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deutschland & europa - lehrerfortbildung-gemeinschaftskunde ...

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Unterstützung außerparlamentarischer Oppositions-<br />

und Protestbewegungen, Relativierung<br />

des Legalitätsprinzips, legere Umgangsformen,<br />

Respektlosigkeit gegenüber<br />

den Ritualen des politischen Betriebs. Gegen<br />

die Versteinerung der politischen Parteien<br />

soll Basisdemokratie gestellt werden.<br />

© Christian Graf von Krockow (Hg.), Brauchen wir ein neues<br />

Parteiensystem? Frankfurt/Main (Fischer) 1983, S. 57f.<br />

M 18<br />

Die »Charta 77«, verfasst von Vaclav<br />

Havel u. a. (1977)<br />

Charta 77 ist eine freie informelle und offene<br />

Gemeinschaft von Menschen verschiedener<br />

Überzeugungen, verschiedener Religionen<br />

und verschiedener Berufe, verbunden durch<br />

den Willen, sich einzeln und gemeinsam für<br />

die Respektierung von Bürger- und Menschenrechten<br />

in unserem Land und in der<br />

Welt einzusetzen – jener Rechte, die den<br />

Menschen von beiden kodifizierten internationalen<br />

Pakten, von der Abschlussakte der<br />

Konferenz in Helsinki, von zahlreichen weiteren<br />

internationalen Dokumenten gegen<br />

Krieg, Gewaltanwendung und soziale und<br />

geistige Unterdrückung zugestanden werden<br />

und die zusammenfassend von der »Allgemeinen Erklärung der<br />

Menschenrechte« der UN zum Ausdruck gebracht werden.<br />

Charta 77 fußt auf dem Boden der Solidarität und Freundschaft<br />

von Menschen, die von der gemeinsamen Sorge um das Geschick<br />

der Ideale bewegt werden, mit denen sie ihr Leben und ihre Arbeit<br />

verbunden haben und verbinden. (…)<br />

Charta 77 ist keine Basis für oppositionelle politische Tätigkeit.<br />

Sie will dem Gemeininteresse dienen wie viele Bürgerinitiativen in<br />

verschiedenen Ländern des Westens und des Ostens. Sie will also<br />

nicht eigene Programme politischer oder gesellschaftlicher Reformen<br />

oder Veränderungen aufstellen, sondern in ihrem Wirkungsbereich<br />

einen konstruktiven Dialog mit der politischen und<br />

staatlichen Macht führen, insbesondere dadurch, dass sie auf verschiedene<br />

konkrete Fälle von Verletzung der Menschen- und Bürgerrechte<br />

hinweist, deren Dokumentation verbreitet, Lösungen<br />

vorschlägt, die auf Vertiefung dieser Rechte und ihrer Garantien<br />

abzielen, und als Vermittler in anfallenden Konfliktsituationen<br />

wirken, die durch Widerrechtlichkeit verursacht werden können.<br />

Durch ihren symbolischen Namen betont Charta 77, dass sie an<br />

der Schwelle eines Jahres entsteht, das zum Jahr der Rechte politisch<br />

Gefangener erklärt wurde und in dessen Verlauf die Belgrader<br />

Konferenz die Erfüllung der Verpflichtungen von Helsinki prüfen<br />

soll. (…) Wir glauben daran, dass Charta 77 dazu beitragen<br />

wird, dass in der Tschechoslowakei alle Bürger als freie Menschen<br />

arbeiten und leben können.<br />

© FAZ vom 7.1.1977, offizielle deutsche Veröffentlichung des Gründungstextes<br />

M 19<br />

M 20<br />

Bericht des Ministeriums für Staatssicherheit vom<br />

1.6.1989 über oppositionelle Gruppen in der DDR in den<br />

80er Jahren<br />

Seit Beginn der 80er Jahre anhaltende Sammlungs- und Formierungsbestrebungen<br />

