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deutschland & europa - lehrerfortbildung-gemeinschaftskunde ...

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alle aktiven Kräfte unserer Gesellschaft.<br />

[…] Wir werden uns ständig<br />

darum bemühen, dass sich die begründeten<br />

Wünsche der gesellschaftlichen<br />

Kräfte und der politische Wille<br />

der Regierung vereinen lassen. […]<br />

XV. Die Regierung kann in der Demokratie<br />

nur erfolgreich wirken, wenn<br />

sie getragen wird vom demokratischen<br />

Engagement der Bürger. Wir<br />

haben so wenig Bedarf an blinder Zustimmung,<br />

wie unser Volk Bedarf hat<br />

an gespreizter Würde und hoheitsvoller<br />

Distanz. Wir suchen keine Bewunderer;<br />

wir brauchen Menschen,<br />

die kritisch mitdenken, mitentscheiden<br />

und mitverantworten.<br />

Das Selbstbewusstsein dieser Regierung<br />

wird sich als Toleranz zu erkennen<br />

geben. Sie wird daher auch jene<br />

Solidarität zu schätzen wissen, die<br />

sich in Kritik äußert. Wir sind keine<br />

Erwählten; wir sind Gewählte. Deshalb<br />

suchen wir das Gespräch mit allen,<br />

die sich um diese Demokratie<br />

mühen. In den letzten Jahren haben manche in diesem Lande befürchtet,<br />

die zweite deutsche Demokratie werden den Weg der<br />

ersten gehen. Ich habe dies nie geglaubt. Ich glaube dies heute<br />

weniger denn je. Nein: Wir stehen nicht am Ende unserer Demokratie,<br />

wir fangen erst richtig an.«<br />

© Rainer A. Müller (Hg.), Deutsche Geschichte in Quellen und Darstellung, Band 11. Stuttgart<br />

(Reclam) 1996, S. 35–37, 41, 43f., 45f., 50f.<br />

M 12<br />

M 13<br />

»Aktionsprogramm der Kommunistischen Partei der<br />

Tschechoslowakei« (KPC), angenommen auf der<br />

Plenar tagung der ZK der KPC am 5.4.1968:<br />

Ihre Fähigkeit, die Gesellschaft zu leiten, hat die [Kommunistische]<br />

Partei besonders in der gegenwärtigen Zeit bewiesen, als<br />

sie aus eigener Initiative den Demokratisierungsprozess ausgelöst<br />

und seinen sozialistischen Charakter gesichert hat. […] Sie<br />

verwirklicht ihre führende Rolle nicht dadurch, dass sie die Gesellschaft<br />

beherrscht, sondern dadurch, dass sie der freien, fortschrittlichen<br />

und sozialistischen Entwicklung am treuesten dient.<br />

Sie kann sich ihre Autorität nicht erzwingen, sondern muss sie<br />

immer aufs Neue durch ihre Taten gewinnen. Ihre Linie kann sich<br />

nicht durch Verordnungen durchsetzen, sondern nur durch die<br />

Arbeit ihrer Mitglieder und die Wahrhaftigkeit ihrer Ideale.<br />

Die führende Rolle der Partei wurde in der Vergangenheit oft als<br />

Monopol, als Konzentration der Macht in der Hand der Parteiorgane<br />

aufgefasst. Das entsprach der falschen These, dass die Partei<br />

das Instrument der Diktatur des Proletariats sei. Diese schädliche<br />

Auffassung schwächte die Initiative und Verantwortung der<br />

staatlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Institutionen<br />

[…]. Die Partei will und wird die gesellschaftlichen Organisationen<br />

nicht ersetzen, sie muss im Gegenteil dafür sorgen, dass sich<br />

deren Initiative und politische Verantwortung für die Einheit unserer<br />

Gesellschaft erneuert und weiter entfaltet. Aufgabe der Partei<br />

ist es, einen solchen Weg der Befriedigung verschiedener Interessen<br />

zu suchen, der die gesamtstaatlichen Interessen nicht<br />

gefährdet, sondern ihnen im Gegenteil nützt und neue progressive<br />

Interessen schafft. Die Politik der Partei darf nicht dazu führen,<br />

dass die nicht-kommunistischen Bürger das Gefühl haben, in<br />

ihren Rechten und Freiheiten durch die Partei eingeschränkt zu<br />

werden, sondern dass sie vielmehr in der Tätigkeit der Partei die<br />

Garantie ihrer Rechte, Freiheiten und Interessen sehen. […]<br />

Demonstranten mit tschechoslowakischen Flaggen versuchen am 21. August 1968, russische Panzer und<br />

