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deutschland & europa - lehrerfortbildung-gemeinschaftskunde ...

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del stellte die traditionelle Rollenverteilung<br />

100<br />

zwischen Männern und Frauen in Frage, nach<br />

der das öffentliche Engagement als Aufgabe<br />

83,1<br />

von Männern und die Regelung privater Angelegenheiten,<br />

insbesondere in der Familie<br />

80<br />

und bei der Kindererziehung, als Domäne der<br />

Frauen galt. Der verbesserte Zugang von<br />

60<br />

Mädchen zu Einrichtungen der tertiären Bildung<br />

(Gymnasium und Hochschulen) sowie<br />

die zunehmende Integration von Frauen ins<br />

Berufsleben verstärkten die mit dem Wertewandel<br />

verbundene Angleichung der Ge-<br />

40<br />

schlechterrollen. Daraus ergibt sich die Erwartung,<br />

dass sich insbesondere junge, gut<br />

20<br />

gebildete und berufstätige Frauen in ihrem<br />

politischen Engagement kaum noch von den<br />

Männern unterscheiden.<br />

0<br />

Wie | Abb. 5 | zeigt, hängt der Einfluss der<br />

Geschlechtszugehörigkeit auf das politische<br />

Engagement von der Beteiligungsform ab.<br />

Bei bei der Wahlbeteiligung und der Mitwirkung<br />

an Protestaktionen hat sich das politische<br />

Verhalten der Frauen dem der Männer<br />

angeglichen. Anders verhält es sich bei den<br />

traditionellen, repräsentativ-demokratischen Beteiligungsformen<br />

und der Teilnahme an Online-Protestaktionen. In diesen beiden<br />

Bereichen betätigen sich Männer nach wie vor stärker als Frauen.<br />

Dies ist insofern ein interessantes Ergebnis, als sich Muster von<br />

Geschlechterungleichheit sowohl bei einer traditionellen als auch<br />

bei einer modernen Beteiligungsform erkennen lassen. Moderne<br />

Partizipationsformen führen demnach nicht unbedingt zu mehr<br />

Gendergleichheit. Allerdings unterliegen die traditionellen, repräsentativ-demokratischen<br />

Aktivitäten wesentlich stärker dem<br />

Einfluss von Genderrollen als die Teilnahme an Online Protesten.<br />

Lebensalter<br />

Anteil Aktiver<br />

85,9<br />

37,0<br />

25,7<br />

52,4 51,6<br />

Wahlbeteiligung Traditionell Protest Online<br />

Beteiligungsform und Geschlecht<br />

10,3<br />

Mann<br />

Frau<br />

Abb. 5 Genderrolle und politische Beteiligung in Deutschland © Oscar W. Gabriel, Daten: Allbus 2008<br />

Anteil Aktiver<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

Mit dem demografischen Wandel ist ein Sozialstrukturmerkmal<br />

noch stärker als früher in den Fokus der Partizipationsforschung<br />

gerückt, nämlich das Lebensalter. Ein Einfluss des Alters auf die<br />

politische Beteiligung lässt sich aus zwei theoretischen Perspektiven<br />

heraus begründen. Nach dem Generationenansatz erhalten<br />

Menschen durch die gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen,<br />

unter denen sich ihre politischen<br />

Wertorientierungen und Einstellungen<br />

herausbilden, Anreize zur politischen Beteiligung<br />

oder diese wird ihnen erschwert. Dem<br />

entsprechend unterstellt der Generationenansatz<br />

bei den ausschließlich in der Bundesrepublik<br />

sozialisierten Altersgruppen ein<br />

stärkeres politisches Engagement als bei<br />

Personen, die ihre politische Sozialisation in<br />

den autoritären Regimen der Vorkriegszeit<br />

durchliefen. Ost<strong>deutschland</strong> nimmt in dieser<br />

Hinsicht eine besondere Position ein. Einerseits<br />

herrschten in diesem Teil des Landes bis<br />

zum Zusammenbruch des SED-Regimes autoritäre<br />

politische Verhältnisse, auf der anderen<br />

Seite enthielt das zu DDR-Zeiten propagierte<br />

Leitbild des sozialistischen Bürgers<br />

eine partizipative Komponente.<br />

Der zweite zur Interpretation der Bedeutung<br />

des Lebensalters für die politische Beteiligung<br />

herangezogene Ansatz, das Lebenszykluskonzept,<br />

bindet die Beteiligungsanreize<br />

an den von den Menschen typischerweise<br />

durchlaufenen Lebenszyklus. Demnach sind<br />

Menschen in der Mitte ihres Lebens besonders<br />

aktiv, weil ihre privaten Lebensumstände dies möglich und<br />

erforderlich machen. Sie haben sich in dieser Lebensphase ihre<br />

berufliche und familiale Existenz geschaffen, sodass Raum für<br />

politisches Engagement bleibt. Auf der anderen Seite sind sie als<br />

Arbeitnehmer und Steuerzahler, Eltern von Kindern in der Ausbildungsphase<br />

und Nutzer der öffentlichen Infrastruktur besonders<br />

stark von politischen Entscheidungen betroffen und beziehen<br />

von daher überdurchschnittlich starke Partizipationsanreize.<br />

Jenseits dieser traditionellen Erklärungsansätze haben altersspezifische<br />

Muster politischer Beteiligung eine zusätzliche Bedeutung<br />

durch die Alterung der deutschen Gesellschaft gewonnen.<br />

Dieser Prozess löste eine Diskussion über die Generationengerechtigkeit<br />

und die Anpassung der Infrastruktur an die Bedingungen<br />

des demographischen Wandels aus. Die sinkenden Geburtenraten<br />

und die steigende Lebenserwartung bewirken eine<br />

Zunahme des Anteils älterer Menschen, die ihre spezifischen Forderungen<br />

an die Politik richten und diese durchzusetzen versuchen.<br />

Die bessere gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung<br />

führt zudem zu einem längeren Erhalt der Gesundheit, was wiederum<br />

soziale Integration und politische Aktivität ermöglicht und<br />

fördert. Ältere Menschen sind heute wesentlich besser als in frü-<br />

6,3<br />

18–29 J. 30–44 J. 45–59 J. 60–74 J. 75 u.ä.<br />

Alter<br />

Wahlbeteiligung<br />

Traditionell<br />

Protest<br />

Online<br />

Abb. 6 Lebensalter und politische Beteiligung in Deutschland, 2008.<br />

© Oscar W. Gabriel, Daten: Allbus 2008<br />

23<br />

D&E<br />

Heft 65 · 2013<br />

Bürgerbeteiligung und soziale Gleichheit

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