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rebekka bakken - Sono-Magazin

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Tori Amos<br />

Talent allein genügt nicht<br />

Die Pfarrerstochter aus North Carolina wagt sich auf<br />

neues musikalisches Terrain: Mit ihrer Version eines<br />

klassischen Liederzyklus erzählt sie die Geschichte<br />

einer erlöschenden Liebe. Interview: Dagmar Leischow<br />

mich das ein bisschen genauer erklären. Für<br />

„Nautical Twilight“ habe ich Mendelssohns<br />

„Venetianisches Gondellied“ variiert. Bei anderen<br />

Nummern standen Stücke von Mozart,<br />

Debussy und Schumann Pate.<br />

Selbst Klassik-Experten dürften jedoch die<br />

Vorlagen nicht immer heraushören.<br />

Da haben Sie Recht. Nicht mal meine Musiker<br />

konnten die Wurzeln jedes einzelnen Titels<br />

ganz genau definieren. Oft haben sie sich<br />

den Kopf darüber zerbrochen, ohne zu einem<br />

Ergebnis zu kommen – so verwirrt waren<br />

sie! Beispielsweise hat keiner erkannt, dass<br />

„Cactus Practice“ auf Chopins „Nocturne“<br />

basiert.<br />

Ihr Markenzeichen: ihre Eigenwilligkeit.<br />

Dass sich Tori Amos (48) musikalisch in<br />

Richtung Mainstream bewegt, ist schlicht<br />

undenkbar. Mit ihrem Album „Night Of<br />

Hunters“ stellt die US-amerikanische Singer/<br />

Songwriterin musikalische Grenzen infrage.<br />

Sie holt mit ihren Improvisationen Schubert<br />

und Chopin ins 21. Jahrhundert. Dabei kippen<br />

die Liedstrukturen von Klassik zu Pop.<br />

Sie veröffentlichen viel mehr Alben als viele<br />

Ihrer Kollegen. Sind Sie zwanghaft kreativ?<br />

Die Wahrheit ist: Als Frau über 40 muss ich<br />

sehr hart arbeiten, um weiterhin meine Position<br />

im Musikgeschäft behaupten zu können.<br />

Talent allein genügt längst nicht mehr.<br />

Regelmäßig neue Platten, alle zwei Jahre eine<br />

Tournee – das ist für mich inzwischen Pflichtprogramm.<br />

Obendrein texten und komponieren Sie derzeit<br />

für ein Musical.<br />

Genau. Ich hoffe, es kommt 2012 auf die Bühne<br />

des Royal National Theatre in London. Die<br />

Geschichte basiert auf einem Märchen aus<br />

dem 19. Jahrhundert: „The Light Princess“<br />

von George MacDonald, um genau zu sein.<br />

Dieses Projekt ist für mich eine echte Herausforderung.<br />

Ich habe etliche Jahre da hinein<br />

investiert, mein wirklich großartiges Team<br />

stand mir dabei zur Seite. Mein Plan war es,<br />

musikalische Grenzen zu durchbrechen. Ich<br />

weiß noch, wie schwer es mir anfangs fiel,<br />

mich hier und da jenseits des Popkontextes<br />

zu bewegen. Aber ich wollte unbedingt ein<br />

paar klassische Themen einbringen.<br />

Mit Klassik setzen Sie sich auch auf Ihrer neuen<br />

CD „Night Of Hunters“ auseinander. Warum?<br />

Das hat sich eher zufällig ergeben. Irgendwann<br />

nahm ein Mitarbeiter der Deutschen<br />

Grammophon Kontakt zu mir auf. Seine Idee<br />

Auf den Spuren<br />

von Franz<br />

Schubert: Grenz -<br />

gängerin Tori<br />

Amos<br />

war, dass ich einen klassischen Musikzyklus<br />

in der Tradition von Schubert entwickeln<br />

sollte. Dieses Angebot kam überraschend,<br />

aber dann fand ich es faszinierend. Ich habe<br />

mich in Schuberts „Winterreise“ vertieft. Je<br />

häufiger ich sie hörte, desto klarer wurde mir,<br />

welchen Weg ich einschlagen wollte.<br />

Sie hatten also einen richtigen Masterplan?<br />

Sozusagen. Jeder Song basiert auf dem Werk<br />

eines namhaften Komponisten. Lassen Sie<br />

Heißt das, dieses Lied kam bei Ihren Mitstreitern<br />

nicht besonders gut an?<br />

Im Gegenteil: Sie haben es geliebt, allen voran<br />

Andreas Ottensamer, der ja der Solo-Klarinettist<br />

der Berliner Philharmoniker ist.<br />

„Nicht mal meine<br />

Musiker konnten die<br />

Wurzeln jedes<br />

einzelnen Titels ganz<br />

genau definieren“<br />

Wie war für Sie als Popkünstlerin die Zusammenarbeit<br />

mit Klassikvirtuosen wie ihm?<br />

Sagenhaft. Durch Andreas habe ich ständig<br />

etwas gelernt. Ein Ausnahmemusiker. Bei<br />

unserem Klavier-Klarinette-Duett „Seven Sisters“<br />

hat er mich richtig gefordert. Ich spielte<br />

da auf einem höheren Level als jemals zuvor.<br />

Erzählen Sie ein bisschen über Ihre Heldin.<br />

Steht Sie vor dem Aus ihrer Beziehung?<br />

Mit ihrer Partnerschaft steht es sicher nicht<br />

zum Besten. Um ehrlich zu sein: Ihr gesamtes<br />

Leben ist in Schieflage geraten. Sie fühlt<br />

sich schuldig, weil sie oft zu feige war. Statt<br />

dauernd zurückzustecken, hätte sie mehr riskieren<br />

müssen. Diese Erkenntnis macht ihr<br />

arg zu schaffen, sie geistert voller Wut und<br />

Verzweiflung durch die Nacht.<br />

Neu erschienen: Tori Amos „Night Of Hunters“<br />

(DG / Universal) erscheint am 16. September<br />

Die Tournee: Tori Amos gastiert ab 10. Oktober<br />

mit den neuen Stücken in Deutschland. Genaue<br />

Termine unter www.sonomagazin.de<br />

Foto: Victor de Mello<br />

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