( 3 MB / PDF )Amtsblatt der Stadt Wettin-Löbejün 05.12.2012
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Seite - 38 - <strong>Amtsblatt</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Wettin</strong>-Löbejün Nr. 12 5. Dezember 2012 Jahrgang 2<br />
Zuständigkeiten von Ortschaftsräten<br />
Eigentlich hatte ich es mir zur Tradition gemacht am Ende eines<br />
Jahres Rückblick auf das Erreichte und eine Vorausschau auf<br />
das kommende Jahr zu geben. Nun, das werde ich vielleicht im<br />
Januar machen, weil wir uns in den nächsten Wochen mit dem<br />
Haushalt 2013 und den darin vorzusehenden Haushaltsmitteln<br />
für unsere Ortschaft Löbejün beschäftigen müssen. Dann passt<br />
vielleicht ein Artikel besser über Rückblick und Vorausschau.<br />
Heute ist mir ein Thema sehr wichtig, welches ich in <strong>der</strong> Überschrift<br />
mit „Zuständigkeiten von Ortschaftsräten“ überschrieben habe.<br />
Ich bin in den letzten Wochen mehrfach dazu angesprochen<br />
worden, für was eigentlich ein Ortschaftsrat noch zuständig ist.<br />
Vielfach hatten die Fragenden, die nicht nur aus Löbejün kamen,<br />
die Äußerung auf den Lippen, dass ja doch alles nur im <strong>Stadt</strong>rat<br />
entschieden wird.<br />
Dazu möchte ich Ihnen sagen, dass <strong>der</strong> Gesetzgeber die Ortschaftsräte<br />
mit einer Reihe von Kompetenzen ausgestattet hat.<br />
Der Grund liegt schon allein darin, dass man nach 20 Jahren kommunaler<br />
Selbstverwaltung nicht auf das Wissen und die Erfahrungen<br />
<strong>der</strong> einzelnen Räte in den Ortschaften verzichten kann,<br />
wenn man nicht Gefahr laufen will, die kommunale Entwicklung<br />
maßgeblich zu stören. Es ist wahrscheinlich jedem klar, dass ein<br />
neu zusammengesetzter <strong>Stadt</strong>rat aus, in unserem Fall ehemals 11<br />
politisch eigenständigen Gemeinden, nicht alle Belange, örtlichen<br />
Angelegenheiten und Zusammenhänge einer Ortschaft kennen<br />
kann. Deshalb hat <strong>der</strong> Ortschaftrat die Aufgaben, die in <strong>der</strong> Gemeindeordnung<br />
Sachsen-Anhalt festgeschrieben sind:<br />
1. die Belange <strong>der</strong> jeweiligen Ortschaft wahren.<br />
2. auf die gedeihliche Entwicklung <strong>der</strong> Ortschaft einwirken und<br />
dabei die Verwaltung beraten.<br />
3. Der Ortschaftrat hat in allen Angelegenheiten, die Ortschaft<br />
betreffend, ein Vorschlagsrecht.<br />
4. Der Ortschaftsrat ist zu wichtigen Angelegenheiten, die die<br />
Ortschaft betreffen, anzuhören.<br />
Der Gesetzgeber hat auch eine Definition ins Gesetz geschrieben,<br />
was unter wichtigen Angelegenheiten zu verstehen ist.<br />
Wichtige Angelegenheiten sind z. B.:<br />
1. die Veranschlagung <strong>der</strong> Haushaltsmittel für die die Ortschaft<br />
betreffenden Angelegenheiten, d. h., dass <strong>der</strong> Ortschaftsrat<br />
im Aufstellungsverfahren des jeweiligen Haushaltes<br />
sicherzustellen, dass <strong>der</strong> Verwaltung die für die Ortschaft<br />
notwendigen Maßnahmen mitgeteilt werden, um die Haushaltsmittel<br />
vorsehen zu können. Das betrifft z. B. Baumaßnahmen,<br />
Werterhaltungs- und Reparaturmaßnahmen sowie<br />
Mittel für soziale und kulturelle Projekte.<br />
2. die Aufstellung, wesentliche Än<strong>der</strong>ung und Aufhebung<br />
von Bauleitplänen sowie die Durchführung von Bodenordnungsmaßnahmen<br />
und Maßnahmen nach dem Baugesetzbuch.<br />
Das betrifft das gesamte Planungsrecht. Aktuell<br />
zum Beispiel gerade jetzt in Löbejün, die Anpassung <strong>der</strong><br />
Planung an das Gebiet Rübenlagerplatz Gottgau zur Errichtung<br />
von Solaranlagen.<br />
3. die Planung, Errichtung, wesentliche Än<strong>der</strong>ung und Aufhebung<br />
öffentlicher Einrichtungen sowie <strong>der</strong> Um- und<br />
Ausbau sowie die Benennung von Gemeindestraßen,<br />
Wegen und Plätzen. Was mit <strong>der</strong> Benennung von Gemeindestraßen,<br />
Wegen und Plätzen gemeint ist, muss nicht weiter<br />
erläutert werden, dass ist bekannt. Die Planung, Errichtung,<br />
wesentlichen Än<strong>der</strong>ung und Aufhebung öffentlicher Einrichtungen<br />
kann z. B. eine Schule, einen Kin<strong>der</strong>garten, einen<br />
Hort, eine Bücherei, einen Jugendklub o<strong>der</strong> eine soziale o<strong>der</strong><br />
kulturelle Einrichtung allgemein betreffen.<br />
4. die Veräußerung, Vermietung und Verpachtung von in <strong>der</strong><br />
Ortschaft gelegenen Grundstücken <strong>der</strong> Gemeinde. Dies<br />
bedarf sicher auch nicht <strong>der</strong> näheren Erläuterung.<br />
Für den Ortschaftrat Löbejün ist dieser Punkt von beson<strong>der</strong>em<br />
