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deutschland & europa - lehrerfortbildung-gemeinschaftskunde ...

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kritischer Blogbeitrag nicht gleich das Ende<br />

der Welt bedeutet. Vermutlich sind viele<br />

Blogger auch etwas vorsichtiger geworden.<br />

Solange man Augenmaß bewahrt und im<br />

Zweifelsfall noch mal eine Nacht vor dem Veröffentlichen<br />

über einen kritischen oder polemischen<br />

Artikel schläft, ist die Gefahr, vor<br />

Gericht zu landen, sicherlich recht gering.<br />

Dennoch halte ich es für ratsam, eine Rechtsschutzversicherung<br />

abgeschlossen zu haben:<br />

(…)<br />

macmagazin.de: Wann sind Sie glücklich?<br />

Max Winde: Glück ist für mich, mein Leben<br />

selbst gestalten zu können. So ist es für mich<br />

als leidenschaftlicher Langschläfer ein großes<br />

Glück, nicht um 9 Uhr morgens produktiv<br />

sein zu müssen, nur weil mir eine Uhr dies befohlen<br />

hat. Ich liebe es, statt in einem muffigen<br />

Büro in meinem Garten arbeiten zu können.<br />

Diese flexible Arbeitsweise ist durch das<br />

Internet überhaupt erst möglich geworden,<br />

worüber ich mich jeden Tag auf’s Neue freue.<br />

Den Rest überlasse ich gern dem Zufall.<br />

M 5 »Seht Ihr denn auch irgendwelche Gefahren, ….« © Thomas Plaßmann, 17.6.2012<br />

