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LEUCHTTURM

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Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft<br />

Kreisverbände Aurich, Emden, Jever, Norden, Wilhelmshaven und Wittmund<br />

<strong>LEUCHTTURM</strong><br />

Zeitschrift der Bildungsgewerkschaft in Ost-Friesland<br />

Nr. 115<br />

11. Februar 2013<br />

35. Jhrg.<br />

Geld und mehr – es geht los!<br />

Gewerkschaften beschließen Forderung nach 6,5% mehr Entgelt<br />

Erfolgreicher Start mit der „Tannenbaumaktion“ am 14. Dezember 2012<br />

Am 14. Dezember sind mehr als 1.000 Beamtinnen und Beamte des Landes und der<br />

Kommunen einem Aufruf der Gewerkschaften ver.di, GdP und GEW gefolgt, um für die<br />

Wiedereinführung des Weihnachtsgeldes zu demonstrieren und zugleich die Tarif- und<br />

Besoldungsrunde 2013 einzuläuten. (s. auch S. 6)


<strong>LEUCHTTURM</strong><br />

2<br />

Wechsel im Schulbezirkspersonalrat<br />

Fachgruppe Gesamtschulen<br />

Ullrich Schierz befindet sich<br />

seit dem 1. 2. 2013 in der<br />

wohlverdienten Ruhephase<br />

der Altersteilzeit<br />

„Nachrücker“ ist Ralf Dittmer,<br />

IGS Waldschule Egels, Aurich<br />

radidodo@web.de<br />

Redaktion Leuchtturm Redaktionsschluss: 30.01.2013<br />

KV Wittmund www.gew-wittmund.de<br />

Ronald Wilts Lüdstede 3 26487 Neuschoo Tel. 04975 - 366 Ronald.Wilts@t-online.de<br />

Jürgen Kramm Wangeroogestr. 8 26409 Wittmund Tel. 04462 - 6102 Juergen.Kramm.WTM@t-online.de<br />

KV Jever www.gewweserems.de/kv-fg/jever/jevindex.htm<br />

Fridolin Haars Fliederweg 16 26434 Wangerland Tel. 04461 - 5123 frimawa@gmx.de<br />

Klaus Blume-Wenten Javenloch 5 26434 Wangerland Tel. 04464 - 8150 k.blume-wenten@t-online.de<br />

KV Aurich www.gew-aurich.de<br />

Ralf Dittmer Oldeborger Str. 81 26624 Südbrookmerland Tel./Fax 04942 - 3938 radidodo@web.de<br />

Franz Kampers Hinter Eschen 16F 26607 Aurich Tel. 04941 - 6988012 mail@gew-aurich.de<br />

KV Norden<br />

Herbert Czekir Reithammer Weg 29 26529 Osteel Tel. 04934 - 6766 herbert.czekir@ewetel.net<br />

Anette Hillen Im Dullert 30 26524 Hage Tel. 04931 - 7 4474 anette.hillen@online.de<br />

KV Emden www.gew-emd.de<br />

Dr. Josef Kaufhold Herm.-Hesse-Str. 4 26721 Emden Tel. 04921 - 45266 JosefKaufhold@web.de<br />

KV Wilhelmshaven<br />

Friedrich Fischer Fedderwarder Str. 124 26388 Wilhelmshaven Tel.04421 - 502119 magfish@gmx.de<br />

Wolfgang Niemann-Fuhlbohm Güstrower Str. 3c 26388 Wilhelmshaven Tel.04421 - 87117 wolfgang.nif@gmx.de<br />

Impressum: GEW-<strong>LEUCHTTURM</strong> Nr. 115 / 35. Jahrgang vom 11.02.2013<br />

LehrerInnenzeitung für die Kreisverbände Aurich, Emden, Jever, Norden, Wilhelmshaven, Wittmund<br />

Herausgeber: Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft im DGB/Kreisverband Wittmund<br />

verantwortl.: Ronald Wilts (1. Vors.), Lüdstede 3, 26487 Neuschoo, 04975/366<br />

Internet: www.gewweserems.de - dort auch Informationen aus den Kreisverbänden<br />

Druck: www.janssendruck.de, Finkenburgstr. 47, 26409 Wittmund


3 <strong>LEUCHTTURM</strong><br />

Käpt’n Blaubär und das liebe Gott<br />

ein ganz und gar gleichberechtigter Sketch<br />

Käpt’n Blaubär und die drei<br />

Gummibärchen treten auf.<br />

Blaubär: Hab ich euch schon<br />

erzählt, dass ich nun doch nicht<br />

Bildungsminister, sondern Bundesfamilienminister<br />

werden<br />

will?<br />

Enkel 1: Ach, und woher<br />

kommt der plötzliche Sinneswandel?<br />

Blaubär: Nun ja, die Piraten<br />

werden ja wohl nach neuesten<br />

Umfragen doch nicht in den<br />

Bundestag kommen. Und der<br />

kluge Seemann baut halt vor.<br />

Enkel 2: Und für welche Partei<br />

trittst du an, wenn nicht für die<br />

Piraten?<br />

Blaubär: Na, für die CSU<br />

natürlich. Die kleinen Parteien<br />

haben doch den meisten<br />

Einfluss. Ich sage nur Betreuungsgeld,<br />

Steuerentlastung für<br />

Hoteliers und Pflege-Bahr. Wer<br />

hat das denn alles durchgesetzt?<br />

Enkel 3: Da hast du natürlich<br />

recht Opa. Aber meinst du nicht,<br />

dass Frau Schröder eine zweite<br />

Amtszeit bekommt, wenn die<br />

schwarz-gelbe Koalition siegt?<br />

Blaubär: Die hat sich doch ihre<br />

Chancen völlig vermasselt.<br />

Enkel 1: Wieso das denn? Die<br />

tut doch keinem weh. Zum<br />

Beispiel will sie, dass die<br />

Frauenquote nur freiwillig eingeführt<br />

wird. Genauso wie die<br />

Industrie das will.<br />

Blaubär: Ihr kleinen Dösköppe<br />

kriegt ja wieder wohl gar nichts<br />

mit. Erstmal hat Frau Schröder<br />

es sich durch ihr Anti-<br />

Emanzipations-Buch sogar mit<br />

Alice Schwarzer verdorben und<br />

ist damit auch bei der BILD<br />

unten durch. Jetzt hat sie auch<br />

noch allen Ernstes vorgeschlagen,<br />

nicht mehr „der Gott“,<br />

sondern „das Gott“ zu sagen.<br />

Enkel 2: Opa, jetzt schwindelst<br />

du aber schon wieder!<br />

Blaubär: Ich und schwindeln?<br />

Das stand schließlich in der<br />

„Zeit“. Und die ist doch wohl<br />

über jeden Zweifel erhaben.<br />

Enkel 3: Wirklich?<br />

Blaubär: So wahr ich „der<br />

Blaubär“ und nicht „das Blaubär“<br />

bin.<br />

Enkel 1: Und warum hat sie das<br />

nun gesagt?<br />

Blaubär: Die hat ja jetzt so ein<br />

kleines Kind von einem Jahr.<br />

Und da macht sie sich einfach<br />

ihre Gedanken, wie man diesem<br />

Kind „Pippi Langstrumpf“ oder<br />

die Bibel vorlesen kann, ohne<br />

dass es zu Diskriminierungen<br />

kommt.<br />

Enkel 2: Aber einem einjährigen<br />

Kind kann man doch so<br />

etwas noch nicht vorlesen.<br />

Blaubär: Da habt ihr natürlich<br />

recht. Aber wahrscheinlich ist<br />

das wieder so eine neue Mode,<br />

um Hochbegabung zu fördern,<br />

indem man den kleinen Bälgern<br />

eben schon von Geburt an<br />

vorliest.<br />

Enkel 3: Also, irgendwie verstehe<br />

ich das immer noch nicht.<br />

Warum will denn Frau Schröder<br />

nicht mehr „der liebe Gott“<br />

sagen?<br />

Blaubär: Sie meinte wohl eher,<br />

dass das eigentlich egal ist, ob<br />

Gott ein „Der“ oder eine „Die“<br />

ist, aber da hat sie es sich<br />

gründlich mit der CDU und der<br />

CSU verdorben. Schließlich<br />

wissen die als christliche Parteien<br />

ganz genau, ob Gott männlich<br />

oder sächlich ist.<br />

Enkel 3: Was haben die denn<br />

nun gesagt?<br />

Blaubär: Da hat es ziemlich<br />

harte Worte gegeben: „verkopften<br />

Quatsch“ und „religiösen<br />

Analphabetismus“ haben sie ihr<br />

vorgeworfen. Und eine Frau<br />

Reiche hat gesagt: „Der liebe<br />

Gott bleibt der liebe Gott.“<br />

Enkel 1: Eigentlich ist das doch<br />

auch nicht so wichtig. Aber<br />

warum willst du denn nun Frau<br />

Schröders Nachfolger werden,<br />

Opa?<br />

Blaubär: Ja habt ihr denn<br />

neulich nicht richtig zugehört?<br />

Ich will doch, dass das<br />

Betreuungsgeld nicht nur für<br />

Kinder gezahlt wird, sondern<br />

auch für die Betreuung eines<br />

Lebenspartners. Und das werde<br />

ich als Minister sofort mit der<br />

tatkräftigen Mithilfe meines<br />

Parteifreundes Seehofer durchdrücken<br />

und dann Hein Blöd<br />

heiraten.<br />

Enkel 2: Du hast also noch<br />

immer diese komische Idee?<br />

Blaubär: Das ist keine komische<br />

Idee, sondern es geht einzig und<br />

allein um meine Altersvorsorge.<br />

Als ehemaliger selbstständiger<br />

Kapitän bekomme ich schließlich<br />

keine gesetzliche Rentenversicherung.<br />

Und leider werde ich<br />

auch nie zu solch gut bezahlten<br />

Vorträgen wie dieser Peer<br />

Steinbrück eingeladen. Man<br />

muss als allein erziehender<br />

Großvater halt sehen wo man<br />

bleibt!<br />

Enkel 3: Hast du Hein Blöd<br />

eigentlich schon gefragt?<br />

Hein Blöd: Käpt’n, Hier ist schon<br />

wieder Post aus Berlin.<br />

Blaubär: Nun lies schon vor,<br />

Hein!<br />

Hein Blöd: Sehr geehrtes Käpt’n<br />

Blaubär! Ich habe mich zu dieser<br />

geschlechtlich neutralen Anrede<br />

entschlossen, damit mein Kind,<br />

dass schon eifrig mit mir<br />

zusammen ihre wunderbaren<br />

Erzählungen auf Yootube anschaut,<br />

erfährt, dass es nicht so<br />

sehr auf das Geschlecht von<br />

bedeutenden Persönlichkeiten<br />

ankommt, sondern allein auf<br />

ihre Leistungen. Ich habe nun<br />

von meinem bayrischen Parteifreund,<br />

Horst Seehofer, erfahren,<br />

dass sie als Nachfolger für das<br />

Amt des Familienministers nominiert<br />

wurden. Ich teile Ihnen<br />

als derzeitige Amtsinhaberin<br />

mit, dass ich Ihnen vorbehaltslos<br />

und ohne Groll zu dieser<br />

Nominierung gratuliere und<br />

alles Gute wünsche. Im übrigen<br />

habe ich sowieso vor, ein zweites<br />

Kind zu bekommen und für<br />

längere Zeit mit Hilfe des<br />

Betreuungsgeldes zu Hause zu<br />

bleiben. Ihre Kristina Schröder<br />

Heinrich<br />

Herlyn


<strong>LEUCHTTURM</strong><br />

Alles gut nach der Wahl ?<br />

Stefan<br />

Störmer,<br />

Vorsitzender<br />

des<br />

Bezirksverbandes<br />

Weser-Ems<br />

der GEW<br />

Knapper ging’s kaum.<br />

Mit ein paar hundert<br />

Stimmen Vorsprung haben<br />

Grüne und SPD es geschafft,<br />

die alte CDU/FDP<br />

Landesregierung aus dem<br />

Sattel zu heben. Die Koalitionsverhandlungen<br />

laufen.<br />

Für die Gewerkschaften<br />

ist damit zunächst einmal<br />

der erhoffte Regierungswechsel<br />

eingetreten. Die<br />

Frage, die sich nun stellt,<br />

lautet: Wird jetzt alles gut?<br />

Die ehemaligen Oppositionsparteien<br />

sind mit großen<br />

Versprechungen in den<br />

Wahlkampf gezogen: Studiengebühren<br />

sollen abgeschafft,<br />

Klassenfrequenzen<br />

gesenkt, schulische Sozialarbeit<br />

flächendeckend eingeführt,<br />

die Ganztagsschulen<br />

ausgebaut, die kleine Gesamtschule<br />

möglich, die<br />

Qualität der LehrerInnenausbildung<br />

erhöht werden.<br />

In den letzten Tagen gibt es<br />

auch Signale, dass über eine<br />

Reform des Personalvertretungsgesetzes<br />

nachgedacht<br />

wird, in welcher der ArbeitnehmerInnenvertretung<br />

weitere Mitbestimmungsrechte<br />

zugesichert werden.<br />

Welche Projekte werden<br />

sich nun realisieren lassen?<br />

Zunächst dürfte die Formel<br />

gelten: Alles, was wenig<br />

oder gar nichts kostet, sollte<br />

auch umsetzbar sein. Insofern<br />

dürfen wir davon<br />

ausgehen, dass es in ein paar<br />

Monaten möglich sein wird,<br />

Gesamtschulen zu gründen,<br />

die vierzügig sind. Vermutlich<br />

werden auch Oberschulen,<br />

die dies wollen, sich zu<br />

einer IGS umorganisieren<br />

können.<br />

Ebenfalls ist zu erwarten,<br />

dass die zukünftige Landesregierung<br />

das völlig gescheiterte<br />

Projekt „Acht Jahre bis<br />

zum Abitur“ (G8) modifizieren<br />

wird. Dabei ist aber<br />

noch nicht klar, wie dies<br />

konkret aussehen könnte.<br />

Fest scheint zu stehen, dass<br />

Gesamtschulen zukünftig<br />

wieder neun Jahre als<br />

Regelzeit auf dem Weg zur<br />

Hochschulreife anbieten.<br />

Ob die Gymnasien bei G8<br />

verharren, ob ihnen G9 als<br />

Regelfall oder ob ihnen die<br />

Wahlmöglichkeit eingeräumt<br />

wird, G8 oder G9<br />

anzubieten, ist im Moment<br />

offen.<br />

Deutlich komplizierter<br />

sieht es für die Projekte aus,<br />

die den Landeshaushalt<br />

stark belasten würden. Dies<br />

umso mehr, als ein Projekt<br />

bereits beschlossene Sache<br />

ist: Die Studiengebühren<br />

werden in Niedersachsen<br />

abgeschafft. Der Aufschrei<br />

der Hochschulen ließ nicht<br />

lange auf sich warten. Wer in<br />

den letzten Wochen genau<br />

hingehört hat, weiß, dass<br />

hier Verteilungskämpfe folgen<br />

werden.<br />

Damit hier kein falscher<br />

Eindruck entsteht. Aus gewerkschaftlicher<br />

Sicht ist die<br />

Abschaffung der Studiengebühren<br />

dringend notwendig.<br />

Dennoch muss man<br />

sehen, dass das Geld, das<br />

den Hochschulen dann<br />

fehlt, im Landeshaushalt<br />

über Umverteilungen woanders<br />

eine Lücke reißt.<br />

4<br />

Man darf daher gespannt<br />

sein, wie viel Geld übrig sein<br />

wird, um weitere angekündigte<br />

Verbesserungen im<br />

schulischen Sektor realisieren<br />

zu können. Grüne und<br />

SPD haben im Wahlkampf<br />

immer erklärt, dass etliche<br />

Projekte davon abhängig<br />

seien, ob es im September<br />

gelingt, durch einen Regierungswechsel<br />

und einer damit<br />

verbundenen Steuerreform<br />

die Einnahmen der<br />

Länder zu erhöhen. Erst<br />

dann sei Geld da, um zum<br />

Beispiel flächendeckend<br />

über schulische Sozialarbeit,<br />

einen vernünftigen Ganztag<br />

oder eine gute personelle<br />

und sächliche Ausstattung<br />

der dann inklusiven Schulen<br />

nachzudenken.<br />

Ohne diese Finanzspritze<br />

vom Bund muss man<br />

etliche Projekte mit einem<br />

dicken Fragezeichen versehen.<br />

Im Ernstfall bliebe<br />

dann nur die Verwaltung<br />

eines Mangels. Am Beispiel<br />

der Studiengebühren lässt<br />

sich zeigen, was das bedeuten<br />

kann: Die Realisation<br />

des einen wünschenswerten<br />

Projektes gefährdet ein anderes,<br />

ebenso wünschenswertes.<br />

Eine solche Situation<br />

auf Dauer wäre für eine<br />

Landesregierung, die zudem<br />

nur über eine knappe<br />

Mehrheit im Landtag verfügt,<br />

äußerst kräftezehrend.<br />

Wird nun alles gut?<br />

Vermutlich wird einiges<br />

besser. Der große bildungspolitische<br />

Durchbruch ist<br />

allerdings noch nicht zu<br />

erwarten. Nach der Bundestagswahl<br />

sehen wir weiter.


