Wohn(T)räume - Der Paritätische Berlin
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Doppelt betroffen<br />
Von Jens Kohlmeier, Vista gGmbH<br />
Vor sechs Jahren ging bei Melanie* gar nichts mehr. Heroinabhängig,<br />
Arbeit verloren, Schulden, <strong>Wohn</strong>ung weg – das ganze<br />
Programm. Mit 27 Jahren gesundheitlich am Ende, finanziell<br />
ruiniert, sozial erledigt und beruflich ohne jede Chance.<br />
Irgendwann hatte sie vergessen wie sich Hoffnung anfühlt.<br />
Seit 2009 lebt sie im Betreuten <strong>Wohn</strong>en von Vista gGmbH und<br />
heute, mit 33, geht es ihr besser als je zuvor: Sie wird stabil substituiert,<br />
hat ihre Ausbildung zur Bürokauffrau erfolgreich abgeschlossen<br />
und ist seit zwei Monaten vollzeitbeschäftigt, auch ihre<br />
Schulden hat sie im Griff. Sie ist bereit, wieder unabhängig zu<br />
leben und freut sich auf eine eigene <strong>Wohn</strong>ung.<br />
Kündigung in Neukölln aufgrund von Eigenbedarf<br />
Melanies Geschichte zeigt, dass das Betreute <strong>Wohn</strong>en vor allem<br />
in Verbindung mit der psychosozialen Betreuung ein Hilfsangebot<br />
ist, das Menschen mit Suchtproblemen nachhaltige und<br />
umfassende Unterstützung ermöglicht. Vista bietet in acht Einrichtungen<br />
in Friedrichshain-Kreuzberg, Pankow, Mitte, Neukölln<br />
und Marzahn-Hellersdorf Betreutes <strong>Wohn</strong>en nach § 53<br />
und/oder § 67 SGB XII. In insgesamt 44 vom Träger dafür angemieteten<br />
<strong>Wohn</strong>ungen sind derzeit 83 Klientinnen und Klienten<br />
untergebracht.<br />
Die Auswirkungen des zunehmenden Mangels an bezahlbarem<br />
<strong>Wohn</strong>raum in der Stadt, gerade innerhalb des S-Bahn-<br />
Rings, spüren auch die Vista-<strong>Wohn</strong>projekte immer deutlicher.<br />
Aktuell hat das <strong>Wohn</strong>projekt Neukölln aufgrund einer Eigenbedarfskündigung<br />
eine <strong>Wohn</strong>ung aufgeben müssen und damit<br />
zwei Betreuungsplätze verloren, die noch nicht ersetzt werden<br />
konnten.<br />
*Name geändert<br />
lisiert hat, dass sie aus dem Betreuten <strong>Wohn</strong>en entlassen werden<br />
könnten, finden immer weniger bezahlbaren eigenen <strong>Wohn</strong>raum<br />
oder werden aufgrund ihrer Biografie von Vermietern abgelehnt.<br />
»In letzter Zeit kommt das häufiger vor, dass die Betreuungsdauer<br />
sich durch die erfolglose <strong>Wohn</strong>ungssuche verlängert. Im<br />
Endeffekt kann der vorhandene <strong>Wohn</strong>raum so immer weniger<br />
für Neuaufnahmen genutzt werden« so Anneke Groth, Fachbereichsleiterin<br />
»<strong>Wohn</strong>en und Betreuung« der Vista gGmbH.<br />
Angst um <strong>Wohn</strong>ung gekoppelt mit Suchtproblemen<br />
Auch in der psychosozialen Betreuung gewinnt das Thema<br />
<strong>Wohn</strong>raumerhalt und -erlangung zunehmend an Bedeutung.<br />
»Immer mehr Klientinnen und Klienten haben Angst um ihre<br />
<strong>Wohn</strong>ung. Neben der individuellen Suchtproblematik, mit der<br />
ohnehin schon eine Vielzahl belastender Begleiterscheinungen<br />
einhergehen, bekommt Obdachlosigkeit gerade für die Menschen<br />
mit denen wir arbeiten, eine neue, ganz reale und die soziale<br />
Existenz bedrohende Qualität«, berichtet Marc Schroeder,<br />
Einrichtungsleiter der <strong>Wohn</strong>projekte Neukölln und fügt hinzu:<br />
»Oft wird die <strong>Wohn</strong>ungssuche zum Ende der psychosozialen<br />
Betreuung das alles bestimmende Thema und der psychische<br />
Druck, der daraus resultiert, fordert gerade unseren Klienten<br />
viel ab.«<br />
Das altbekannte Gefühl von<br />
Ausweglosigkeit wird wachgerufen<br />
Schon seit einem halben Jahr ist Melanie auf der Suche nach<br />
einer <strong>Wohn</strong>ung, aber mit ihrer Geschichte und vier Seiten<br />
Schufa: keine Chance. Eigentlich mag sie heute nicht mehr an<br />
damals denken, aber die Erfahrungen in den letzten sechs Monaten<br />
haben dieses altbekannte Gefühl von Ausweglosigkeit wieder<br />
wachgerufen. Nach unzähligen Absagen bleibt ihr nur eine<br />
Chance: Ihr Vater aus Norddeutschland, mit dem sie zum Glück<br />
wieder ein gutes Verhältnis hat, wird versuchen eine <strong>Wohn</strong>ung<br />
zu mieten, in die sie dann – wenn alles klappt – als Untermieterin<br />
einziehen kann.<br />
Entwurzelung und Verlust von<br />
sozialen Kontakten drohen<br />
Hält die momentane Entwicklung auf dem <strong>Berlin</strong>er <strong>Wohn</strong>ungsmarkt<br />
an, ist zu befürchten, dass viele <strong>Wohn</strong>projekte früher<br />
oder später zum Umzug in Außenbezirke oder an den Stadtrand<br />
gezwungen werden. »Gerade für unsere Klienten würde ein<br />
Umzug als Entwurzelung erlebt werden und zusätzliche Belastungen<br />
mit sich bringen. Über lange Zeit aufgebaute Sozialkontakte<br />
im Kiez oder im Bezirk gehen verloren und die ohnehin<br />
schon eingeschränkte Teilhabe am sozialen Leben wird so noch<br />
weiter beschnitten. Menschen, deren Situation sich soweit stabii<br />
Kontakt<br />
und<br />
Kooperationspartner<br />
Vista – Verbund für integrative soziale<br />
und therapeutische Arbeit gGmbH<br />
Alte Jakobstraße 85/86 | 10179 <strong>Berlin</strong><br />
Tel 030–20 08 99-38<br />
vista@vistaberlin.de<br />
www.vistaberlin.de<br />
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