Interesse. In den Jahren seit 1990 wurde intensiv an <strong>der</strong><br />
Mehrung des Löbejüner Vermögens durch Rückübertragung<br />
(Restitution) ehemaligen städtischen Vermögens von <strong>der</strong><br />
Treuhand und den Zukauf von Grundstücken und Immobilien<br />
gearbeitet. Diese Arbeit war sehr erfolgreich, sodass Löbejün<br />
heute über einen nicht unerhebliches Grundstücks- und<br />
Immobilienvermögen verfügt.<br />
5. die Planung und Durchführung von Investitionsvorhaben<br />
in <strong>der</strong> Ortschaft. Das betrifft alle kommunalen und privaten<br />
Investitionsvorhaben, die im Gemarkungsgebiet <strong>der</strong> ehemaligen<br />
<strong>Stadt</strong> Löbejün realisiert werden sollen, also z. B. Straßenbaumaßnahmen,<br />
Errichtung von Betriebsanlagen, usw.<br />
Darüber hinaus hat <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong>rat im § 17 seiner Hauptsatzung<br />
beschlossen, dass dem Ortschaftsrat weitere Aufgaben zur<br />
Erledigung übertragen, soweit im Haushaltsplan die dafür erfor<strong>der</strong>lichen<br />
Mittel veranschlagt worden sind. Dazu gehören:<br />
1. die Ausgestaltung, Unterhaltung, Erhaltung <strong>der</strong> Funktionsfähigkeit<br />
und Benutzung von öffentlichen Einrichtungen<br />
einschließlich Gemeindestraßen, die Festlegung <strong>der</strong> Reihenfolge<br />
zum Um- und Ausbau sowie Unterhaltung und Instandsetzung<br />
von Straßen, Wegen und Plätzen, soweit <strong>der</strong>en<br />
Bedeutung nicht über den Bereich <strong>der</strong> Ortschaft hinausgeht,<br />
einschließlich <strong>der</strong> Beleuchtungseinrichtungen,<br />
2. die Pflege des Ortsbildes sowie die Teilnahme an Wettbewerben<br />
zur Ortsverschönerung,<br />
3. die För<strong>der</strong>ung und Durchführung von Veranstaltungen <strong>der</strong><br />
Heimatpflege, des örtlichen Brauchtums und <strong>der</strong> kulturellen<br />
Tradition sowie die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> örtlichen Vereine und Vereinigungen<br />
und die Entwicklung des kulturellen Lebens,<br />
4. die Pflege vorhandener Partnerschaften,<br />
5. die Gratulation zu bestimmten Höhepunkten <strong>der</strong> örtlichen<br />
Vereine und Vereinigungen, Geburtstagen und sonstigen Jubiläen<br />
sowie die Betreuung <strong>der</strong> Senioren <strong>der</strong> Ortschaft,<br />
6. <strong>der</strong> Abschluss von Verträgen über die Nutzung von Grundstücken<br />
o<strong>der</strong> beweglichem Vermögen <strong>der</strong> Ortschaft, wenn<br />
<strong>der</strong> Wert dieser Verträge den Vermögenswert von 5.000,00<br />
Euro/Jahr nicht überschreitet,<br />
7. die Veräußerung von beweglichem Vermögen <strong>der</strong> Ortschaft,<br />
wenn <strong>der</strong> Wert des zu veräußernden Vermögens den Betrag<br />
von 5.000,00 Euro nicht überschreitet,<br />
8. bei <strong>der</strong> Errichtung o<strong>der</strong> wesentlichen Erweiterung öffentlicher<br />
Einrichtungen die Vergabe <strong>der</strong> Lieferungen und Leistungen<br />
für die Bauausführung, wenn <strong>der</strong> Vermögenswert von<br />
5.000,00 Euro nicht überschritten wird,<br />
9. Festlegung von Gestaltungsvarianten im Rahmen <strong>der</strong> Planung<br />
und Ausführung von Investitionen im Hoch- und Tiefbau.<br />
10. Darüber wird den Ortschaftsräten die Pflege <strong>der</strong> Internetseiten<br />
<strong>der</strong> Ortschaften übertragen.<br />
Nun, die Aufzählung klingt vielleicht etwas bürokratisch o<strong>der</strong><br />
trocken, aber es ist doch ersichtlich, dass <strong>der</strong> Ortschaftsrat<br />
einen immensen Verantwortungsbereich bearbeiten muss und<br />
eigentlich auch weiterhin, wie bis 2010 in den politisch eigenständigen<br />
Gemeinden, sich um alle Belange einer Gebietskörperschaft<br />
kümmern muss. Nur mit <strong>der</strong> Konsequenz, dass Beschlüsse,<br />
Anträge und Vorschläge aus den Ortschaftsräten nur<br />
empfehlenden Charakter haben und <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong>rat nicht an diese<br />
gebunden ist, son<strong>der</strong>n in freier Entscheidung seine Beschlüsse<br />
selbst trifft.<br />
Abschließend zu diesem Thema fällt mir ein alter Spruch ein, den<br />
durchaus zutreffend ist und nicht nur zur Vermeidung eines Spannungsfeldes<br />
zwischen Ortschaftsräten und <strong>Stadt</strong>rat führen kann:<br />
„Es kommt nicht darauf an, an einem Strang zu ziehen, es<br />
muss auch die gleiche Richtung sein.“<br />
In diesem Sinne frohe Weihnachten, ein glückliches<br />
neues Jahr und den Kommunalpolitikern<br />
unserer <strong>Stadt</strong> Weitsicht in ihrem Handeln.<br />
Ihr Ortsbürgermeister Thomas Madl