Weiter so - Deutschland ?
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
25 <strong>Weiter</strong> <strong>so</strong> – <strong>Deutschland</strong>?<br />
LEUCHTTURM<br />
„Bildungsgerechtigkeit - <strong>Deutschland</strong> im<br />
Vergleich“<br />
Gedanken zum Thema. Veranstaltung vom 18.04.2013 im Forum der Ostfriesischen Landschaft<br />
Referenten: H. von Meyer (Leiter der OECD Berlin Centre und H. Funke vom Netzwerk „Allen Kindern<br />
Zukunft geben“)<br />
Zusammenfassend<br />
kommen<br />
beide Referenten zu dem<br />
Fazit, dass die Bildungsgerechtigkeit<br />
in <strong>Deutschland</strong> ein<br />
<strong>so</strong>zialer Skandal ist, weil der<br />
Teufelskreis aus <strong>so</strong>zialer Benachteiligung<br />
und mangelnden Bildungschancen<br />
<strong>so</strong> nicht durchbrochen<br />
werden kann.<br />
„Ach ja!“, könnte man<br />
meinen. Nichts wird unter den<br />
Experten der Bildung offenbar<br />
intensiver diskutiert wie diese<br />
Ungleichbehandlung unserer<br />
Kinder. Nur - mit welchem<br />
Ergebnis? Die einen setzen<br />
unverfroren auf die Dreigliedrigkeit<br />
unseres Schulsystems, das<br />
ihren Vorstellungen gemäß<br />
idealiter den unterschiedlichen<br />
Begabungen entspricht, die<br />
nächsten wollen die Integration,<br />
wieder andere eine Förderung<br />
der Familien. So weit, <strong>so</strong> - gut?<br />
Nun, überall lesen wir,<br />
<strong>Deutschland</strong> zahle zu wenig für<br />
die Bildung, und das bezieht<br />
sich, wenn auch unterschiedlich,<br />
auf alle Bildungsstufen. Aber<br />
reicht ein Mehr an Bildungsausgaben<br />
in einem System, das - im<br />
Vergleich zu wirklichen europäischen<br />
Konkurrenten - hoffnungslos<br />
veraltet ist, weil es<br />
tradierte Verhältnisse weiter und<br />
weiter verfestigt? Wann hat<br />
Bildungspolitik endlich den<br />
Mut, diesem „Muff’ entgegen zu<br />
treten, z. B. durch eine intensive<br />
Frühförderung mit einhergehenden<br />
Forderungen? Und - reicht<br />
es, eine Veränderung im Sinne<br />
der derzeit häufig gebrauchten<br />
Begrifflichkeit „lnklusion“ herbeizuführen?<br />
Schauen wir uns<br />
eine der Absichten dieses<br />
Verfahrens an! So <strong>so</strong>ll den Eltern<br />
- und das ist gut <strong>so</strong>! - das Recht<br />
eingeräumt werden, ihre Kinder<br />
in ein System ihrer Wahl<br />
einzuschulen. Möglicherweise<br />
vorhandene Schwächen <strong>so</strong>llen<br />
dann per Inklusion aufgearbeitet<br />
werden. Ein hehres Ziel.<br />
Schauen wir uns das bitte<br />
genau an! Nach den bisher<br />
bekannten Vorstellungen <strong>so</strong>llen<br />
diese SchülerInnen durch eine<br />
<strong>so</strong>nderpäd. Fachkraft mit 2<br />
Stunden in der Woche gefördert<br />
werden, um nicht frühzeitig<br />
selektiert zu werden. 2 Stunden -<br />
Donnerwetter!<br />
Für mich beinhaltet Bildungsgerechtigkeit<br />
allerdings ganz<br />
erheblich mehr, z. B. durch eine<br />
Intensivierung flächendeckender<br />
fachkompetenter Frühförderung,<br />
z. B. durch eine Differenzierung<br />
ohne schon früh beginnende<br />
Festlegung auf einen Abschluss,<br />
z. B. durch konsequente Hilfestellung<br />
<strong>so</strong>zial benachteiligter<br />
Familien durch zu vernetzende<br />
Organisationen mit entsprechenden<br />
Strategien (z. B.<br />
Der neue Ständestaat<br />
„<strong>Deutschland</strong> nähert sich<br />
einer Drei-Klassen-Gesellschaft:<br />
An der Spitze stehen<br />
Manager mit Millionengehältern,<br />
Freiberufler mit gut<br />
gehenden Kanzleien oder<br />
Büros, erfolgreiche Selbständige.<br />
Es folgt die Masse<br />
gutausgebildeter Angestellter<br />
und Facharbeiter mit<br />
hohen oder durchschnittlichen<br />
Löhnen. Das untere<br />
Drittel der Geringqualifizierten<br />
und Ausgesteuerten<br />
Stadtteilarbeit, deren Erfolge in<br />
Osnabrück Herr Funke anschaulich<br />
erläuterte, Einbeziehung<br />
kommunaler Stellen etc.). Ganz<br />
bestimmt ließe sich hier noch<br />
eine Menge an fundierten<br />
Vorschlägen finden.<br />
Warum nur hören wir dazu<br />
nahezu nichts von den politisch<br />
Verantwortlichen gleich welcher<br />
Parteienzugehörigkeit. Ich höre<br />
nur immer wieder dieses<br />
Kostenargument - und nicht nur<br />
eigentlich kann ich es nicht<br />
mehr hören. Wenn es denn ernst<br />
gemeint ist, dass Kinder unsere<br />
Zukunft sind, dann ist genau<br />
dieses Argument nichtig. Ja sage<br />
ich zu intensiv zu steigernden<br />
Bildungsausgaben, aber bitte in<br />
einem Umfeld, das dieses<br />
Ausgaben-Mehr auch zielführend<br />
verwenden kann, Mit dem<br />
tradierten Bildungssystem geht<br />
das m. E. nicht, und das schließt<br />
Retuschen daran - s. Oberschule<br />
mit ein.<br />
Der Ostfriesischen Landschaft<br />
und der Arbeitsstelle für<br />
Religionspädagogik Ostfriesland<br />
sei Dank ausgesprochen für die<br />
Veranstaltung mit den oben<br />
genannten Referenten, aber wo<br />
bleibt die Re<strong>so</strong>nanz bei den<br />
BildungspolitikerInnen und welche<br />
Konsequenzen werden daraus<br />
gezogen? Oder ist es<br />
einfacher zu fragen, welche<br />
werden nicht daraus gezogen?<br />
aber hat kaum Aussicht auf<br />
Aufstieg.“<br />
Überschrift und Text aus<br />
SPIEGEL 12.08.2013, Serie<br />
zur Bundestagswahl, Teil 2:<br />
Soziale Gerechtigkeit<br />
Catharina<br />
Hinrichs-Blessmann