5 <strong>LEUCHTTURM</strong><br />

Nach der Niedersachsen-Wahl<br />

Turbo-Abi vor dem Aus<br />

Hannover. Die Bildungspolitik<br />

gehört nach der festen Überzeugung<br />

von Daniela Behrens<br />

(SPD) nicht zu den schwierigen<br />

Themen, die während der<br />

bevorstehenden Koalitionsverhandlungen<br />

zwischen SPD und<br />

Grünen zu bewältigen sein<br />

werden. Insbesondere nicht das<br />

Umgehen mit dem Thema<br />

„Turbo-Abitur“.<br />

„Es wird unter der Regierung<br />

Weil das Abitur nach zwölf<br />

Jahren an Gesamtschulen nicht<br />

mehr geben“, sagte die kulturund<br />

medienpolitische Sprecherin<br />

der Landtagsfraktion am<br />

Dienstag auf Anfrage unserer<br />

Zeitung. In diesem Punkt sei<br />

man sich mit dem künftigen<br />

Koalitionspartner absolut einig.<br />

Viele Jugendliche seien von<br />

den Auswirkungen des Abiturs<br />

in zwölf Jahren zu stark in<br />

Anspruch genommen, zeigten<br />

Stress-Symptome und „sind<br />

einfach platt“, sagte Behrens.<br />

Dieser Preis sei zu hoch für die<br />

Schulzeitverkürzung um ein<br />

Jahr. Darüber gebe es bei SPD<br />

und Grünen keine zwei Meinungen.<br />

Daneben, so die gerade wieder<br />

in den Landtag gewählte<br />

Politikerin weiter, „müssen wir<br />

uns darüber Gedanken machen,<br />

wie wir in dieser Sache mit den<br />

Gymnasien verfahren“. Natürlich<br />

sei es hier schwieriger als an<br />

den Gesamtschulen, weil „wir es<br />

an den Gymnasien teilweise<br />

schon mit sehr eingedampften<br />

Kursus-Strukturen zu tun haben“.<br />

Behrens tritt für das „Abitur<br />

der unterschiedlichen Geschwin-<br />

digkeiten“ an Niedersachsens<br />

Gymnasien ein. Für die damit<br />

verbundenen organisatorischen<br />

und finanziellen Fragen werde<br />

man eine Lösung finden, sagten<br />

Daniela Behrens. Bei alldem<br />

stehe im Vordergrund, dass<br />

Kinder unterschiedlich intensiv<br />

und schnell lernten, und daran<br />

müsse sich die Schule in ihren<br />

Angeboten ausrichten. Grundsätzlich<br />

hält die Politikerin auch<br />

ein Abitur unter bestimmten<br />

Bedingungen erst nach vierzehn<br />

Jahren für denkbar. Die neue<br />

Regierung werde in dieser Sache<br />

schnell handeln, sodass die<br />

neuen Regelungen für das<br />

kommende Schuljahr greifen<br />

könnten.<br />

Brigitte Naber, Vorsitzende<br />

des niedersächsischen Schulleitungsverbandes,<br />

begrüßte das<br />

angekündigte Aus für das Turbo-<br />

Abitur an Gesamtschulen. „Ich<br />

finde bei diesem Ansatz auch<br />

richtig, den Gymnasien die<br />

Möglichkeit zu lassen, das<br />

Abitur nach verkürzter Schulzeit<br />

anzubieten“, sagte sie.<br />

Brigitte Naber tritt dafür ein,<br />

es grundsätzlich den Gymnasien<br />

zu überlassen, wie sie die<br />

unterschiedlichen Geschwindigkeiten<br />

bis zum Abitur methodisch<br />

und organisatorisch umsetzen<br />

wollten: „Da können sich<br />

Gymnasien auf sehr unterschiedliche<br />

Weise profilieren und<br />

müssen dann sehen, wie ihre<br />

Angebote bei den Schülern und<br />

Elternhäusern ankommen.“<br />

Skeptisch zeigte sich Brigitte<br />

Naber gegenüber dem von der<br />

Gewerkschaft Erziehung und<br />

Wissenschaft (GEW) favorisierten<br />

Modell, die Differenzierung<br />

zwischen G8 und G9 (Abitur<br />

nach acht, beziehungsweise neun<br />

Jahren) auf die Sekundarstufe<br />

zwei (Jahrgänge elf bis 13) zu<br />

reduzieren. „Ich denke, dass die<br />

Verdichtung von Lernstoffen<br />

und Lernprozessen unter diesen<br />

Bedingungen zu stark wird“,<br />

sagte sie.<br />

Gut vorstellbar ist für Naber<br />

dagegen die sogenannte D-Zug-<br />

Lösung, die es punktuell in der<br />

Vergangenheit an Gymnasien<br />

gegeben habe. Dabei wird eine<br />

Klasse von Schülern, deren<br />

Eltern dies wollen, innerhalb<br />

von acht Jahren am normalen<br />

neunjährigen Schulbetrieb des<br />

Gymnasiums vorbei zum Abitur<br />

geführt.<br />

Eberhard Brandt, Vorsitzender<br />

der GEW in Niedersachsen,<br />

sieht vor allem die Notwendigkeit,<br />

den Schulalltag der Jugendlichen<br />

in der Sekundarstufe eins<br />

zu entspannen. Der Gewerkschafter:<br />

„Wie das an Gymnasien<br />

am besten funktioniert, muss<br />

man mit den Schulleitern und<br />

Lehrern diskutieren.“<br />

Michael Lambek<br />

im<br />

„Weser Kurier“<br />

am 23.01.2013<br />

Inklusion und Wandel des deutschen Schulsystems<br />

„Wir gehen davon aus, dass mit der Einführung der Inklusion auch ein Wandel des deutschen<br />

Schulsystems einhergehen muss. Inklusion und gegliedertes Schulsystem vertragen einander nicht.”<br />

(Annett Lindner, Landesvorsitzende der GEW Mecklenburg-Vorpommern)


<strong>LEUCHTTURM</strong><br />

6<br />

Heiligenstadt:<br />

Schullaufbahnempfehlung und<br />

Abschulungsmöglichkeiten abschaffen<br />

GEW: Wir werden sie beim Wort nehmen!<br />

Anlässlich der von der<br />

Bertelsmann Stiftung am<br />

30.10.2012 vorgestellten Studie<br />

„Schulformwechsel in Deutschland<br />

– Durchlässigkeit und<br />

Selektion in den 16 Schulsystemen<br />

der Bundesländer innerhalb<br />

der Sekundarstufe I“ erklärt<br />

die stellvertretende Vorsitzende<br />

und schulpolitische Sprecherin<br />

der SPD-Landtagsfraktion, Frauke<br />

Heiligenstadt:<br />

„Das Ergebnis der Studie ist<br />

für Niedersachsen beschämend.<br />

Das niedersächsische Schulsystem<br />

hat bundesweit das ungünstigste<br />

Verhältnis zwischen Aufund<br />

Absteigern. Nach Angaben<br />

der Studie wechseln deutlich<br />

mehr Schüler und Schülerinnen<br />

von der Realschule zur Hauptschule<br />

bzw. vom Gymnasium<br />

zur Realschule als sonst irgendwo<br />

in der Republik. Wechsel in<br />

umgekehrter Richtung kommen<br />

hingegen nur selten vor.<br />

Insgesamt liegt das niedersächsische<br />

Verhältnis bei 1 : 10. So<br />

verlieren die Gymnasien im<br />

Verlauf der Sekundarstufe I etwa<br />

15 Prozent ihrer Schülerschaft.<br />

Die Schülerschaft an Hauptschulen<br />

vergrößert sich umgekehrt<br />

um etwa 42 Prozent.<br />

Falsch wäre es, aus der Studie<br />

Forderungen nach einer strikteren<br />

Trennung und höheren<br />

Zugangshürden zu formulieren.<br />

Wir brauchen in Niedersachsen<br />

keine Kultur der Abschulung,<br />

die Kinder und Jugendliche<br />

abqualifiziert und stigmatisiert.<br />

Wir brauchen eine Kultur der<br />

Durchlässigkeit und der individuellen<br />

Förderung.<br />

Deshalb ist es notwendig,<br />

nach einem Regierungswechsel<br />

in Niedersachsen die Schullaufbahnempfehlung<br />

und die damit<br />

verbundenen Abschulungsmöglichkeiten<br />

abzuschaffen. Das<br />

nimmt vor allem Druck aus den<br />

Grundschulen. Der Elternwille<br />

bleibt in Niedersachsen frei. Die<br />

von Schwarz-Gelb immer wieder<br />

geforderten Einschränkungen<br />

des Elternwillens wird es mit<br />

einer SPD-geführten Landesregierung<br />

nicht geben.<br />

Wir werden stattdessen Orientierungshilfen<br />

und mehr individuelle<br />

Förderung ermöglichen.<br />

Die Umsetzungsschritte für diese<br />

Maßnahmen werden wir mit<br />

dem Landeselternrat und allen<br />

schulpolitischen Verbänden gemeinsam<br />

beraten und erarbeiten.“<br />

(Quelle: http://bildungsklick.de/<br />

pm/85749/orientierung-gebendurchlaessigkeit-erhoehen-abschulungsdruck-abschaffen/)<br />

„Tannenbaumaktion“<br />

Vor der Staatskanzlei forderte<br />

Eberhard Brandt, das Land<br />

Niedersachsen auf, endlich wieder<br />

ein Weihnachtsgeld an die<br />

Beamtinnen und Beamten zu<br />

zahlen. Niedersachsen liege bei<br />

der Besoldung deutlich unter<br />

dem Bundesdurchschnitt.<br />

Am Finanzministerium stellte<br />

dann der Vorsitzende der<br />

Gewerkschaft ver.di, Frank<br />

Bsirske, die Forderungen der<br />

Gewerkschaften in der Tarifrunde<br />

2013 für die Länderbeschäftigten<br />

unmissverständlich dar.<br />

Im Kern gehe es darum, die<br />

Länderbeschäftigten<br />

wieder der Einkommensentwicklung<br />

bei<br />

den anderen öffentlichen<br />

Arbeitgebern anzugleichen.<br />

Neben einer<br />

spürbaren Entgelterhöhung<br />

um 6,5% forderte<br />

er auch den Abschluss<br />

eines Eingruppierungstarifvertrages<br />

für die<br />

tarifbeschäftigten Lehrkräfte.<br />

Ver.di stehe hier<br />

eindeutig an der Seite<br />

der GEW, denn die<br />

Regelung von fundamentalen<br />

Beschäftigungsbedingungen<br />

für 200.000 tarifbeschäftigte<br />

Lehrkräfte durch einseitige<br />

Arbeitgeberrichtlinien sei vordemokratisch<br />

und stehe allem, für<br />

das sich Gewerkschaften einsetzen,<br />

diametral entgegen.<br />

Am 1. 1. 2013 begann die<br />

Tarifrunde für die Länderbeschäftigten.<br />

Die Gewerkschaften<br />

des öffentlichen Dienstes ver.di,<br />

GdP und GEW haben nach<br />

ausführlicher Beurteilung der<br />

Einkommensentwicklung und<br />

einer Bewertung der wirtschaftlichen<br />

Lage der Länder ihre<br />

Forderungen für die Tarif- und<br />

Besoldungsrunde 2013 am 11.<br />

Dezember beschlossen. Mit dem<br />

Arbeitgeberverband, der Tarifgemeinschaft<br />

der Länder (TdL),<br />

sind insgesamt drei Verhandlungsrunden<br />

vereinbart worden.<br />

Weitere Forderungen s. S. 21


7 <strong>LEUCHTTURM</strong><br />

Kreistag Wittmund<br />

Resolution für eine kostenlose<br />

Schülerbeförderung im Sekundarbereich II<br />

Sachverhalt:<br />

Eine kostenlose Schülerbeförderung,<br />

d.h. die Übernahme der<br />

Beförderungskosten durch den<br />

Träger der Schülerbeförderung,<br />

ist für die meisten Schülerinnen<br />

und Schüler des Sekundarbereiches<br />

II nach den bisherigen<br />

rechtlichen Vorschriften nicht<br />

vorgesehen. Ein Anspruch besteht<br />

derzeit nach § 114<br />

Niedersächsisches Schulgesetz<br />

(NSchG) nur für Schülerinnen<br />

und Schüler im Bereich der<br />

berufsbildenden Schulen bei<br />

dem Besuch der Berufseinstiegsschule<br />

und der ersten Klasse der<br />

Berufsfachschule, sofern diese<br />

ohne einen Realschulabschluss<br />

besucht wird. Darüber hinaus<br />

besitzen auch die 11. und 12.<br />

Schuljahrgänge der Förderschulen<br />

mit Förderschwerpunkt geistige<br />

Entwicklung einen Anspruch<br />

auf Übernahme der<br />

Schülerbeförderungskosten. Ein<br />

genereller Anspruch für Schülerinnen<br />

und Schüler des Sekundarbereiches<br />

II auf Übernahme<br />

der Schülerbeförderungskosten<br />

ist nur durch eine Anpassung<br />

der rechtlichen Vorgaben und<br />

Bereitstellung zusätzlicher finanzieller<br />

Mittel möglich. Die<br />

CDU/ SPD/ FDP Gruppe im<br />

Kreistag Wittmund beantragt<br />

mit Schreiben vom 23.10.2012<br />

die Verabschiedung einer Reso-<br />

lution für eine kostenlose<br />

Schülerbeförderung für die Schülerinnen<br />

und Schüler des<br />

Sekundarbereiches II.<br />

Die Gemeinde Friedeburg hat als<br />

erste Gemeinde im Landkreis<br />

Wittmund im Mai diesen Jahres<br />

eine gleichlautende Resolution<br />

verabschiedet. Im September<br />

und Oktober 2012 zogen die<br />

Samtgemeinden Holtriem und<br />

Esens mit ähnlichen Resolutionen<br />

und gleichem Verteiler nach.<br />

Beschlussvorschlag:<br />

Der Kreistag erlässt folgende<br />

Resolution:<br />

„Der Landkreis Wittmund sieht<br />

es als dringend erforderlich an,<br />

rechtliche Grundlagen für eine<br />

kostenlose Schülerbeförderung<br />

auch für die Schülerinnen und<br />

Schüler, die den Sekundarbereich<br />

II (SEK II) besuchen, zu<br />

schaffen. Den Landkreisen in<br />

Niedersachsen als Träger der<br />

Schülerbeförderung sind entsprechende<br />

Mittel zur Verfügung<br />

zu stellen. Mit Verabschiedung<br />

des Bildungs- und Teilhabepaketes<br />

wurden erste Schritte für eine<br />

Bildungsgerechtigkeit in die<br />

Wege geleitet, jedoch fällt es auch<br />

vielen Eltern, die keinen<br />

Anspruch aus dem Bildungsund<br />

Teilhabepaket haben, aufgrund<br />

ihrer finanziellen Lage<br />

schwer oder es ist ihnen gar<br />

nicht möglich, ihren Kindern<br />

Vorankündigung<br />

den Besuch der SEK II zu<br />

ermöglichen. In keinem anderen<br />

Bundesland ist das regionale<br />

Lohngefälle so stark wie in<br />

Niedersachsen. Der Landkreis<br />

Wittmund liegt mit einem<br />

durchschnittlichen Bruttoarbeitsentgelt<br />

in Höhe von 2.201<br />

Euro€pro Monat am unteren<br />

Ende der Rangliste auf Platz 237<br />

von insgesamt 239 westdeutschen<br />

Landkreisen.<br />

(Quelle: Bundesagentur für Arbeit,<br />

Beschäftigtenstatistik, Entgeltstatistik,<br />

eigene Berechnungen, Stichtag<br />

31.12.2010)<br />

In ländlichen Regionen liegen<br />

die Übergangsquoten von der<br />

Grundschule zum Gymnasium<br />

in Niedersachsen im Vergleich<br />

deutlich unter denen in Ballungsgebieten.<br />

Insbesondere<br />

Schülerinnen und Schüler, die<br />

eine weiterführende Schule besuchen,<br />

haben gerade in ländlichen<br />

Bereichen einen weiten<br />

Schulweg. Es darf nicht sein, dass<br />

Schülerinnen und Schüler aufgrund<br />

der finanziellen Lage<br />

ihrer Eltern auf ihrem Bildungsweg<br />

beeinträchtigt werden. Mit<br />

der jetzigen Rechtslage bezüglich<br />

der Schülerbeförderung ist eine<br />

Bildungsgerechtigkeit nicht gegeben.“<br />

Abstimmungsergebnis: einstimmig<br />

beschlossen am<br />

17.12.2012<br />

Einladung zur Veranstaltung „Inklusion“ der GEW-Emden mit<br />

Prof. Dr. Marianne Hirschberg<br />

(Fachhochschule Emden-Leer, FB Soziale Arbeit und Gesundheit).<br />

Die Veranstaltung richtet sich an alle GEW-Mitglieder, Studenten, Erzieherinnen, Eltern, Lehrkräfte und alle Interessierten.<br />

Veranstaltungsort: VHS-Forum<br />

Datum: Dienstag, 28.05.2013<br />

Die Uhrzeit wird noch auf der Homepage der GEW-Emden (gew-emd.de) bekannt gegeben.


<strong>LEUCHTTURM</strong><br />

„Wo drückt der Schu(h)lalltag?“<br />

KV Jever nutzt 2-tägige PR-Schulung zur Bestandsaufnahme der Arbeitsbedingungen<br />

