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Broschüre "Heilpädagogik in Regelschulen" - Schoenbrunn.de

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Inklusive Maßnahmen zeichnen sich <strong>de</strong>mgegenüber durch<br />

e<strong>in</strong>e pr<strong>in</strong>zipielle Ausrichtung am geme<strong>in</strong>samen Leben und<br />

Lernen für alle K<strong>in</strong><strong>de</strong>r und Jugendliche aus. Es wird auf die<br />

Ausdifferenzierung unterschiedlicher Gruppen von K<strong>in</strong><strong>de</strong>rn<br />

und Jugendlichen verzichtet und von <strong>de</strong>r überall vorf<strong>in</strong>dbaren<br />

Heterogenität von Gruppen ausgegangen. Dies ist die<br />

Voraussetzung dafür, dass Ressourcen aufgrund <strong>de</strong>r Unterschiedlichkeit<br />

von K<strong>in</strong><strong>de</strong>rn und Jugendlichen allen Systemen<br />

zugewiesen wer<strong>de</strong>n. Auch die heil- und son<strong>de</strong>rpädagogische<br />

Unterstützung wird dieser Systemebene pauschal zugeordnet,<br />

ohne dass jeweils <strong>de</strong>r <strong>in</strong>dividuelle För<strong>de</strong>rbedarf nachgewiesen<br />

wer<strong>de</strong>n müsste. Erst auf diesem Wege kann Integration<br />

zum umfassen<strong>de</strong>n System für alle ausgebaut<br />

wer<strong>de</strong>n, <strong>in</strong> <strong>de</strong>m Teilhabe nicht nur äußerlich als <strong>in</strong>stitutioneller<br />

Än<strong>de</strong>rungsprozess organisiert wird, son<strong>de</strong>rn auch als<br />

emotionale und soziale Begegnung erlebt wer<strong>de</strong>n kann.<br />

Inklusion wäre allerd<strong>in</strong>gs auch im Anschluss an die <strong>in</strong>ternationale<br />

Entwicklung gründlich missverstan<strong>de</strong>n, wenn hier<br />

gleichsam von vornhere<strong>in</strong> die heil- und son<strong>de</strong>rpädagogische<br />

Unterstützung ausgeklammert wäre. Sie wird vielmehr <strong>in</strong> die<br />

Inklusionsaufgabe h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>genommen und ist weiter notwendig<br />

– auch mit ihrer spezifischen fachlichen Kompetenz.<br />

In dieser Gegenüberstellung ist sicher auch e<strong>in</strong>e beträchtliche<br />

Kritik an <strong>de</strong>m teils unbefriedigen<strong>de</strong>n Entwicklungsstand<br />

<strong>de</strong>r Integration <strong>in</strong> <strong>de</strong>r BRD enthalten. Inklusion gew<strong>in</strong>nt hier<br />

<strong>de</strong>n Stellenwert e<strong>in</strong>er neuen Perspektive, die neue Zielsetzungen<br />

enthält und dazu auffor<strong>de</strong>rt, nicht beim erreichten<br />

Stand <strong>de</strong>r Integration stehen zu bleiben. Gleichwohl ist auch<br />

die Inklusionsperspektive <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Gefahr, erneut nur die<br />

Dimension <strong>de</strong>r Teilhabe zu betonen, ohne die Betroffenen<br />

selbst <strong>in</strong> ihren Selbstbestimmungsrechten e<strong>in</strong>zubeziehen.<br />

Deshalb sei hier als Beitrag zur Positionsbestimmung e<strong>in</strong>er<br />

Inklusiven Pädagogik <strong>in</strong> <strong>de</strong>r BRD an die Kernposition e<strong>in</strong>er<br />

<strong>de</strong>mokratischen Pädagogik er<strong>in</strong>nert, wie sie John Dewey<br />

(1859-1952), <strong>de</strong>r amerikanische Reformpädagoge und<br />

Erziehungsphilosoph <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Spätwerk formuliert hat:<br />

„Die Aufgabe <strong>de</strong>r Demokratie ist stets die Hervorbr<strong>in</strong>gung<br />

e<strong>in</strong>er freieren und menschlicheren Erfahrung, die alle teilen<br />

und zur <strong>de</strong>r alle beitragen.“ (Dewey 1939/ 1988, S. 236)<br />

Teilhabe ist <strong>de</strong>shalb nur die e<strong>in</strong>e Seite <strong>de</strong>r Inklusion. In<br />

e<strong>in</strong>er <strong>de</strong>mokratischen Gesellschaft haben alle Menschen<br />

selbstverständlich das Recht teilzuhaben – an Bildung und<br />

Erziehung, an sozialpolitischen Maßnahmen, an <strong>de</strong>n E<strong>in</strong>richtungen<br />

