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CIMA 54.pdf

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Heraldische Zeichen und Farben sind überhaupt ein auffälliges Mittel, die Wahrnehmung<br />

des Betrachters zu lenken: Wappenschilde, die auf Schabracken der Pferde oder über<br />

Stadttoren angebracht sind, Fahnen auf Türmen und an Schiffsmasten oder von Herolden<br />

dem Heer oder den Festzügen voran getragen. Abgesehen von den römischen und<br />

spanischen Wappen mit realem Bezug, die im Rahmen der Vorgeschichte auftreten,<br />

beherrschen die Farben Rot-Weiß, häufig aber auch zusammen mit Rot-Schwarz die<br />

Szenen, so die zwei Fahnen an den Masten von Florios Schiff oder die Wappen über dem<br />

Stadttor und auf dem Turm von Alexandria wie auch beim Verlassen Roms an den<br />

Fanfaren der Herolde (Bild Nr. 125, 172 und 200). Zumal die Farben Rot-Weiß könnten<br />

Symbolfarben sein für Florio, dessen Name für die Rose steht, und für Biancifiore, die<br />

Lilie. 25<br />

Rot-weiß ist auch das Zeichen des Gottes Mars, des roten Ritters, der Mut und<br />

Tapferkeit personifiziert (Bild Nr. 69, 83). Außerdem markieren rot-weiße Zeichen den<br />

Einfluß- oder Herrschaftsbereich des Königs von Spanien, während rot-schwarz sich auf<br />

Rom zu beziehen scheint und Biancifiores Abkunft aus vornehmem römischem Geschlecht<br />

anzeigt. – Sicherlich ist es kein Zufall, daß im Bilderzyklus der Buchmaler die Kombination<br />

Rot-Schwarz und Rot-Weiß als Symbolfarben gewählt hat, die den heraldischen Farben im<br />

Wappenschild auf der Zierseite Bl. 1 r und in der Initiale I Bl. 103 vb entsprechen.<br />

Im Bilderzyklus der Kasseler Prachthandschrift des ‘Philocolo’ treten weitere auffällige<br />

Besonderheiten in Erscheinung, wie die Art der bildlichen Inszenierung der Auftritte antiker<br />

Götter und einer Kette von Traumvisionen, die den aktiv handelnden Figuren zukünftiges<br />

Geschehen ankündigen.<br />

Beide Bildmotive vereint finden sich in der Eingangsminiatur mit der Göttin Juno als<br />

Königin in ihrem von Pfauen gezogenen Himmelswagen – in der christlichen Ikonographie<br />

als Präfiguration der Kirche als Braut Christi, das Rad der Pfauen als Abbild des Himmels<br />

verstanden – die den drei männlichen Figuren erscheint (Bild Nr. 1). Eine sehr aktive Rolle<br />

für das dramatische Geschehen spielen der antike Kriegsgott Mars als Reiterfigur – der rote<br />

Ritter – und die Liebesgöttin Venus mit ihrem Sohn Cupido/Amor, die als überirdische<br />

Erscheinungen unmittelbar auf die handelnden Figuren einwirken. Die klassischen Götter<br />

stellen sichtlich keine statischen Elemente vor, sie sind wirkungsmächtige Personifikationen<br />

für die seelischen Antriebskräfte der Menschen, Mars verkörpert Tapferkeit und Mut,<br />

Venus/Cupido die Liebe. In der Rolle der Astralgottheit erscheint Mars als Reiter im<br />

Strahlenkranz, der in Kämpfe der (noch) Ungläubigen und Ungetauften eingreift (Bild Nr.<br />

69-70, 76, 80-81, 83-84, 168-169), Venus fliegt wie ein Schutzengel aus himmlischen<br />

Sphären herbei (Bild Nr. 31-32, 63, 85, 87, 163, 167). Die Planetengötter versinnbildlichen<br />

so den Einfluß der Gestirne auf menschliches Handeln, sie werden als Mittler zwischen<br />

Makrokosmos und Mikrokosmos dargestellt. Gleichzeitig sind sie ein Vor-Bild und Figur<br />

Christi und leben ebenso in Florio und Biancifiore, sind Ausdruck von deren Tugenden<br />

Tapferkeit und Mut, von Liebe und Demut. Göttergestalten können aber auch die negativen<br />

Leidenschaften der Seele bewirken, so die von Diana gerufene Göttin der Eifersucht, die<br />

Florio quälen soll (Bild Nr. 106). 26

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