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Dekodierung moderner Mythen: von Star Wars zur Popkultur

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Narration folgen zu können. „Das gesamte Konzept der Schläferkurve basiert auf diesem<br />

Prinzip: Komplexeres Entertainment bringt Gehirne hervor, die bestimmte Problemstellungen<br />

schneller und besser lösen können.“ 106 Johnson behauptet, dass durch die Rezeption der<br />

Inhalte popkultureller Medien die kognitiven Fähigkeiten des Menschen steigen und, dass<br />

das menschliche Gehirn ein quasi autopoeitisches Interesse daran hat. Dies trifft<br />

insbesondere auf folgende Kompetenzen zu: „komplexe soziale Netzwerke zu analysieren,<br />

Ressourcen zu verwalten, verschlungenen Handlungsfäden zu folgen, langfristige Muster zu<br />

erkennen.“ 107 Johnson vergleicht beispielsweise die Anzahl handlungstragender Charaktere<br />

in <strong>Star</strong> <strong>Wars</strong> mit der Anzahl der Charaktere in ‚Der Herr der Ringe’. Während er für die <strong>Star</strong><br />

<strong>Wars</strong> Trilogie etwa zehn Charaktere ausmacht, sieht er für ‚Der Herr der Ringe’ etwa dreimal<br />

so viele Charaktere. 108 Obwohl Johnsons Auswahl hier grundsätzlich als<br />

interpretationsabhängig zu bewerten ist, ist die Tendenz, die er beschreibt korrekt. Was er<br />

aber in seiner vergleichenden Studie nicht berücksichtigt hat, ist das stetig expandierende<br />

<strong>Star</strong> <strong>Wars</strong> Universum, dass mit der Veröffentlichung der Episoden I – III einen weiteren<br />

Höhepunkt erlebte. <strong>Star</strong> <strong>Wars</strong> unterliegt in sich selbst einer Schläferkurve. 109<br />

Johnson deckt in diesem Zusammenhang die Verbindung <strong>von</strong> zunehmender Komplexität<br />

und Marktwert auf. Die Steigerung kognitiver Fähigkeiten erweist sich als Verkaufsargument<br />

für popkulturelle Erzeugnisse. „Ein grundlegender Faktor der Schläferkurve ist das mächtige<br />

Prinzip der Wiederholung. Im Lauf der letzten zwanzig Jahre fand in der<br />

Unterhaltungsindustrie eine grundlegende Verschiebung statt. Das Ergebnis:<br />

Erstausstrahlungen sind inzwischen weniger lukrativ als die Zweitverwertung.“ 110<br />

Zu berücksichtigen ist aber auch, dass <strong>Star</strong> <strong>Wars</strong> <strong>von</strong> seinen Rezipienten bereits 1977<br />

einiges an komplexen kognitiven Kompetenzen erforderte und den Standard popkultureller<br />

Erzeugnisse, der bis dahin allgemeingültig und konsensfähig war, ausdehnte. Der Film<br />

arbeitete zuweilen mit vier gleichzeitig ablaufenden Plots. Während der Befreiung der<br />

Prinzessin vom Todesstern laufen folgende Plots ab: Luke Skywalker und Han Solo befreien<br />

die Prinzessin; Obi Wan Kenobi löst den Fangstrahl mit dem der Rasende Falke am<br />

Todesstern fest hängt; R2-D2 und C3-PO müssen sich darum kümmern, nicht entdeckt zu<br />

werden; Darth Vader spürt die Präsens <strong>von</strong> Kenobi. Hinzu treten die Auflösung der Einheit<br />

<strong>von</strong> Zeit und Raum in den unwahrscheinlichsten Szenarien, technische nie zuvor gehörte<br />

Spezifikationen und Termini, die religiöse Rahmung und der Widerstandskampf der Rebellen<br />

gegen den Totalitarismus des Imperiums. Kurz: <strong>Star</strong> <strong>Wars</strong> verfügte bereits über eine große<br />

Komplexität und das Massenpublikum war 1977 bereit dafür. Seitdem haben sich die<br />

106 Johnson, S., 2006, S. 194<br />

107 Ebd. S. 199<br />

108 Vgl. ebd. S. 134<br />

109 Möglich wird dies durch die mythologische Ausgangsstruktur des <strong>Star</strong> <strong>Wars</strong> Universums, das<br />

Raum für Expansionen lässt.<br />

110 Ebd. S. 164<br />

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