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Jugend - Partnerschaft Ruanda

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Politik<br />

Der Ostkongo-Konflikt I<br />

Budgethilfen – ein schmaler Grat<br />

zwischen Zuckerbrot und Peitsche<br />

von Nils Fürköther, Praktikant im „<strong>Ruanda</strong>-Referat“<br />

Nach dem Genozid von 1994, in dem schätzungsweise<br />

800 000 Tutsi und moderate Hutu<br />

systematisch ermordet wurden, war <strong>Ruanda</strong><br />

von vielen bereits als gescheiterter Staat<br />

abgeschrieben. Das kleine zentralafrikanische<br />

Land stand im Juli desselben Jahres am<br />

Abgrund. Angesichts dessen ist es mehr als<br />

bemerkenswert, was bis zum heutigen Tage<br />

beim Aufbau <strong>Ruanda</strong>s geleistet wurde. In<br />

der Entwicklungsstrategie „Vision 2020“ wurde<br />

als Ziel ausgegeben, <strong>Ruanda</strong> zu einem<br />

sogenannten „Middle Income Country“ mit<br />

einem Pro-Kopf-Einkommen von 900 USD/<br />

Jahr zu machen. Tatsächlich ist das Land auf<br />

einem guten Weg dorthin. Berufsbildung<br />

und Beschäftigungsförderung ist zu einem<br />

der Schwerpunkte in der Entwicklungsstrategie<br />

ernannt worden. Die Infrastruktur<br />

wächst stetig, die Einschulungsquote ist mit<br />

der von OECD-Ländern vergleichbar und für<br />

1,50 USD/Jahr kann jeder Ruander Zugang<br />

zur staatlichen Krankenversicherung erhalten.<br />

Nicht zuletzt aufgrund dessen wird<br />

<strong>Ruanda</strong> von vielen Geberländern als „Donor<br />

Darling“ gehandelt.<br />

Seit kurzem ist das bis dahin stets positive<br />

Verhältnis jedoch angespannt. Dies steht<br />

wesentlich im Zusammenhang mit einem<br />

UN-Bericht von Juni 2012. Eine Expertenkommission<br />

der Vereinten Nationen kam<br />

nach Untersuchungen in einem Bericht<br />

an den UN-Sicherheitsrat zu dem Schluss,<br />

<strong>Ruanda</strong> spiele eine unmittelbare Rolle im<br />

Bürgerkrieg im Osten der Demokratischen<br />

Republik Kongo. Sie sehe es als erwiesen an,<br />

dass hochrangige ruandische Militärs direkte<br />

Unterstützung beim Aufbau der kongolesischen<br />

Rebellenbewegung M23 geleistet<br />

hätten. Die Miliz ist der jüngste, aber zugleich<br />

einer der wichtigsten Akteure im undurchsichtigen<br />

Bürgerkrieg im Osten der DR<br />

Kongo. Die Bewegung steht im Verdacht, die<br />

Abspaltung des ressourcenreichen Osten<br />

vom übrigen Teil des Landes anzustreben.<br />

Seit dem Aufflammen der Kämpfe zwischen<br />

M23, der aus den Genocidaires von 1994<br />

hervorgegangenen FDLR und der regulären<br />

kongolesischen Armee seit April 2012<br />

befinden sich zur Zeit 470.000 Menschen<br />

auf der Flucht. Die M23 habe sowohl logistische<br />

als auch finanzielle Unterstützung aus<br />

<strong>Ruanda</strong> erhalten, so heißt es in dem knapp<br />

40-seitigen UN-Dokument. Zudem habe das<br />

ruandische Militär unmittelbare Hilfe bei der<br />

Rekrutierung neuer Kämpfer geleistet.<br />

Als Reaktion auf den veröffentlichten Bericht<br />

kürzten die USA Mitte Juli 2012 ihre Militärhilfe<br />

für die ruandische Armee um 200.000<br />

USD. Kurz darauf folgten Großbritannien<br />

und die Niederlande, die Teile ihrer Budgethilfe<br />

einfroren. Im August schließlich verkündete<br />

das Bundesministerium für wirtschaftliche<br />

Zusammenarbeit und Entwicklung<br />

(BMZ), dass es 21 Millionen Euro Budgethilfe<br />

für den Zeitraum von 2012 bis 2015 bis auf<br />

weiteres aussetzen werde. Bundesminister<br />

Niebel erklärte, <strong>Ruanda</strong> habe „die Zeit<br />

nicht genutzt, um die erhobenen schweren<br />

Vorwürfe zu entkräften“. Nachdem das<br />

Außenministerium in Kigali Ende August in<br />

einer Reaktion um Stellungnahme zu den<br />

Vorwürfen bemüht war, gab Großbritannien<br />

mit acht Millionen Pfund die Hälfte seiner<br />

Budgetzahlungen wieder frei. Ende September<br />

beschloss die Europäische Union – mit<br />

einem Beitrag 380 Millionen Euro von 2008<br />

bis 2013 größter Geber – ihre Budgethilfe<br />

von 70 Millionen Euro über einen Zeitraum<br />

von sechs Jahren ab sofort auszusetzen.<br />

Die Einstellung beziehungsweise zeitweise<br />

Aussetzung der Hilfszahlungen ist aus Sicht<br />

der Geberstaaten das effektivste Mittel auf<br />

<strong>Ruanda</strong> einwirken zu können, tragen die<br />

Budgetzahlungen der Gebergemeinschaft<br />

doch zu 40 Prozent zum Staatshaushalt des<br />

kleinen Binnenstaates bei.<br />

Das ruandische Außenministerium widersprach<br />

den in dem UN-Bericht hervorgebrachten<br />

Vorwürfen. Außenministerin<br />

Louise Mushikiwabo bezeichnete den Bericht<br />

als einseitig und den Zeitpunkt seiner<br />

Veröffentlichung als gefährlich. Kritisiert<br />

wurde vor allem, dass der ruandischen Seite<br />

vor Weitergabe des Dokuments an den UN-<br />

Sicherheitsrat keine Gelegenheit gegeben<br />

wurde, sich zu erklären. In einer Rede vom<br />

4. Oktober 2012 griff Präsident Paul Kagame<br />

anlässlich der Aussetzung der Budgethilfen<br />

die Geberstaaten scharf dafür an, dass sie<br />

<strong>Ruanda</strong> in der Entwicklungspartnerschaft<br />

nicht gleichwertig behandelten und Kigali<br />

mit „Verachtung und Arroganz“ entgegenträten.<br />

Eine Revision der Entscheidung über die<br />

Suspendierung der Budgetzahlungen mag<br />

nach der Auswertung eines zweiten in Auftrag<br />

gegeben UN-Berichts erfolgen – abhängig<br />

davon, zu welchem Ergebnis die Expertenkommission<br />

dann kommt. Erst<br />

kürzlich wurde <strong>Ruanda</strong> ab Januar 2013 als<br />

nichtständiges Mitglied in den UN-Sicherheitsrat<br />

gewählt. Aus kongolesischen Diplomatenkreisen<br />

wurde bereits die Befürchtung<br />

geäußert, dass eine Annahme des neuerlichen<br />

Berichts – sollte sich der Prozess denn<br />

bis ins neue Jahr hineinziehen – dadurch erheblich<br />

erschwert würde.<br />

44 RUANDA REVUE · 02/2012

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