Das FrieDenshort werk - Evangelische Jugendhilfe Friedenshort
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Sr. Gertrud Zuckschwert<br />
in ihrer Wohnung in Freudenberg<br />
Lebensbilder I:<br />
Von der Kindheit im <strong>Friedenshort</strong> bis zur Diakonisse:<br />
Erinnerungen von Sr. Gertrud Zuckschwert<br />
Gertrud Zuckschwert feiert in diesem Jahr ihre 65-jährige Zugehörigkeit zur <strong>Friedenshort</strong>schwesternschaft<br />
und kann somit auf eine sehr lange Zeit im <strong>Friedenshort</strong><br />
Sr.<br />
zurückblicken. Und diese reicht sogar in die eigene Kindheit zurück,<br />
denn sie ist selbst in Kinderheimaten des <strong>Friedenshort</strong>es<br />
aufgewachsen. Seit September 2005 wohnt sie in Freudenberg in<br />
einer eigenen kleinen Schwesternwohnung, über die sie sehr glücklich<br />
ist. An einem sonnigen Mai-Tag treffen wir uns dort, um über<br />
ihre Erinnerungen an die Zeit in den Kinderheimaten Gronau<br />
und Görke zu sprechen. Wenngleich die allerersten Anfänge im<br />
Dunkeln liegen – sie kam mit nur etwa eineinhalb Jahren nach<br />
Gronau – kann sie aus den späteren Jahren einiges berichten, da sie<br />
bis zu ihrer Konfirmation in der Kinderheimat lebte.<br />
»Als wir klein waren, haben wir viel gespielt. Wir hatten viel Zeit<br />
dafür, vor allem in Gronau, wo es noch nicht so viel Landwirtschaft<br />
gab«, erinnert sie sich. Es habe aber auch eine richtige, von einer<br />
Schwester geleitete Spielschule (eine Art Kindergarten) innerhalb<br />
der Heimaten gegeben. Davon war Gertrud Zuckschwert allerdings<br />
nicht vollends begeistert, lieber habe sie einer der Tanten bei der Arbeit mit den Babys<br />
geholfen, erzählt sie. Auch in späteren Jahren bereitete ihr es viel Freude, Zeit mit den<br />
Jüngeren zu verbringen. Nach dem Mittagessen durfte sie mit ihnen spielen, während die<br />
anderen in der Küche halfen. Hatte sie jedoch einmal etwas angestellt, sollte sie zur ›Strafe‹<br />
ebenfalls in der Küche mitarbeiten – was allerdings kein Problem für sie war, da sie auch<br />
das gerne machte. Jedoch, so erzählt sie schmunzelnd, wurde sie schnell vermisst und so<br />
habe sie manchmal keine fünf Minuten dort verweilt, da hätte es schon Geschrei gegeben:<br />
»Truuudchen, Truuudchen! Schwester Agnes kann nicht mehr allein, sie kriegt die Kinder<br />
nicht ruhig!«<br />
Draußen auf dem Feld – »<strong>Das</strong> war meine Welt«<br />
In den damaligen Kinderheimaten war es üblich, dass die Diakonissen einen Garten<br />
hatten, den sie bewirtschafteten. »Unserer war sehr schön und groß«, erinnert sich<br />
Sr. Gertrud Zuckschwert. Als Kinder hätten sie zahlreiche Beeren gepflückt,<br />
Äpfel aufgelesen und vieles mehr. Lieber sei sie jedoch auf das Feld gegangen.<br />
»Die Arbeit dort hat immer ganz besonders viel Spaß gemacht, das war meine<br />
Welt!« Sie habe immer etwas Handfestes gebraucht, fügt sie hinzu. Dazu passt<br />
auch, dass sie sich vor allem mit ihren männlichen Spielkameraden gut verstanden<br />
hat. Als sie einmal gefragt worden sei, was sie später machen wolle, da<br />
habe sie prompt geantwortet: »Ich möchte sechs Jungen haben.« Warum denn<br />
das? – habe man sie damals gefragt. »Mädchen waren mir immer zu zimperlich.<br />
Mit Jungen konnte man viel mehr machen,« erzählt sie.<br />
Wie für alle Kinder, so war auch für Sr. Gertrud Zuckschwert Weihnachten<br />
der Höhepunkt des Jahres. »Ostern zwar auch, wenn der Osterhase kam«, ergänzt<br />
sie, »aber Weihnachten war etwas ganz Besonderes und immer sehr, sehr<br />
schön.« Alle hätten sie fein angezogen in ihren Sonntagskleidern vor der Tür<br />
gestanden, bis das Glöckchen geklingelt habe. Dann seien sie – das Lied »Ihr<br />
Kinderlein kommet« singend – eingezogen und hätten vor dem Weihnachtsbaum<br />
Andachten gehört und Gedichte vorgetragen. »Die Geschenktische waren<br />
da natürlich noch zugedeckt, damit keiner abgelenkt wurde.« Was für eine<br />
Freude aber, als das Tuch weggezogen wurde! Da gab es für jedes Kind einen<br />
Platz, auf dem die jeweiligen Geschenke lagen, die sie sich gewünscht hatten.<br />
Jeder habe ja auch ein bis zwei Sternchen gehabt, von denen ebenfalls ein Päckchen<br />
dort lag. Auch schon vorher in der Adventszeit sei es sehr spannend gewesen,<br />
weil die Pakete nach und nach eingetrudelt seien und die Tanten bereits<br />
Andeutungen gemacht hätten, für wen gerade etwas angekommen sei.<br />
Gerne erinnert sich Sr. Gertrud Zuckschwert auch an die ausgiebigen<br />
Schneeballschlachten, die das »Mütterchen« initiiert habe. »Da mussten dann<br />
wirklich alle – von Klein bis Groß – raus«, erzählt sie. Man habe getobt und geworfen, bis<br />
das Mütterchen gerufen habe »Jetzt ist Schluss!« In ihren Schlafsälen hätten sie natürlich<br />
auch gerauft und Kissenschlachten gemacht. <strong>Das</strong> durften sie auch, so lange es nicht Überhand<br />
nahm.<br />
Sr. Gertrud (2. v. r.) als Probeschwester