Klaus<br />

Blume-Wenten<br />

Nachdem am ersten Tag sich<br />

viele neue und auch junge<br />

PR-Mitglieder vorstellen konnten<br />

und mit Elisabeth Schramm<br />

– die ein großes Lob verdient<br />

hat – immer wieder Probleme<br />

angesprochen worden waren, bei<br />

denen aus einem gewerkschaftlichen<br />

Selbstverständnis heraus<br />

selbstbewusst gehandelt werden<br />

müsste, konnten wir diese<br />

Themen am nächsten Tag<br />

aufgreifen. Denn der 2. Tag war<br />

ganz der Gewerkschaftsarbeit<br />

gewidmet. Es<br />

sollte um die<br />

Auswertung einer<br />

Befragung<br />

der Kolleginnen<br />

und Kollegen<br />

an den<br />

Schulen in unserem<br />

Kreisverband<br />

gehen unter<br />

der Fragestellung<br />

„Wo<br />

drückt der<br />

Schu(h)lalltag?“<br />

und um das<br />

Thema „Demografischer<br />

Wandel<br />

und konkrete<br />

Auswirkungen<br />

für die<br />

Schulen“. Dazu hatten wir<br />

Laura Pooth vom Landesvorstand<br />

eingeladen.<br />

Zunächst erläuterte sie die<br />

Problematik von Bevölkerungsprognosen<br />

und stellte dann klar,<br />

dass der demografische Wandel<br />

in Niedersachsen mit einem<br />

Rückgang der Schülerzahlen von<br />

20% bis 40% unter dem<br />

Gesichtspunkt, vielen Schülerinnen<br />

und Schülern einen guten<br />

Schulabschluss zu ermöglichen,<br />

nur gelingen könne mit einem<br />

integrativen Schulsystem. In<br />

diesem Zusammenhang forderte<br />

sie eine Schulentwicklungsplanung,<br />

die zukunftsfähige<br />

Schulstandorte und eine Gründung<br />

4-zügiger Gesamtschulen<br />

vorsehe.<br />

Laura Pooth<br />

In einem weiteren Vortragsschwerpunkt<br />

stellte sie ihre<br />

Untersuchung zu den GEW-<br />

Austritten in den Jahren 2010<br />

und 2011 vor. Schlussfolgernd<br />

gab sie uns als Kreisverband mit<br />

auf den Weg: „Wünsche der<br />

Mitglieder herausfinden und das<br />

Gefühl geben: Die GEW<br />

interessiert sich für mich.“<br />

Das passte natürlich gut zu<br />

unserer Befragung „Wo drückt<br />

der Schu(h)lalltag?“, die die<br />

Vertrauensleute und PR-Mitglieder<br />

in Anlehnung an die vom<br />

DGB 2011 durchgeführte Repräsentativerhebung<br />

„Arbeitshetze<br />

- Arbeitsintensivierung - Entgrenzung“<br />

in den Kollegien<br />

durchgeführt hatten. Auch wenn<br />

nicht von allen Schulen Ergebnisse<br />

vorlagen, so waren sich die<br />

anwesenden Personalrätinnen<br />

und –räte dahingehend einig,<br />

dass die Knackpunkte der Arbeit<br />

an den Schulen sich nur<br />

unwesentlich unterschieden und<br />

die in der Diskussion gewonnenen<br />

Erkenntnisse auf alle Schulen<br />

anwendbar wären.<br />

Was wurde bei der Auswertung<br />

angesprochen? „Alle stöhnen<br />

über alles“ war als erstes in<br />

der Gesprächsrunde zu hören.<br />

Und:. Viele Kolleginnen und<br />

Kollegen fühlen sich bei<br />

8<br />

Konflikten mit Schülern, Eltern<br />

oder der Schulleitung nicht<br />

professionell oder souverän<br />

genug, oft auch alleingelassen.<br />

Als besondere Belastung wurde<br />

herausgestellt, nicht abschalten<br />

zu können und ständig erreichbar<br />

sein zu müssen. Besonders<br />

junge Kolleginnen und Kollegen<br />

haben darauf verwiesen, für<br />

gewerkschaftliche Arbeit gar<br />

keinen Kopf zu haben, da sie der<br />

Arbeitsalltag völlig ausfülle. Auf<br />

der Wunschliste ganz oben<br />

standen Stärke beim Umgang<br />

mit Schülern, Eltern, LehrerInnen<br />

und Schulleitung sowie<br />

Ruheräume, Gesprächsräume,<br />

Supervision und eine gerechte<br />

Verteilung der Arbeit auf alle<br />

Schultern.<br />

Bei der Ursachenforschung<br />

wurde schnell klar, dass es nicht<br />

individuelle Unzulänglichkeit<br />

ist, die zu den Klagen führt,<br />

sondern die ständig zunehmende<br />

Abwälzung von schulpädagogischen<br />

und schulorganisatorischen<br />

Aufgaben auf die<br />

einzelne Lehrkraft, ohne die<br />

Arbeitszeit zu verkürzen: aktuell<br />

z.B. die Entwicklung von<br />

Konzepten zur inklusiven Beschulung.<br />

Das kann einem schon<br />

mal die Luft wegnehmen, um<br />

Grenzen setzen zu können oder


9 <strong>LEUCHTTURM</strong><br />

auch mal „Nein“ zu sagen!<br />

Was sollten wir als Gewerkschafter<br />

vor Ort tun? Erstens<br />

solidarisch handeln, die einzelne<br />

Kollegin oder den einzelnen<br />

Kollegen nicht allein mit<br />

Problemen stehen lassen! Und<br />

zweitens schulische Missstände<br />

z.B. auf Dienstversammlungen<br />

direkt ansprechen! Das muss<br />

nicht spontan passieren sondern<br />

kann in Betriebsgruppensitzungen<br />

vorbereitet werden. Auch<br />

müssen nicht immer die<br />

Personalräte das kritische Wort<br />

erheben. Oder mal zum Ausdruck<br />

bringen, dass es das<br />

Kollegium selbst in der Hand<br />

hat, Forderungen aufzustellen<br />

und Einfluss zu nehmen: z.B.<br />

darauf, dass der Nachmittagsunterricht<br />

mit den Stundenplänen<br />

in Einklang gebracht werden<br />

muss oder Fortbildungen zur<br />

Inklusion während der Unterrichtszeit<br />

stattfinden müssen.<br />

Der Personalrat kann nur<br />

dann erfolgreich die Interessen<br />

des Kollegiums vertreten, wenn<br />

die Kolleginnen und Kollegen<br />

Aspekte zum Problem<br />

„Allgemeinbildung in Gefahr“<br />

Erstmals vor 2500 Jahren<br />

forderten die Sophisten eine<br />

Allgemeinbildung für Menschen<br />

mit den klassischen Fächern<br />

(artes liberales) Grammatik,<br />

Rhetorik, Dialektik, Arithmetik,<br />

Geometrie, Astronomie und<br />

Musiktheorie. Sie unterschieden<br />

bei der Bildung zwischen der<br />

Zivilisierung der Heranwachsenden<br />

(educatio) und der Kultivierung<br />

(eroditio).<br />

In allen nachfolgenden Bildungsepochen<br />

wurde Bildung<br />

verstanden als wechselwirkend<br />

zwischen dem werdenden Ich<br />

und der sich zu erschließenden<br />

Welt. Der Horizont sollte sich<br />

beim Erziehungsprozess erweitern,<br />

der Mensch werde mit<br />

ansteigender Qualität immer<br />

reflektierter und distanzierter.<br />

Individuelles Leben und umgebende<br />

Welt sollten als Ganzes<br />

erfahren werden können.<br />

Bildung wurde immer wieder<br />

verstanden als<br />

1. vorwegnehmend (propädeutisch)<br />

2. einordnend (kategorial)<br />

3. verstehend (hermeneutisch)<br />

und<br />

4. erschließend (apriorisch).<br />

Bis heute wird Allgemeinbildung<br />

als Grundlage für jede<br />

weiterführende Bildung verstanden.<br />

Nds. Schulgesetz §1 (2):<br />

Schulen sind alle auf Dauer<br />

eingerichteten Bildungsstätten,<br />

in denen unabhängig vom<br />

Wechsel der Lehrkräfte sowie der<br />

Schülerinnen und Schüler nach<br />

einem in sich geschlossenen<br />

Bildungsplan allgemein bildender<br />

oder berufsbildender Unterricht<br />

in einem nicht nur auf<br />

einzelne Kenntnisgebiete oder<br />

Fertigkeiten beschränkten Umfang<br />

für mindestens zwölf<br />

Schülerinnen oder Schüler und<br />

mindestens für die Dauer von<br />

sechs Monaten erteilt wird. (...)<br />

In den Schulen werden<br />

Kerncurricula und schulische<br />

Lernpläne nach Fächern und<br />

Stufen geordnet und in Lektionen<br />

vermittelt. Konsequent<br />

entwickelte Spiralcurricula für<br />

die Klassen -1 bis 10 könnten<br />

die Entwicklung einer allseits<br />

gebildeten Persönlichkeit unterstützen.<br />

Zu fordern ist, dass das<br />

Wechselverhältnis von Allgemein-<br />

und Fachbildung auf allen<br />

Stufen neu zu durchdenken und<br />

genau bestimmt werden muss.<br />

Vielseitig sollten die Potentiale<br />

der Schüler erschlossen<br />

werden, neue Fähigkeiten entwickelt<br />

und der Reichtum der<br />

Individualität ausgeschöpft werden.<br />

Dabei ist jedem klar, dass<br />

diese Intention und ihre<br />

Realisation immer wieder auseinander<br />

fallen. Schülerinnen<br />

selbst ihre Interessen äußern.<br />

Letztlich hängt ja auch unsere<br />

gewerkschaftliche Mitarbeit davon<br />

ab, was in den einzelnen<br />

Schulen läuft. Wenn wir den<br />

Laden aus pädagogischem Ethos<br />

am Laufen halten, wo er schon<br />

aus dem Ruder läuft, geben wir<br />

die Chance aus der Hand, Druck<br />

auszuüben und als gewerkschaftliche<br />

Interessenvertretung<br />

der Lehrerinnen und Lehrer ein<br />

demokratisches Bildungssystem<br />

zu schaffen, in dem auch die<br />

Arbeitsbedingungen stimmen.<br />

und Schüler lernen heute unter<br />

erschwerten Bedingungen, denn<br />

die multimediale Gesellschaft<br />

lässt eine stringente Orientierung<br />

wachsend vermissen.<br />

Doch wie ist die derzeitige<br />

Situation? Durch die Organisationserlasse<br />

werden individuelle<br />

Förderung und Binnendifferenzierung<br />

erschwert. Das Lernangebot<br />

gemessen an den Ansprüchen<br />

der Allgemeinbildung ist<br />

unerträglich reduziert. Berufsorientierung<br />

und Berufsbildung<br />

werden in unzulässiger Art und<br />

Weise schon ab Klasse 8<br />

vermischt. Praktische Unterrichtsformen<br />

werden der Schule<br />

genommen. Stattdessen sollen<br />

mit der Willkürlichkeit der<br />

Praxistage und Kooperationen<br />

mit den BBSen das BGJ von<br />

Klasse 10 in die Klassen 8 und 9<br />

herunter gebrochen. Schon<br />

Dewey bemerkte 1920, dass es<br />

nicht die Aufgabe der allgemein<br />

bildenden Schule sein kann,<br />

Berufsfestlegungen vorzeitig zu<br />

exekutieren. Schule habe herauszufinden,<br />

ob ein Schüler<br />

grundlegende berufliche Fähigkeiten<br />

und Kenntnisse hat, um<br />

ihn in der Schulausgangssituation<br />

vernünftig beraten zu<br />

können. Dafür bedarf es aber der<br />

vormals selbstverständlichen<br />

Lehrgänge bis Klasse 9 bzw. 10.<br />

Und dafür braucht Schule<br />

Hasso Rosenthal<br />

Vorsitzender des<br />

OV-Rheiderland<br />

der Gewerkschaft<br />

Erziehung und<br />

Wissenschaft<br />

Distelstr. 5<br />

26826 Weener


<strong>LEUCHTTURM</strong><br />

10<br />

stabile, zuverlässige Rahmenbedingungen.<br />

Doch durch die<br />

ständigen Reformen mit ihrer<br />

latenten Instabilität wird eine<br />

dauerhafte Entwicklung des<br />

Schulwesens erschwert.<br />

Dazu kommen Kerncurricula,<br />

die in vielen Fächern vom<br />

Allgemeinbildungsanspruch weit<br />

entfernt sind. Da kommen im<br />

Fach Geographie Erdteile nicht<br />

mehr vor, kategoriale Weltkunde<br />

ist nicht vorgesehen. In Geschichte<br />

wird episodenhaft Lückenbildung<br />

vermittelt. Verstehende<br />

Gänge durch die Epochen<br />

existierend nicht. In Politik fehlt<br />

die Institutionenkunde, die die<br />

Grundlage für eine vorwegnehmende<br />

demokratische Grundbildung<br />

darstellt. Deutsch lässt<br />

stringent erschließende literarische,<br />

sprachliche, grammatikalische<br />

Kerncurricula vermissen.<br />

„Lernen gilt als uncool“<br />

Dieses Zitat stammt aus der<br />

SPIEGEL-Titelgeschichte<br />

1/13 „OH, MANN! – Das starke<br />

Geschlecht sucht seine neue<br />

Rolle.“ Sie beginnt so: „Männerdämmerung<br />

– Ist das männliche<br />

Geschlecht vom gesellschaftlichen<br />

Wandel überfordert? Jungen<br />

versagen in der Schule,<br />

Männer verlieren ihren Job,<br />

Kinder wachsen ohne Vater<br />

auf...“ Nun das Zitat in einem<br />

Gespräch mit der Autorin<br />

Hanna Rosin:<br />

Diese Liste läst sich beliebig<br />

erweitern. „(...) die Kenntnisse,<br />

die wir zur Erhaltung und<br />

Förderung unseres Daseins brauchen,<br />

und die Gehalte, die unser<br />

Leben bestimmen, bieten sich<br />

heute außerhalb der Schule<br />

immer weniger fasslich und<br />

geordnet dar“ (Richtlinien für<br />

die Volksschule 1957).<br />

Doch genau von dieser<br />

helfenden Orientierung entfernt<br />

sich unser Schulsystem immer<br />

mehr in Richtung einer libertären<br />

Beliebigkeit. Die derzeitigen<br />

Curricula bieten das Gegenteil,<br />

sie zerfasern den Bildungskanon<br />

in Niedersachsen immer mehr.<br />

Dem geht einher eine bedenkliche<br />

Verflachung der Unterrichtsmaterialien,<br />

da sich die Schulbuchverlage<br />

eben diesen Kerncurricula<br />

anpassen.<br />

Andererseits wird mit dem<br />

SPIEGEL: ... Haben Sie eine<br />

Erklärung dafür gefunden, warum<br />

so viele junge Männer<br />

Probleme in der Schule haben<br />

und ihre Ausbildung frühzeitig<br />

abbrechen?<br />

Rosin: Die oft gehörte Behauptung,<br />

es liege an der Überzahl<br />

von Lehrerinnen, halte ich für<br />

Unsinn. Erste Klagen über die<br />

Verweiblichung der Schule ertönten<br />

schon zu Beginn des 20.<br />

Jahrhunderts, lange bevor die<br />

Schulgesetz in der Fassung von<br />

2007 der Grundsatz des Vertrauens<br />

in die Arbeit der Schulen<br />

ersetzt durch eine umfassende<br />

Kontrolle der Arbeit. Outputsteuerung<br />

durch Kennziffern<br />

sollen Leistungsvergleiche ohne<br />

Berücksichtigung der spezifischen<br />

Gegebenheiten einer<br />

Schule ohne Berücksichtigung<br />

der individuellen Gegebenheiten<br />

der Schülerinnen und<br />

Schüler konstituieren. Die Hierarchisierung<br />

in den so genannten<br />

eigenständigen Schulen mit<br />

ihrer Angst- und Druckpyramide<br />

tun ein Übriges.<br />

Propädeutische, kategoriale,<br />

hermeneutische und apriorische<br />

Allgemeinbildung sind auf dem<br />

Rückmarsch. Es ist nicht zu<br />

begreifen, warum diese Ziele<br />

immer mehr aufgegeben werden.<br />

Dem gilt es aber auf jeden Fall<br />

entgegen zu wirken.<br />

08.01.2013<br />

GEW gewinnt über 3.000 Mitglieder<br />

Frankfurt a.M. – Allen Diskussionen<br />

über die schwindende<br />

Bindungskraft von Großorganisationen<br />

zum Trotz: Die<br />

Gewerkschaft Erziehung und<br />

Wissenschaft (GEW) hat 2012<br />

per Saldo über 3.000 Mitglieder<br />

gewonnen. Das entspricht einem<br />

Plus von 1,3 Prozent. Sie<br />

verzeichnet damit bereits seit<br />

fünf Jahren stetig Zuwächse und<br />

Probleme der Jungs begannen.<br />

Mein Eindruck ist, dass wir es<br />

hier mit einem kulturellen<br />

Phänomen zu tun haben: Unter<br />

Jungs gilt es einfach als<br />

uncool und mädchenhaft, in<br />

der Schule aufzupassen,<br />

Hausaufgaben zu machen<br />

und zu lernen. Hinzu kommt<br />

die Flut von Ablenkungen,<br />

etwa durch Computerspiele,<br />

die Jungs tendenziell stärker<br />

ansprechen als Mädchen....“<br />

Bildungsgewerkschaft verzeichnet seit fünf Jahren stetig Zuwachs auf jetzt gut 266.500 Mitglieder<br />

hat in dieser Zeit um fast 20.000<br />

Mitglieder zugelegt. Die Bildungsgewerkschaft<br />

hat jetzt gut<br />

266.500 Mitglieder (Stand: 31.<br />

Dezember 2012). „Wir ernten<br />

die Früchte der Mitgliederoffensive,<br />

für die der Gewerkschaftstag<br />

2005 den Startschuss gegeben<br />

hat. Zudem haben wir in den<br />

Tarifauseinandersetzungen unser<br />

Augenmerk verstärkt darauf<br />

gelegt, Beschäftigte aus dem<br />

Bildungsbereich für die GEW zu<br />

gewinnen. Wir freuen uns, dass<br />

sehr viele junge Pädagoginnen<br />

und Pädagogen in die Bildungsgewerkschaft<br />

eintreten. Deshalb<br />

können wir in diesem Jahr<br />

selbstbewusst in unseren Gewerkschaftstag<br />

gehen“, sagte<br />

GEW-Vorsitzender Ulrich Thöne.<br />

Rund 70 Prozent der GEW-<br />

Mitglieder sind Frauen.