© Macmagazin. de (13.6.2012): Wer ist eigentlich Max Winde?,<br />

www.giga.de/webapps/twitter/tipps/wer-ist-eigentlichmax-winde<br />

M 4<br />

Johannes Weyrosta: »Ihr werdet euch noch wünschen,<br />

wir wären politikverdrossen!«<br />

Im Grunde mangelt es den heutigen Jugendgenerationen nicht an<br />

Feindbildern und Problemstellungen, dennoch haftet an den jungen<br />

Menschen ein apolitisches und unkritisches Image. Nur selten<br />

überraschen wir unsere wutbürgerliche Elterngenerationen<br />

durch politisches Aufbegehren und zivilgesellschaftliche Partizipation.<br />

Während unsere Eltern auf der Straße gegen überdimensionierte<br />

Tiefgaragen der Deutschen Bahn zu demonstrieren versuchen,<br />

einverleiben wir uns Billigflüge, technologische Neuheiten<br />

und kostengünstige Kleidung im Dauerlauf. Vor wenigen Monaten<br />

kollabierte das Atomkraftwerk in Fukushima, dessen Folgen<br />

bis heute nicht geklärt sind, den dramatischen Auswirkungen von<br />

Tschernobyl jedoch in nichts nachstehen werden.<br />

Vor den Küsten Europas sterben zu Tausenden junge Afrikaner,<br />

die den Diktaturen ihrer Heimatländer entfliehen möchten, im<br />

reichen Westen jedoch nicht geduldet werden. In Libyen fliegt die<br />

westliche Staatengemeinschaft Luftangriffe gegen einen Führer,<br />

der lange Zeit als gern gesehener Gast durch Europa reiste, um an<br />

unserem Wohlstand mitzuwirken und selbst daran zu verdienen.<br />

Schon der Irak-Einsatz der US-Regierung stand unter fragwürdigen<br />

Vorzeichen und ist nicht erst heute als völkerrechtswidrig einzustufen.<br />

In vielen Teilen Europas wird der Tonfall gegenüber<br />

Migranten und Andersgläubigen rauer und feindseliger, Dänemark<br />

denkt bereits öffentlich über Grenzschließungen nach.<br />

Doch wo bleibt der Widerstand unserer Generation? Wir schauen<br />

ohnmächtig zu, die Ereignisse schnellen an uns vorbei und ersticken<br />

fundierte Gegenwehr schon im Keim.<br />

taz und der Freitag überschlagen sich in Berichterstattungen und<br />

Reportagen über die Energiewende, nachhaltiges Wirtschaften<br />

und alternative Lebensformen. Wer Peter Unfried, Chefreporter<br />

der taz, auf seinem Streifzug durch das französische Viertel in Tübingen<br />

und den Entdeckungsreisen durch das wohlstandsbesoffene<br />

aber dennoch energiebewusste Hohenlohe folgt, müsste mit<br />

Stolz erfüllt sein. Deutschland reflektiert kritisch und mit offenem<br />

Ausgang seine eigene Haltung zu Paradigmen der zurückliegenden<br />

Dekaden. Sollten wir uns wirklich nur von ökonomischen<br />

Zielen leiten lassen? Wo können wir noch ressourcenschonender<br />

und nachhaltiger agieren?<br />

Endlich kann auch die Jugendgeneration froh sein, in diesen Zeiten<br />

zu leben. Es geschieht etwas – so zumindest der Eindruck. Von<br />

unseren Eltern und Großeltern bekamen wir frühzeitig vermittelt,<br />

dass große Schlachten und Errungenschaften zurückliegen, die<br />

ganze Generationen zu Kämpfern gegen Faschismus, Autoritäten,<br />

Kriegseinsätze und Atomkraft werden ließen. Die Gegenfrage<br />

liegt nicht weit: Und was ist mit euch? Wogegen kämpft ihr?<br />

Meiner Generation mangelte es schlichtweg an Feindbildern. Antiautoritär<br />

und mit liberalen Weltansichten großgezogen sind wir<br />

nun Wohlstandskinder mit klaren Problemen vor Augen:<br />

Klimawandel, Wirtschaftsmigration und die neoliberale Ausrichtung<br />

der Wirtschaft für immer mehr Wachstum. Sie wurden uns<br />

quasi auf dem Silbertablett präsentiert, wir mussten sie nur noch<br />

greifen. Doch noch ist vieles der Gegenwehr nur heiße Luft. Zusammenhänge<br />

zwischen persönlichem Konsumverhalten und<br />

weltpolitischen Auseinandersetzungen werden nicht oder unzureichend<br />

gezogen. Konsumgesellschaften haben keine Zeit und<br />

keinen Platz für Fragen nach Menschenrechten, Produktionsbedingungen<br />

und Umweltauswirkungen, insofern diese nur in anderen<br />

Teilen der Erde spürbar sind. Die heutige Jugend muss asketischer<br />

werden. Verzicht, Reflektion und Kontrolle müssen die<br />

Maxime unseres Konsumverhaltens werden. Kompromisse darf<br />

es nicht geben. Flüge für 19 Euro nach London sind nicht mit Fairtrade-Kaffee<br />

aufzuwiegen, Klamotten aus Biobaumwolle verlieren<br />

ihre Tragkraft wenn der Körper, der darin steckt, sich täglich<br />

von Fleisch ernährt.<br />

Der Netzaktivist Max Winde prägte mit dem Ausruf »Ihr werdet<br />

euch noch wünschen, wir wären politikverdrossen« unser Leitmotiv.<br />

Es bedarf einer Bewusstwerdung von Folgen und Verantwortung<br />

unseres Konsumverhaltens. An Verzicht geht kein Weg vorbei.<br />

(…) Wir müssen aufwachen, schon jetzt schwinden Fukushima<br />

und der Libyen-Einsatz aus unseren Köpfen, wir verdauen politisches<br />

Verbrechen wie Junkfood und verlieren dabei den Bezug zu<br />

ihrer Tragweite. Dabei ist es doch so erstrebenswert, eine Generation<br />

mit Gesicht zu sein. Und dieses Gesicht sollte wahrlich<br />

nicht die Form eines angebissenen Apfels haben.<br />

© Johannes Weyrosta (13.6.2011): www.freitag.de/autoren/weilmeldung/ihrwerdet-euch-noch-wunschen-wir-waren-politikverdrossen<br />

51<br />

D&E<br />

Heft 65 · 2013<br />

Soziale Medien und das Partizipationsparadox

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