Editorial 07_08 - Zm-online
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52 Medizin<br />
Repetitorium<br />
Der Ikterus<br />
Ein Ikterus ist meist Zeichen einer Lebererkrankung. Allerdings kann die<br />
Gelbsucht auch andere Ursachen haben und auf harmlose, aber auch auf eine<br />
akut lebensbedrohliche Störung hinweisen. Eine Gelbfärbung des Augapfels<br />
und/oder der Haut bedarf deshalb unbedingt einer genauen Abklärung.<br />
Medizinisches Wissen ist für jeden Zahnarzt<br />
wichtig. Da sich in allen medizinischen<br />
Fachbereichen ständig sehr viel tut,<br />
soll mit dieser Serie das Wissen auf den<br />
neuesten Stand gebracht werden. Das<br />
zm-Repetitorium Medizin erscheint in der<br />
zm-Ausgabe zum Ersten eines Monats.<br />
Die gelbliche Verfärbung der Haut, der<br />
Schleimhäute und der Lederhaut der<br />
Augen ist Zeichen des Ikterus. Grundlage<br />
der Störung ist der Anstieg wasserlöslicher<br />
Stoffwechselprodukte des Bilirubins<br />
im Blut. Bilirubin und seine Abbauprodukte<br />
werden bei der Gelbsucht<br />
vermehrt über die Niere ausgeschieden,<br />
was eine dunkle, braune Verfärbung des<br />
Urins zur Folge hat, bei meist gleichzeitiger<br />
Hellfärbung des Fäces, mit dem<br />
der Farbstoff beim Gesunden ausgeschieden<br />
wird.<br />
Bilirubin – Abbauprodukt<br />
des Hämoglobins<br />
Bild: Riediger<br />
Die Leber und ihre<br />
„Anhangs-Organe”<br />
im Überblick<br />
Bilirubin ist ein Abbauprodukt des roten<br />
Blutfarbstoffs Hämoglobin. Ein Konzentrationsanstieg<br />
im Serum kann prinzipiell durch<br />
einen vermehrten Anfall von Bilirubin oder<br />
durch eine Störung seiner Exkretion bedingt<br />
sein. Hauptquelle des Bilirubins im<br />
Körper ist Hämoglobin, das aus gealterten<br />
Erythrozyten freigesetzt wird. Seine Konzentration<br />
im Serum liegt üblicherweise bei<br />
0,3 bis 1,0 mg/dl. Steigen die Werte auf<br />
mehr als 2 bis 2,5 mg/dl, so tritt eine Gelbfärbung<br />
der Augen-Skleren auf, bei weiter<br />
steigenden Konzentrationen verfärbt sich<br />
auch die Haut gelb, was den im Volksmund<br />
üblichen Begriff „Gelbsucht“ erklärt.<br />
Komplexer Metabolismus<br />
Eine zentrale Rolle beim Stoffwechsel des<br />
Bilirubins spielt die Leber. Der Farbstoff ist<br />
im Blut üblicherweise an Albumin gebunden<br />
und wird beim Übergang in die Leberzelle<br />
von dieser Bindung abgekoppelt. In<br />
den Hepatozyten wird Bilirubin über eine<br />
Glukuronidierung in konjugiertes Bilirubin<br />
überführt, das wasserlöslich ist und über die<br />
Gallenkanälchen mit der Gallenflüssigkeit<br />
ausgeschieden wird. Dies erfolgt aktiv gegen<br />
einen hohen Konzentrationsgradienten,<br />
ein Prozess, an dem verschiedene Enzyme<br />
der kanalikulären Membran in den<br />
Gallenkanälchen beteiligt sind. Über die<br />
Galle gelangt Bilirubin in den Darm, wo der<br />
Farbstoff unter dem Einfluss der Darmbakterien<br />
gespalten und oxidiert wird. Ein Teil<br />
des Bilirubins kann über Gallensäuren resorbiert<br />
und wieder der Leber zugeführt werden,<br />
der größte Teil aber wird mit dem<br />
Stuhlgang ausgeschieden.<br />
Klassifizierung des Ikterus<br />
Je nachdem welche Ursachen die Störung<br />
hat und wie es zum Konzentrationsanstieg<br />
des Serum-Bilirubins kommt, werden verschiedene<br />
Ikterusformen klassifiziert, und<br />
zwar<br />
■ der prähepatische Ikterus, der auf einer<br />
übermäßigen Hämolyse beruht<br />
■ der intrahepatische Ikterus, der im Zusammenhang<br />
mit Leberfunktionsstörungen<br />
auftritt<br />
■ der posthepatische Ikterus, der auf einen<br />
Rückstau von Gallenflüssigkeit, also auf eine<br />
Cholestase, zurückgeht<br />
■ eine Kombination dieser Störungen<br />
■ eine hereditäre Störung des Bilirubinstoffwechsels.<br />
Zu starke Hämolyse<br />
Beim prähepatischen Ikterus ist eine Hämolyse<br />
die Ursache der Gelbsucht. Zu dieser<br />
kommt es, wenn die übliche Lebensdauer<br />
der Erythrozyten um mehr als 50 Prozent<br />
verkürzt ist. Dann übersteigt die Menge des<br />
freiwerdenden Bilirubins die Aufnahmekapazität<br />
der Leber und die Serumkonzentration<br />
des Farbstoffs steigt an. Grundlage der vermehrten<br />
Hämolyse kann eine angeborene<br />
Störung sein, zum Beispiel die Sichelzellanämie,<br />
oder eine Zerstörung von Blutkörperchen<br />
infolge von Erkrankungen, wie der Malaria,<br />
oder als unerwünschte Nebenwirkung<br />
einiger Arzneimittel. Auch können Komplikationen<br />
bei Bluttransfusionen, die mit einem<br />
Untergang der Erythrozyten einher gehen,<br />
einen prähepatischen Ikterus auslösen.<br />
zm 98, Nr. 7, 1. 4. 20<strong>08</strong>, (940)