<strong>de</strong>s Geme<strong>in</strong>wesens usf. Aber Menschen mit Beh<strong>in</strong><strong>de</strong>rung<br />

wollen nicht nur dazugehören, mittendr<strong>in</strong>-se<strong>in</strong> statt<br />

bloß dabei. Sie wollen auch etwas aus ihren Fähigkeiten<br />

machen, sich e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen, etwas weitergeben, frei se<strong>in</strong> <strong>in</strong> <strong>de</strong>r<br />

Nutzung ihres <strong>in</strong>dividuellen Potenzials. Auch bei <strong>de</strong>r Inklusion<br />

geht es um diese Möglichkeit <strong>de</strong>r Erfahrung, <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Teilhaben<br />

und Beitragen aufe<strong>in</strong>an<strong>de</strong>r bezogen bleiben und von<br />

allen Menschen realisiert wer<strong>de</strong>n können. Erst an diesem<br />

Punkt wechseln wir von e<strong>in</strong>em bloß gedul<strong>de</strong>ten Mite<strong>in</strong>an<strong>de</strong>r<br />

zu e<strong>in</strong>er echten Geme<strong>in</strong>samkeit.<br />

Literaturempfehlung:<br />

HEIMLICH, ULRICH: Integrative Pädagogik. E<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>führung. Stuttgart:<br />

Kohlhammer, 2003<br />

Literaturh<strong>in</strong>weise:<br />

BUNDESREGIERUNG (Hrsg.): Bericht <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sregierung über die<br />

Lage beh<strong>in</strong><strong>de</strong>rter Menschen und die Entwicklung ihrer Teilhabe.<br />

Deutscher Bun<strong>de</strong>stag, Drucksache 15/ 4575 v. 16.12.2004<br />

BOOTH, TONI/ AINSCOW, MEL/ KINGSTON, DENISE: In<strong>de</strong>x für Inklusion<br />

(Tagese<strong>in</strong>richtungen für K<strong>in</strong><strong>de</strong>r) Lernen, Partizipation und Spiel <strong>in</strong><br />

<strong>de</strong>r <strong>in</strong>klusiven K<strong>in</strong><strong>de</strong>rtagese<strong>in</strong>richtung entwickeln. Deutschsprachige<br />

Ausgabe. Übersetzt von T. Hermann. Wissenschaftl. Beratung: U.<br />

Heimlich, A. H<strong>in</strong>z. Hrsg. v. d. Gewerkschaft Erz. und Wissenschaft.<br />

Frankfurt a.M., 2006<br />

COLEMAN, ROGER (Hrsg.): Design für die Zukunft. Wohnen und Leben<br />

ohne Barrieren. Köln: Dumont, 1997<br />

DEWEY, JOHN: Creative Democracy – The Task Before us. In: Dewey,<br />

John: The Later Works, 1925-1953. Vol. 14: 1939-1941. Ed. By<br />

Boydston, J.A. Carbondale und Edwardsville: Southern Ill<strong>in</strong>ois University<br />

Press, 1988, S. 225-230<br />

EBERT, HARALD: Integrative, offene Jugendarbeit. In: Geme<strong>in</strong>sam<br />

leben 9 (2001) 1, S. 11-15<br />

FEUSER, GEORG: Beh<strong>in</strong><strong>de</strong>rte K<strong>in</strong><strong>de</strong>r und Jugendliche. Zwischen Ausson<strong>de</strong>rung<br />

und Integration. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft,<br />

1995<br />

HAUSOTTER, ANETTE: Aktuelle Entwicklungen im Rahmen <strong>de</strong>r European<br />

Agency for Development <strong>in</strong> Special Needs Education. In: SCHNELL,<br />

IRMTRAUD/ SANDER, ALFRED (Hrsg.), a.a.O., S. 187-194<br />

HEIMLICH, ULRICH: Beh<strong>in</strong><strong>de</strong>rte und nichtbeh<strong>in</strong><strong>de</strong>rte K<strong>in</strong><strong>de</strong>r spielen<br />

geme<strong>in</strong>sam. Konzept und Praxis <strong>in</strong>tegrativer Spielför<strong>de</strong>rung. Bad<br />