11 <strong>LEUCHTTURM</strong><br />

150 Jahre Interessenvertretung der<br />

Pädagoginnen und Pädagogen in Ostfriesland<br />

Antrag an den GEW BV Weser - Ems durch KV EMDEN, MV vom 10.10.2012<br />

Die Kreisverbände Emden,<br />

Aurich, Norden, Leer und<br />

Wittmund führen gemeinsam<br />

mit dem Arbeitskreis Schulgeschichte<br />

/ GEW Stiftung<br />

Schulgeschichte und dem Schulmuseum<br />

Folmhusen zum Schuljahresende<br />

2012/13 /Schuljahresbeginn<br />

2013/14 Veranstaltungen<br />

durch, die der Erinnerung<br />

an die Gründung des<br />

Ostfriesischen Lehrervereins gewidmet<br />

sind.<br />

Begründung:<br />

> Der Ostfriesische Lehrerverein<br />

wurde am 25. Juli 1863<br />

gegründet. Der 150. Jahrestag<br />

sollte zum Anlass genommen<br />

werden, mit öffentlichkeitswirksamen<br />

Veranstaltungen<br />

auf den Ursprung und die<br />

Zielsetzungen der Interessengemeinschaft<br />

der pädagogischen<br />

Wirkenden der Region<br />

aufmerksam zu machen.<br />

> Es gilt, das Geschichtsbewusstsein<br />

aller in Schule und<br />

Erziehung Wirkenden zu<br />

stärken, um die gemeinschaftliche<br />

Arbeit zu fördern.<br />

Identifikation mit dem Beruf<br />

muss auch eine Identifikation<br />

mit der Gemeinschaft sein.<br />

> Zur Geschichte:<br />

Es gab Vorläufer der Interessenvertretung<br />

zu Beginn des 19.<br />

Jahrhunderts, die sich aus der<br />

Organisationsstruktur der Lehrerkonferenzen<br />

ergaben. Lehrkräfte<br />

trafen sich regelmäßig, um<br />

Angelegenheiten der Schule zu<br />

besprechen und Fortbildung zu<br />

betreiben.<br />

Die Konferenzen organisierten<br />

so genannte „Lehrerfeste“,<br />

gründeten eine Witwen- und<br />

Waisenkasse, bildeten „Lesevereine“.<br />

Die erste politisch argumentierende<br />

Gemeinschaft, der „Ostfriesische<br />

Provinzial-Lehrerverein“,<br />

entstand 1846 auf dem<br />

Hintergrund der Gründungsbestrebungen<br />

H.J. Sundermanns.<br />

Eine übergreifende Organisation<br />

wurde aber nicht erreicht.<br />

1861 erschien das Ostfriesische<br />

Schulblatt. In der Juniausgabe<br />

1863 stellte Arend Smidt<br />

neue Statuten für einen Lehrerverein<br />

zur Diskussion, und am<br />

25. Juli 1863 gründete die in<br />

Heisfelde tagende Lehrerversammlung<br />

den Ostfriesischen<br />

Lehrerverein (OLV). Dieser<br />

Verein stellte die Interessenvertretung<br />

auf eine feste Basis. Er<br />

arbeitete erfolgreich – bis zur<br />

Machtübernahme durch die<br />

Nazis. Die Gleichschaltung 1933<br />

brachte die Arbeit zum Erliegen.<br />

1946 wurde die Gründung<br />

von Lehrervereinen durch die<br />

Militärregierung ermöglicht. Es<br />

bildeten sich die Kreislehrervereine<br />

Emden, Leer, Aurich,<br />

Norden, Wittmund und Rheiderland.<br />

Die Neugründung der<br />

regionalen Interessenvertretung<br />

unter der Bezeichnung „Bezirkslehrerverein<br />

Ostfriesland“<br />

(BLO) kam1949 zustande. In der<br />

Satzung von 1949 wurde die<br />

gewerkschaftliche Orientierung<br />

betont: „Er (der BLO) ist ein Glied<br />

des Lehrerverbandes Niedersachsen<br />

(LVN) und des Allgemeinen<br />

Deutschen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes<br />

(ADLLV.).“<br />

Durch die Umstrukturierung<br />

in der organisierten gewerkschaftlichen<br />

Arbeit 1969 änderte<br />

der OLV die Bezeichnung: 㤠1.<br />

Der Ostfriesische Lehrerverein ist<br />

der Bezirksverband Aurich der<br />

Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft<br />

(GEW). Er umfasst das<br />

Gebiet des Regierungsbezirks Aurich.“<br />

Mit Auflösung des Regierungsbezirkes<br />

Aurich 1979 entwickelte<br />

auch die GEW eine neue<br />

Form der Regionalvertretung,<br />

die mit einer Vereinigungsversammlung<br />

besiegelt wurde. Der<br />

Bezirk Weser-Ems entstand. Die<br />

neue Satzung von 1979 erklärte<br />

abschließend: „Satzung und Geschäftsordnung<br />

des Bezirksverbandes<br />

Weser-Ems traten mit der<br />

Annahme durch die Vereinigungsversammlung<br />

der drei Altbezirke<br />

Aurich, Oldenburg und Osnabrück<br />

am 9.2.1979 in Kraft“<br />

Wer hat Interesse an folgenden Zeitschriften – auch Schulen,<br />

Bibliotheken etc.:<br />

· GEO: ab der 1. Nummer (10/76 bis 12/12)<br />

· Englisch: fortlaufend komplette Jahrgänge mit Folien<br />

· National Geographic: amerikanische Ausgabe 1/77 – 12/79<br />

Bei Interesse bitte Fridolin Haars anrufen (04461/5123) oder mailen:<br />

frimawa@gmx.de


Zusammengestellt<br />

von<br />

Michael<br />

Strohschein<br />

<strong>LEUCHTTURM</strong><br />

Berufsorientierung im Spannungsfeld<br />

zwischen Bildungsauftrag, Finanzen und<br />

Schulsystem<br />

1. Rückblick:<br />

Der vermeintliche Gegensatz<br />

zwischen schulischer Bildungswelt<br />

und profaner<br />

Arbeitswelt löst sich zunehmend<br />

auf. Dem wird die<br />

gegliederte<br />

nicht<br />

Schulstruktur<br />

gerecht.<br />

Die Frage, ob „die<br />

Bildung der Hand“<br />

auch eine „Bildung<br />

des Geistes“ ist,<br />

wird in Deutschland<br />

im Gegensatz zu<br />

anderen Bildungsnationen<br />

immer noch<br />

in viel zu starkem<br />

Maße als Gegensatz<br />

zwischen „humanistischer<br />

Bildung“ und<br />

„Ausbildung“ v erstanden.<br />

Die Diskrepanz zwischen<br />

schulischer Bildungswelt<br />

und profaner Arbeitswelt spiegelt<br />

sich in der gegliederten<br />

Schulstruktur. Diese wird durch<br />

die neue „Oberschule“ in<br />

Niedersachsen eher verschärft als<br />

verringert. Auf der Reichsschulkonferenz<br />

1920 wurde nicht nur<br />

die allgemeine, öffentliche vierjährige<br />

Grundschule beschlossen,<br />

sondern auch die „Arbeitsschule“<br />

als Abgrenzung von der<br />

obrigkeitsorientierten wilhelminischen<br />

Buch- und Paukschule<br />

in die Diskussion gebracht.<br />

2. Definition und<br />

Gliederung des<br />

Schulwesens :<br />

Berufsorientierung, Berufsvorbereitung<br />

und Arbeitsweltorientierung<br />

unterscheiden<br />

sich und dienen<br />

der Lebensplanung .<br />

Berufsorientierung ist ein Prozess,<br />

der die Jugendlichen dazu<br />

befähigen soll, sich für Ausbildungsberufe<br />

zu entscheiden, die<br />

ihren Interessen und Kompetenzen<br />

entsprechen und ihnen<br />

einen Einblick in diese Berufe<br />

gewährt. Berufsorientierung ist<br />

von der Berufsvorbereitung zu<br />

trennen, die ein primäres<br />

Lernziel der berufsbildenden<br />

Schule ist. Berufsorientierung ist<br />

Teil der Arbeitsweltorientierung.<br />

Arbeitsweltorientierung<br />

organisiert Einblicke in das<br />

Erwerbsleben und vermittelt die<br />

dazu notwendigen Schlüsselqualifikationen.<br />

Berufsorientierung<br />

und Arbeitsweltorientierung<br />

sind Teil der Lebensplanung.<br />

Nach § 5 (2) NSchG gliedert sich<br />

das Schulwesen in allgemein<br />

bildende und berufsbildende<br />

Schulen. Nach der Änderung des<br />

Schulgesetzes ist z.B. die Frage:<br />

„Ist die Hauptschule noch<br />

allgemein bildend“ nicht mehr<br />

definitionsgenau zu beantworten.<br />

3. Gesellschaftliche<br />

Entwicklung /<br />

Schülerinnen und Schüler:<br />

In der sich rasant entwickelnden<br />

Arbeitswelt benötigen<br />

z.T. noch heftig<br />

pubertierende Jugendliche<br />

individuelle Orientierung<br />

und Hilfestellung.<br />

Berufs- und Arbeitsweltorientierung<br />

in der Pädagogik sind<br />

immer auch ein Spiegel der<br />

gesellschaftlichen, wirtschaftlichen<br />

und politischen Entwicklung.<br />

Zum Beispiel haben die<br />

zunehmende Prekarisierung fester<br />

Arbeitsverhältnisse, das<br />

Auseinanderklaffen der Schere<br />

zwischen Armut und Reichtum<br />

und die „digitale Revolution“<br />

mit ihren Möglichkeiten und<br />

Gefahren direkten Einfluss auf<br />

die Motivation und die Möglichkeit<br />

Jugendlicher, in der<br />

Arbeitswelt Fuß zu fassen. In der<br />

sich zunehmend unüberschaubar<br />

entwickelnden Arbeitswelt<br />

benötigen z.T. noch heftig<br />

12<br />

pubertierende Jugendliche individuelle<br />

Orientierung und Hilfestellung.<br />

Der Übergang von der<br />

Schule in die Berufsbildung bzw.<br />

in den Beruf ist eine zentrale<br />

Weichenstellung im Bildungsund<br />

Lebensweg aller Jugendlichen.<br />

Sozial- und bildungsbenachteiligte<br />

Jugendliche – insbesondere<br />

solche mit Migrationshintergrund<br />

– erhalten oftmals<br />

keine ausreichende familiäre<br />

Unterstützung auf dem Weg ins<br />

Berufsleben. Auch im positiven<br />

Fall ist die Unterstützung auf<br />

den Erfahrungshintergrund der<br />

Eltern beschränkt. Die veränderten<br />

Mediengewohnheiten führen<br />

dazu, dass wichtige vorberufliche<br />

Erfahrungen (Spielen mit<br />

Freunden ohne Mediennutzung,<br />

fehlende Entwicklung praktischer<br />

Fähigkeiten) fehlen. Gerade<br />

deshalb sind in der Schule<br />

„praktische“ Fächer wie Hauswirtschaft,<br />

Kunst, Musik, Technik,<br />

Textil oder Werken für eine<br />

Entwicklung in diesem Bereich<br />

besonders wichtig. Für viele<br />

„schulmüde“ Schülerinnen und<br />

Schüler ist aber auch die<br />

Verbindung von Schule und<br />

Arbeitswelt bedeutsam, da für sie<br />

durch den Bezug zum „realen“<br />

Erwerbsleben ein großer Motivationsschub<br />

für die Lebensplanung<br />

erfolgen kann.<br />

4. Berufsorientierung /<br />

Berufsbildung /<br />

Fachbereich Arbeit ,<br />

Technik, Wirtschaft<br />

(AWT) :<br />

Die neuen Grundsatzerlasse<br />

zur jeweiligen Arbeit in<br />

der HS/RS und Oberschule<br />

vermischen die Berufsorientierung<br />

mit der Berufsbildung<br />

bei gleichzeitiger<br />

Vernachlässigung der Allgemeinbildung.<br />

Mit der verpflichtenden inhaltli-


13 <strong>LEUCHTTURM</strong><br />

chen Verzahnung von allgemeiner<br />

und beruflicher Bildung in<br />

der Hauptschule, der Realschule<br />

und der Oberschule steuert die<br />

Landesregierung in Sachen Berufsorientierung<br />

um. Nicht mehr<br />

die Praxistage im Betrieb und das<br />

Betriebspraktikum, sondern die<br />

berufsbildende Beschulung in<br />

der BBS werden per Erlass ins<br />

Zentrum gestellt. Der Verzicht<br />

auf die verpflichtende Einführung<br />

des 10. Schuljahres in der<br />

Hauptschule ist mit den neuen<br />

berufsbildenden Anforderungen<br />

für die Jahrgänge 9 und 10 nicht<br />

in Einklang zu bringen. Der<br />

Grundsatzerlass zur Hauptschule<br />

erschwert dadurch individuelle<br />

Förderung und Binnendifferenzierung<br />

und reduziert das<br />

Lernangebot gemessen an den<br />

Ansprüchen der Allgemeinbildung<br />

auf ein unerträglich<br />

geringes Maß. Das bekannte<br />

Hauptschulparadox - „Warum<br />

sollen sich Schülerinnen und<br />

Schüler immer mehr anstrengen<br />

für Abschlüsse, die immer<br />

weniger wert sind?“ - wird durch<br />

diesen Erlass nicht aufgehoben.<br />

Auch der Grundsatzerlass zur<br />

Arbeit in der Oberschule und<br />

zur Arbeit in der Realschule<br />

vermischt die Berufsorientierung<br />

mit der Berufsbildung bei<br />

gleichzeitiger Vernachlässigung<br />

der Allgemeinbildung. Die<br />

Hauptschulen haben seit fast 40<br />

Jahren gute Arbeit beim Berufswahlunterricht<br />

in Kooperation<br />

mit der Berufsberatung der<br />

Agentur für Arbeit im Bereich<br />

AWT geleistet. Wenn jetzt dem<br />

Fachbereich AWT mit dem<br />

neuen Kerncurriculum Wirtschaft<br />

die Verantwortung für den<br />

Berufswahlunterricht genommen<br />

wird, wird ein Bruch mit diesem<br />

lange entwickelten, stark mit den<br />

umliegenden Betrieben vernetzten<br />

Erfahrungsschatz billigend<br />

in Kauf genommen. Stattdessen<br />

müssten die Schulen sehr viel<br />

stärker in ihrer Förderarbeit<br />

unterstützt werden. Dazu bedarf<br />

es sachlicher und personeller<br />

Mittel, auf die man sich verlassen<br />

kann. Derzeit gibt es viele<br />

Projekte, die durch ihre Instabilität<br />

eine dauerhafte Entwicklung<br />

erschweren.<br />

5. Finanzen und<br />

unterstützende<br />

Kooperation :<br />

Regionale Ungleichgewichte<br />

nach Kassenlage sind zu<br />

vermeiden.<br />

Das Kompetenzfeststellungsverfahren<br />

in der Hauptschule wurde<br />

bisher aufwändig extern durchgeführt<br />

und teilweise von der<br />

Bundesagentur für Arbeit (BA)<br />

finanziert. Dasselbe gilt für die<br />

ehemaligen „drop out“ bzw.<br />

AQB (Arbeit, Qualifizierung,<br />

Bildung) Klassen. Nach der<br />

Reduzierung der Finanzierung<br />

durch die BA bzw. dem<br />

Auslaufen dieser Klassen sollen<br />

die Schulen dieselben Aufgaben<br />

nun mit weitgehend „bordeigenen“<br />

Mitteln übernehmen oder<br />

für diese bzw. andere Aufgaben<br />

neue Kostenträger akquirieren.<br />

Dies bedeutet aber in der<br />

Konsequenz eine Pädagogik<br />

nach Kassenlage, Gelegenheit<br />

und Region. Wolfsburg ist nicht<br />

Westoverledingen. Eine unterstützende<br />

Kooperation, die einen<br />

stetigen Praxisbezug beinhaltet,<br />

wie z.B. durch Berufspatenmodelle,<br />

Zusammenarbeit<br />

mit örtlichen Betrieben, der<br />

Berufsberatung der BA und den<br />

berufsbildenden Schulen, ist zu<br />

begrüßen. Die „Schule des<br />

individuellen Förderns“ muss<br />

aber durch genügend staatliche<br />

Mittel finanziert werden. Regionale<br />

Ungleichgewichte nach<br />

Kassenlage sind zu vermeiden.<br />

6. „Hürden“ durch das<br />

System:<br />

Schulformspezifische Curricula<br />

in der Oberschule<br />

stehen im Widerspruch zur<br />

individuellen Persönlichkeitsentwicklung<br />

sowie zur<br />

Bildungsbeteiligung im<br />

ländlichen Raum. Berufsorientierung<br />

muss wieder<br />

verbindlich dem Fachbereich<br />

Wirtschaft zugeordnet<br />

werden.<br />

Die verstärkte Zusammenarbeit<br />

von Haupt- und Realschulen in<br />

der neuen Oberschule soll vor<br />

dem Hintergrund zurückgehender<br />

Schülerzahlen und zunehmend<br />

schwindender Akzeptanz<br />

der Hauptschule das gegliederte<br />

regionale Bildungsangebot aufrechterhalten.<br />

Gleichwohl können<br />

gemeinsame Klassen mit<br />

besonderen Differenzierungsmodellen<br />

errichtet werden. Der<br />

Unterricht in solchen Klassen ist<br />

auf der Grundlage der schulformspezifischen<br />

Kerncurricula,<br />

z.B. im Bereich der Berufsorientierung<br />

zu erteilen. Wenn man<br />

die Aufgaben und Ziele von<br />

Haupt- und Realschule vergleicht,<br />

dann sind nicht alleine<br />

die verschiedenen Kerncurricula<br />

zu berücksichtigen, sondern<br />

auch der sich deutlich unterscheidende<br />

Bildungsauftrag.<br />

Während sich die Lehr- und<br />

Lernmethoden für die Hauptschülerinnen<br />

und Hauptschüler<br />

vorrangig an lebensnahen Sachverhalten<br />

und den Anforderungen<br />

einer Berufstätigkeit auszurichten<br />

haben, also an einem<br />

ökonomischen Zwecken orientierten<br />

Bildungskonzept orientiert<br />

sind, soll Realschülerinnen<br />

und Realschülern auch der<br />

Kanon der humanistischen<br />

Allgemeinbildung mit auf den<br />

Weg gegeben werden. Pädagogische<br />

Überlegungen scheinen,<br />

wenn überhaupt, nur eine<br />

nachgeordnete Rolle zu spielen.<br />

Berufsorientierung muss verbindlich<br />

dem Fachbereich Wirtschaft<br />

wieder zugeordnet werden.<br />

Nur so ist die weitere erfolgreiche<br />

Nutzung der Netzwerke<br />

zwischen Schulen, BBS und<br />

Betrieben möglich. Bei der<br />

Berufsorientierung geht es aber<br />

nicht nur um Kompetenzerwerb,<br />

sondern auch um die Persönlichkeitsentwicklung<br />

der Jugendlichen.<br />

Es ist also etwas sehr<br />

Individuelles.<br />

7. Abschlüsse und<br />

Qualifikationsnachweise :<br />

Jeder Schülerin und jedem<br />

Schüler ist ein dem<br />

Ergebnis der individuellen<br />

Berufsorientierung entsprechendes<br />

Angebot zur Berufsausbildung<br />

zu machen.<br />

Schulische und berufliche<br />

Leistungen müssen gleich-


<strong>LEUCHTTURM</strong><br />

wertig sein.<br />

Es gibt eine gute Berufsberatung,<br />

die muss regional „gerettet“<br />

werden, denn sie ist mit den<br />

Zentralisierungen der Agentur<br />

für Arbeit in Gefahr.<br />

Primäres Ziel eines Übergangsmanagements<br />

zwischen Schule<br />

und Beruf ist die originäre<br />

betriebliche Berufsausbildung<br />

für möglichst viele Jugendliche.<br />

Schülerinnen und Schüler, die<br />

keinen betrieblichen Ausbildungsplatz<br />

erhalten, beginnen<br />

ihre Berufsausbildung in der<br />

berufsbildenden Schule in Kooperation<br />