[…] führten zur Bildung entsprechender<br />

Gruppierungen und Gruppen. Diese sind fast ausschließlich in<br />

Strukturen der evangelischen Kirchen in der DDR eingebunden<br />

bzw. können für ihre Aktivitäten die materiellen und technischen<br />

Möglichkeiten dieser Kirchen umfassend nutzen. […] Gegenwärtig<br />

bestehen in der DDR ca. 160 derartige Zusammenschlüsse. […]<br />

Etwa zehntausend Demonstranten nahmen bereits am 4. November 1989 in Potsdam an einer bis<br />

dahin einmaligen, weil nicht vom Staat und seinen Massenorganisationen angeordneten Großdemonstration<br />

in der Innenstadt Potsdams teil und zeigten Transparente mit weitreichenden demokratischen<br />

Forderungen. Nach den Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag der DDR-Gründung und dem<br />

Besuch des sowjetischen Parteichefs Michael Gorbatschow entluden sich die Proteste schließlich<br />

am 9. November 1989, an dem Tag, als die Maueröffnung das Ende der DDR einleitete.<br />

© Bernd Blumrich, picture alliance<br />

Sie gliedern sich in knapp 150 sog. Kirchliche Basisgruppen, die<br />

sich selbst […] bezeichnen als »Friedenskreise« (35), »Ökologiegruppen«<br />

(39), gemischte »Friedens- und Umweltgruppen«<br />

(23), »Frauengruppen« (7), »Ärztekreise« (3); »Menschenrechtsgruppen«<br />

(10) bzw. »2/3-Welt-Gruppen« (39) und sogen. Regionalgruppen<br />

von Wehrdienstverweigerern. […]<br />

Ableitend aus sog. Gründungserklärungen und Strategiepapieren<br />

[…] bilden besonders folgende antisozialistische Inhalte/Stoßrichtungen<br />

die Schwerpunkte im Wirksamwerden feindlicher, oppositioneller<br />

Kräfte:<br />

1. Gegen die Grundlagen und Gesetzmäßigkeiten des Sozialismus<br />

gerichtete Angriffe finden ihren konzentrierten Ausdruck<br />

in Forderungen nach Änderung der sozialistischen Staats- und<br />

Gesellschaftsordnung und nach »Erneuerung des Sozialismus«.<br />

Dabei berufen sich diese Kräfte immer stärker auf die<br />

Umgestaltungsprozesse und die damit verbundenen Entwicklungen<br />

in der UdSSR und anderen sozialistischen Ländern. Demagogisch<br />

werden Begriffe wie Glasnost, Demokratisierung,<br />

Dialog, Bürgerrechte, Freiheit für »Andersdenkende« oder<br />

Meinungspluralismus missbraucht […].<br />

2. Gegen die Sicherheits- und Verteidigungspolitik gerichtete<br />

Angriffe konzentrierten sich unter dem Deckmantel der »Entmilitarisierung«<br />

der Gesellschaft auf Forderungen nach Beseitigung<br />

der vormilitärischen Erziehung und Ausbildung der Jugend<br />

(u. a. Unterrichtsfach Wehrerziehung), Abschaffung der<br />

Wehrpflicht, Einrichtung des sozialen bzw. zivilen »Friedensdienstes«<br />

als gleichwertiger Ersatz für den Wehrdienst und auf<br />

Gewährung des Rechtes auf Wehrdiensttotalverweigerung<br />

aus Gewissensgründen.<br />

3. Gegen die kommunistische Erziehung der Jugend gerichtete<br />

Angriffe beinhalten u. a. Forderungen nach Aufgabe des »Totalitätsanspruches«<br />

der marxistisch-leninistischen Weltanschauung<br />

(…).<br />

4. Probleme des Umweltschutzes bilden ein breites Feld zur Diskreditierung<br />

der Politik der Partei in Umweltfragen […].<br />

© Volker Gransow/Konrad H. Jarausch (Hg.), Die deutsche Vereinigung. Dokumente zu Bürgerbewegung,<br />

Annäherung und Beitritt. Köln (Verlag Wissenschaft und Politik) 1991, S. 54<br />

45<br />

D&E<br />

Heft 65 · 2013<br />

Zivilgesellschaft liche Bewegungen in Deutschland und Europa

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