PDF | 90 Seiten | 6,1 MB - Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und ...
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58 // 3. Private Förderung<br />
In den vergangenen Jahren haben an Zahl <strong>und</strong> Bedeutung<br />
Bürgerstiftungen zugenommen. Dieser relativ junge Stiftungstyp<br />
zeichnet sich dadurch aus, dass sich möglichst<br />
viele Bürger/-innen einer Kommune zusammenfinden <strong>und</strong><br />
ein gemeinsames Stiftungsvermögen aufbauen. Dieses soll<br />
durch Zustiftungen beständig erweitert werden. Das Ziel einer<br />
Bürgerstiftung ist, dass ein möglichst breites Spektrum<br />
an gemeinnützigen Aktivitäten gefördert oder selbst initiiert<br />
wird. Die Förderung ist lokal begrenzt; die ganze Organisationsstruktur<br />
zielt auf starke lokale Identifikation <strong>und</strong><br />
Mitbestimmungsmöglichkeiten ab.<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich sind die Motive der Stifter vergleichbar mit<br />
denen der Spender:<br />
>> 68% der Stiftungen geben den Wunsch an, etwas bewegen<br />
zu wollen,<br />
>> 66% möchten Verantwortung übernehmen,<br />
>> für 41% steht das Bedürfnis im Vordergr<strong>und</strong>, der Gesellschaft<br />
etwas zurückzugeben <strong>und</strong><br />
>> 26% können durch die Stiftung ihre beruflichen Aktivitäten<br />
fortführen.<br />
Neben diesen Motiven spielt es vor allem bei privaten Stiftern<br />
– in der Regel bei vermögenden Unternehmern/-innen<br />
– eine Rolle, die Erbschaftssteuer zu umgehen, das eigene<br />
Unternehmen zu schützen <strong>und</strong> die Verwendung der Mittel<br />
zu kontrollieren (vgl. ebd., S. 78).<br />
3.2.2.2 Stiftungsmarktanalyse<br />
Stiftungen übernehmen eine wichtige Rolle für das Gemeinwohl,<br />
indem sie Aufgaben wahrnehmen, die weder<br />
von staatlicher noch unternehmerischer Seite vollständig<br />
erfüllt werden können <strong>und</strong> sollen. Damit verb<strong>und</strong>en lässt<br />
sich durchaus Kritik daran üben, dass die Finanzierung<br />
bestimmter gesellschaftlich relevanter Aufgaben nicht<br />
durch demokratisch legitimierte Willensbildung <strong>und</strong> Kontrolle<br />
entschieden wird (wie dies der öffentlichen Förderung<br />
»unterstellt« wird), sondern vom Wohlwollen vermögender<br />
Einzelpersonen <strong>und</strong> von aktuellen Trends abhängt. Stiftungen<br />
sind aber als Teil der Zivilgesellschaft legitimiert <strong>und</strong><br />
durchaus in der Lage, sich in einem gemeinwohlorientierten<br />
System verantwortungsvoll zu bewegen.<br />
B<strong>und</strong>esweit waren im Jahr 2011 knapp 19.000 Stiftungen<br />
tätig, mehr als <strong>90</strong>% davon arbeiten gemeinnützig <strong>und</strong> viele<br />
unter ihnen verfolgen die Stiftungsziele Kultur, Bildung/<br />
Schule <strong>und</strong> <strong>Kinder</strong>/Jugendliche:<br />
Stiftungszwecke<br />
Operative<br />
Stiftungen<br />
Fördernde<br />
Stiftungen<br />
Soziale Zwecke 44,5% 38,4%<br />
Bildung <strong>und</strong><br />
Erziehung<br />
16,0% 20,0%<br />
Wissenschaft 19,9% 19,5%<br />
<strong>und</strong> Forschung<br />
Kunst <strong>und</strong> Kultur 15,9% 16,3%<br />
Umweltschutz 3,3% 5,8%<br />
Abb. 12: Stiftungszwecke in Prozent (vgl. Gerlach-March 2010, S. 79)<br />
Die hohe Anzahl an Stiftungen <strong>und</strong> die Unübersichtlichkeit<br />
der gesamten Stiftungslandschaft macht es gerade für Organisationen<br />
ohne kontinuierliches hauptamtliches Personal<br />
schwer herauszufinden, welches die »richtige« Stiftung<br />
sein könnte. Es stellt sich die Frage, ob der Aufwand einer<br />
Antragstellung lohnt, da bereits im Vorfeld eine intensive<br />
<strong>und</strong> damit aufwändige Recherche nötig ist. Auf der anderen<br />
Seite ist diese Gründlichkeit auch von dauerhaftem Nutzen.<br />
Da bei zahlreichen Projekten im Querschnitt von Kultur,<br />
Schule <strong>und</strong> Jugend soziale Komponenten (z. B. Integration<br />
sozial Benachteiligter, generationsübergreifende Aspekte,<br />
Förderung von <strong>Kinder</strong>n <strong>und</strong> Jugendlichen mit Migrationsgeschichte)<br />
oder auch ökologische Aspekte (z. B. Bildung für<br />
nachhaltige Entwicklung) von Bedeutung sind, empfiehlt<br />
es sich, Stiftungen mit diesen Förderschwerpunkten als potenzielle<br />
Förderer in Betracht zu ziehen <strong>und</strong> sich nicht nur<br />
auf die »klassischen« Stiftungen zu orientieren.<br />
3.2.2.3 Anforderungen von Stiftungen<br />
Das Projekt, mit dem sich eine Einrichtung bei einer Stiftung<br />
um eine Förderung bewirbt, muss dem Zweck <strong>und</strong> der Zielsetzung<br />
der Stiftung entsprechen. Dazu haben die meisten<br />
Stiftungen Förderkriterien <strong>und</strong> Förderleitlinien entwickelt,<br />
die bei den Stiftungen angefordert oder dem Internetauftritt<br />
entnommen werden können. Sie geben Aufschluss<br />
über die stiftungsspezifischen Anforderungen, z. B. die inhaltliche<br />
Qualität oder Dauer des Projekts, dessen Modellcharakter<br />
<strong>und</strong> Nachahmbarkeit, notwendige Eigenanteile<br />
<strong>und</strong> mögliche Ausschlusskriterien. Zudem informieren sie<br />
ggf. über das Antragsformular, eventuelle Fristen <strong>und</strong> maximale<br />
Förderhöhen. Bei der Auswahl von Stiftungen ist zu<br />
beachten, welche Ausgabenarten bezuschusst werden <strong>und</strong><br />
welche Mittel als Eigenmittel oder zur Ko-Finanzierung eingesetzt<br />
werden können.