Download Festschrift - Asklepios
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100 jahre ...<br />
Schüttellähmung –<br />
oder die Parkinsonerkrankung<br />
„Er war gefangen in den Lücken zwischen den Wörtern und konnte bloß dastehen und zusehen, wie<br />
die Zeit ohne ihn weitereilte [...]“ Der dies empfindet ist Alfred Lambert, etwa 75 Jahre alt und auf<br />
dem Weg zu seinem Lebensende. Auf der letzten, der 781sten Seite stirbt Albert. Albert ist eine<br />
Figur aus dem Roman „Korrekturen“ des nordamerikanischen Autors Jonathan Franzen. Albert hat eine<br />
Parkinsonerkrankung und eine Demenz. Manchmal ist es besser, statt ein Lehrbuch zu studieren, ein<br />
Krankheitsbild durch die Lektüre eines Romans kennenzulernen. Der Autor Franzen drängt sich dem<br />
Leser mit den medizinischen Tatsachen, die er recherchiert hat, nicht auf. Er beschreibt nur ziemlich<br />
genau die Symptome der Erkrankung und ihren Verlauf. Er beschreibt, was der Kranke selbst, und was<br />
seine Angehörigen empfinden. Alfred steht neben sich, „zwischen den Wörtern“, wie es heißt, zittert,<br />
Prominente Parkinsonkranke<br />
Leonardo da Vinci<br />
(Künstler)<br />
Wilhelm v. Humboldt<br />
(Staatsmann, Gelehrter)<br />
Adolf Hitler<br />
(deutscher Diktator)<br />
Theodor Roosevelt<br />
(amerikanischer Präsident)<br />
Mao-Zedon<br />
(chinesischer Diktator)<br />
Johannes Paul II.<br />
(Papst)<br />
Leonid Breschnjev<br />
(russischer Staatspräsident)<br />
Salvator Dali<br />
(Künstler)<br />
Hans Werner Henze<br />
(Komponist)<br />
Billy Graham<br />
(Pfarrer)<br />
Muhammad Ali<br />
(Boxer)<br />
Prinz Claus der<br />
Niederlande<br />
(Angehöriger Königshaus)<br />
Deng Xiaoping<br />
(chinesischer Staatspräsident)<br />
Peter Hofmann<br />
(Sänger)<br />
Michael J. Fox<br />
(amerikanischer Schauspieler)<br />
Raimund Harmstorf<br />
(deutscher Schauspieler)<br />
Ottfried Fischer<br />
(deutscher Schauspieler)<br />
Umschlag des Romans 2001<br />
erschienen bei rowohlt<br />
hat seine Muskeln nicht mehr unter Kontrolle. Er schmeckt und<br />
riecht nicht mehr richtig, kann sich zu nichts aufraffen, verliert die<br />
Fähigkeit zu kalkulieren, schläft in der Nacht schlecht, dafür am<br />
Tage, hat Halluzinationen und landet schließlich im Rollstuhl. Aber<br />
auch in diesem Stadium, in dem er fast nichts mehr kann und keine<br />
Zusammenhänge mehr erfasst, hält er es noch zwei Jahre aus, bis<br />
er schließlich das Essen und Trinken verweigert und stirbt. Er muss<br />
knapp 80 Jahre alt geworden sein. Hat also die durchschnittliche<br />
Lebenserwartung männlicher Amerikaner erreicht, vielleicht sogar<br />
ein wenig überschritten. Auch hier hält sich der Autor an die Wirklichkeit.<br />
Wer heute mit sechzig Jahren an einem Parkinson erkrankt,<br />
hat in der Regel eine normale Lebenserwartung. Er wird innerhalb<br />
dieser Krankheitszeit überwiegend selbstbestimmt leben können,<br />
wenn auch mit Medikamenten, deren Zusammenspiel kompliziert<br />
und nicht einfach zu steuern ist. Immer neue, potentere, aber auch<br />
nebenwirkungsärmere kommen hinzu. Das sind die guten Botschaften,<br />
die, die auch Hoffnung zulassen. Die schlechten sind: wir<br />
wissen zwar sehr viel mehr über Teilursachen. Diese beeinflussen<br />
wir. Die eigentliche Ursache aber kennen wir nicht. 100 Jahre,<br />
Fortschritt aber kein Durchbruch.<br />
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