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Wohn(T)räume - Der Paritätische Berlin

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Ohne die Häuser würde das<br />

Kinderdorfprinzip nicht funktionieren<br />

Von Mone Volke<br />

»Und wo soll Laurenz wohnen?«, fragt sich Alexandra Brehm-<br />

Westhoff. Die Erzieherin steht gemeinsam mit ihrem Mann<br />

Tinus Brehm vor den sechs Kinderdorfhäusern in <strong>Berlin</strong>-<br />

Gatow. Haus 4 soll ihr zukünftiger Arbeitsplatz, <strong>Wohn</strong>- und<br />

Lebensraum werden. Doch für ihren Sohn Laurenz steht derzeit<br />

kein eigenes Zimmer zur Verfügung. Die Beiden schauen<br />

sich skeptisch an.<br />

Das Ehepaar ist aus Hamburg angereist, um sich im Albert-<br />

Schweitzer-Kinderdorf <strong>Berlin</strong> als neue Kinderdorfeltern zu<br />

bewerben. »Das Kinderdorf in <strong>Berlin</strong>-Gatow liegt mitten im<br />

Grünen und direkt neben einem Öko-Bauernhof. Hier können<br />

die Kinder Natur unmittelbar erleben. Allerdings brauchen wir<br />

als Hauseltern auch etwas Platz. Zwei Räume für drei Personen<br />

sind zu eng.«<br />

»Kinder haben ein Recht auf eigenen Raum«<br />

Im Albert-Schweitzer-Kinderdorf <strong>Berlin</strong> e. V. leben rund 110 Kinder<br />

und Jugendliche unter familienähnlichen Bedingungen in<br />

Familienwohngruppen. Alle 19 Gruppen bewohnen jeweils ein<br />

eigenes Haus mit Garten, das sie individuell<br />

und nach eigenem Geschmack<br />

einrichten. Separate Räume mit Sanitärbereich<br />

bieten den Kinderdorfeltern<br />

Privatsphäre.<br />

»Die Häuser in Gatow sind sehr schön gelegen. Hinten<br />

sind die Gärten, vorne die Felder. Das bedeutet für die Kinder<br />

eine geschützte Atmosphäre, in der sie sich geborgen fühlen«,<br />

schwärmt Alexandra Brehm-Westhoff. »Und alle Kinder haben<br />

ein Zimmer für sich allein, sie haben Rückzugsmöglichkeiten<br />

und können selbst entscheiden, wer zu ihnen kommt. Kinder<br />

haben ein Recht auf eigenen Raum! Gleichzeitig gibt es großzügige<br />

Gemeinschafts<strong>räume</strong>, in denen Familie gelebt werden kann.«<br />

Wer lebt im Kinderdorf?<br />

Die Kinder und Jugendlichen, die im Albert-Schweitzer-Kinderdorf<br />

<strong>Berlin</strong> betreut werden, können in ihren Herkunftsfamilien<br />

vorübergehend oder langfristig nicht leben. Sie haben oft<br />

Bindungsstörungen, viele sind sogar schwer traumatisiert und<br />

bringen Erfahrungen von emotionaler Vernachlässigung, Gewalt<br />

und/oder sexuellem Missbrauch mit. Einige Kinder und Jugendliche<br />

haben schon verschiedene Stationen an sozialpädagogischer<br />

Familienhilfe durchlaufen. Manche haben bereits Psychiatrieerfahrung,<br />

bevor sie ins Kinderdorf kommen. Aufgrund dieser<br />

Wir sind froh, zumindest für<br />

die Familienarbeit über bezahlbares<br />

Eigentum zu verfügen.<br />

Erlebnisse sind sie auf eine strukturierte Lebenssituation angewiesen,<br />

die ihnen Sicherheit und Orientierung gibt.<br />

»In einer Kinderdorffamilie betreuen wir in der Regel bis zu<br />

sechs Kinder und Jugendliche«, erläutert Cornelia Piekarski,<br />

die pädagogische Geschäftsführerin. Eine pädagogische Fachkraft<br />

lebt innewohnend mit den Kindern in einem der Kinderdorfhäuser<br />

in Spandau, Reinickendorf oder Lichtenberg. Falls<br />

es Partner oder eigene Kinder gibt, können diese ebenfalls mit<br />

im Kinderdorf wohnen. Zwei hinzukommende Erzieherinnen<br />

oder Erzieher und eine Hauswirtschaftskraft unterstützen die<br />

innewohnende Fachkraft bei der pädagogischen Arbeit und der<br />

Organisation des Alltags.<br />

15 000 <strong>Berlin</strong>er Kinder und Jugendliche lebten<br />

Mitte der 60er Jahre in Heimen<br />

<strong>Der</strong> 1960 gegründete Verein Albert-Schweitzer-Kinderdorf <strong>Berlin</strong><br />

eröffnete 1965 sein erstes Kinderdorfhaus in Gatow. 15 000<br />

<strong>Berlin</strong>er Kinder und Jugendliche lebten Mitte der 60er Jahre in<br />

Heimen – Ansporn genug, nach Alternativen zu suchen. Dank<br />

großzügiger Spenden und Schenkungen konnte der Verein bis<br />

1970 weitere fünf Häuser in Gatow<br />

bauen. Nach und nach entstanden<br />

dann zusätzliche Häuser in den Bezirken<br />

Reinickendorf und, nach der<br />

Wende, auch in <strong>Berlin</strong>-Lichtenberg.<br />

»Das <strong>Wohn</strong>eigentum bildet die Basis unserer Arbeit«<br />

Thomas Grahn, Geschäftsführer für Wirtschaft und Finanzen im<br />

Kinderdorf, ist sich sicher: »Ohne die Häuser würde das Kinderdorfprinzip<br />

nicht funktionieren. Das <strong>Wohn</strong>eigentum bildet<br />

dabei die Basis unserer Arbeit.« Er betont: »Immer dann, wenn<br />

wir Jugendliche in ihre Selbstständigkeit entlassen und eigene<br />

<strong>Wohn</strong>ungen für sie suchen, haben wir zunehmend ein Problem<br />

auf dem enger werdenden <strong>Wohn</strong>ungsmarkt. Deshalb sind wir<br />

froh, zumindest für die Familienarbeit über bezahlbares Eigentum<br />

zu verfügen.«<br />

<strong>Der</strong> große Vorteil: Durch das <strong>Wohn</strong>eigentum ist der Verein<br />

unabhängig von der <strong>Wohn</strong>ungsmarktlage, egal wie angespannt<br />

sie ist. Hinzu kommt: Die Häuser können flexibel und zeitnah an<br />

wechselnde Bedürfnisse der innewohnenden Familien angepasst<br />

werden. Diese Umbauprozesse verlaufen relativ unbürokratisch.<br />

Anpassung an wechselnde Bedürfnisse<br />

Als das erste Kinderdorfhaus 1965 entstand, waren die finan-<br />

<strong>Wohn</strong>angebote <strong>Paritätische</strong>r Träger 25

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