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Jugend - Partnerschaft Ruanda

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Ein überdimensionales Plakat wirbt für die alte traditionelle Gacaca-Justiz. Nach der Gacaca-Rechtsprechung wurde der Fall in der Öffentlichkeit unter Beteiligung der<br />

Dorfbewohner verhandelt. Es war jedoch verboten, die Verhandlungen selbst zu fotografieren<br />

Das Verbrechen<br />

sollte gesühnt werden,<br />

allerdings in<br />

einer Weise, die auf<br />

die Einsicht des Täters<br />

in das begangene<br />

Unrecht und<br />

auf das Verzeihen<br />

des Opfers setzte<br />

Wenn wir uns den Aufbau und die Funktion<br />

der Gacaca-Justiz vergegenwärtigen, taucht<br />

zunächst das Bild einer Justiz auf, die in erster<br />

Linie der Wiederherstellung des sozialen<br />

Friedens verpflichtet ist. Das Verbrechen<br />

sollte gesühnt werden, allerdings in einer<br />

Weise, die auf die Einsicht des Täters in das<br />

begangene Unrecht und auf das Verzeihen<br />

des Opfers setzte. Wer seine Tat gestand, sie<br />

aufrichtig bereute und um Verzeihung bat,<br />

konnte darauf hoffen, eine geringere Strafe<br />

zu bekommen und eher wieder in die Gesellschaft<br />

zurückzukehren. Wer, als Opfer<br />

oder Überlebender, Verzeihung gewährte,<br />

trug zur Rückkehr des Täters in die Gesellschaft<br />

bei und machte Frieden möglich.<br />

Geschehen ist das etliche Male. Trotz des<br />

fürchterlichen Hintergrunds von Massenmord<br />

und Zerstörung hatten Täter den<br />

Mut, ihre Taten zu gestehen und um Verzeihung<br />

zu bitten. Und Opfer beziehungsweise<br />

Überlebende hatten den wohl noch<br />

viel größeren Mut, die Bitte um Verzeihung<br />

anzunehmen und sich auf ein perspektivisches<br />

Zusammenleben mit den Tätern<br />

einzulassen. So gesehen war Gacaca also<br />

erfolgreich. Wegen seiner traditionellen<br />

Verankerung bot es den gesellschaftlich<br />

akzeptierten Rahmen, die tiefe, durch Krieg<br />

und Völkermord geschlagene Kluft zwischen<br />

Hutu und Tutsi zu überwinden.<br />

Leider ist das jedoch nur eine Facette der<br />

Gacaca-Justiz. Die andere ist längst nicht<br />

so strahlend, ganz im Gegenteil. Sie droht<br />

die positive Seite von Gacaca mit einem<br />

Schatten zu überwölben, der so dunkel ist,<br />

dass er das gesamte Unternehmen zu diskreditieren<br />

vermag. Um diesen Schatten zu<br />

erkennen und zu verstehen, müssen wir die<br />

individuelle, zwischenmenschliche Ebene<br />

zwischen Täter und Opfer verlassen und<br />

uns dem politischen Rahmen zuwenden,<br />

der die Bedingungen vorgab, unter denen<br />

die Gacaca-Verfahren stattfanden. Dieser<br />

Rahmen lässt sich im Wesentlichen durch<br />

drei Punkte charakterisieren:<br />

Der erste bezieht sich auf die Täter-Opfer-<br />

Wahrnehmung. Es besteht kein Zweifel<br />

daran, dass die Opfer des Völkermords Tutsi<br />

und dessen Täter Hutu waren. Ebenso wenig<br />

aber besteht ein Zweifel daran, dass<br />

während des Krieges und auch während<br />

des Völkermords viele Hutu, und mitnichten<br />

nur die Täter, von den Soldaten der<br />

Befreiungsarmee getötet worden sind (die<br />

Zahlen schwanken zwischen 30.000 und<br />

50.000). Verglichen mit den Hunderttausenden<br />

von Völkermordopfern mag das eine<br />

50 RUANDA REVUE · 02/2012

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