mit betrieblichen<br />

Ausbildungspartnern. Dabei ist<br />

für jeden Schüler und jeder<br />

Schülerin ein dem Ergebnis der<br />

individuellen Berufsorientierung<br />

entsprechendes Angebot zu<br />

machen. Nicht vorrangig der<br />

Schulabschluss, sondern die<br />

Ergebnisse der Berufsorientierung<br />

in der allgemein bildenden<br />

Schule muss primäres Entscheidungsargument<br />

für die Aufnahme<br />

in einen Bildungsgang sein.<br />

Bei Kapazitätsengpässen muss<br />

eine Lösung mit den betroffenen<br />

Schülerinnen und Schülern<br />

gefunden werden, die deren<br />

Berufswahlentscheidung berücksichtigt.<br />

Qualifikationsnachweise<br />

und Abschlüsse zwischen schulischen<br />

und beruflichen Leistungen<br />

müssen auch gleichwertig im<br />

Rahmen des kommendes Europäischen<br />

Qualitätsrahmens<br />

(EQR) und des Deutschen<br />

Qualitätsrahmens (DQR) anrechenbar<br />

sein.<br />

8. Forderungen:<br />

Berufsorientierung und Arbeitsweltorientierung<br />

dienen<br />

der Lebensplanung und sind<br />

ein individueller Prozess.<br />

Das Recht auf Berufsausbildung<br />

ist ein individuelles<br />

Recht.<br />

- Jeder Schülerin und jedem<br />

Schüler ist das Recht auf eine<br />

Berufsausbildung zu gewährleisten.<br />

- Spätestens in der achten Klasse<br />

aller Schulformen beginnt eine<br />

nachhaltige Berufs- und Arbeitsweltorientierung<br />

mit dem<br />

Ziel die Schülerinnen und<br />

Schüler zu befähigen eine<br />

ihren Neigungen und Begabungen<br />

entsprechende Berufswahl<br />

zu treffen bzw. ein<br />

Studium zu beginnen. Die<br />

Jugendlichen werden über den<br />

gesamten Prozess von für<br />

Berufsorientierung geschulten<br />

Lehrkräften intensiv begleitet.<br />

Dieser Prozess wird dokumentiert<br />

und ist so gestaltet, dass<br />

der Anschluss an das jeweils<br />

folgende Bildungssystem gewährleistet<br />

ist.<br />

- Berufsbildung in Zusammenarbeit<br />

von allgemein bildender<br />

und berufsbildender Schule<br />

zum Beispiel in Form des<br />

„Neustädter Modells“ lehnt die<br />

GEW ab. Eine fundierte<br />

Berufswahl kann nicht im<br />

Rahmen von Berufsorientierung<br />

schon im achten Schuljahr<br />

getroffen werden. Berufsbildung<br />

ist im Gegensatz zur<br />

Berufsorientierung nicht Aufgabe<br />

der allgemein bildenden<br />

Schule und ist unter den<br />

gegebenen Bedingungen nur<br />

zu Lasten anderer wichtiger<br />

Bildungsbereiche möglich.<br />

- Für Schülerinnen und Schüler<br />

mit noch vorhandenen Defiziten<br />

werden in den berufsbildenden<br />

Schulen Maßnahmen<br />

zur Förderung als Ausbildungsvorbereitung<br />

angeboten. Diese<br />

Ausbildungsvorbereitung<br />

knüpft an die Berufsorientierung<br />

an, greift die erstellte<br />

Berufswegeplanung auf und<br />

setzt die Arbeit daran nach<br />

individuellem Entwicklungsbedarf<br />

gezielt fort. Ziel aller<br />

Maßnahmen ist die möglichst<br />

rasche Eingliederung in die<br />

betriebliche Ausbildung.<br />

- Die individuelle Förderung in<br />

allen Schulformen und Schulbereichen<br />

bedarf einer genügenden<br />

finanziellen, personellen<br />

und zeitlichen Ausstattung<br />

durch staatliche Mittel. Dabei<br />

sind z.B. sowohl die Zeiten für<br />

die Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern,<br />

als auch<br />

Mittel für Schulsozialarbeit zu<br />

berücksichtigen.<br />

- Die Belastungen in den<br />

Kollegien ist in den letzten<br />

Jahren über ein erträgliches<br />

14<br />

Maß angestiegen. Alle beteiligten<br />

Verbände müssen darauf<br />

hinwirken, das Bildungssystem<br />

in ruhigeres Fahrwasser zu<br />

geleiten.<br />

- Allgemeinbildung muss oberste<br />

Priorität haben.<br />

- Alltagstauglichkeit muss wieder<br />

Maßstab werden.<br />

- Die Kooperation in einem<br />

regional überschaubaren Raum<br />

(früher gab es z.B. in den<br />

Landkreisen regelmäßig Treffen<br />

der FB Leiter und dann auch<br />

mit den Vertretern der Verbände<br />

und der berufsbildenden<br />

Schulen) muss verankert werden.<br />

9. Ausblick :<br />

Humanistische Bildung<br />

und Arbeitswelt sind kein<br />

Gegensatz. Berufsorientierung,<br />

Arbeitsweltorientierung<br />

und Lebensplanung<br />

finden am besten in<br />

Integrierten Gesamtschulen<br />

statt.<br />

Humanistische Bildung und<br />

Ausbildung sind kein Gegensatz.<br />

Deshalb setzt sich die GEW<br />

und der DGB grundsätzlich für<br />

eine möglichst lange gemeinsame<br />

Bildung und Erziehung der<br />

Schülerinnen und Schüler ein,<br />

die am besten in Integrierten<br />

Gesamtschulen geschieht. Integrierte<br />

Gesamtschulen bieten vor<br />

Ort ein vollständiges Bildungsangebot,<br />

sortieren Schülerinnen<br />

und Schüler nicht aus und<br />

vermitteln den Zugang zu allen<br />

beruflichen und schulischen<br />

Abschlüssen. Sie halten für alle<br />

Kinder und Jugendliche alle<br />

Bildungswege offen. Weil Berufsorientierung<br />

etwas sehr Individuelles<br />

ist und eng mit der<br />

Lebensplanung zusammenhängt,<br />

darf der soziale und<br />

personelle Zusammenhang mit<br />

der unmittelbaren Umgebung<br />

der Jugendlichen nicht außer<br />

Acht gelassen werden. Das<br />

Konzept der GEW mit der<br />

Ausbildung von Schlüsselqualifikationen<br />

und Persönlichkeitsbildung<br />

bei gleichwertiger Berufswegeplanung<br />

und Ausbildungsvorbereitung<br />

trägt dem<br />

Rechnung.


15 <strong>LEUCHTTURM</strong><br />

Gewerkschaft<br />

Erziehung und Wissenschaft<br />

Bezirksverband Weser-Ems<br />

in Zusammenarbeit mit<br />

PROGRAMM<br />

Ostfriesische Hochschultage 2013<br />

Die Lust am Lernen und Denken<br />

Inhaltliche Gestaltung: UNIVERSITÄT OSNABRÜCK<br />

7. und 8. März 2013<br />

Europahaus Aurich<br />

ÖFFENTLICHE VERANSTALTUNG<br />

Donnerstag, 7. März, 19.30 Uhr<br />

im Europahaus (Von-Jhering-Straße 33, Plenarraum)<br />

Festvortrag: Prof. Dr. Ulrike Graf<br />

„Die Bäume sind Natur“ - „Aber die Allee nicht“<br />

Wie eignen Kinder sich die Welt an?<br />

„Bildungspolitik in Niedersachsen“<br />

Statements und Diskussion mit Stefan Störmer, GEW Weser-Ems<br />

Musikalische Beiträge von „Teacher’s“ Ende der Veranstaltung gegen 22.00 Uhr<br />

Einführung in das Tagungsthema:<br />

Donnerstag, 07.03.2013, 9.00 Uhr, Wdhlg. Freitag, 08.03.2013, 9.00 Uhr<br />

Lernqualität – entdecken, verstehen, verbessern (Prof. Dr. Ingrid Kunze)<br />

Leitung der Veranstaltung: Jürgen Richter


<strong>LEUCHTTURM</strong><br />

16<br />

Veranstaltungsblock I<br />

Donnerstag, 7. März 2013, 9.00 - 9.45 Uhr<br />

(V 1 Do) Die Lust am Denken und Lernen wecken und<br />

wach halten (Prof. Dr. Ingrid Kunze)<br />

Denken und Lernen werden häufig zuerst mit Anstrengung und Mühe in<br />

Verbindung gebracht. Viel Aufmerksamkeit ist derzeit darauf gerichtet, wie man<br />

Leistung und Leistungsfähigkeit messen und gezielt steigern kann. Darüber sollte<br />

nicht vergessen werden, welche produktive Kraft in der kindlichen Neugier steckt,<br />

in der unbändigen Lust am Entdecken und an kreativer Tätigkeit, in der Erfahrung,<br />

ein Problem gelöst zu haben und mehr zu können.<br />

Der Vortrag führt in die Facetten des Tagungsthemas ein und plädiert für eine<br />

Didaktik der produktiven Überforderung.<br />

(V 1 Fr) Die Lust am Denken und Lernen wecken und<br />

wach halten (Prof. Dr. Ingrid Kunze)<br />

Denken und Lernen werden häufig zuerst mit Anstrengung und Mühe in<br />

Verbindung gebracht. Viel Aufmerksamkeit ist derzeit darauf gerichtet, wie man<br />

Leistung und Leistungsfähigkeit messen und gezielt steigern kann. Darüber sollte<br />

nicht vergessen werden, welche produktive Kraft in der kindlichen Neugier steckt,<br />

in der unbändigen Lust am Entdecken und an kreativer Tätigkeit, in der Erfahrung,<br />

ein Problem gelöst zu haben und mehr zu können.<br />

Der Vortrag führt in die Facetten des Tagungsthemas ein und plädiert für eine<br />

Didaktik der produktiven Überforderung.<br />

(V 3 Fr) „Die Bäume sind Natur“ - „Aber die Allee nicht“<br />

- Wie eignen Kinder sich die Welt an?<br />

(Prof. Dr. Ulrike Graf)<br />

Kinder haben einen natürlichen Entdeckungs- und Lerndrang. Sie benötigen<br />

Workshops für Elementarbereich und Grundschule<br />

(WS 1 Do+Fr; je 180 Min: Fortsetzung 12.45 Uhr)<br />

Musik- und bewegungsorientierte Entwicklungsdiagnostik<br />

für Grundschulkinder (Bernhard Müßgens)<br />

Wie kann man Kindern im Grundschulalter helfen, sich klare und realistische<br />

Ziele zu setzen, sich selbst zu motivieren, Fehler und Ungenauigkeiten zu<br />

erkennen und mit Misserfolgen fertig zu werden? Was brauchen sie, um ihre<br />

Begabung in persönliche Entwicklung und in schulische Leistung zu übertragen?<br />

Diese als Selbstkompetenzen bezeichneten Fähigkeiten und die Diagnose<br />

individueller Entwicklungen von Kindern sind zentrale Themen der neueren<br />

Lernforschung. Der Workshop vermittelt an konkreten Tänzen und<br />

Videobeispielen aus Tanzprojekten an Osnabrücker Grundschulen die<br />

systematischen Beziehungen zwischen beobachtbaren Bewegungskategorien und<br />

zentralen Variablen der Persönlichkeitsdynamik.<br />

(WS 2 Do+Fr)<br />

Einmalig, vielfältig und dynamisch – Begabungsförderung<br />

in Elementar- und Primarpädagogik<br />

(Meike Sauerhering und Miriam Lotze)<br />

Im Niedersächsischen Institut für frühkindliche Bildung und Entwicklung (nifbe)<br />

wird ein breiter Begabungsbegriff vertreten und davon ausgegangen, dass jedes<br />

Kind begabt ist und dass diese Begabungen vielfältig und unterschiedlich sind. In<br />

diesem Rahmen wird zu Bedingungen und Unterstützungsmöglichkeiten<br />

geforscht, die dazu beitragen, dass alle Kinder in ihrer Begabungsentfaltung<br />

optimal gefördert werden können.<br />

In diesem Workshop werden verschiedene Begabungsmodelle mit ihren jeweils<br />

angemessenen Lern- und Lehrwegen vorgestellt.<br />

(WS 3 Do+Fr)<br />

Bewegt lernen - Bewegungserziehung im Elementarund<br />

Primarbereich (Elke Haberer)<br />

Bewegung ist der Motor des Lernens. Was heißt Bewegung überhaupt? Wie viel<br />

Bewegung braucht ein Kind? Diese Fragen und die Bedeutung der Bewegung für<br />

die Nachhaltigkeit und Wirksamkeit von Lernprozessen werden in diesem<br />

Seminar aus unterschiedlichen theoretischen Perspektiven betrachtet. Aus der<br />

Forschung werden Ergebnisse zu den Zusammenhängen und Wirkmechanismen<br />

Freitag, 8. März 2013, 9.00 - 9.45 Uhr<br />

(V 2 Do) Geschriebene Sprache - schwere Sprache. Warum<br />

sich Lese- und Rechtschreibkompetenz nicht von<br />

selbst einstellen (Prof. Dr. Christina Noack)<br />

Anders als in der Mathematik wird eine strukturierte Anweisung von<br />

Grundschülern im Schriftunterricht i.d.R. als zu wenig kindgerecht abgelehnt und<br />

Versuche, aktuelle Ansätze der Schrifterwerbsforschung im Schulunterricht<br />

umzusetzen, scheitern meist. Gleichzeitig wird häufig davon ausgegangen, dass<br />

das Lesen- und Schreibenlernen schwer steuerbar sei und vielmehr von den<br />

Kindern durch innere Regelbildung eigenaktiv geleistet werde.<br />

Im Vortrag werden die Probleme derjenigen Schüler/innen analysiert, die bei der<br />

Schriftaneignung wenig erfolgreich sind, und gleichzeitig Wege zu einer<br />

optimierten Schriftvermittlung aufgezeigt.<br />

Erfahrungsräume, in denen sie altersbezogen möglichst selbstständig handeln<br />

können. Von zentraler Bedeutung ist dabei das Interesse der Erwachsenen am<br />

Kind und seinem Tun. Im Vortrag werden anhand von Beispielen Möglichkeiten<br />

aufgezeigt, wie Kinder in strukturierten Umgebungen Erfahrungen machen<br />

können, mit denen sie sich die Welt jeweils ein Stück mehr erschließen. Die<br />

Aufgabe der Fachkräfte in Kindergarten und Schule bleibt, die Kinder in ihrem<br />

Lernen und ihrer Persönlichkeit zu fördern.<br />

(V 4 Fr) Motivationsentwicklung und -förderung<br />

(Prof. Dr. Rosa Maria Puca)<br />

Die Motivation von Lernenden sinkt Studien zufolge vom Schuleintritt bis zum<br />

Ende der Schulzeit kontinuierlich. In dem Vortrag werden mögliche Gründe dafür<br />

thematisiert und einige Ansätze aus der Motivationspsychologie aufgezeigt, aus<br />

denen man mögliche Gegenmaßnahmen für den Motivationsverlust ableiten<br />

kann.<br />

Donnerstag und Freitag, 10.45 - 12.15 Uhr<br />

von Bewegung und Lernen präsentiert und diese auf die Praxis bezogen.<br />

Bausteine, Möglichkeiten und Ideen zur Einbeziehung von Bewegung in den<br />

Schulalltag werden vorgestellt, diskutiert und erprobt.<br />

(WS 4 nur Do)<br />

Mathematische Frühförderung<br />

(Christopher Gerke und Solveig Jensen)<br />

Erfolgreiche und freudvolle Beschäftigung mit Mathematik bedarf einer<br />

geeigneten Grundlegung mathematisch-logischen Denkens. Diese kann durch die<br />

gehaltvolle Beschäftigung mit speziellen Mathematischen Spielwelten erreicht<br />

werden. Nach einem kurzen Eröffnungsreferat bieten wir Möglichkeiten zur<br />

eigenen aktiven und praktischen Auseinandersetzung mit Mathematischen<br />

Spielwelten, die im Kindergarten und im Erstrechenunterricht eingesetzt werden<br />

können.<br />

(WS 5 Do+Fr)<br />

„We can talk!“ Sprechanlässe initiieren, ritualisieren<br />

und erweitern (Doris Fugger, Astrid Fender, Sabine Rott)<br />

Dieser Workshop richtet sich an alle Kollegen die das Fach Englisch an einer<br />

Grundschule oder an einer weiterführenden Schule in Klasse 5/6 unterrichten.<br />

Der Workshop soll Anregungen geben, systematisch das monologische und<br />

dialogische Sprechen im Unterricht zu initiieren, zu ritualisieren und zu<br />

erweitern. Geeignete Sprechanlässe sollen gesammelt werden, auf die die<br />

Grundschulen vorbereiten und die weiterführenden Schulen zurückgreifen<br />

können, wie z.B. Class Room Phrases, Going Shopping, My House and Family.<br />

(WS 11 Fr, 10.45 Uhr) siehe auch Donnerstag 12.45<br />

Uhr Lachen ist gesund – der Beitrag des Humors zur<br />

Qualität von Lehr-Lernprozessen (Ekkehard Ossowski)<br />

Workshops für Sek I und Sek II<br />

(WS 6 Do+Fr)<br />

Innovative Methoden und Materialien im Textilunterricht<br />

(Bärbel Schmidt)<br />

Unsere textile Umwelt besteht aus einer Vielfalt unterschiedlicher Materialien,<br />

Eigenschaften, Verfahren, Erscheinungs- und Nutzungsformen. Während sich der


17 <strong>LEUCHTTURM</strong><br />

Veranstaltungsblock I<br />

Schulunterricht auf die Vermittlung textilwissenschaftlicher Inhalte und den<br />

Transfer handwerklicher Primärtechnologien konzentriert, müssen Exkursionen<br />

den Bereich der industriellen High-Tech-Technologien abdecken. Christian Becker<br />

hat in seinen Publikationen mehrfach kritisch darauf verwiesen, dass der<br />

Textilunterricht schon viel zu lange mit immer den gleichen, verstaubten<br />

Requisiten agiere. Der Workshop reagiert auf die Kritik von Becker und versucht<br />

mit innovativen Materialen und Methoden Ideen für einen modernen,<br />

ansprechenden Textilunterricht aufzuzeigen.<br />

(WS 7 Do+Fr)<br />

„Ausgezeichnete Bücher“ - Prämierte Gegenwartsliteratur<br />

im Deutschunterricht (Jan Standke)<br />

Im Workshop sollen ‘ausgezeichnete‘ deutschsprachige Texte der letzten Jahre im<br />

Mittelpunkt stehen. Anhand ausgewählter Texte wird zunächst ein exemplarischer<br />

Überblick über Entwicklungen und Tendenzen der neuesten deutschsprachigen<br />

Literatur vermittelt. Ein Schwerpunkt wird im Bereich der Kinder- und<br />

Jugendliteratur liegen. Vor allem der „Deutsche Jugendliteraturpreis“ soll uns<br />

interessieren. In diesem Zusammenhang wird dann auch kritisch zu prüfen sein,<br />

Veranstaltungsblock II<br />

Workshops für Elementarbereich und Grundschule<br />

(WS 1 Do+Fr; je 180 Min: Fortsetzung von 10.45 Uhr)<br />

Musik- und bewegungsorientierte Entwicklungsdiagnostik<br />

für Grundschulkinder (Bernhard Müßgens)<br />

(WS 9 Do+Fr)<br />

Wer hat alle Bäume auf der Welt gepflanzt?“ (Tom, 8<br />

Jahre). Didaktische und methodische Grundlagen des<br />

Philosophierens mit Kindern (Mirja Kekeritz und Hanna<br />

Kleinschmidt)<br />

Eine Auseinandersetzung mit philosophischen Kinderfragen gehört bisher nicht<br />

zum klassischen Inventar des Unterrichts in der Grundschule. Der Wert des<br />

Philosophierens als pädagogischer Ansatz wird in der Grundschule bislang kaum<br />

anerkannt.<br />

Der Workshop beleuchtet grundlegende methodische Herangehensweisen des<br />

Philosophierens mit Kindern, mit denen die Förderung selbsttätigen Denkens im<br />

