neurologisch - Ãsterreichische Gesellschaft für Neurologie
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NEUROLOGIE AKTUELL<br />
Neurogeriatrie<br />
Zusammengestellt im Namen des Beirates „Neurogeriatrie“:<br />
Prim. Univ.-Prof. Dr. Gerhard Ransmayr<br />
Abteilung für <strong>Neurologie</strong> und Psychiatrie, AKH Linz<br />
Körperliche Aktivität und Risiko<br />
für klinisch stumme Hirninfarkte<br />
Es gibt zunehmend Hinweise, dass das<br />
Schlaganfallrisiko bei betagten Personen<br />
durch mittelgradige bis intensive körperliche<br />
Aktivität reduziert werden kann. So zeigten<br />
Assoziationsstudien, dass – unabhängig von<br />
den Risikofaktoren koronare Herzerkrankung,<br />
Hypertonie, Diabetes, Rauchen, Alkoholkonsum,<br />
Übergewicht und medizinische Gründe<br />
für Bewegungsarmut – intensive und andauernde<br />
körperliche Aktivität (Sport) mit einem<br />
reduzierten Schlaganfallrisiko einhergeht.<br />
Das Schlaganfallrisiko und Residuen nach<br />
Schlaganfällen sind auch abhängig vom Ausmaß<br />
mikrovaskulärer zerebraler Veränderungen,<br />
wie Leukenzephalopathie oder lakunäre<br />
Infarkte. Mikrovaskuläre zerebrale Veränderungen<br />
sind auch ohne manifeste Schlafanfälle<br />
von funktioneller Bedeutung (Kognition,<br />
Motorik, Verhalten).<br />
Northern<br />
Manhattan Study<br />
Langzeit-Verlaufsuntersuchungen<br />
zur Frage des Effektes<br />
von Sport auf die zerebrale<br />
Durchblutung sind selten. Die<br />
Northern Manhattan Study<br />
(NOMAS) 1–3 , eine populationsbasierte<br />
prospektive Kohortenstudie,<br />
untersuchte 3298<br />
TeilnehmerInnen, die bei Studieneinschluss<br />
eine negative<br />
Schlaganfallanamnese aufwiesen<br />
und mittels eines Fragebogens<br />
hinsichtlich sportlicher<br />
Aktivitäten (Metabolic<br />
Equivalent Score, MET) evaluiert<br />
wurden. Der MET zeigt<br />
eine gute Korrelation mit der<br />
Einschätzung der körperlichen<br />
Aktivität durch Angehörige,<br />
Body-Mass-Index und Alltagsaktivitäten.<br />
Durchschnittlich 6 Jahre nach Erstuntersuchung<br />
und Erhebung der physischen Aktivitäten<br />
wurde bei 1226 Personen ein MRI (1,5<br />
Tesla) durchgeführt und auf die Zielparameter<br />
klinisch stumme Infarkte ( 3 mm messende<br />
Gewebsdefekte, FLAIR) sowie Volumen von<br />
Hyperintensitäten der weißen Substanz untersucht<br />
1 .<br />
Ergebnis: In der von Personen hispanischer<br />
Abkunft dominierten Kohorte, in der generell<br />
Frauen weniger Sport betrieben als Männer,<br />
zeigten sich im MRI klinisch stumme Infarkte<br />
bei 16 %. Personen mit der obersten<br />
Quartile der Intensität körperlicher Betätigung<br />
(intensiver Sport) hatten ein um 40 %<br />
geringeres Risiko für klinisch stumme In -<br />
farkte, vor und nach Berücksichtigung der<br />
vaskulären Risikofaktoren Insulinresistenz,<br />
Tabakkonsum, Hypertonie, Alkohol und Nierenfunktion,<br />
während dieser Effekt für Personen<br />
mit geringerer oder keiner körperlichen<br />
Aktivität nicht festzustellen war. Das<br />
Intervall zwischen der Feststellung der körperlichen<br />
Aktivität und der MRI-Untersuchung<br />
beeinflusste die Resultate nicht. Sport<br />
zeigte keinen Effekt auf das Volumen von<br />
Läsionen der weißen Substanz (Leukoaraiose).<br />
PatientInnen mit schlechtem Versicherungsstatus<br />
hatten durch sportliche Aktivität<br />
eine geringere positive Assoziation mit den<br />
Zielparametern.<br />
Kommentar: Die Studie zeigt, dass bei Personen,<br />
die sich intensiv sportlich betätigen,<br />
neben manifesten Hirninfarkten auch klinisch<br />
stumme Infarkte signifikant seltener zu beobachten<br />
sind. Sport könnte unabhängig von<br />
der Behandlung oder Vermeidung vaskulärer<br />
Risikofaktoren einen protektiven Faktor für klinisch<br />
manifeste, aber auch stumme Infarkte<br />
darstellen. Zu bedenken sind die methodischen<br />
Grenzen der Studie, wie das Intervall<br />
zwischen Feststellung der Intensität sportlicher<br />
Aktivitäten und vaskulärer Risikofaktoren<br />
und die Untersuchung der Zielparameter der<br />
Studie (MRI) von durchschnittlich 6 Jahren.<br />
Außerdem handelt es sich um eine Assoziationsstudie,<br />
und Assoziation muss nicht Kausalität<br />
bedeuten. Die Summe der Publikationen<br />
zu diesem Themenbereich 4 weisen aber<br />
stark in Richtung eines schlaganfallverhindernden<br />
Effektes von Sport, wobei die protektiven<br />
Mechanismen noch unklar sind. n<br />
1 Willey JZ et al., Lower prevalence of silent brain infarcts<br />
in the physically active: the Northern Manhattan Study.<br />
Neurology 2011; 76:2112–18<br />
2 Willey JZ et al., Physical activity and risk of ischemic<br />
stroke in the Northern Manhattan Study. Neurology<br />
2009; 73:1774–79<br />
3 Sacco RL et al., Leisure-time physical activity and<br />
ischemic stroke risk: the Northern Manhattan Stroke<br />
Study. Stroke 1998; 29:380–87<br />
4 Lee CD et al., Physical activity and stroke risk:<br />
a meta-analysis. Stroke 2003; 34:2475–81<br />
FOTO: GINA SANDERS - FOTOLIA.COM<br />
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