PDF 44.747kB - TOBIAS-lib - Universität Tübingen
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Formen und Funktionen der Kleinfunde 69<br />
Anzahl<br />
16<br />
14<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
1 2 3 4 5 6 7<br />
[cm]<br />
Abb. 3.53: Häufigkeit der Scherbenrondelle von<br />
Udabno I–III in Bezug zu ihrem Durchmesser.<br />
M. Liverani vermutet, dass es sich um<br />
Zählscheiben handeln könnte (Liverani<br />
1983, 519), und P. Werner zieht eine Deutung<br />
als Unterlagen für die Schmuckherstellung,<br />
zum Beispiel beim Durchlochen<br />
von Objekten, in Betracht (Werner, in:<br />
Czichon & Werner 1998, 334). H. v. d.<br />
Osten zeigt Verbindungen zwischen den<br />
Funden aus Alıar Höyük und den typischen<br />
„Töpferkuchen“ der hethitischen Zeit (v. d.<br />
Osten 1937, 273). E. Hallager verweist<br />
wiederum auf die Ähnlichkeit zu minoischen<br />
„Roundels“, die als Zahlungsmittel<br />
interpretiert werden (Hallager 1989, 59). 73<br />
Für die Funde von Udabno erscheint eine Verwendung zur Schmuckherstellung denkbar –<br />
wenn auch nur hypothetisch. Die zentralen Mulden einiger Rondelle könnten das Ergebnis<br />
handwerklichen Arbeitens sein (zum Beispiel als Unterlage bei der Durchlochung von Karneolperlen,<br />
Bronzeblechen und Tonschieferanhängern). Eine direkte Verwendung als<br />
Schmuckstück ist aufgrund fehlender Objekte in Gräbern anderer Fundorte nicht anzunehmen<br />
(vgl. Heumüller 2009, 72). Ein Rondell fand sich im Arbeitsbereich des Hauses UIII–E gemeinsam<br />
mit Pigmentpulver [945]. Weiterhin könnten sie zum Polieren gedient haben, indem<br />
sie zusammen mit zum Beispiel Perlen in Textilien gehüllt und „geschleudert“ wurden. Allerdings<br />
erscheint die Deutung der Scherben prinzipiell als „entirely problematical“ (v. d. Osten<br />
1930, 273).<br />
Trensen, Knochenwerkzeuge oder Anhänger?<br />
In Udabno I wurden im Bereich der Häuser UI–C und F innerhalb der Zitadelle drei<br />
Knochenartefakte aus sauber geglättetem Schafs- oder Hirschhorn gefunden ([109]/[262];<br />
(Taf. 25–26). Von einer stumpfen Basis sind sie hin zu einer sich verjüngenden Spitze leicht<br />
gebogen (z. B. Abb. 3.54). Ein Objekt wurde seitlich durchbohrt [109], ein weiteres weist Abnutzungsspuren<br />
durch einen möglichen ledernen Riemen auf [262].<br />
Aufgrund ihrer Form und der gewissen Ähnlichkeit zu Stangenknebeln aus dem nordpontischen<br />
Raum (Hüttel 1981; Dietz 1998) diskutierten die Bearbeiter in Udabno ähnliche Artefakte<br />
anfangs ebenfalls als mögliche Trensenbestandteile. Identische Objekte aus den frühbronzezeitlichen<br />
Schichten der ostanatolischen Fundorte Alıar Höyük und Noruntepe<br />
werden als einfache, geschäftete Knochenspitzen den Werkzeugen zugeordnet (v. d. Osten<br />
1937, 106; Schmidt 2002, 46). Aus den Grabungen am kiztepe sind solche Knochenspitzen<br />
ebenfalls bekannt. Sie werden als „peculiar antler tool“ bezeichnet und als mögliche Bohrer<br />
diskutiert (Alkım et al. 1988, 160 Taf. 41). Aus dem nordpontischen Raum wurden ähnliche<br />
Geweihartefakte des 5./4. Jhs. v. Chr. durch A. Leskov untersucht. Er ordnet die durchlochten<br />
Stücke den Anhängern und die undurchlochten den Werkzeugen zu (Leskov 2008, 205–206).<br />
Die Annahmen, es könnte sich um Anhänger oder einfache Knochenspitzen (Werkzeuge)<br />
handeln, sind auch für die Artefakte von Udabno denkbar. Insbesondere ein durchlochtes<br />
Hirschhorn [109] in Abb. 3.55 deutet hinsichtlich seines Fundkontextes außerhalb von Haus<br />
UI–C, direkt vor dem Eingangsbereich, darauf hin, dass es sich um eine an der Tür ange-<br />
73 Auch in mittelneolithischen Schichten Mitteleuropas fanden sich Scherbenrondelle, deren Funktion als Spielsteine<br />
oder Spinnwitel diskutiert wird (Heumüller 2009, 72).