Wohn(T)räume - Der Paritätische Berlin
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<strong>Berlin</strong>er <strong>Wohn</strong>versorgung<br />
aus Sicht des <strong>Paritätische</strong>n<br />
Von Regina Schödl<br />
Bezahlbarer <strong>Wohn</strong>raum wird in Großstädten und Ballungszentren<br />
immer mehr zur Mangelware. Auch in <strong>Berlin</strong> übersteigt<br />
die Nachfrage nach bezahlbaren <strong>Wohn</strong>ungen mittlerweile das<br />
Angebot in allen Bezirken: Bezahlbarer <strong>Wohn</strong>raum ist kaum<br />
noch zu finden.<br />
Nach einer Studie der Investitionsbank <strong>Berlin</strong> (IBB) wohnten<br />
Ende 2010 insgesamt 3,46 Millionen Personen in <strong>Berlin</strong>, das<br />
sind 18 000 Personen beziehungsweise 0,5 Prozent mehr als im<br />
Jahr 2009. In den letzten zehn Jahren stieg die Anzahl insgesamt<br />
um 72 300 Personen, also 2,1 Prozent. Viel schneller als das Einwohnerwachstum<br />
aber steigt die Anzahl der Haushalte, wovon<br />
es derzeit 1,99 Millionen gibt. Seit 2001 ist ein Anstieg um<br />
durchschnittlich 14 200 Haushalte im Jahr zu verzeichnen, die<br />
meisten davon Singlehaushalte 1 .Bis 2030 wird eine Zunahme<br />
der Bevölkerung um etwa 250 000 Personen prognostiziert, was<br />
einem zusätzlichen Bedarf an 150 000 <strong>Wohn</strong>ungen entspricht.<br />
Mietsteigerungen bis zu 30 Prozent<br />
bei Neuvermietung<br />
Neben den stetig steigenden Kosten für die Kaltmiete (in <strong>Berlin</strong><br />
in 2012 ein Anstieg von durchschnittlich 8,1 Prozent 2 ), stiegen<br />
auch die Kosten für Energie wie für Heizung und Strom zwischen<br />
September 2011 und September 2012 in <strong>Berlin</strong> um fast<br />
7 Prozent 3 .<br />
Bei einem Mieterwechsel erhöhen einige Vermieter mittlerweile<br />
die Kaltmiete um bis zu 30 Prozent!<br />
<strong>Der</strong> Mieterbund hatte gefordert, im Zuge der aktuellen Mietrechtsreform<br />
auch bei Neuverträgen Höchstgrenzen einzuziehen,<br />
konnte sich mit dieser Forderung jedoch nicht durchsetzen.<br />
<strong>Der</strong> <strong>Berlin</strong>er Mietspiegel, den die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung<br />
alle zwei Jahre erhebt, steigt ebenfalls an. Bereits der<br />
Mietspiegel für 2011 wies eine durchschnittliche Mietsteigerung<br />
von knapp acht Prozent (7,9) gegenüber der Erhebung von 2009<br />
aus. Die durchschnittliche Nettokaltmiete stieg auf 5,21 Euro<br />
monatlich pro Quadratmeter. Bei Neuvermietungen liegt sie<br />
mittlerweile sogar bei 6,74 Euro.<br />
Auch im aktuellen Mietspiegel vom 23. Mai 2013 haben sich<br />
im Durchschnitt die Mieten gegenüber dem letzten Mietspiegel<br />
seit 2011 jährlich um 3,1 Prozent beziehungsweise 0,17 Euro je<br />
Quadratmeter <strong>Wohn</strong>fläche und Monat erneut erhöht.<br />
Überdurchschnittlich gestiegen sind vor allem die Mieten bei<br />
Altbauwohnungen, kleineren <strong>Wohn</strong>ungen sowie in der einfachen<br />
<strong>Wohn</strong>lage.<br />
Menschen mit geringem Einkommen<br />
(ALG II Empfänger, Aufstocker, Armutsgefährdete)<br />
Vor allem, aber nicht nur, für einkommensschwache Haushalte<br />
wird es in <strong>Berlin</strong> immer schwieriger, bezahlbaren <strong>Wohn</strong>raum<br />
zu finden. Die Mietbelastung pro Haushalt steigt deutlich an<br />
und beträgt mittlerweile im Durchschnitt ein Drittel des Einkommens.<br />
Bei Haushalten mit geringem Einkommen führt<br />
eine hohe Mietkostenbelastung leicht zu prekären Lagen. Unter<br />
einem Einkommen von 1300 Euro liegt die Mietbelastung sogar<br />
bei 45,8 Prozent 4 .<br />
Für Empfänger von ALG II oder Grundsicherung befindet sich<br />
nicht genügend <strong>Wohn</strong>raum nach den Mietobergrenzen der<br />
<strong>Wohn</strong>aufwendungenverordnung (WAV) auf dem <strong>Berlin</strong>er <strong>Wohn</strong>ungsmarkt.<br />
Die vorhandenen <strong>Wohn</strong>ungen können den <strong>Wohn</strong>raumbedarf<br />
der Menschen im Transferleistungsbezug oder mit<br />
geringem Einkommen nicht ansatzweise abdecken. Insbesondere<br />
der Nachfragestau bei kleinen <strong>Wohn</strong>ungen ist riesig.<br />
Es ist abzusehen, dass das Ringen um die immer weniger<br />
werdenden preiswerten <strong>Wohn</strong>ungen sich verschärfen wird und<br />
zwangsläufig zu einer noch höheren Mietbelastungsquote der<br />
Geringverdienenden führt.<br />
Laut <strong>Wohn</strong>lagenkarte des Mietspiegels 2011 befinden sich<br />
kaum noch einfache <strong>Wohn</strong>lagen im inneren S-Bahn-Ring, sondern<br />
vorrangig in Stadtrandlagen, meist in Großgebäudekomplexen.<br />
Die Orientierung der WAV an einfachen <strong>Wohn</strong>lagen<br />
verdrängt somit ALG II- und Grundsicherungsempfänger aus<br />
den innerstädtischen Bereichen. Aber auch in Stadtrandlagen<br />
sind die angemessenen <strong>Wohn</strong>ungen nicht ausreichend vorhanden.<br />
Große <strong>Wohn</strong>ungsunternehmen melden schon jetzt in diesen<br />
Gebieten eine stark gestiegene <strong>Wohn</strong>raumnachfrage.<br />
Menschen mit besonderem Hilfebedarf<br />
Eine negative Schufa-Auskunft und/oder eine fehlende Mietschuldenfreiheitsbescheinigung<br />
verringern die Chancen auf dem<br />
<strong>Wohn</strong>ungsmarkt erheblich.<br />
Für wohnungslose Menschen ist es derzeit fast aussichtslos,<br />
in <strong>Berlin</strong> eine <strong>Wohn</strong>ung zu bekommen. Aber auch Menschen<br />
mit erheblichen Zugangsschwierigkeiten, zum Beispiel aufgrund<br />
eines negativen Schufa-Eintrags oder dem Bezug von ALG II,<br />
sind zunehmend ohne Chance, in naher Zukunft eine bezahlbare<br />
<strong>Wohn</strong>ung anmieten zu können. Sie müssen um den knappen<br />
bezahlbaren <strong>Wohn</strong>raum in <strong>Berlin</strong> mit allen anderen Haushalten<br />
konkurrieren, die für die Vermieter als »weniger riskant« gelten.<br />
<strong>Wohn</strong>problematik in <strong>Berlin</strong> aus Sicht des <strong>Paritätische</strong>n 9