Fahrzeugkolonnen an der Weiterfahrt durch Prag zu hindern. Reformpolitiker innerhalb der Kommunistischen<br />

Partei unter der Führung Alexander Dubceks hatten seit dem Frühjahr 1968 versucht, in der Tschechoslowakei<br />

einen »Sozialismus mit menschlichem Antlitz« zu schaffen. Die Truppen des Warschauer Pakts<br />

marschierten unter Führung der UdSSR in der Tschechoslowakei ein und beendeten den »Prager Frühling«<br />

schließlich mit Waffengewalt. © picture alliance, 21.8.1968<br />

Grundlage der Aktionsfähigkeit der Partei unter den neuen Bedingungen<br />

ist die ideelle und organisatorische Einheit, die auf der<br />

Basis breiter innerparteilicher Demokratie entsteht. Die wirksamste<br />

Waffe gegen das Eindringen von Methoden des bürokratischen<br />

Zentralismus in die Partei ist die Stärkung des Einflusses<br />

der Parteimitglieder auf die politische Linie, die Stärkung der<br />

Rolle aller wirklich demokratischen Organe. Die gewählten Organe<br />

der Partei sind vor allem dafür verantwortlich, dass alle<br />

Rechte der Mitglieder gewährleistet, dass Entscheidungen kollektiv<br />

getroffen werden und die Macht nicht in einer Hand konzentriert<br />

wird. […] Die Partei ist sich dessen bewusst, dass es in<br />

unserer Gesellschaft keine tiefgreifendere Entwicklung der Demokratie<br />

geben kann, wenn nicht demokratische Grundsätze<br />

konsequent im inneren Leben und der Arbeit der Partei selbst unter<br />

Kommunisten zur Anwendung kommen. Die Entscheidungen<br />

über alle wichtigen Fragen und die Kaderbesetzung von Funktionen<br />

muss nach demokratischen Regeln der Behandlung und<br />

durch geheime Abstimmung erfolgen. […] Dennoch aber haben<br />

sich bis zur heutigen Zeit in unserem ganzen politischen System<br />

die schädlichen Einflüsse der zentralistischen Entscheidung und<br />

Leitung erhalten. In den Beziehungen zwischen Partei, Staat und<br />

gesellschaftlichen Organisationen, in den inneren Beziehungen<br />

und Methoden dieser Komponenten, in den Beziehungen staatlicher<br />

und anderer Institutionen zu den Bürgern, in der Auffassung<br />

der Bedeutung der öffentlichen Meinung und der Informiertheit<br />

aller, in der Praxis der Kaderpolitik – überall dort kommen viele<br />

Dinge zum Ausdruck, die den Menschen das Leben vergällen […].<br />

Die Politik der Partei geht von der Forderung aus, dass es im ganzen<br />

Staatsmechanismus zu keiner allzu großen Konzentration der<br />

Macht innerhalb eines Gliedes, eines Apparates oder bei einer<br />

Einzelperson kommen darf. Man muss eine derartige Aufteilung<br />

der Machtbefugnisse und ein System gegenseitiger Kontrolle zwischen<br />

den einzelnen Gliedern festsetzen, dass die Fehler und<br />

Übergriffe des einen Gliedes beizeiten durch die Tätigkeit eines<br />

anderen korrigiert werden können. Dem müssen nicht nur die Beziehungen<br />

zwischen den gewählten und ausführenden Organen<br />

entsprechen, sondern auch die Beziehungen innerhalb des Mechanismus<br />

der staatlichen Exekutivmacht und Verwaltung und<br />

ebenso die Stellung und Funktion der Gerichte.<br />

© Zdenek Mlynar, Nachtfrost. Erfahrungen auf dem Weg vom realen zum menschlichen Sozialismus.<br />

Köln (EVA) 1978, S. 325–327, 329, 340<br />

43<br />

D&E<br />

Heft 65 · 2013<br />

Zivilgesellschaft liche Bewegungen in Deutschland und Europa

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