Heilbrunn: Kl<strong>in</strong>khardt, 1995<br />

HEIMLICH, ULRICH: 25 Jahre Integration – Bilanz und Perspektiven<br />

e<strong>in</strong>er Bildungsreform. In: Forum E. Zeitschrift <strong>de</strong>s Verban<strong>de</strong>s Bildung<br />

und Erziehung. 51 (1998) 5. S. 8-12<br />

HEIMLICH, ULRICH: 10 Jahre Integrationsentwicklung <strong>in</strong> Ost<strong>de</strong>utschland<br />

– e<strong>in</strong> Rückblick nach vorn. In: Geme<strong>in</strong>sam leben 8 (2000) 4, S.<br />

156-159<br />

HEIMLICH, ULRICH: Integrative Pädagogik. E<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>führung. Stuttgart<br />

u.a.: Kohlhammer, 2003<br />

HEIMLICH, ULRICH/ JACOBS, SVEN: Integrative Schulentwicklung im<br />

Sekundarbereich. Das Beispiel <strong>de</strong>r IGS Halle/ S. Bad Heilbrunn:<br />

Kl<strong>in</strong>khardt, 2001<br />

HINZ, ANDREAS: Von <strong>de</strong>r Integration zur Inklusion – term<strong>in</strong>ologisches<br />

Spiel o<strong>de</strong>r konzeptionelle Weiterentwicklung. In: Zeitschrift für<br />

Heilpädagogik 53 (2002) 9, S. 354-361<br />

ÖSTERREICHISCHE UNESCO-KOMMISSION (Hrsg.): Pädagogik für<br />

beson<strong>de</strong>re Bedürfnisse. Die Erklärung von Salamanca und <strong>de</strong>r Aktionsrahmen<br />

zur Pädagogik für beson<strong>de</strong>re Bedürfnisse. Wien, 1996<br />

MARKOWETZ, REINHARD: Praktische Erfahrungen und Erkenntnisse<br />

aus <strong>de</strong>m Projekt zur För<strong>de</strong>rung <strong>in</strong>tegrativer Ferien- und Freizeitmaßnahmen<br />

(PFiFF). In: ROSENBERGER, MANFRED (Hrsg.): Ratgeber<br />

gegen Ausson<strong>de</strong>rung. Hei<strong>de</strong>lberg: Edition Sch<strong>in</strong><strong>de</strong>le, 2. Auflage 1998,<br />

S. 315-342<br />

RAUSCHENBACH, THOMAS/ ORTMANN, FRIEDRICH/ KARSTEN, MARIA –<br />

E. (Hrsg.): Der sozialpädagogische Blick. Lebensweltorientierte<br />

Metho<strong>de</strong>n <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Sozialen Arbeit. We<strong>in</strong>heim u. München: Juventa,1993<br />

SANDER, ALFRED: Konzepte e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>klusiven Pädagogik. In: Zeitschrift<br />

für Heilpädagogik 55 (2004) 5, S. 240-244<br />

SCHNELL, IRMTRAUD/ SANDER, ALFRED (Hrsg.): Inklusive Pädagogik.<br />

Bad Heilbrunn: Kl<strong>in</strong>khardt, 2004<br />

THIERSCH, HANS: Lebenswelt und Moral. Beiträge zur moralischen<br />

Orientierung Sozialer Arbeit. We<strong>in</strong>heim u. München: Juventa, 1995<br />

Autor<br />

Dr. paed. Ulrich Heimlich ist Universitätsprofessor für Lernbeh<strong>in</strong><strong>de</strong>rtenpädagogik<br />

an <strong>de</strong>r Ludwig-Maximilians-Universität München. Se<strong>in</strong>e<br />

Arbeits- und Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich <strong>de</strong>r <strong>in</strong>tegrativen<br />

För<strong>de</strong>rung und Integrationsforschung sowie im Bereich <strong>de</strong>r<br />

präventiven För<strong>de</strong>rung und Spielpädagogik.<br />

Kontakt<br />

Ludwig-Maximilians-Universität München / Department für Pädagogik<br />

und Rehabilitation / Institut für Präventions-, Integrations- und<br />

Rehabilitationsforschung / Lehrstuhl für Lernbeh<strong>in</strong><strong>de</strong>rtenpädagogik<br />

Leopoldstr. 13, Tel.: 089/ 2180-5121 E-mail: heimlich@spedu.unimuenchen.<strong>de</strong><br />

Lehrstuhl: www.edu.lmu.<strong>de</strong>/lbp<br />

Forschungsstelle <strong>in</strong>tegrative För<strong>de</strong>rung (FiF): www.<strong>in</strong>tegpro.<strong>de</strong><br />

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