3R Im Zeichen der Kanäle (Vorschau)
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Zukunft <strong>der</strong> unterirdischen Infrastruktur<br />
„plus 25“: Weniger Rohr, mehr Leitung<br />
Das Rohr im Fokus: Seit 25 Jahren ein Erfolgsrezept <strong>der</strong> größten<br />
Leitungsbau-Fachveranstaltung Europas.<br />
Seit 24 Jahren erlebt <strong>der</strong> Besucher des Oldenburger Rohrleitungsforums<br />
die gleiche Überraschung. <strong>Im</strong> Vorjahr dort weggefahren<br />
mit dem Eindruck: „mehr geht nicht“, lernt man dann:<br />
es geht doch! Fast unglaubliche 3000 Teilnehmer sowie 330<br />
Unternehmen auf 319 Ausstellungsständen drängelten sich<br />
auf Einladung des Instituts für Rohrleitungsbau Oldenburg<br />
(iro) am 10./11. Februar 2011 in den Räumen und temporären<br />
Anbauten <strong>der</strong> Jade Hochschule in Oldenburg. Sie informierten<br />
sich über die absehbaren Megatrends <strong>der</strong> Infrastrukturentwicklung<br />
ebenso wie über die aktuellen technischen<br />
Entwicklungen rund um Bau, Betrieb und Sanierung von Rohrleitungs-Infrastrukturen<br />
<strong>der</strong> Ver- und Entsorgung.<br />
Was wird in 25 Jahren sein? lautete die schwer wiegende<br />
Frage, die als Motto über all dem stand, und auf die es etliche,<br />
teils überraschende Antworten gab. Dass die real existierende<br />
Stadtentwässerung in <strong>der</strong> Zange zwischen Bevölkerungsrückgang<br />
und Klimawandel vielerorts technische und ökonomische<br />
Probleme haben wird, bestehende Entwässerungskonzepte<br />
einfach fortzuschreiben, war da noch eher weniger<br />
überraschend. Aber immerhin: Die Einsicht, dass <strong>der</strong> Umgang<br />
mit Nie<strong>der</strong>schlagswasser nach Aussage von Dipl.-Ing. Christian<br />
Günner (Hamburg Wasser) künftig keineswegs mit <strong>der</strong><br />
pauschalen Antwort „Mehr Rohr!“ zu lösen ist, son<strong>der</strong>n neue<br />
Denkmodelle erfor<strong>der</strong>t, ließ einen Moment innehalten. In 25<br />
Jahren wird Stadtentwässerung – zwangsläufig – mehr sein<br />
als ein technisches Anhängsel <strong>der</strong> Stadtentwicklung. Stadtentwässerung<br />
wird quasi eine Herzensangelegenheit <strong>der</strong><br />
Stadtplanung werden müssen, damit die Stadtentwässerung<br />
Flächen zurückbekommt, die früher einmal dem Wasser im<br />
Stadtbild vorbehalten waren, in den letzten Jahrzehnten aber<br />
systematisch von an<strong>der</strong>en Nutzungen okkupiert wurden. In<br />
Hamburg kann man hierbei bereits erste Erfolge verbuchen.<br />
Bis zur breiten Einsicht <strong>der</strong> Stadtentwickler in diese Notwendigkeit<br />
sei es allerdings noch ein langer, steiniger Weg, so<br />
Christian Günner anlässlich des Oldenburger Pressegesprächs<br />
2011.<br />
Weit stärker einschneidende Verän<strong>der</strong>ungen stehen jedoch<br />
in <strong>der</strong> rohrleitungsgebundenen Energieversorgung an,<br />
wie EWE-Vorstandvorsitzen<strong>der</strong> Dr. Werner Brinker in seinem<br />
Eröffnungsvortrag zum Rohrleitungsforum erläuterte. Diese<br />
resultieren seiner Ansicht nach sogar weniger aus <strong>der</strong> demografischen<br />
Entwicklung, die den Versorgern gleichwohl natürlich<br />
gewisse Sorgen bereitet. Die Demografie wird jedoch<br />
in den kommenden Jahrzehnten massiv überlagert durch Umbrüche<br />
in Umfang und Struktur <strong>der</strong> Energieversorgung. Wenn<br />
das politische Ziel einer Reduzierung <strong>der</strong> CO 2<br />
-Emissione um<br />
95 % in hier zu Lande bis 2050 realisiert würde, so dürfte dies<br />
die Gas- und Fernwärmenetze langfristig in die Bedeutungslosigkeit<br />
verdrängen. Denn die regenerativen Energieträger,<br />
die im Wesentlichen die Rolle <strong>der</strong> fossilen Brennstoffe einnehmen<br />
sollen – Wind, Photovoltaik und Wasserkraft – produzieren<br />
sämtlich Strom. EWE-Vorstand Brinker prognostizierte<br />
neben einer Renaissance von Strom als Heizwärme<br />
(Stichwort: Speicherheizung) vor allem einen Boom in <strong>der</strong><br />
Steuer- und Regeltechnik im Sinne des „intelligenten Hauses“;<br />
danach kommt <strong>der</strong> Strom zwar auch künftig aus <strong>der</strong> Steckdose,<br />
die Energieeinsparung aber quasi „übers Internet“. Somit<br />
wird künftig Stromnetzen ebenso wie Datennetzen eine<br />
weitaus stärkere Bedeutung zukommen, während die flächigen<br />
Gasversorgungsnetze tendenziell ein Auslaufmodell sind<br />
– wie auch die Fernwärme-Infrastruktur. Experten <strong>der</strong> PRO-<br />
GNOS AG, Berlin rechnen an dieser Stelle deshalb mit deutlicher<br />
Investitionszurückhaltung.<br />
<strong>Im</strong> Jahre 2011 „plus 25“ wird dennoch das Rohr keine aussterbende<br />
Spezies sein. Die Erfor<strong>der</strong>nisse und das Nutzerverhalten<br />
werden sich zweifellos verschoben haben, dass jedoch<br />
das Rohr als Technologie generell verdrängt werden könnte,<br />
daran glaubt niemand: Zu groß ist das Spektrum seiner Anwendungsmöglichkeiten.<br />
148 3 / 2011