Logbuch2011 01 - bei der Reservistenkameradschaft Marine Berlin
Logbuch2011 01 - bei der Reservistenkameradschaft Marine Berlin
Logbuch2011 01 - bei der Reservistenkameradschaft Marine Berlin
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
SICHERHEITSPOLITIK<br />
DAVID UND GOLIATH<br />
Ein kleines Land und die Sicherheits-Herausfor<strong>der</strong>ungen des 21. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
Vortrag des Verteidigungsministers von Estland <strong>bei</strong> <strong>der</strong> DGAP in <strong>Berlin</strong><br />
Jaak Aaviksoo<br />
Bevor ich zum Vortrag komme,<br />
eine persönliche Anmerkung.<br />
Zum ersten Mal kam ich nach<br />
Westdeutschland im Sommer<br />
1987, nach 6 Jahren Warten auf<br />
eine Ausreisegenehmigung. Als<br />
Physiker und Humboldtianer.<br />
Dass ich 24 Jahre später als Estlands<br />
Verteidigungsminister in<br />
<strong>Berlin</strong> reden werde, war unvorstellbar.<br />
Die Anreise dauerte 7<br />
Tage, drei Tage ideologisches<br />
Training in Moskau mit eingeschlossen.<br />
Heute stehe ich ier, 6<br />
Stunden nach dem Aufwachen<br />
in meinem Bett. Ist das nicht<br />
bewun<strong>der</strong>nswert!?<br />
Einleitung - Ende <strong>der</strong> Geschichte:<br />
Wunschtraum und<br />
Wirklichkeit<br />
LOGBUCH 1/2<strong>01</strong>1<br />
In den letzten 20 Jahren, seit<br />
dem Fall <strong>der</strong> <strong>Berlin</strong>er Mauer im<br />
Jahre 1989 und <strong>der</strong> Auflösung<br />
<strong>der</strong> Sowjetunion im Jahre 1991,<br />
wurden die EU und die NATO<br />
von dem grundsätzlichen Verständnis<br />
geprägt, dass sich Europa<br />
nach dem Kalten Krieg für<br />
die Ewigkeit von den dunklen<br />
Seiten seiner Geschichte des 19.<br />
und 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts und den<br />
Kriegen unter den Industriestaaten,<br />
die Millionen von Opfern<br />
gekostet haben, befreit hat. Die<br />
Staaten waren reif geworden:<br />
Drohung und Anwendung von<br />
Gewalt wurden zu einer seltenen<br />
Ausnahme, die für den allgemeinen<br />
Frieden und Wohlstand Europas<br />
keine Gefahr mehr darstellten.<br />
Die restliche Welt würde<br />
dann im Laufe <strong>der</strong> Zeit zum<br />
europäischen Modell konvergieren,<br />
die Ideale des Zeitalters <strong>der</strong><br />
Aufklärung, liberale Institutionen<br />
und Konsensus-Demokratie<br />
würden vorherrschen. Es erweckte<br />
den Eindruck, dass wir<br />
nach und nach „zum ewigen<br />
Frieden“ gelangen - zum Traum<br />
von Immanuel Kant, in dem die<br />
Staaten durch die Freizügigkeit<br />
von Personen, Ideen und Handel<br />
miteinan<strong>der</strong> vernetzt werden.<br />
Am „Ende <strong>der</strong> Geschichte“ würden<br />
die Staaten verschwinden<br />
und rein administrative Grenzen<br />
übrig bleiben. Die zwischenstaatliche<br />
geopolitische Konkurrenz<br />
würde abhanden kommen.<br />
Die Europäische Union sah ihre<br />
außenpolitischen Ziele darin, die<br />
eigene Stabilität in die restliche<br />
Welt zu exportieren und die liberale<br />
Gesellschaftsordnung in<br />
an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n, die es auf ihrem<br />
Weg zur liberalen Utopie<br />
noch nicht so weit gebracht hat-<br />
Kartenausschnitt: Google Earth<br />
ten, zu verankern.<br />
Jedoch hatte die Geschichte<br />
noch an<strong>der</strong>e Pläne parat. Durch<br />
den sprunghaften Aufschwung<br />
nahm nicht nur <strong>der</strong> Wohlstand in<br />
den Staaten außerhalb West-Europas<br />
und Nord-Amerikas zu,<br />
son<strong>der</strong>n auch ihr Selbstbewusstsein<br />
wurde gestärkt. Sie<br />
Verteidigungsminister Prof. Dr. Jaak<br />
Aaviksoo <strong>bei</strong> seinen Ausführungen<br />
29