Austausch mit Anderen und auch die Förderung reflexiver und kommunikativer<br />

Kompetenzen im Grundschulunterricht gelingen kann.<br />

(WS 10 Do+Fr)<br />

„Testflug der Schnaken“ – Ästhetische Dimensionen<br />

fachlichen Lernens im Regelunterricht (Andreas Brenne)<br />

Im Rahmen dieses praxisorientierten Workshops sollen Aspekte des basalen<br />

sinnlich-ästhetischen Lernens in der Grundschule und Möglichkeiten der<br />

Fortführung in den weiterführenden Schulen diskutiert und praktisch erprobt<br />

werden. Gegenstand der ästhetischen Untersuchung ist ein Themenfeld des<br />

Biologieunterrichts: Die Schnaken. In diesem Zusammenhang werden<br />

naturwissenschaftliche Zugriffe durch künstlerisch-ästhetische Verfahren ergänzt.<br />

Dabei soll untersucht werden, inwieweit ästhetisches Lernen im Fachunterricht<br />

erfahrungs- und handlungsbezogenes Lernen fördert und dadurch eine<br />

bedeutsame Begegnung mit Phänomenen der Lebenswelt möglich wird.<br />

(WS 11 Do, 12.45 Uhr; WS 11 Fr, 10.45 Uhr)<br />

Lachen ist gesund – der Beitrag des Humors zur Qualität<br />

von Lehr-Lernprozessen (Ekkehard Ossowski)<br />

Die pädagogische Humorforschung steckt in Deutschland noch in den Anfängen.<br />

Gleichwohl kann es als gesichert betrachtet werden, dass Humor großen Einfluss<br />

auf die Interaktionen zwischen Pädagogen/Innen und den Kindern sowie auf die<br />

Lernatmosphäre haben kann. Der Workshop zeigt wichtige Erkenntnisse auf und<br />

will humorvolle Anregungen für die pädagogische Praxis geben.<br />

(WS 12 Do+Fr)<br />

„Assessing Speaking Skills“ – Feedback und Bewertung<br />

der Kompetenz Sprechen<br />

(Ellen Wehrs, Gabriele Stagge, Nele Keller, Daniela Boßmeyer-<br />

Hoffmann)<br />

Dieser Workshop richtet sich an alle Kollegen, die das Fach Englisch an einer<br />

Grundschule oder an einer weiterführenden Schule in Klasse 5/6 unterrichten.<br />

Der Schwerpunkt des Workshops liegt auf der Konzeption von<br />

Donnerstag und Freitag, 10.45 - 12.15 Uhr<br />

inwiefern Preise und Auszeichnungen Entscheidungshilfen für die Auswahl von<br />

Texten für den Deutschunterricht darstellen können bzw. sollen.<br />

Gemeinsam wollen wir im Anschluss diskutieren, was diese Texte aus<br />

fachdidaktischer Perspektive ‘preisverdächtig‘ macht und welche methodischen<br />

Zugänge sich für eine Behandlung im Deutschunterricht der Sek I und Sek II<br />

anbieten.<br />

(WS 8 Do+Fr)<br />

Werte-Bildung im Facebook-Zeitalter? (Susanne Müller-<br />

Using und Reinhold Mokrosch)<br />

Der Umgang mit neuen Medien und sozialen Netzwerken im Internet bietet<br />

bereits sehr jungen Kindern zahlreiche Möglichkeiten der Kommunikation und<br />

Informationsverbreitung, die gleichzeitig aber auch Gefahren bergen, die sich z.B.<br />

aus der Anonymität und der schnellen Weiterverbreitung von oftmals<br />

ungeprüftem (Halb-)Wissen ergeben. In unserem Workshop beschäftigen wir uns<br />

mit der Frage, ob Internet-Kommunikation Werte-Bildung erschwert oder fördert.<br />

Ziel ist es, konkrete Möglichkeiten einer Förderung von Mitgefühl,<br />

Verantwortungsbereitschaft und aktiver Toleranz im Facebook-Zeitalter zu<br />

erkunden.<br />

Donnerstag und Freitag, 12.45 - 14.15 Uhr<br />

Feedbackmethoden zum monologischen und dialogischen Sprechen im<br />

Unterricht, aber auch auf der Bewertung von ersten standardisierten<br />

Sprechprüfungen als Lernerfolgskontrolle.<br />

(WS 13 nur Do) Workshops für Sek I und Sek II<br />

Historisches Denken diagnostizieren. Basiskompetenz<br />

von Geschichtslehrerinnen und Geschichtslehrern<br />

(Meik Zülsdorf-Kersting)<br />

Im Zentrum allen Geschichtsunterrichts soll historisches Denken stehen.<br />

Methoden sind kein Selbstzweck, sondern Wegbereiter historischer<br />

Denkprozesse. Was jedoch ist historisches Denken, und wie erkennt man es?<br />

Der Workshop versteht sich als ‘Bestimmungsübung’ und stellt Klausurauszüge,<br />

Hausaufgabentexte und Unterrichtsgespräche in den Mittelpunkt. Nach einer<br />

Einführung in den jüngsten Stand der Forschung sollen historische<br />

Denkleistungen von Schülerinnen und Schülern gemeinsam identifiziert,<br />

beurteilt und diskutiert werden.<br />

(WS 14 Do+Fr)<br />

Wikis im Fremdsprachenunterricht der Jahrgangsstufen<br />

9 und 10 (Petra Ludewig)<br />

Es sollen zwei Wiki-basierte Lernumgebungen vorgestellt werden, eine für das<br />

Französische, in der die BD „No Limits“ von Derib behandelt wird, und eine für<br />

das Englische zum Thema „Environment“. Ziel ist es, einen Überblick über die<br />

Bedienung von Wikis zu vermitteln und exemplarische Beispiele zu<br />

präsentieren, die das einem Wiki innewohnende Potential veranschaulichen,<br />

insbesondere kooperatives Arbeiten, Binnendifferenzierung, Aufbau von<br />

Medienkompetenz, Einbindung von Ton- und Videodokumenten sowie<br />

Verknüpfung mit interaktiven Übungsformen.<br />

(WS 15 nur Fr)<br />

Lernzeit - Zeit zum Lernen. Taktung und Rhythmisierung<br />

im Schulalltag (Elisabeth Buck)<br />

Erfolgreiches Lernen braucht Zeit! - ... und keinen „Häppchen-Unterricht“ im 45-<br />

Minuten-Takt.<br />

In diesem Workshop werden zahlreiche Möglichkeiten zur Gestaltung einer<br />

effektiven Lernzeit beleuchtet. Anhand von konkreten Beispielen werden<br />

didaktisch-methodische Chancen einer veränderten Taktung und Rhythmisierung<br />

erarbeitet und erste Schritte für die effektive Nutzung der Lernzeit mit der<br />

damit verbundenen Weiterentwicklung der Lernkultur für die eigene Schule<br />

entwickelt.<br />

(WS 16 nur Fr)<br />

Das Gruppenpuzzle im Physikunterricht der Sekundarstufe<br />

II (Roland Berger)<br />

Im Workshop wird am Beispiel des Kontextes „Rasterelektronenmikroskop“ die<br />

Bewegung von Ladungsträgern in elektrischen und magnetischen F eldern<br />

behandelt. Nach einer Einführung wird das zugehörige Gruppenpuzzle anhand<br />

der Materialien und Versuche durch die teilnehmenden Lehrkräfte praxisnah<br />

durchgeführt. Die Unterrichtsmaterialien werden für den Einsatz in der Schule<br />

online zur Verfügung gestellt.


<strong>LEUCHTTURM</strong><br />

18<br />

Der Arbeitskreis Ostfriesische Hochschultage<br />

Hasso<br />

Rosenthal<br />

Anmeldung bei:<br />

Der Arbeitskreis „Ostfriesische<br />

Hochschultage der<br />

Gewerkschaft Erziehung und<br />

Wissenschaft“, eine Arbeitsgemeinschaft<br />

aller ostfriesischen<br />

Kreise der GEW, bereitete die<br />

kommenden Hochschultage in<br />

Aurich vor. Die sind im März<br />

(Termine: Donnerstag-Freitag;<br />

7./8. März 2013 mit dem pädag.<br />

Lehrstuhl der Uni Osnabrück)<br />

Manche Schulen fahren komplett<br />

an einem Tag als Schilf-<br />

Regionales Pädagogisches Zentrum, Ostfriesische<br />

Landschaft, Fischteichweg 16, 26603 Aurich<br />

E-Mail: willms@ostfriesischelandschaft.de<br />

Fax: 04941-1799-74 Tel: 04941-1799-46<br />

Tagung hin.<br />

Leitbegriffe der Veranstaltungen:<br />

Diagnostik und individuelles<br />

Fördern, Grundwissen, Allgemeinbildung<br />

und Grundfertigkeiten,<br />

Bewegungserziehung, Historisches<br />

Lernen, Naturwissenschaften,<br />

Gesprächs- und literarische<br />

Bildung, Werteerziehung<br />

und Regeln, praktisches Lernen.<br />

Außerdem gibt es wieder eine<br />

große Schulbuch- und Medienausstellung.<br />

Tagungsort: Europahaus Aurich.<br />

Das Europahaus haben wir<br />

komplett gemietet. Nicht-GEW-<br />

Mitglieder zahlen 20 Euro<br />

Tagungsbeitrag.<br />

Donnerstagabend (7.3.2013)<br />

gibt es eine bildungspolitische<br />

Veranstaltung „Die Lust am<br />

Lernen und Denken wecken -<br />

Was können Kindergarten und<br />

Schule jeweils beitragen?“ (Prof.<br />

Dr. Ulrike Graf - Universität<br />

Osnabrück)<br />

Auf dem Gruppenfoto sind: (vorn v. l.) Ronald Wilts, Gudrun Jacobs,<br />

Hans-Peter Schröder, Ahmed Chaker; (stehend v. l.) Ubbo Voss,<br />

Alexander Wiebel, Detlef Spindler, Franziska Petzold, Hasso<br />

Rosenthal, Jürgen Richter<br />

27. Ostfriesischen Hochschultage<br />

2013<br />

Wir freuen uns, auch 2013 Lehrerinnen,<br />

Lehrern, Erzieherinnen und Erziehern ein<br />

interessantes Angebot machen zu können, das<br />

diesmal „Die Lust am Denken und Lernen“ als<br />

Thema hat. Unsere Hauptanliegen für die<br />

berufliche Weiterbildung sind damit, Informationen<br />

zum Stand der pädagogischen<br />

Forschung zu hören und erfolgreiche Modelle<br />

pädagogischen Handelns kennenzulernen – die<br />

Probleme mit der praktischen und auch der<br />

politischen Umsetzung zu diskutieren. Wir<br />

konnten die Vorstandsvorsitzende des Zentrums<br />

für Lehrerbildung (ZLB) an der<br />

UniversitätOsnabrück, Frau Prof. Dr. Ingrid<br />

Kunze, gewinnen, mit ihrem Team dieses<br />

n Urlaubsantrag sofort stellen!<br />

n Anmeldung bis 20.2.13<br />

anspruchsvolle Programm zu erstellen. Wir hoffen<br />

sehr, hiermit die beiden Grundanliegen unserer<br />

gewerkschaftlichen Arbeit voranzutreiben: Verbesserung<br />

der Arbeitsbedingungen und Weiterentwicklung<br />

des Bildungswesens. Die meisten Veranstaltungen sind<br />

zweimal angeboten – am Donnerstag und am Freitag.<br />

Damit gibt es mehr Auswahl und eine bessere<br />

Verteilung.<br />

(Jürgen Richter, Vorsitzender des AK Ostfriesische<br />

Hochschultage)<br />

Die Lust am Denken und Lernen<br />

Denken und Lernen werden häufig zuerst mit<br />

Anstrengung und Mühe in Verbindung gebracht. Viel<br />

Aufmerksamkeit ist derzeit darauf gerichtet, wie man<br />

Leistung und Leistungsfähigkeit messen und gezielt<br />

steigern kann. Darüber sollte nicht vergessen werden,<br />

welche produktive Kraft in der kindlichen Neugier<br />

steckt, in der unbändigen Lust am Entdecken und an<br />

kreativer Tätigkeit, in der Erfahrung, ein Problem<br />

gelöst zu haben und mehr zu können. Diese Tagung<br />

macht mit aktuellen Erkenntnissen und Diskussionen<br />

aus Fachdidaktiken und Erziehungswissenschaften<br />

bekannt und zeigt vielfältige Hilfen und Vorschläge für<br />

Unterricht und Erziehung.<br />

(Prof. Dr. Ingrid Kunze, Vors. Zentrum für Lehrerbildung der<br />

Universität Osnabrück)


