rebekka bakken - Sono-Magazin
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Eine kleine Charts-Historie<br />
Von Pferdehalftern<br />
& Fußballhymnen<br />
Hit oder Niete? Abzulesen ist das an den<br />
Charts. Wie aber funktioniert das Spiel<br />
mit den Platzierungen, wer steckt<br />
dahinter, und wie wird abgerechnet? Ein<br />
Streifzug durch Gegenwart und Vergangenheit<br />
der Hitparaden. Von Ernst Hofacker<br />
Liese-Lotte Helene Berta Bunnenberg aus Bremerhaven war die<br />
Erste: Unter ihrem Künstlernamen Lale Andersen gelang der<br />
blonden Sängerin in den Weltkriegsjahren mit „Lili Marleen“<br />
der erste verbürgte Millionenseller in Deutschland. Nummer eins war<br />
sie trotzdem nicht. Denn eine Hitparade, also eine verlässliche Rangliste<br />
der bestverkauften Schallplatten, gab es zu jener Zeit in Deutschland<br />
nicht. Erstmals im Dezember 1953 druckte die Branchenzeitschrift<br />
„Der Automatenmarkt“ eine Liste der hierzulande in den Jukeboxes<br />
verbreitetsten Platten ab. An der Spitze damals: „Es hängt ein Pferdehalfter<br />
an der Wand“ von der niederländischen Gruppe Kilima Hawaiians<br />
– mithin der erste dokumentierte Nr.-1-Hit in Deutschland.<br />
Bis heute wird der Titel indes mit einem anderen Interpreten verbunden,<br />
dem ebenfalls aus den Niederlanden stammenden Sänger<br />
Bruce Low. In die Hitparade schaffte es seine Version jedoch nie. Dass<br />
Lows Pferdehalfter nach Charts-Maßstäben deutlich tiefer hing als<br />
das von den Kilima Hawaiians, im Gedächtnis des Publikums aber<br />
weit präsenter blieb, zeigt zweierlei: Die Hitparadenplatzierung sagt<br />
nicht unbedingt etwas darüber aus, wie bekannt eine Platte ist. Und:<br />
die Charts des Jahres 1953 spiegelten natürlich einen gänzlich anderen,<br />
kleineren und von unterschiedlichen Medien bestimmten Markt wider<br />
als die des Jahres 1973 oder die aus heutiger Zeit.<br />
Jeder kochte seine eigenen Charts<br />
So wie heute in die Verkaufslisten selbstverständlich neben den eigentlichen<br />
CD-Absätzen anteilig die Radioeinsätze und die Online-Verkäufe<br />
einer Platte einfließen, so spielte in der Frühzeit der Charts die Jukebox<br />
eine entscheidende Rolle. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass 1940<br />
in den USA bereits 60 Prozent der gepressten Schellackplatten in den<br />
rund 400.000 Jukeboxen landeten. In späteren Jahren stieg dieser Anteil<br />
Schätzungen zufolge gar auf zeitweise 75 Prozent.<br />
Die Jukeboxes waren also der – neben dem eigentlichen Handel<br />
und dem Radio-Airplay – wichtigste Absatzmarkt für die Schallplattenindustrie.<br />
Folgerichtig fügte das US-Branchenmagazin Billboard<br />
seinen Absatzstatistiken, die auf Angaben der Plattenlabels sowie Erhebungen<br />
bei Radiosendern beruhten, im Jahr 1938 auch eine Liste<br />
der beliebtesten Jukebox-Titel hinzu. Erstmals hatte Billboard im Jahr<br />
1913 eine Verkaufsstatistik veröffentlicht, damals dokumentierte diese<br />
jedoch noch die Absätze der sogenannten Music Sheets, also Notenblätter<br />
– die Schallplatte war noch kaum verbreitet. 1936 dann gab es<br />
Illustration: Max Ott<br />
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