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Heft 1/2013 TITELTHEMA 11
Champions League
Leider spielt Montpellier auch Champions
League was die Miet- und Bierpreise angeht. Keine
Miete unter 350 €. Für eine Einzimmerwohnung, ein
so genanntes „Studio“, zahlt man mindestens 500 €.
Und Bier in der Kneipe oder im Club gibt es meistens
nicht für unter fünf Euro! Da kauft man sich lieber
ein Glas Wein, das schmeckt in Frankreich ja sowieso
besser als Bier.
Schließlich finde ich ein Zimmer in einer WG und
die 380 € Miete kann ich verkraften, da ich vorhabe
das französische Wohngeld zu beantragen, die
sogenannte CAF. Und diese zu beantragen ist sogar
möglich, denn da ich nun ENDLICH ein Zimmer
samt Adresse habe, kann ich auch ENDLICH ein
französisches Konto einrichten und somit ENDLICH
meinen Handyvertrag abschließen - und eben CAF
beantragen. Ohne französische Anschrift kann man
in unserem Nachbarland rein gar nichts machen.
Als dann Anfang September die Uni anfängt,
wird mein Tagesablauf zwar etwas geregelter, aber
gefeiert wird weiterhin. Mittlerweile wissen wir, die
„Erasmusler“, an welchem Tag man umsonst in welchen
Club reinkommt und wo es das billigste Bier
gibt. 2,50 € im „Al Andalus“ und dazu ein Liter Mojito
für 7,50 €. Wenn wir nicht feiern, reisen wir. Denn
immerhin befinden wir uns im Süden Frankreichs
und haben eine schöne Stadt neben der anderen
um uns herum: Sète, Aigues-Mortes, Marseille, Avignon,
Nîmes, die Camargue. Und überall entdeckt
man Stiere. Nur in Nîmes ist die Kunst des Tötens
Tradition, in allen anderen Städten und Dörfern im
Süden Frankreichs versuchen junge und alte Leute
den tobenden Stier zu berühren oder ihn einfach
nur außer Puste zu bringen. Gewöhnungsbedürftig,
aber der eine oder andere wird mitgerissen von der
südfranzösischen Atmosphäre und holt sich den
Adrenalin-Kick.
Und dann gibt es noch die Organisation „Asso
Erasmus“, welche aus vier ehemaligen Studenten
besteht, die fast an jedem Tag in der Woche eine Party
organisieren und die vor allem geniale und relativ
preiswerte Reisen mit den Erasmuslern machen.
Da gab es das „Willkommens-Kanu-Wochenende“,
bei dem sich so mancher sehr nahe gekommen ist.
Dann ging es nach Barcelona, Paris, Nîmes, Lyon und
im Januar warten die französischen Alpen und eine
Woche Skifahren.
Das einzige, was fehlt in Montpellier, ist Vollkornbrot
und vielleicht lässt auch die Organisation
an der Uni manchmal zu wünschen übrig. Aber
die Lebenserfahrungen, die hier jeder mitnimmt,
und die neuen Bekanntschaften, Freundschaften,
die Erlebnisse, den Geschmack der französischen
Saucisson und der Geruch von Pinienbäumen und
frischem Baguette machen das Vollkornbrotmanko
definitiv wieder wett und lassen mich meine Zeit in
Montpellier immer als eine der besten in Erinnerung
behalten.
Leben unter Palmen: Selbst das Wetter ist in
Montpellier Champions League. Fotos (2): privat