19 <strong>LEUCHTTURM</strong><br />

GEW Personalräteschulung<br />

Aurich und Norden 2012<br />

Zur Herbstschulung der GEW<br />

Personalräte trafen sich die<br />

KollegInnen Anfang Dezember<br />

im Seminarhotel in Aurich. Die<br />

Schulung war wieder gut besucht<br />

(leider war die Beteiligung aus<br />

dem Altkreis Norden nicht so<br />

groß wie in den vergangenen<br />

Jahren), so dass Elisabeth<br />

Schramm und Ulrich Schierz<br />

(Mitglieder der GEW-Fraktion<br />

im SBPR) jeweils ca 30 GEW-<br />

Personalräte begrüßen konnten.<br />

Nach einer kurzen Einführung<br />

zum Thema „Personalvertretungsgesetz“<br />

ging es auch<br />

Ankündigung:<br />

Von April bis Mai 2013<br />

finden in Norden, Aurich,<br />

Emden die Regionalen Sprachbildungswochen<br />

statt.<br />

In dieser Zeit wird die<br />

Wanderausstellung „Sprich mit<br />

mir“ nach Ostfriesland kommen.<br />

Diese richtet sich hauptsächlich<br />

an Kinder und deren Eltern. Die<br />

Wanderausstellung ist in deutscher,<br />

russischer und türkischer<br />

Sprache und zeigt auf spielerische<br />

Weise die Sprachentwicklung<br />

von Kindern im Alter von<br />

0-6 Jahren.<br />

Die Auftaktveranstaltung findet<br />

am 15. April um 16:00<br />

gleich mit den Änderungen im<br />

Nds. Beamtengesetz und im Nds.<br />

Besoldungsgesetz weiter.<br />

Weitere Themen: Altersteilzeit,<br />

Familienpflegezeit, Arbeitszeit,<br />

Altersermäßigung, Sonderurlaub,<br />

dienstliche Beurteilung<br />

der Lehrkräfte, Probezeit, BEM<br />

(Betriebliches Eingliederungsmanagement),<br />

Personalratsbeteiligung,<br />

Dienstfähigkeit,<br />

Dienstverein-<br />

barungen,<br />

Päd. MitarbeiterInnen<br />

an<br />

VGS und FöS,<br />

Eingruppierungen<br />

für PMs,<br />

sonderpädagogische<br />

Grundversorgung,<br />

Inklusion,<br />

Oberschule,<br />

… führten<br />

dazu, dass bald die Köpfe<br />

rauchten.<br />

In Kleingruppen/Partnerarbeit<br />

wurden konkrete Fälle<br />

diskutiert, Lösungen gesucht und<br />

gefunden.<br />

Zwischendurch gab es Stärkungen<br />

am Kaffee-<br />

und<br />

Mittagsbüffet,<br />

so<br />

dass alle<br />

KollegInnen am späten Nachmittag<br />

geschult und gestärkt für<br />

die weitere wichtige Personalratsarbeit<br />

zurück fahren konnten.<br />

Wir bedanken uns nochmals<br />

auf diesem Wege bei Elisabeth<br />

und Ulrich für die angenehme<br />

Führung durch den Irrgarten<br />

von Gesetzen, Verordnungen<br />

und Erlassen.<br />

Regionale Sprachbildungswochen<br />

Uhr in der Stadthalle Aurich<br />

statt. Das Eingangsreferat hält<br />

Renate Zimmer.<br />

Während der Regionalen<br />

Sprachenwochen werden parallel<br />

zur Wanderausstellung in<br />

Norden, Aurich und Emden<br />

Fortbildungsangebote zum Thema<br />

‚Sprache angeboten. Diese<br />

richten sich vor allem an<br />

ErzieherInnen, GrundschullehrerInnen<br />

und Eltern und<br />

Kinder.<br />

In Zusammenarbeit mit dem<br />

LK Aurich, der KVHS Aurich,<br />

der KVHS Norden, dem<br />

Brückenjahrteam Aurich/Emden,<br />

nifbe und der Bildungsregion<br />

Ostfriesland erscheint Ende<br />

Februar 2013 ein ausführliches<br />

Programmheft mit allen Veranstaltungen<br />

in den jeweiligen<br />

Regionen.<br />

Annette und<br />

Anette


<strong>LEUCHTTURM</strong><br />

20<br />

Lohndrücker<br />

Lohndumping per Werkvertrag<br />

Annette Jensen,<br />

ver.di publik<br />

Kaum gilt in der Zeitarbeit ein<br />

Mindestlohn - schon haben die<br />

Arbeitgeber eine neue Methode<br />

gefunden, um ihre Lohndumpingpolitik<br />

fortzusetzen. Und die Bundesregierung<br />

schaut tatenlos zu.<br />

Der neueste Kniff heißt<br />

offiziell „Werkvertrag“. Und<br />

der geht so: Ein Supermarkt<br />

beauftragt ein anderes Unternehmen,<br />

Dosen in Regalen nachzufüllen<br />

oder im Lager Chargen zu<br />

stapeln. Bezahlt wird jetzt nicht<br />

mehr wie bei der Leiharbeit pro<br />

Arbeitnehmerstunde, sondern<br />

pro „Werk“. Das besteht in<br />

diesem Fall beispielsweise aus<br />

zehn leer geräumten Paletten.<br />

Das beauftragte Unternehmen<br />

bekommt dafür eine vereinbarte<br />

Summe, und die dort Angestellten<br />

verdienen im Westen<br />

lediglich 6,50 Euro pro Stunde<br />

und im Osten sogar nur sechs<br />

Euro. Das ist deutlich weniger als<br />

in der Zeitarbeit, wo seit dem 1.<br />

Januar Mindestlöhne von 7,89<br />

Euro im Westen und 7,01 Euro<br />

im Osten gelten. Würde ein fest<br />

Angestellter des Supermarkts die<br />

Regale einräumen, müsste die<br />

Ladenkette für diese körperlich<br />

anstrengende Arbeit zum Beispiel<br />

in NRW einen Tariflohn in<br />

Höhe von etwa zwölf Euro<br />

zahlen.<br />

In vielen Fällen handelt es<br />

sich bei den Werkvertragsfirmen<br />

faktisch um dieselben Unternehmen,<br />

die vorher für die gleichen<br />

Tätigkeiten Leiharbeiter geschickt<br />

haben. Als sich der<br />

staatlich festgesetzte Mindestlohn<br />

abzeichnete, haben sie nur<br />

rasch ein neues Standbein<br />

aufgebaut. So gründete Teamwork<br />

beispielsweise eine Tochterfirma<br />

namens „4U@work“ und<br />

preist sich den Arbeitgebern nun<br />

an: „Wir erfüllen Ihren Bedarf<br />

ganz nach Ihren Wünschen, ob<br />

im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung<br />

oder in Form eines<br />

Werkvertrages.“ Etablierte Zeitarbeitsfirmen<br />

wie Adecco werben<br />

ebenfalls dafür, personalintensive<br />

Bereiche ganz auszulagern.<br />

„Irgendwelche rechtlichen Risiken<br />

sind für den Einsatzbetrieb<br />

als Auftraggeber nicht ersichtlich“,<br />

beschreibt Arbeitsrechtsprofessor<br />

Wolfgang Däubler die<br />

Lage. Hinzu kommt, dass der<br />

Betriebsrat in dieser Konstruktion<br />

- anders als bei Zeitarbeitnehmern<br />

- keinerlei Mitbestimmungsrechte<br />

hat: Werkverträge<br />

gelten nicht als Teil der<br />

Personalplanung, sondern fallen<br />

unter „Sachkosten“. Und während<br />

Leiharbeitnehmer seit dem<br />

1. Dezember 2011 gleiche<br />

Rechte wie Festangestellte beim<br />

Zugang zu Kantine oder<br />

Kitabetreuung haben und über<br />

frei werdende Arbeitsplätze<br />

informiert werden müssen, trifft<br />

das alles auf die Beschäftigten der<br />

Werkvertragsfirmen nicht zu.<br />

Systematischer<br />

Missbrauch<br />

Niemand weiß wirklich, wie<br />

viele Menschen mittlerweile in<br />

Werkvertragsfirmen arbeiten. Offizielle<br />

Daten dazu gibt es nicht,<br />

und die Bundesregierung<br />

schreibt in einer Antwort auf<br />

eine kleine Anfrage der Linken-<br />

Fraktion, sie sähe keine Veranlassung,<br />

sie zu erheben. „Hinweise<br />

oder Informationen über eine<br />

weit verbreitete, systematisierte<br />

missbräuchliche Nutzung von<br />

Werkverträgen zur Umgehung<br />

von tariflichen oder arbeitsrechtlichen<br />

Standards liegen nicht<br />

vor“, heiß es in der Stellungnahme,<br />

die das Bundesarbeitsministerium<br />

verfasst hat. Doch diese<br />

Position belegt vor allem die<br />

Wahrnehmungslücken der Regierenden.<br />

Die Lebensmittelzeitung<br />

schätzt, dass heute etwa 350.000<br />

Menschen in 120 derartigen<br />

Subfirmen beschäftigt sind. Die<br />

dortigen Arbeitgeber haben im<br />

Mai mit dem „Deutschen<br />

Handelsgehilfen-Verband“<br />

(DHV) einen Tarifvertrag abgeschlossen,<br />

der ganz nach ihrem<br />

Gusto ausgefallen ist: Die<br />

Organisation unter dem Dach<br />

des christlichen Gewerkschaftsbundes<br />

vereinbarte Minilöhne<br />

von 6,50 Euro bzw. sechs Euro<br />

pro Stunde. Auch Informationen<br />

für Einsatzort und -zeit können<br />

noch kurzfristiger festgelegt<br />

werden als in der Zeitarbeit.<br />

Vor allem im Einzelhandel<br />

und in der Metall- und<br />

Elektroindustrie grassiert die<br />

neue Form des Lohndumpings.<br />

Rossmann, Ikea, Real und Rewe<br />

sind nur vier Beispiele unter<br />

vielen. Formal geht es bei<br />

Werkverträgen darum, dass der<br />

Markt- oder Fabrikleiter den<br />

Beschäftigten keine unmittelbaren<br />

Anweisungen gibt. Die<br />

bekommen sie stattdessen von<br />

einem Vorarbeiter, der sie zur<br />

Eile antreibt - denn je schneller<br />

das „Werk“ beendet ist, desto<br />

höher ist der Gewinn seines<br />

Unternehmens. „Nur dort, wo<br />

selbst den kreativsten Juristen<br />

keine Konstruktion einfällt, die<br />

den Anschein eines Werk- oder<br />

Dienstvertrags hat, wird notgedrungen<br />

weiter auf die Leiharbeit<br />

zurückgegriffen“, hat Rainer<br />

Kuschewski beobachtet, der in<br />

der verdi-Bundesverwaltung im<br />

Fachbereich Handel tätig ist. Das<br />

treffe beispielsweise auf die<br />

Arbeit an der Kasse oder hinter<br />

der Wursttheke zu, denn hier sei<br />

der unmittelbare Einfluss des<br />

Supermarktleiters unbestreitbar.<br />

Gedeckt durch die<br />

Regierung<br />

Juristisch ist es nicht einfach,<br />

gegen diese neue Entwicklung<br />

vorzugehen, bedauert Kuschewski:<br />

Die Arbeitgeber haben aus<br />

ihren juristischen Niederlagen<br />

bei der Zeitarbeit gelernt und die<br />

damaligen Formfehler vermieden<br />

- und die Bundesregierung<br />

scheint ihr Vorgehen zu decken.<br />

Nur wenn Beschäftigte oder


21 <strong>LEUCHTTURM</strong><br />

Betriebsräte klar belegen können,<br />

dass es sich de facto um<br />

Zeitarbeit handelt, könnte das<br />

Arbeitgeber in die Bredouille<br />

bringen. Mit solchen Scheinwerkverträgen<br />

hätten die Betroffenen<br />

einen Vergütungsanspruch<br />

in der Höhe der Tarifverträge des<br />

Einzelhandels. „Bei uns wird das<br />

Thema versteckte Leiharbeit<br />

intensiv diskutiert“, berichtet<br />

Sigrid Maaß, Betriebsratsvorsitzende<br />

bei Real in Berlin-<br />

Treptow. Zwar kennt sie die<br />

Werkvertragskollegen nicht, die<br />

nachts die Regale in ihrem<br />

Markt auffüllen. Doch sie findet<br />

es extrem ungerecht, dass die für<br />

die gleiche Arbeit viel weniger<br />

Geld bekommen als die Real-<br />

Kollegen.<br />

Kommentar<br />

Es gibt viele Modelle der Lohndrückerei<br />

An was erinnert der obige<br />

Artikel uns LehrerInnen?<br />

Klar, an die „Ganztagsschule-<br />

Light“ der alten Landesregierung<br />

mit ihren Honorarverträgen!<br />

Notwendig ist aber auch, dass das<br />

Thema Mindestlöhne/Werkverträge<br />

etc. vielen Menschen<br />

bewusst wird – möglichst noch<br />

vor den Bundestagswahlen im<br />

September.<br />

Ein gutes Beispiel: Am 23.<br />

Januar ging es ab 20:15 Uhr in<br />

der ARD darum.<br />

Zuerst gab’s die Komödie<br />

„Blitzblank“ – ein Reinigungsfirmeninhaber<br />

zahlt seinen<br />

Angestellten den Mindestlohn<br />

von 9 Euro, aber nicht die<br />

Überstunden. Deshalb streiken<br />

sie, denn von 1000 Euro im<br />

Monat können sie nur schlecht<br />

leben. Durch eine Wette provoziert<br />

macht der Chef einen<br />

Selbstversuch – nach etlichen<br />

Irrungen und Wirrungen stellt<br />

er fest, dass sie Recht haben.<br />

Ergebnis: Er zahlt jetzt 12 Euround<br />

sie brauchen keine Überstunden<br />

mehr zu schieben.<br />

Gag am Rande: Die Firma<br />

gewinnt einen wichtigen Kunden<br />

zurück, der inzwischen eine<br />

andere Firma, die durch den<br />

Einsatz von rumänischen Kräften<br />

billiger war, beauftragt hatte.<br />

Grund: „Blitzblank“ bekommt<br />

jetzt den Auftrag wieder, weil der<br />

Besitzer durch die höheren<br />

Löhne so sozial eingestellt ist<br />

und sich um seine Angestellten<br />

kümmert.<br />

Die deutsche Wirklichkeit<br />

wird im anschließenden Wirtschaftsmagazin<br />

„plusminus“ dargestellt:<br />

„Geringverdiener –<br />

Reinigungsfirmen umgehen<br />

Mindestlöhne“. Beispiel: In den<br />

Arbeitsverträgen steht zwar der<br />

Mindestlohn West von 8,82<br />

Euro, aber es werden auch die<br />

Arbeitsleistungen (z.B. Zimmerzahlen)<br />

festgelegt, die in der Zeit<br />

nicht zu schaffen sind. Muckt<br />

jemand gegen die unbezahlten<br />

Überstunden auf, wird er<br />

entlassen.<br />

Und es werden Zahlen genannt:<br />

· Bundesweit arbeiten 4,1 Millionen<br />

Beschäftigte für weniger<br />

als 7 Euro brutto in der<br />

Stunde, 1,4 Millionen davon<br />

sogar für weniger für als 5<br />

Euro.<br />

· Mehr als 1,3 Millionen<br />

Menschen in Deutschland<br />

müssen ihr mageres Gehalt<br />

durch Geld vom Staat<br />

aufbessern.<br />

· Alleine 2011 zahlten die<br />

Arbeitsagenturen 8,7 Milliarden<br />

an diese sogenannten<br />

„Aufstocker“ aus – eigentlich<br />

ein Skandal!<br />

Für den Arbeitsmarkt-Experten<br />

Prof. Stefan Sell, Hochschule<br />

Koblenz, steckt eine perfide<br />

Logik dahinter:<br />

„Die Unternehmen, die besonders<br />

mies bezahlen, und sich<br />

nicht an die Vorschriften halten,<br />

die werden unterm Strich sogar<br />

noch belohnt dadurch, dass der<br />

Staat ein Teil ihrer niedrigen<br />

Lohnkosten aufstocken muss.<br />

Währenddessen die Unternehmen,<br />

die sich fair verhalten, und<br />

an Recht und Gesetz halten, die<br />

kriegen keinen Auftrag, weil sie<br />

sozusagen preislich zu hoch<br />

angesetzt sind.“<br />

Also: Ein gesetzlicher<br />

Mindestlohn für alle –<br />

ohne Umgehungsmöglichkeiten<br />

wie z. B. den<br />

Werkverträgen oder anderen<br />

Schlupflöchern!<br />

Jürgen Kramm<br />

Folgende Forderungen stellen die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes für<br />

die Tarif- und Besoldungsrunde 2013 bei den Ländern:<br />

• Erhöhung der Entgelte um 6,5% mit sozialer Komponente<br />

• Anhebung der Ausbildungsvergütungen und Praktikantenentgelte um 100 Euro<br />

• Tarifliche Eingruppierung von Lehrkräften<br />

• Sicherung des Urlaubsanspruchs<br />

• Begrenzung befristeter Arbeitsverträge<br />

• Wirkungsgleiche Übertragung des Tarifergebnisses auf Beamtinnen und Beamte.


