Download Festschrift - Asklepios
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1933–1953<br />
Mitgewirkt hat das Barmbeker Krankenhaus in der Zeit des<br />
National sozialismus an der Gesundheitspolitik als „Rassenpflege“.<br />
Mit dem „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ vom<br />
14. Juli 1933 können Menschen, die tatsächlich oder vorgeblich<br />
an einer vererbbaren Krankheit leiden oder Alkoholiker sind, auch<br />
gegen ihren Willen unfruchtbar gemacht werden. Die Ent scheidung<br />
über die Sterilisation wegen „Fortpflanzungsunwürdigkeit“ liegt bei<br />
besonders eingerichteten Erbgesundheitsgerichten, die sich auf<br />
ärztliche Gutachten stützen. Das Barmbeker Krankenhaus erteilt<br />
insbesondere durch den leitenden Oberarzt der Neurologie, Hans<br />
Demme, die erforderlichen Gutachten und ist eine der zu ständigen<br />
Stellen für die operativen Eingriffe. Diese werden bis März 1945<br />
an 2.055 Männern und 808 Frauen durchgeführt; die weit überwiegende<br />
Zahl bis zum Jahresende 1938. Die <strong>Festschrift</strong> des<br />
Barmbeker Krankenhauses von 1938 betont den Aufgabenzuwachs<br />
in der neurologischen Abteilung: „Im Rahmen der großen Aufgaben<br />
der Erbgesundheitspflege nahm in den letzten Jahren auch die<br />
Mitarbeit an den Erbgesundheitsverfahren die Kräfte der Abteilung<br />
in immer steigendem Maße in Anspruch.“ und stellt als „ärztliche<br />
Sonder aufgaben“ heraus: „Eine größere Anzahl der Barmbecker<br />
Ärzte betätigt sich im Amt für Volksgesundheit. Sehr zahlreiche<br />
Gutachten, besonders von der Nervenabteilung, werden für das<br />
Erbgesundheitsgericht erstattet. Der Leiter der Neurologischen<br />
Abteilung gehört dem Erbgesundheitsgericht an.“ Es ist Hans<br />
Demme. Sein Lebensweg ist nicht untypisch: 1900 im Baltikum<br />
geboren, studiert er in Rostock, wird Neurologe am UKE. 1933<br />
tritt er in die NSDAP und die SA ein, steigt zum Sturmbannführer<br />
auf. Ab 1934 leitet er die Barmbeker Neurologie. 1936 wird er<br />
zum Professor im UKE ernannt. 1946 internieren ihn die Engländer<br />
in Neuengamme. Ein Jahr ist er dort. 1949 wird er als „leichter<br />
Mitläufer-Fall“ entnazifiziert, kehrt als Mitglied des Lehrkörpers<br />
an die Universität zurück und wird 1959 Chefarzt der Neurologie<br />
des AK Harburg. Schon in seiner Barmbeker Zeit hat er ein Labor<br />
für Liquor-Untersuchungen eingerichtet. Der Nervenwasser-<br />
Befund spielt eine große Rolle bei der Diagnostik verschiedener<br />
neurologischer Erkrankungen. 1964 stirbt Demme.<br />
Mit der „Erbgesundheitspflege“ beschäftigte sich die Ärzteschaft<br />
in breiter Form schon in den zwanziger Jahren und früher. Die Nazis<br />
machten eine „Rassenpflege“ daraus, mit den unmenschlichen<br />
Instrumenten der Sterilisation und Ausmerzung.<br />
Dass im Sinne der nationalsozialistischen Ausleseprinzipien auch<br />
andere Medizinbereiche des Barmbeker Krankenhauses an der<br />
„Volksgesundheit“ mitwirken, belegt die <strong>Festschrift</strong> von 1938 mit<br />
folgender Aufgabenbeschreibung des leitenden Oberarztes der<br />
Abteilung für Haut- und Geschlechtskrankheiten: „So darf der Dermatologe<br />
[Hans-Ernst Tietzen, 1889–1944] mit für ihn immerhin<br />
gemischten Gefühlen vielleicht in den zahlreichen an andere<br />
Stationen abgegebenen Betten sowohl das naturgemäße Absinken<br />
der Nachkriegsseuchenhochflut, wie auch den Erfolg ärztlichen<br />
Wirkens erblicken. Von der früher sehr regen Ambulanz ist nur<br />
mehr eine ausgedehnte Kartei übrig, die fürsorgerischen Zwecken<br />
dient. Die Fürsorge des Jugend- und Pflegeamtes findet bei<br />
unseren Patientinnen ein großes Betätigungsfeld. Die Zeiten sind<br />
vorüber, da man ohne Machtmittel zusehen musste, wie immer<br />
wieder schwer asoziale Elemente, in das alte Milieu zurückkehrend,<br />
dauernd Schaden stifteten. Reichlich angewandte Ent mündigungen<br />
und die Möglichkeit zur Zwangsverwahrung helfen heute, die<br />
Allgemeinheit vor den schlimmsten Schädlingen zu bewahren.“<br />
Zerstörtes Dach des Röntgenhauses<br />
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