PDF 44.747kB - TOBIAS-lib - Universität Tübingen
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Waffen 50<br />
Aufgrund des Fundkontextes der meisten Stempel im nahen Umfeld der Ofenanlagen erscheint<br />
die Nutzung als Bäckerstempel am wahrscheinlichsten. In einer „Töpferwerkstatt“ in<br />
Chirsa fand sich ein nahezu identischer Stempel zu [291], der im Gegensatz zu dem in Udabno<br />
gefundenen Objekt noch komplett erhalten ist (Pizchelauri 1965 Taf. 7). Dies lässt vermuten,<br />
dass die Stempel in solchen Werkstätten zusammen mit den Gefäßen in Auftrag gestellt<br />
wurden. Doch sind die Grabungen aus den 1960er Jahren nur sehr schlecht publiziert und<br />
vermutlich ist die Anlage auch erst in das 7. Jh. v. Chr. einzuordnen (Ludwig 2010, 21–22).<br />
Das bereits angesprochene häufig gleichförmige oder ähnliche Dekor der Stempel und der<br />
Verzierungselemente über Udabno hinaus spricht meines Erachtens gegen eine Zuordnung zu<br />
bestimmten Personen oder (familiären) Gruppen. 51 In diesem Zusammenhang sei auf die noch<br />
heutige Sitte verwiesen, Brot zu festlichen Anlässen der orthodoxen Kirche zu bestempeln,<br />
um somit „die wichtige Funktion des Brotes als Vermittler […] symbolischer Botschaften […]<br />
durch das Essen“ zu verinnerlichen (No'am Ben-Yossef 2007, 39).<br />
WAFFEN<br />
Abb. 3.25: Schematische Darstellung der dokumentierten<br />
Waffenfunde. Angegeben sind<br />
die Gesamtfundanzahl und die Verteilung auf<br />
die Siedlungen (schraffierte Bereiche). FB =<br />
Fußboden (Anzahl in Klammern).<br />
Waffen bilden einen geringen Teil der untersuchten Kleinfunde von Udabno und sind nur<br />
mit wenigen Typen vertreten (Abb. 3.25; Taf. 36–37). Die Bauweise der Siedlungen in<br />
Kaukasien zeugt allerdings nicht von pazifistischen Bevölkerungsgruppen in der Zeit des<br />
Überganges vom 2. zum 1. Jahrtausend v. Chr. –<br />
wie es zum Beispiel in der Frühbronzezeit (Kura-<br />
Arax-Zeit) mehr oder weniger der Fall war – so<br />
dass für die niedrige Anzahl der Waffenfunde eine<br />
andere Interpretation erarbeitet werden muss. Zum<br />
einen sichern bereits die sehr günstige strategische<br />
Lage der Siedlungen selbst und darüber hinaus<br />
auch der gesamte Siedlungsverbund. Weiterhin<br />
deuten die Befestigungsreihen, insbesondere diejenige<br />
von Udabno I, auf eine „uneinnehmbare<br />
Festung“, weshalb Waffen zur Verteidigung möglicherweise<br />
keine wesentliche Bedeutung zukam.<br />
Doch ist ebenfalls zu bedenken, dass die untersuchten<br />
Flächen – bezogen auf die Gesamtfläche<br />
der drei Siedlungen – minimal sind. Auch wurden<br />
zentrale Bereiche erforscht und weniger Areale an<br />
der Siedlungsperipherie, so dass das Fehlen einer<br />
größeren Anzahl von Waffen auch auf einem grabungstechnischen<br />
Problem basieren kann. Waffen<br />
wurden sicherlich auch direkt von den Bewohnern<br />
am Körper getragen, so dass in den Häusern auch<br />
aus diesem Grund nur selten verbliebene Artefakte<br />
zu erwarten sind.<br />
Abgesehen von einer Lanzenspitze, zwei ähnfrage<br />
von Marinatos bei Hallager 1989, 77). Dies würde die mehrfach gleichen oder ähnlichen Bildmotive auf<br />
den Stempeln erklären. Somit ist zu diskutieren, ob die Tonstempel zur regionalen und überregionalen Kennzeichnung<br />
von Handelswaren dienten, welche zum Beispiel über das Schwarze Meer verschifft wurden. Bisher<br />
gab es für diese Hypothese allerdings keine archäologisch fundierten Beweise.<br />
51 Eine andere Erklärung zur Deutung der Besitzsymbolik zu einer bestimmten Familie zeigen ethnologische<br />
Untersuchungen aus Zentralasien. So bringen in einigen Regionen von Usbekistan noch in heutiger Zeit Familien<br />
eigenes Mehl zu Bäckereien ihres „Stadtviertels“, wo das Brot gebacken und zur Kenntlichmachung<br />
der Zugehörigkeit zum jeweiligen Kunden bestempelt wird (Ch. Piller, pers. Mitt.).