CIMA 54.pdf
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Erst in jüngerer Zeit ist darauf hingewiesen worden, wie stark Boccaccio sich offenbar von<br />
Chrétien de Troyes, besonders von dessen ‘Cligès’ hat beeinflussen und anregen lassen. Ob<br />
man Boccaccios schon hier deutlich erkennbare psychologisierenden Darstellungsweisen,<br />
seine Verfeinerung und Vertiefung der Figuren gegenüber den französischen Fassungen<br />
auch auf Chrétien zurückführen sollte, bleibt eher fraglich und überschätzt vor allem<br />
Chrétien. Ebenso sollte eine Etikettierung als Bildungsroman nur mit Vorsicht gebraucht<br />
werden. Daß Florios lange und mühsame Suche nach der geliebten Frau auch Aspekte der<br />
‘Erziehung durch das Leben zum Leben’ in sich birgt, ist jedoch unbestritten.<br />
Den Bogen von hier zum späten Boccaccio zu schlagen, fällt nicht schwer: zum Boccaccio<br />
des ‘Decamerone’, da ‘Boccaccio novelliere’ schon in den dreizehn Novellen des vierten<br />
Buchs zu erkennen ist, aber gerade auch zum Alterswerk, zu seinen mythologischen<br />
Handbüchern. Weniger vielleicht zu seinen Büchern von den berühmten Männern und<br />
Frauen.<br />
Die Überlieferungssituation zum ‘Filocolo’ ist gut, die editorische dagegen etwas konfus. Es<br />
existieren mehrere Ausgaben nebeneinander, die aber den Ansprüchen, die man an eine<br />
kritische Edition stellen sollte, nicht immer genügen. Der ‘Filocolo’ wird von insgesamt 51<br />
Textzeugen überliefert, davon sind 15 fragmentarisch. Der größte Teil der Handschriften ist<br />
von A.E. Quaglio (1965) ausführlich beschrieben worden. In fast allen Handschriften ist nur<br />
Boccaccios Text überliefert. Keiner der Zeugen ist direkt mit Boccaccio in Verbindung zu<br />
bringen. Der überwiegende Teil stammt aus dem 15. Jahrhundert, nur wenige aus dem 14.,<br />
wobei keine Handschrift vor der zweiten Hälfte des Jahrhunderts entstanden zu sein<br />
scheint. Der Text ist noch im 16. Jahrhundert abgeschrieben worden und auch in mehreren<br />
Drucken vor 1500 überliefert.