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WISSEN TANKEN<br />
SPARTECHNOLOGIEN<br />
Unter Sparzwang<br />
Der nächste Grenzwert für die MINDERUNG DER CO 2<br />
-EMISSIONEN steht fest: 95 Gramm<br />
pro Kilometer. Auf dem Weg dorthin bedienen sich Autohersteller verschiedener technischer<br />
Kniffe. Wir zeigen Ihnen, wie die Industrie dem Verbrennungsmotor das Sparen beibringt.<br />
Einsparpotenzial<br />
~30 %<br />
Elektro und Hybrid<br />
Strom hilft beim Spritsparen<br />
Für schwere Autos ist die Elektrifizierung des Antriebs langfristig die<br />
einzige Chance, die CO 2 -Ziele zu erreichen – durch die Entlastung des<br />
Verbrennungsmotors sowie Bremsenergie-Rückgewinnung.<br />
Fotos: Bosch, Fiat, Valeo, ZF<br />
Die EU legt den Automobilherstellern<br />
die Daumenschrauben<br />
an: CO 2 -Emissionen<br />
sollen spätestens 2021 auf 95<br />
Gramm pro Kilometer sinken.<br />
Dabei soll die Mehrfachanrechnung,<br />
zum Beispiel sogenannte<br />
„Supercredits“ für emissionsfreie<br />
Elektroautos, ab 2020<br />
helfen, das Flottenverbrauchskonto<br />
eines Herstellers aufzuhübschen.<br />
Und wie sich der in<br />
wenigen Jahren zu erwartende<br />
weltweite Normzyklus (WLTC)<br />
auf die CO 2 -Emissionen auswirken<br />
wird, bleibt ungeklärt.<br />
Doch längst verstehen Entwickler<br />
das 95-Gramm-Ziel als<br />
technische Herausforderung,<br />
die gegenüber heute eine Verbesserung<br />
um etwa 30 Prozent<br />
bedeutet.<br />
Längst stehen technische<br />
Komponenten bereit, mit denen<br />
zumindest Kleinwagen das<br />
95-Gramm-Ziel schon erreichen.<br />
Auch für Kompakt- und<br />
Mittelklassewagen dürfte mit<br />
Maßnahmenpaketen bis hin<br />
zur Teilhybridisierung dieses<br />
Ziel erreichbar sein. In höheren<br />
Gewichtsklassen kommt der<br />
Verbrennungsmotor an einer<br />
schrittweisen Elektrifizierung<br />
und an zusätzlichen verbrauchsmindernden<br />
Maßnahmen<br />
im Fahrzeugkonzept wohl<br />
kaum vorbei.<br />
Jedenfalls müssen sowohl<br />
Benziner als auch Dieselmotor<br />
noch sparsamer werden.<br />
Wirkungsvollstes und damit<br />
zentrales Rezept ist das Downsizing.<br />
Denn Verbrennungsmotoren<br />
erzielen ihren besten<br />
Wirkungsgrad, wenn man ihren<br />
Hauptbetriebsbereich hin zu<br />
höherer spezifischer Leistung<br />
verschiebt. Das führt zu hubraumkleineren<br />
Motoren – auch<br />
mit weniger Zylindern –, die<br />
im höheren Lastbereich laufen<br />
müssen. Dies verringert auch<br />
die anteiligen Reibungs- und<br />
Wärmeverluste. Das Hubraumdefizit<br />
wird per Aufladung ausgeglichen,<br />
wodurch der Turbolader<br />
zum elementaren<br />
Bestandteil des Downsizing-<br />
Konzepts wird.<br />
Beim Diesel längst Standard,<br />
führt das Effizienzstreben auch<br />
beim Benziner zur Direkteinspritzung.<br />
Denn mit dem eingespritzten<br />
Kraftstoff lässt sich<br />
eine gute Kühlung der Brennräume<br />
erzielen und zudem eine<br />
effektive Zylinderspülung ohne<br />
Kraftstoffverluste beim Ladungswechsel.<br />
So sind schon<br />
bei niedrigen Drehzahlen Drehmomentwerte<br />
zu erzielen, wie<br />
man sie vom Diesel kennt.<br />
Doch auch dessen Potenzial ist<br />
noch nicht ausgereizt: Höherer<br />
Ladedruck und Einspritzdrücke<br />
bis 2500 Bar versprechen eine<br />
weitere Optimierung.<br />
Ein quasi zeitweiliges Downsizing<br />
lässt sich mit Zylinderabschaltung<br />
umsetzen. Selbst<br />
einen 1.4 TSI macht VW zum<br />
Teilzeit-Zweizylinder und spart<br />
so rund 0,4 Liter Sprit auf<br />
<strong>10</strong>0 km ein, bei moderater<br />
Konstantfahrt sogar mehr.<br />
Einsparpotenzial verbirgt sich<br />
auch dort, wo Drosselklappen<br />
und Ventile die Beatmung des<br />
Motors behindern. Es gilt daher,<br />
den Kompromiss fester<br />
Ventilsteuerzeiten aufzulösen<br />
und sie an unterschiedliche<br />
Last- und Drehzahlpunkte anzupassen.<br />
Konzepte wie die<br />
BMW-Valvetronic oder Univalve<br />
von KS variieren zudem<br />
den Ventilhub. Das entdrosselt<br />
den Ladungswechsel weiter,<br />
kann so die Drosselklappe<br />
überflüssig machen und zu<br />
Einsparungen im einstelligen<br />
Prozentbereich beitragen.<br />
Bei der weiteren Optimierung<br />
des Verbrennungsprozesses<br />
gilt es vor allem, die Präzision<br />
der Abläufe zu verbessern und<br />
Toleranzen einzuengen. Beim<br />
Dieselmotor werden wir zunehmend<br />
Glühkerzen erleben,<br />
die zugleich als Drucksensoren<br />
während der Verbrennung<br />
agieren. Nur so wird künftig<br />
zusammen mit schnellen Prozessoren<br />
eine vorgelagerte<br />
präzise Steuerung möglich.<br />
Neben den genannten Kernthemen<br />
flankieren allerdings weitere<br />
Technikbausteine die<br />
Optimierung des Verbrennungsmotors.<br />
Dazu gehören<br />
ein ausgeklügeltes Thermomanagement,<br />
ein Generator,<br />
der zum Laden der Batterie primär<br />
den Schubbetrieb nutzt,<br />
sowie bedarfsabhängig elektrisch<br />
angesteuerte Nebenaggregate<br />
wie Öl- und Kühlmittelpumpe,<br />
Klimakompressor oder<br />
Servolenkung – Elemente, die<br />
in neue Modelle längst einfließen.<br />
Nachhaltiges Potenzial für<br />
das Erreichen der Klimaziele<br />
verspricht auch der Umstieg<br />
auf Erdgas. Dank seiner günstigen<br />
chemischen Struktur lassen<br />
sich die CO 2 -Emissionen<br />
mit dem Alternativkraftstoff bei<br />
vergleichbarer Motorleistung<br />
um bis zu 25 Prozent mindern.<br />
Natürlich lässt sich das Klimapotenzial<br />
der zahlreichen Bausteine<br />
nicht einfach addieren.<br />
Vielmehr kommt es darauf an,<br />
die Wechselwirkungen einzelner<br />
Technologien zu einem intelligenten<br />
und für den Kunden<br />
letztlich bezahlbaren Optimum<br />
zu kombinieren.<br />
Klaus-Ulrich Blumenstock<br />
34 AUTO <strong>10</strong>/<strong>2014</strong> www.facebook.com/AUTOStrassenverkehr