LEUCHTTURM
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<strong>LEUCHTTURM</strong><br />
Alles gut nach der Wahl ?<br />
Stefan<br />
Störmer,<br />
Vorsitzender<br />
des<br />
Bezirksverbandes<br />
Weser-Ems<br />
der GEW<br />
Knapper ging’s kaum.<br />
Mit ein paar hundert<br />
Stimmen Vorsprung haben<br />
Grüne und SPD es geschafft,<br />
die alte CDU/FDP<br />
Landesregierung aus dem<br />
Sattel zu heben. Die Koalitionsverhandlungen<br />
laufen.<br />
Für die Gewerkschaften<br />
ist damit zunächst einmal<br />
der erhoffte Regierungswechsel<br />
eingetreten. Die<br />
Frage, die sich nun stellt,<br />
lautet: Wird jetzt alles gut?<br />
Die ehemaligen Oppositionsparteien<br />
sind mit großen<br />
Versprechungen in den<br />
Wahlkampf gezogen: Studiengebühren<br />
sollen abgeschafft,<br />
Klassenfrequenzen<br />
gesenkt, schulische Sozialarbeit<br />
flächendeckend eingeführt,<br />
die Ganztagsschulen<br />
ausgebaut, die kleine Gesamtschule<br />
möglich, die<br />
Qualität der LehrerInnenausbildung<br />
erhöht werden.<br />
In den letzten Tagen gibt es<br />
auch Signale, dass über eine<br />
Reform des Personalvertretungsgesetzes<br />
nachgedacht<br />
wird, in welcher der ArbeitnehmerInnenvertretung<br />
weitere Mitbestimmungsrechte<br />
zugesichert werden.<br />
Welche Projekte werden<br />
sich nun realisieren lassen?<br />
Zunächst dürfte die Formel<br />
gelten: Alles, was wenig<br />
oder gar nichts kostet, sollte<br />
auch umsetzbar sein. Insofern<br />
dürfen wir davon<br />
ausgehen, dass es in ein paar<br />
Monaten möglich sein wird,<br />
Gesamtschulen zu gründen,<br />
die vierzügig sind. Vermutlich<br />
werden auch Oberschulen,<br />
die dies wollen, sich zu<br />
einer IGS umorganisieren<br />
können.<br />
Ebenfalls ist zu erwarten,<br />
dass die zukünftige Landesregierung<br />
das völlig gescheiterte<br />
Projekt „Acht Jahre bis<br />
zum Abitur“ (G8) modifizieren<br />
wird. Dabei ist aber<br />
noch nicht klar, wie dies<br />
konkret aussehen könnte.<br />
Fest scheint zu stehen, dass<br />
Gesamtschulen zukünftig<br />
wieder neun Jahre als<br />
Regelzeit auf dem Weg zur<br />
Hochschulreife anbieten.<br />
Ob die Gymnasien bei G8<br />
verharren, ob ihnen G9 als<br />
Regelfall oder ob ihnen die<br />
Wahlmöglichkeit eingeräumt<br />
wird, G8 oder G9<br />
anzubieten, ist im Moment<br />
offen.<br />
Deutlich komplizierter<br />
sieht es für die Projekte aus,<br />
die den Landeshaushalt<br />
stark belasten würden. Dies<br />
umso mehr, als ein Projekt<br />
bereits beschlossene Sache<br />
ist: Die Studiengebühren<br />
werden in Niedersachsen<br />
abgeschafft. Der Aufschrei<br />
der Hochschulen ließ nicht<br />
lange auf sich warten. Wer in<br />
den letzten Wochen genau<br />
hingehört hat, weiß, dass<br />
hier Verteilungskämpfe folgen<br />
werden.<br />
Damit hier kein falscher<br />
Eindruck entsteht. Aus gewerkschaftlicher<br />
Sicht ist die<br />
Abschaffung der Studiengebühren<br />
dringend notwendig.<br />
Dennoch muss man<br />
sehen, dass das Geld, das<br />
den Hochschulen dann<br />
fehlt, im Landeshaushalt<br />
über Umverteilungen woanders<br />
eine Lücke reißt.<br />
4<br />
Man darf daher gespannt<br />
sein, wie viel Geld übrig sein<br />
wird, um weitere angekündigte<br />
Verbesserungen im<br />
schulischen Sektor realisieren<br />
zu können. Grüne und<br />
SPD haben im Wahlkampf<br />
immer erklärt, dass etliche<br />
Projekte davon abhängig<br />
seien, ob es im September<br />
gelingt, durch einen Regierungswechsel<br />
und einer damit<br />
verbundenen Steuerreform<br />
die Einnahmen der<br />
Länder zu erhöhen. Erst<br />
dann sei Geld da, um zum<br />
Beispiel flächendeckend<br />
über schulische Sozialarbeit,<br />
einen vernünftigen Ganztag<br />
oder eine gute personelle<br />
und sächliche Ausstattung<br />
der dann inklusiven Schulen<br />
nachzudenken.<br />
Ohne diese Finanzspritze<br />
vom Bund muss man<br />
etliche Projekte mit einem<br />
dicken Fragezeichen versehen.<br />
Im Ernstfall bliebe<br />
dann nur die Verwaltung<br />
eines Mangels. Am Beispiel<br />
der Studiengebühren lässt<br />
sich zeigen, was das bedeuten<br />
kann: Die Realisation<br />
des einen wünschenswerten<br />
Projektes gefährdet ein anderes,<br />
ebenso wünschenswertes.<br />
Eine solche Situation<br />
auf Dauer wäre für eine<br />
Landesregierung, die zudem<br />
nur über eine knappe<br />
Mehrheit im Landtag verfügt,<br />
äußerst kräftezehrend.<br />
Wird nun alles gut?<br />
Vermutlich wird einiges<br />
besser. Der große bildungspolitische<br />
Durchbruch ist<br />
allerdings noch nicht zu<br />
erwarten. Nach der Bundestagswahl<br />
sehen wir weiter.