fußbekleidung<br />
prognostiziert werden. In Hinblick auf eine gesicherte Prognose<br />
für den klimatischen Tragekomfort ist es jedoch nicht<br />
ausreichend, die textilen Klimaeigenschaften nur durch<br />
Wärme- und Feuchtetransportgrößen zu spezifizieren. Hierfür<br />
sind validierte Korrelationen zwischen Empfindungs- und<br />
Mikroklimagrößen notwendig.<br />
In einem Projekt des <strong>Wehrwissenschaftliche</strong>n Instituts für<br />
Werk- und Betriebsstoffe (WIWeB) und der Hochschule für<br />
angewandte Wissenschaften München mit Unterstützung<br />
durch die Fa. W. L. Gore wurden Untersuchungen an ausgewählten<br />
Fußbekleidungssystemen mit Laborprüfverfahren<br />
sowie Trageversuche mit Probanden durchgeführt. Die daraus<br />
gewonnenen Daten dienten dann für Korrelationsanalysen<br />
zwischen den Mess- und Empfindungsgrößen. Als Simulationsverfahren<br />
wurden dabei das thermophysiologische Prüfsystem<br />
CYBOR (Cybernetic Body Regulation; Abbildung 1) und das<br />
System SWEATOR zur Bilanzierung der trockenen und feuchten<br />
Wärmeflüsse eingesetzt (Abbildung 2). Daneben wurde das<br />
Verfahren WBCT (Whole Boot Comfort Test) der Fa. Gore als<br />
einfache, meist produktionsbegleitend zur Qualitätssicherung<br />
eingesetzte Messung zur Klassifizierung der Schuhe hinsichtlich<br />
ihrer Wasserdampfdurchgangsrate (MVTR) einbezogen.<br />
In den Trageversuchen durchliefen die Probanden ein definiertes<br />
Belastungsprofil. Dabei wurden Temperatur und relative<br />
Feuchte des hautnahen Mikroklimas an definierten Messstellen<br />
im Schuh erfasst und die Temperatur-, Feuchte- und Komfortempfindungen<br />
der Probanden in Form eines mehrstufigen<br />
Ratings abgefragt (Abbildung 3).<br />
Im Ergebnis der Laboruntersuchungen konnten verfahrensspezifisch<br />
z. T. deutliche Unterschiede in den MVTR-Werten,<br />
der Feuchtespeicherung wie auch der thermischen Isolation<br />
der Schuhmodelle ermittelt werden. Auch der Einfluss der<br />
Socke auf den klimatischen Tragekomfort der Fußbekleidung<br />
wurde deutlich. Die Differenzen in den mikroklimatischen<br />
Zustandsverläufen, wie sie in den CYBOR-Simulationen<br />
zwischen den Schuhen ermittelt wurden, waren dagegen<br />
nur gering. Dieses Ergebnis korrelierte gut mit den Daten der<br />
Trageversuche. Hier zeigte sich, dass es signifikanter Unterschiede<br />
in den MVTR-Werten von mehr als 2 g/h zwischen<br />
Schuhen bedarf, um auch einen objektiv messbaren und für<br />
den Träger spürbaren Komfortunterschied zu generieren. Daneben<br />
konnten objektive Komfortgrenzen für die Temperatur<br />
(< 35,5 °C) und Feuchte (etwa < 75 % r. F. bzw. < 45 hPa) bezogen<br />
auf das hautnahe Mikroklima im Schuh aus den Korrelationsanalysen<br />
abgeleitet werden (Abbildung 4). Gleichzeitig führten<br />
die Trageversuche auch zu grundlegenden Erkenntnissen der<br />
sehr unterschiedlichen Rezeption von objektiven Komfortveränderungen<br />
im Fußbereich durch den Menschen (Abbildung<br />
5). Mit diesen Untersuchungen konnte ein zusätzliches<br />
Maß an Sicherheit in der Klimakomfortprognose durch Simulationen<br />
erreicht werden, welches Soldaten im Einsatz ganz<br />
gezielt in ihrer Leistungsfähigkeit und Durchhaltefähigkeit<br />
unterstützen und damit auch vor Verletzungen schützen kann.<br />
Abb. 1: Thermophysiologisches Prüfsystem<br />
CYBOR (Cybernetic Body Regulation) zur<br />
Simulation von mikroklimatischen Zustandsverläufen<br />
(T/r. F.) in Fußbekleidungssystemen<br />
Abb. 2: Prüfsystem SWEATOR, eingesetzt in<br />
einen Stiefel, zur Messung und Bilanzierung<br />
der trockenen und feuchten Wärmeflüsse<br />
bei Fußbekleidungssystemen<br />
Abb. 3: Trageversuche mit Probanden auf einem<br />
Laufband-Ergometer zur Aufnahme von objektiven<br />
und subjektiven Tragekomfort- sowie Empfindungsdaten<br />
bezogen auf den Fußbereich<br />
Abb. 4: Korrelation der medialen Temperaturmesswerte mit der<br />
Bewertung des Temperaturempfindens<br />
Abb. 5: Messwerte der relativen und absoluten Feuchte im<br />
Fußbereich als Funktion der Feuchteempfindung, bezogen<br />
auf einen Probanden