neurologisch - Ãsterreichische Gesellschaft für Neurologie
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GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Frage: akute und chronische Symptomatik?<br />
Craig et al. 8 stellten 2003 fest, dass PatientInnen,<br />
die im Rahmen eines Schubes<br />
neben i. v. Cortison auch multidisziplinäre<br />
Rehabilitation erhielten, nach 3 Monaten bessere<br />
Werte vor allem hinsichtlich der Aktivität<br />
aufwiesen. In diesem Zusammenhang soll auf<br />
eine Studie an einer allgemeinen Rehabilitationspopulation<br />
von Jörger et al. 9 hingewiesen<br />
werden, in der eine deutlichere Verbesserung<br />
im BI bei PatientInnen mit akuten Ausfällen<br />
gegenüber solchen mit chronischen<br />
Behinderungen gefunden wurde.<br />
Eine andere Frage verfolgten Grasso et al. 10 :<br />
Bei PatientInnen mit gering bis mäßig erhöhtem<br />
EDSS konnte durch Rehabilitation eine<br />
stärkere Auswirkung auf ADL (BI, RMI) nachgewiesen<br />
werden als bei schwer betroffenen<br />
MS-PatientInnen.<br />
Frage: Langzeiteffekt? Auch wenn es<br />
schwierig ist, insbesondere in Anbetracht der<br />
Grunderkrankung MS, eine längerfristige<br />
Auswirkung einer Rehabilitation zu postulieren,<br />
so sind doch in mehreren Untersuchungen<br />
positive Langzeitergebnisse von 6 Wochen<br />
bis 10 Monaten beschrieben worden.<br />
Wirkweise einer<br />
Rehabilitation<br />
Grundlagen für Effekte einer Rehabilitation<br />
sind bei chronischer Schädigung die trainings -<br />
induzierte neuronale Plastizität sowie Kompensation,<br />
Adaptation und Rekonditionierung;<br />
auch verbesserte Coping-Mechanismen und<br />
Nutzung persönlicher und sozialer Ressourcen<br />
können Anteil an positiven Resultaten haben.<br />
Wie bereits erwähnt, soll im Vordergrund der<br />
Rehabilitation ein aktives und aufgaben- und<br />
zielorientiertes Bewegungstraining mit hoher<br />
Trainingsintensität stehen.<br />
Folgende Verfahren werden eingesetzt (kein<br />
Anspruch auf Vollständigkeit): repetitives<br />
Üben, funktionell orientierte Verfahren (wie<br />
„Impairment-orientiertes Training“) sowie<br />
Therapie des erzwungenen Gebrauches<br />
(„constraint-induced movement therapy“).<br />
Weitere Möglichkeiten wären eine therapeutische<br />
elektrische Stimulation sowie die repetitive<br />
transkranielle Magnetstimulation; ob<br />
mentales Training eine positive Wirkung<br />
zeigt, ist unklar. Speziell bei MS-PatientInnen<br />
soll für die Gangschulung ein Training am<br />
Laufband, falls notwendig, auch ein elektromechanischer<br />
Gangtrainer in Erwägung gezogen<br />
bzw. eingesetzt werden. Für detaillierte<br />
Ausführungen muss auf einschlägige Spezialliteratur<br />
verwiesen werden.<br />
Sport als Therapie<br />
RESÜMEE<br />
Im Rahmen der Rehabilitation sollen die<br />
Faktoren der ICF berücksichtigt werden,<br />
da mit dieser Klassifizierung Informationen<br />
über die Funktionsfähigkeit und<br />
deren Beeinträchtigung bzw. über die<br />
Behinderung gewonnen werden können,<br />
die sowohl der Zielsetzung als auch der<br />
Zielerreichung dienen. Neben der klinischen<br />
Befunderhebung (= Körperstruktur<br />
und -funktion) spielen dabei die Erfassung<br />
der Alltagsaktivitäten und der Teilhabe<br />
sowie persönliche und umweltbezogene<br />
Kontextfaktoren ein bedeutende<br />
Rolle.<br />
Eine Verbesserung der Behinderung<br />
sowie der Teilhabe durch Rehabilitation<br />
sind belegt, Therapieerfolge sollten vorrangig<br />
am Ausmaß der Teilhabe gemessen<br />
werden. Das Setzen von Therapiezielen<br />
und deren ständige Überprüfung<br />
und Modifizierung sind unerlässlich. Eine<br />
intramurale Rehabilitation ist einer extramuralen<br />
vorzuziehen.<br />
Thematisch eng verknüpft mit einer Rehabilitation<br />
ist die Frage nach dem Nutzen einer<br />
sportlichen Tätigkeit. Streng sportphysiologisch<br />
können unter anderem Ausdauer- und<br />
Widerstandstraining unterschieden werden.<br />
Für beide Arten – mit moderater Intensität<br />
betrieben – sind Wirksamkeit und Verträglichkeit<br />
bei MS beschrieben.<br />
Rietberg et al. veröffentlichten 2005 eine<br />
Übersichtsarbeit 11 über den Einsatz einer Trainingstherapie:<br />
Wie zu erwarten zeigte Training<br />
im Vergleich die besten Erfolge hinsichtlich<br />
Kraft, Belastbarkeit und Mobilität, wenig<br />
Einfluss sah man auf die Stimmungslage, keinen<br />
auf Tagesmüdigkeit oder den Umgang<br />
mit der Behinderung. Im Speziellen konnte<br />
keine Auswirkung von bestimmten Trainings<br />
auf Aktivität oder Teilhabe im Vergleich zu<br />
anderen Trainingsarten demonstriert werden.<br />
Es fand sich auch kein Hinweis auf schädigende<br />
Wirkung eines moderaten Trainings.<br />
Allerdings sprechen andere Veröffentlichungen<br />
durchaus von Verbesserungen durch körperliches<br />
Training hinsichtlich QoL, Depression<br />
oder Fatigue.<br />
Elemente eines klassischen Kraft- und Ausdauertrainings<br />
sind wohl in jeder multimodalen<br />
Rehabilitation zu finden. Allerdings<br />
muss man berücksichtigen, dass für eine Verbesserung<br />
verschiedener physiologischer Parameter<br />
eine gewisse Mindestintensität und<br />
Mindestdauer der Belastung notwendig sind.<br />
So ist zum Beispiel ein Ausdauertraining einmal<br />
pro Woche sinnlos, ebenso wie eine Gesamtdauer<br />
von z. B. 3 Wochen.<br />
Offen sind die Fragen, ob Sport einen immunmodulierenden<br />
und verlaufsmodifizierenden<br />
Effekt aufweist bzw. ob über eine<br />
Freisetzung neurotropher Faktoren durch<br />
Sport die Neuroregeneration beeinflusst werden<br />
kann.<br />
n<br />
1<br />
Khan et al., 2008<br />
2<br />
Khan et al., Multidisciplinary rehabilitation for adults<br />
with multiple sclerosis 2008<br />
3<br />
Freeman et al., 1999<br />
4<br />
Solaris et al., 1999<br />
5<br />
Khan et al., 2008<br />
6<br />
Romberg et al., 2005<br />
7<br />
Storr et al., 2006<br />
8<br />
Craig et al., 2003<br />
9<br />
Jörger et al., 2001<br />
10<br />
Grasso et al., 2009<br />
11<br />
Rietberg et al., 2005<br />
30