Wohn(T)räume - Der Paritätische Berlin
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Kein <strong>Wohn</strong>raum für Mädchen und junge<br />
Frauen mit Gewalterfahrungen?<br />
Von Iris Hölling, Geschäftsführerin von Wildwasser e. V.<br />
Wildwasser unterstützt Mädchen und junge Frauen, die sexualisierte<br />
oder multiple Gewalterfahrungen gemacht haben, im<br />
Rahmen ambulanter und stationärer Jugendhilfe.<br />
Vor vier Jahren wurde der Mietvertrag von Wildwasser für<br />
die Krisenwohnung des Mädchennotdienstes in Kreuzberg<br />
gekündigt, weil Mädchen in Krisensituationen nicht mehr in<br />
das sanierte Haus passten, in dem die <strong>Wohn</strong>ungen in Eigentumswohnungen<br />
umgewandelt und verkauft wurden.<br />
2001 hatte der Vermieter speziell für unsere Bedürfnisse umgebaut<br />
und den Mädchennotdienst im Haus haben wollen. Trotz<br />
großen Engagements des Bezirksbürgermeisters, der Frauenbeauftragten<br />
und der Stadträtin ist es uns innerhalb eines Jahres<br />
nicht gelungen, geeignete neue Räume für die Krisenwohnung<br />
in Kreuzberg zu finden. Wir zogen deshalb 2009 in Räume im<br />
Wedding, in ein Umfeld, das sich für die Arbeit mit Mädchen<br />
und jungen Frauen als problematisch erwies.<br />
Diskriminierung bei <strong>Wohn</strong>ungssuche<br />
Viele Vermieter reagieren skeptisch, wenn sie an einen Verein<br />
vermieten sollen. Sie wollen viele Nachweise und Sicherheiten,<br />
die sich unterscheiden von Einzelmieterinnen und -mietern.<br />
Andere diskriminieren offen. So musste eine Kollegin mit Migrationshintergrund,<br />
die mit einem Vermieter telefonierte, sich<br />
anhören: »Polen und Russen sind okay, aber bloß keine Türken<br />
oder Muslime.« Solche rassistischen Vermieter kommen für uns<br />
nicht infrage, aber auch sonst haben wir mit Vorurteilen zu<br />
kämpfen, wenn wir benennen, dass wir Mädchen mit Gewalterfahrungen<br />
betreuen. Manche lassen sich beruhigen und gewinnen,<br />
wenn sie hören, dass wir die Mädchen betreuen und uns<br />
auch um die Überweisung der Miete und andere Formalitäten<br />
kümmern. Andere lehnen sofort ab.<br />
<strong>Wohn</strong>ungsgesellschaften aktuell ohne Angebote<br />
<strong>Der</strong> Mangel an bezahlbarem <strong>Wohn</strong>raum in der Innenstadt<br />
erschwert unsere Arbeit enorm: Wir müssen viel länger nach<br />
geeigneten <strong>Wohn</strong>ungen suchen. Die Vermieter können selbst für<br />
<strong>Wohn</strong>ungen in unzumutbarem Zustand hohe Preise verlangen.<br />
Die Zusammenarbeit mit <strong>Wohn</strong>ungsgesellschaften haben wir<br />
ebenfalls versucht, zumal wir uns mit einer von ihnen den Innenhof<br />
unseres Hauses teilen. So ist es gelungen, eine <strong>Wohn</strong>ung für<br />
ein betreutes Zweierwohnen in der Nähe unserer <strong>Wohn</strong>gruppe<br />
anzumieten, was den Mädchen kurze Wege ermöglicht. Das ist<br />
zwei Jahre her. Aktuell haben auch die <strong>Wohn</strong>ungsgesellschaften<br />
keine Angebote für unsere Zielgruppe.<br />
Interkulturelle <strong>Wohn</strong>gruppe DonyA –<br />
wohin danach?<br />
Neben der Krisenwohnung betreiben wir auch die interkulturelle<br />
<strong>Wohn</strong>gruppe DonyA im Soldiner Kiez, einem der sozialen<br />
Brennpunkte im <strong>Berlin</strong>er Wedding. Viele Mädchen ziehen,<br />
wenn sie 16 oder 17 sind, aus der <strong>Wohn</strong>gruppe aus und werden<br />
von uns in einer Trägerwohnung oder, wenn sie volljährig<br />
sind, in einer eigenen <strong>Wohn</strong>ung ambulant oder stationär weiter<br />
betreut. Noch vor einigen Jahren war es bedeutend leichter<br />
als heute, im Wedding geeignete <strong>Wohn</strong>ungen für die Mädchen<br />
zu finden. Sinnvoll finden wir, <strong>Wohn</strong>ungen zu suchen, die die<br />
Mädchen als Hauptmieterinnen übernehmen können, wenn sie<br />
volljährig sind. Das ist kaum noch machbar, weil es mittlerweile<br />
selbst im Wedding fast unmöglich ist, geeignete <strong>Wohn</strong>ungen zu<br />
finden, die den Vorgaben der Jobcenter entsprechen.<br />
Es besteht dringender politischer Handlungsbedarf<br />
Wenn Mädchen unbedingt in einen bestimmten Kiez ziehen<br />
möchten, weil dort Freundinnen, Freunde oder Familienangehörige<br />
wohnen, wird es noch schwieriger. Das Selbstbestimmungsrecht<br />
der Mädchen wird durch den Druck auf dem <strong>Wohn</strong>ungsmarkt<br />
oft infrage gestellt. Ebenso wenig können wir es uns<br />
in diesen Zeiten leisten, den Mädchen die Mietverträge zu überlassen,<br />
wenn sie 18 sind, weil wir nicht wissen, wann wir wieder<br />
eine Trägerwohnung finden.<br />
Hier besteht dringender politischer Handlungsbedarf, wenn<br />
wir nicht zulassen wollen, dass Menschen mit Gewalt- und Diskriminierungserfahrungen<br />
an den Stadtrand gedrängt werden<br />
und nicht mehr selbst über ihren <strong>Wohn</strong>ort bestimmten können.<br />
i<br />
Kontakt<br />
und<br />
Kooperationspartner<br />
Wildwasser e. V.<br />
Wriezener Str. 10/11 | 13359 <strong>Berlin</strong><br />
Tel 030–48 62 82 32<br />
geschaeftsfuehrung@wildwasser-berlin.de<br />
www.wildwasser-berlin.de<br />
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