<strong>LEUCHTTURM</strong><br />

Schule verschärft die soziale Ungleichheit<br />

Brigitte<br />

Schumann<br />

Das Schulsystem befördert<br />

die soziale Exklusion von<br />

Kindern in Armut. Dies ist das<br />

zentrale Ergebnis der Langzeitstudie<br />

über kindbezogene Armutsfolgen,<br />

die die AWO<br />

gemeinsam mit dem Institut für<br />

Sozialarbeit und Sozialpädagogik<br />

e.V. (ISS) durchgeführt hat.<br />

Das besondere Verdienst der<br />

AWO-ISS-Studie: Sie macht die<br />

Auswirkungen von Armut von<br />

der KiTa bis zum Ende der<br />

Sekundarstufe I sichtbar und<br />

nachvollziehbar. Dabei deckt<br />

auch diese Studie auf, dass die<br />

Schule mit ihren Strukturen und<br />

ihrer Funktionsweise die soziale<br />

Ungleichheit verschärft und<br />

Armut über Bildungsarmut<br />

verfestigt.<br />

Die AWO-ISS-Studie<br />

erforscht Armutsfolgen<br />

Die Studie hat mit ihren vier<br />

Forschungsschwerpunkten die<br />

Lebenslagen von armen Kindern<br />

und Jugendlichen an den<br />

biografischen Bildungsübergängen<br />

erfasst und mit denen nicht<br />

armer Kinder verglichen. Nach<br />

den Veröffentlichungen über<br />

„Armut im Vorschulalter“, „Armut<br />

im frühen Grundschulalter“,<br />

„Armut bis zum Ende der<br />

frühen Grundschulzeit“ liegt<br />

inzwischen auch der Abschlussbericht<br />

der 4. Phase bis<br />

zum Ende der Sekundarstufe I<br />

vor. Er trägt den Titel „Von<br />

alleine wächst sich nichts aus…“<br />

und wurde im August 2012<br />

öffentlich vorgestellt. Auch in<br />

der letzten Stufe konnten 50 %<br />

der ehemaligen KiTa-Kinder in<br />

AWO-Einrichtungen wieder befragt<br />

werden. Von den 1999<br />

erstmals einbezogenen 893<br />

Kindern und deren Familien<br />

nahmen an der letzten Phase<br />

449 wieder teil. Auch wenn die<br />

Langzeitstudie aufgrund ihrer<br />

Beschränkung auf Befragte in<br />

ehemaligen AWO-KiTas nicht<br />

repräsentativ für Deutschland ist,<br />

erhebt die Studie den Anspruch<br />

auf Verallgemeinerung der Tendenzbeschreibungen.<br />

Das Risiko multipler<br />

Deprivation wächst mit<br />

der Armut und ihrer<br />

Dauer<br />

Die Studie definiert drei<br />

Lebenslagen von Kindern und<br />

Jugendlichen: das Wohlergehen,<br />

die Benachteiligung und die<br />

multiple Deprivation. Sie spricht<br />

von multipler Deprivation, d. h.<br />

von umfassender Benachteiligung<br />

in der Lebenslage, wenn<br />

von den Bereichen der materiellen,<br />

sozialen, kulturellen und<br />

gesundheitlichen Versorgung<br />

mindestens drei erheblich eingeschränkt<br />

sind. Im Falle einer<br />

Benachteiligung sind die Einschränkungen<br />

etwas weniger<br />

auffällig und im Falle des<br />

Wohlergehens gar nicht vorhanden.<br />

Die Studie weist den engen<br />

Zusammenhang von Armut und<br />

multipler Deprivation nach.<br />

Danach gehören arme Jugendliche<br />

nahezu viermal so häufig zur<br />

Gruppe der multipel Deprivierten<br />

wie nicht arme. Im<br />

Entwicklungsverlauf der ehemaligen<br />

KiTa-Kinder zeigt sich<br />

auch, dass jedes zweite dauerhaft<br />

arme Kind als Jugendlicher<br />

multipel depriviert ist.<br />

22<br />

Frühe Armut und multiple<br />

Deprivation sind<br />

Prädikatoren für die<br />

Schul- und<br />

Ausbildungsbiografie<br />

Die Studie spricht von einer<br />

„erstaunlichen Prognosekraft der<br />

frühen Armut auf den späteren<br />

Schulerfolg“. Die armen Kinder<br />

und Jugendlichen konzentrieren<br />

sich auf der niedrigen Stufe des<br />

Schulsystems (Förder- und<br />

Hauptschule), während die nicht<br />

armen vorrangig auf der höheren<br />

Stufe (Gymnasium) zu<br />

finden sind. Wird zusätzlich die<br />

Lebenslage berücksichtigt, dann<br />

ist das Ergebnis noch eindeutiger.<br />

Kinder und Jugendliche im<br />

Wohlergehen finden sich kaum<br />

in Förderschulen oder Hauptschulen,<br />

während sich hier arme<br />

Kinder und Jugendliche mit<br />

multipler Deprivation konzentrieren.<br />

63 % der armen und<br />

multipel deprivierten Kinder<br />

haben es nicht bis zum<br />

Hauptschulabschluss geschafft.<br />

Brüche in der Schulbiografie<br />

sind eher die Regel für die armen<br />

Kinder und Jugendlichen. Es ist<br />

„erschreckend realistisch“, so die<br />

Studie, dass jeder vierte der<br />

armen Jugendlichen keine Berufswahl<br />

für sich sieht. Sie<br />

zeigen deutlich größere Skepsis<br />

bezüglich ihrer Chancen als<br />

nicht arme Jugendliche.<br />

Eine migrationsbedingte<br />

Verstärkung negativer<br />

Armutseffekte ist nicht<br />

nachweisbar<br />

„Den prägenden Risikoeinfluss<br />

auf die Entwicklung junger<br />

Menschen hat die finanzielle<br />

Lage der Familie, egal ob mit<br />

oder ohne Migrationshinweis“,<br />

so die Forscher. Migrationsbedingte<br />

Effekte als negative<br />

Verstärkung für die Entwicklung<br />

von armen Kindern lassen sich<br />

wissenschaftlich nicht nachweisen.<br />

In fast allen Fällen<br />

verschwindet der Migrationshintergrund<br />

als Einflussfaktor im<br />

Verlauf der Schulbiografie fast<br />

vollständig. Dagegen stellt die<br />

Studie fest: „Verfestigte Armut in<br />

bildungsfernen Familien ohne<br />

Zuwanderungsgeschichte hat<br />

sich als Hauptproblem erwiesen.“<br />

Der Befund, dass arme<br />

Migrantenjugendliche häufiger<br />

im Wohlergehen aufwachsen als<br />

arme Jugendliche ohne Migrationshintergrund,<br />

wird mit den<br />

höheren Bildungsaspirationen<br />

der Eltern, mit der längeren<br />

Verweildauer in der Grundschule<br />

vor dem Wechsel zur Förderbzw.<br />

Hauptschule und mit dem<br />

höheren Sozialkapital der Herkunftsfamilien<br />

erklärt. Arme<br />

herkunftsdeutsche Jugendliche<br />

wachsen häufiger isoliert in<br />

wenig stabilen Familienformen<br />

auf.<br />

Die Studie plädiert für ein<br />

sozial inkludierendes<br />

Schulsystem


23 <strong>LEUCHTTURM</strong><br />

Anhand der untersuchten Fälle<br />

wird sichtbar, dass „das Schulangebot<br />

im gesamten Schulverlauf<br />

nicht passend für den Förderund<br />

Bildungsbedarf von Kindern<br />

mit früher, vor allem aber<br />

mit andauernder Armutserfahrung<br />

und Benachteiligung“ ist.<br />

Individuelle Förderung bleibt<br />

unwirksam gegenüber Strukturen<br />

und Funktionsweise des selektiven<br />

Schulsystems. Diese bewirken<br />

„eine Potenzierung armutsbedingter<br />

Benachteiligung“. Die<br />

Studie empfiehlt zur Bekämpfung<br />

der Armutsfolgen „frühe<br />

Förderung und Prävention, ein<br />

sozial inkludierendes Schulsystem,<br />

systematische und strukturelle<br />

Begleitung durch Bildungsund<br />

Förderketten, eine umfassende<br />

Infrastruktur für Familien.“<br />

Sie unterstreicht aber<br />

gleichzeitig auch die Notwendigkeit,<br />

nicht nur die Armutsfolgen,<br />

sondern auch die Armut selbst<br />

zu bekämpfen.<br />

Die Aussonderung armer<br />

Kinder aus dem<br />

allgemeinen Schulsystem<br />

beenden<br />

Mit der Aussonderung aus den<br />

allgemeinen Schulen in die<br />

Förderschulen, die meistens<br />

während der Grundschulzeit<br />

stattfindet, werden Kinder mit<br />

armutsbedingten Auffälligkeiten<br />

und Entwicklungsproblemen immer<br />

noch wie zu Zeiten der<br />

Hilfsschule im vorigen Jahrhundert<br />

als behindert kategorisiert<br />

und abgestempelt, in ihren<br />

Entwicklungsmöglichkeiten und<br />

Lebensperspektiven drastisch<br />

eingeschränkt und so dem Risiko<br />

der gesellschaftlichen Stigmatisierung<br />

und Exklusion ausgesetzt.<br />

Auf dem Weg zu einem<br />

inklusiven Schulsystem ist das<br />

Auslaufen der Förderschulen für<br />

Arme daher ein absolut unverzichtbarer<br />

Schritt. Er muss<br />

verbunden werden mit einem<br />

Umbau der allgemeinen Schulen<br />

zu Lern- und Lebensorten, die<br />

allen Kindern unabhängig von<br />

ihren sozialen Herkünften und<br />

Lebenslagen gerecht werden. Er<br />

muss begleitet sein durch eine<br />

Politik der sozialen Prävention<br />

und der Armutsbekämpfung.<br />

Aber wie soll man eine<br />

Bildungspolitik bezeichnen, die<br />

trotz der völkerrechtlichen Verpflichtung<br />

zur Umsetzung inklusiver<br />

Bildung mehrheitlich<br />

an den aussondernden Förderschularten<br />

für Arme festhält,<br />

ihnen trotz der erdrückenden<br />

Beweise für ihre schädliche<br />

Wirkung zu demokratischer<br />

Scheinlegitimation verhilft<br />

durch die schulrechtliche Verankerung<br />

eines sog. Elternwahlrechts<br />

und es denen offeriert,<br />

von denen auch sie weiß, dass<br />

diese aufgrund ihrer prekären<br />

Lebenssituation ihre Beteiligungsrechte<br />

nicht wahrnehmen<br />

können oder schon längst nicht<br />

mehr wahrnehmen wollen?<br />

Nutzen wird es denen, die als<br />

Lobbyisten das Förderschulsystem<br />

lautstark bewerben. Wie<br />

soll man eine Bildungspolitik<br />

bezeichnen, die mit dem<br />

Festhalten an dem teuren und<br />

unsinnigen Förderschulsystem<br />

den allgemeinen Schulen Mittel<br />

zur inklusiven Entwicklung<br />

vorenthält und so den Inklusionsprozess<br />

untergräbt? Ist das<br />

noch pragmatische Bildungspolitik<br />

oder schon blanker Zynismus?<br />

(Quelle: http://bildungsklick.de/a/<br />

86599/schule-verschaerft-die-soziale-ungleichheit/)<br />

... von Cuxhaven-Sahlenburg<br />

aus (dauert gut 3<br />

Stunden). Wer’s bequemer<br />

haben will, kann auch die<br />

Pferde-Kutsche benutzen.<br />

Fahrt im Janssen-Bus mit<br />

Brötchen-Service, da es<br />

schon sehr früh losgeht:<br />

Vorankündigung<br />

G ewerkschaftlerInnen<br />

E rleben<br />

Watt...beim Wattwandern am Samstag, dem<br />

24. August 2013, nach Neuwerk ...<br />

wahrscheinlich 6.00 Uhr ab<br />

Wittmund mit den bekannten<br />

Zwischenhalten in Jever,<br />

Sande, Varel.<br />

Rückfahrt mit dem Schiff<br />

um 17.00 Uhr nach Cuxhaven.<br />

Wichtig: möglichst umgehend<br />

anmelden, da begrenzte<br />

Platzzahlen (Pferdekutsche/<br />

Schiff!!!) - 16 Anmeldungen<br />

liegen jetzt schon vor!<br />

Anmeldungen bei Fridolin<br />

Haars 04461-5123 oder bei<br />

Jürgen Kramm 04462-6102


<strong>LEUCHTTURM</strong><br />

24<br />

NACHRUF<br />

HANS-JOACHIM (HANNES) HOTHAN<br />

STARB AM 15. JANUAR 2013<br />

Josef Kaufhold,<br />

Vorsitzender<br />

GEW KV<br />

Emden<br />

Am 15. Januar 2013 starb<br />

unser Kollege Hannes<br />

Hothan aus Hesel im Alter von<br />

83 Jahren. Mit seinen vielfältigen<br />

Aktivitäten wirkte er<br />

nachhaltig in der GEW und in<br />

der Schulentwicklung der Region,<br />

er prägte die Parteienlandschaft<br />

und war Motor in der<br />

Bildungsdiskussion. Seine Aktivitäten<br />

hinterlassen einen bleibenden<br />

Eindruck und sind von<br />

bleibender Wirksamkeit. Hannes<br />

Hothan war Initiator und<br />

Impulsgeber vielfältiger pädagogischer<br />

und politischer Entwicklungen<br />

in Ostfriesland, die die<br />

Schule in unserer Region<br />

formten.<br />

Geboren wurde Hannes<br />

Hothan am 15. Oktober 1929 in<br />

Münster. Die junge Familie lebte<br />

in einer Kaserne, der Vater hatte<br />

als Soldat eine Wohnung dort.<br />

Hier verbrachte Hannes Hothan<br />

seine ersten Kindheitsjahre. Die<br />

Familie musste wegen der<br />

Versetzung mehrfach umziehen.<br />

Hannes Hothan besuchte<br />

deshalb Schulen in Münster,<br />

Hannover und ab 1939 in<br />

Berlin. Dort leistete der Vater<br />

seinen Dienst als Offizier.<br />

Wer Hannes Hothan kannte<br />

weiß, dass ihn Tugenden<br />

auszeichneten, die man gemeinhin<br />

als preußisch bezeichnet:<br />

Pünktlichkeit, Fleiß, Durchsetzungskraft,<br />

zielgerichtetes Planen,<br />

Genauigkeit und Gerechtigkeitssinn,<br />

ja, vor allem das<br />

Streben nach Gerechtigkeit.<br />

Hannes Hothan setzte sich sein<br />

Leben lang für Gerechtigkeit im<br />

Bereich der Chancen ein.<br />

Kindheit und Jugend sollten<br />

jedem die Chance auf Bildung<br />

eröffnen, gerecht und gleich.<br />

Und das hatte seinen Grund.<br />

Hannes Hothan gehörte zum<br />

Jahrgang 1929, einem Jahrgang,<br />

der auf unvorstellbare Weise<br />

leiden musste.<br />

1943 setzte in Berlin wegen<br />

der Bombardierungen die erste<br />

Evakuierungswelle von Schülerinnen<br />

und Schülern ein.<br />

Hannes Hothan kam im Zuge<br />

der Kinderlandverschickung<br />

nach Ustinad Orlice / Bresnice<br />

(Tschechoslowakei). Anfang<br />

1945 überschlugen sich die<br />

Ereignisse. Im Januar wurde die<br />

Gruppe zum Volkssturm eingezogen<br />

und für den Kampf kurz<br />

ausgebildet. Die Gruppe kam zur<br />

Wehrmacht, wurde bewaffnet<br />

und an die Front geschickt.<br />

Allein.<br />

Soldaten auf dem Rückzug<br />

kamen der Gruppe entgegen, die<br />

Front rückte heran. Ein erfahrener<br />

Soldat entwaffnete die<br />

Jungen und schickte sie auf den<br />

Heimweg – zu Fuß ins<br />

Ungewisse. Am 13. Mai geriet<br />

Hannes Hothan in amerikanische<br />

Gefangenschaft, wurde im<br />

Juli entlassen. Die Erfahrungen<br />

in den Kriegswirren, die<br />

Orientierung in der Ungewissheit,<br />

die Suche nach der Heimat<br />

prägten ihn sehr.<br />

Die Familie fand 1946 in<br />

Antendorf wieder zusammen,<br />

Hannes Hothan besuchte das<br />

Gymnasium in Rinteln. Als<br />

Arbeiter in einer Schulmöbelfabrik<br />

verdiente er den Lebensunterhalt.<br />

Nach dem Abitur nahm er<br />

1952 das Studium an der<br />

Pädagogischen Hochschule in<br />

Hannover auf. Gemeinsam mit<br />

seiner zukünftigen Frau Susanne<br />

Rademacher wählte er nach dem<br />

ersten Staatsexamen 1954 Ostfriesland<br />

als Dienstbereich.<br />

Die Eheleute, sie heirateten<br />

im Juli 1954, traten im August<br />

ihre Dienstellen nahe Remels<br />

an; Hannes Hothan in Selverde,<br />

seine Frau nicht weit entfernt in<br />

Jübberde. Beide wurden mit<br />

Dienstantritt Mitglieder des<br />

Ostfriesischen Lehrervereins/<br />

GEW. Hannes Hothan engagierte<br />

sich. Er war von 1956 bis<br />

1961 Vorsitzender der Junglehrervertretung<br />

im OLV/GEW und<br />

Mitglied der Vertretung der<br />

Junglehrer im Landesvorstand<br />

Niedersachsen, 1961 bis 1966<br />

zweiter Vorsitzender im OLV<br />

Bezirksverband und von 1966<br />

bis 1974 Vorsitzender des<br />

Kreisverbandes Leer.<br />

Bereits als Junglehrer entwickelte<br />

er Ideen zu notwendigen<br />

Reformmaßnahmen des Landschulwesens<br />

in Ostfriesland.<br />

Ursprünglich dachte Hannes<br />

Hothan über eine Arbeit zur<br />

Aussagekraft des Kernschen<br />

Schulreifetests nach. Den Gedanken<br />

verwarf er, als er 1956 die<br />

einklassige Schule Klein-Remels<br />

übernehmen musste. Das Leben<br />

als Einklassler sprach ihn als<br />

Lehrer zwar sehr an, die aktuelle<br />

Diskussion um die Nachteile des


25 <strong>LEUCHTTURM</strong><br />

Landschulwesens und die fehlende<br />

Orientierung der Bildung<br />

in der ländlichen Region an den<br />

modernen Entwicklungen in der<br />

Gesellschaft beschäftigten ihn.<br />

Er änderte sein Thema und<br />

widmete sich der Schulentwicklung<br />

in Ostfriesland: Wie und<br />

auf welche Weise könnte eine<br />

Bildungsregion entstehen, die<br />

den jungen Menschen einen<br />

qualitativ besseren und zukunftsorientierten<br />

Unterricht durch<br />

Fachlehrkräfte bot und Aufstiegsmöglichkeiten<br />

eröffnete –<br />

Daten, Zahlen und Fakten. Seine<br />

Arbeit beeindruckte, fand Berücksichtigung,<br />

Hannes Hothan<br />

wurde zur Barsinghausener<br />

Tagung eingeladen, der Veranstaltung,<br />

die eine Wende in der<br />

Bildungslandschaft Niedersachsens<br />

einleitete.<br />

1962 übernahm er als<br />

Hauptlehrer die Schule Hesel,<br />

um dort beim Aufbau einer der<br />

ersten Mittelpunktschulen tätig<br />

zu werden. Als Rektor wurde er<br />

zum Impulsgeber der Schulentwicklung<br />

der ganzen Region.<br />

Hannes Hothan engagierte<br />

sich in der Lehrerpersonalvertretung<br />

und im Gesprächskreis<br />

Schule und Universität, beteiligte<br />

sich am Aufbau des<br />

Regionalen Pädagogischen Zentrums<br />

in Aurich und wurde<br />

politisch aktiv. 1970 gründete er<br />

den SPD-Ortsverein Hesel, war<br />

dessen Vorsitzender, arbeitete als<br />

Ratsherr in der Samtgemeinde<br />

Hesel und fertigte bis ins hohe<br />

Alter hinein Grundsatzpapiere<br />

Die Zahl der öffentlichen<br />

Bildungseinrichtungen<br />

sinkt, die der privaten steigt. Ein<br />

Befund, der neben den Meldungen<br />

und Kommentierungen zu<br />

den Ergebnissen des vierten<br />

nationalen Bildungsberichts<br />

kaum beachtet wurde. Während<br />

Politik und Medien darüber<br />

stritten, ob es denn nun graduell<br />

besser oder schlechter geworden<br />

sei mit der Bildung in<br />

Deutschland, kam die tiefere<br />

Analyse zu kurz. Dem Statistischen<br />

Bundesamt war diese<br />

zu bildungspolitischen Fragen<br />

für seine Partei an.<br />

Im Oktober 1976 übernahm<br />

Hannes Hothan die Funktion<br />

des Schulrates im Schulaufsichtsamt<br />

Emden II. Als Schulamtsdirektor,<br />

ab 1985 als Leiter des<br />

Schulaufsichtsamtes, gestaltete er<br />

maßgeblich die Arbeit an den<br />

Schulen der Stadt Emden. Er<br />

entwickelte ein Modell für die<br />

Lehrer- und Schülerbetriebspraktika,<br />

gestaltete den Übergang für<br />

Schulabsolventen von der Schule<br />

in den Beruf, setzte sich für<br />

die Schulbauentwicklung der<br />

Stadt ein und unterstützte die<br />

Arbeit der Schulen in sozialen<br />

Brennpunkten.<br />

Besonders im Blick hatte er<br />

immer die Situation der in der<br />

Gesellschaft Vernachlässigten.<br />

Der Bau eines Zentrums für<br />

Kinder mit geistiger Einschränkung<br />

an der Förderschule Emden<br />

und die Zusammenarbeit von<br />

Förderschullehrkräften mit den<br />

weiterführenden Schulen waren<br />

ihm eine Herzensangelegenheit.<br />

Ein Pilotprojekt, das den<br />

Übergang von Förderschülerinnen<br />

und -schülern an die<br />

weiterführenden Schulen ermöglichte,<br />

gehörte dazu.<br />

Von 1983 bis 1997 war<br />

Hannes Hothan Mitglied der<br />

Ostfriesischen Landschaft, ab<br />

1993 Landschaftsrat. 1991 wurde<br />

ihm das Indigenat der<br />

Ostfriesischen Landschaft und<br />

1997 die Ehrenmitgliedschaft<br />

verliehen.<br />

Mit Beginn des Jahres 1990<br />

Bildung als öffentliches Gut<br />

Entwicklung immerhin eine<br />

Pressemitteilung wert. Zu Recht.<br />

Denn egal ob man, wie die<br />

Bundesregierung und die Kultusminister<br />

der Länder, die<br />

Erfolge in der Bildungsbeteiligung<br />

betont oder, wie Gewerkschaften<br />

und Sozialverbände,<br />

dass die Schere zwischen<br />

Bildungsgewinnern und -verlierern<br />

immer weiter auseinander<br />

geht, der Trend zu mehr privaten<br />

Schulen und Hochschulen hält<br />

an, während der Anteil privater<br />

Bildungsausgaben abnimmt.<br />

trat Hannes Hothan in den<br />

Ruhestand. Seine Gesundheit<br />

ließ Aktivitäten außerhalb des<br />

Hauses kaum noch zu. Er<br />

arbeitete dennoch unermüdlich<br />

weiter – nun an seinem<br />

Schreibtisch.<br />

Der Dokumentation der<br />

Schulgeschichte Ostfrieslands<br />

galt seine besondere Aufmerksamkeit.<br />

1984 beteiligte er sich<br />

an der Gründung des Ostfriesischen<br />

Schulmuseums Folmhusen,<br />

und 1995 gab er gemeinsam<br />

mit dem Arbeitskreis Schulgeschichte<br />

der Stiftung Schulgeschichte<br />

des Bezirksverbandes<br />

Weser-Ems der GEW ein<br />

zweibändiges Werk mit dem<br />

Titel „Schule in Ostfriesland<br />

1945 bis 1995“ heraus, das mit<br />

Zeitzeugenbeiträgen über die<br />

Entwicklung des Schulwesens<br />

der Region nach 1945 berichtete.<br />

Hannes Hothan war in all<br />

seinen Aktivitäten immer ein<br />

politisch und sozial denkender<br />

Mensch.<br />

Die frühen Kindheits- und<br />

Jugenderfahrungen machten ihn<br />

zu einem Verfechter demokratischer<br />

Grundprinzipien.<br />

Von der Junglehrerzeit an bis<br />

in seine letzten Tage galt sein<br />

Interesse der Bildung und<br />

Erziehung in der demokratischen<br />

Gesellschaft.<br />

Für ihn ermöglichte die<br />

Schule den Weg in die Zukunft,<br />

sie stellt die Weichen, dessen war<br />

er sich immer bewusst.<br />

Hannes Hothan bleibt unvergessen.<br />

Dieser Trend ist Ausdruck dafür,<br />

dass das öffentliche Gut Bildung<br />

schleichend zu einer marktgängigen<br />

Ware gemacht und öffentliche<br />

Mittel in private Erwerbsunternehmen<br />

umgeleitet werden.<br />

Das Menschenrecht auf Bildung<br />

gerät in Gefahr...<br />

Der ganze Text ist nachzulesen<br />

in „Gegenblende – das gewerkschaftliche<br />

Debattenmagazin“ Nr. 16/<br />

Juli/August 2012 Link: http://<br />

www.gegenblende.de/<br />

++co++c9cb31ee-e536-11e1-<br />

adc0-52540066f352<br />

Ulrich Thöne,<br />

GEW-Vorsitzender


<strong>LEUCHTTURM</strong><br />

26<br />

Emder Zeitung Donnerstag, 10. Januar 2013<br />

Zwei Stunden im Zeichen der Bildungspolitik<br />

Am Dienstagabend fand im<br />

VHS-Forum eine Veranstaltung<br />

mit Landtagskandidaten<br />

statt. Die GEW hatte geladen.<br />

Von PATRICK PLEWE<br />

0 49 21 / 89 00 419<br />

Emden. Eine Diskussion zur<br />

Bildungspolitik hat die Gewerkschaft<br />

Erziehung und Wissenschaft<br />

Emden (GEW) am<br />

Dienstagabend mit sechs Landtagskandidaten<br />

im Forum der<br />

Volkshochschule (VHS) veranstaltet.<br />

GEW-Vorstandsmitglied<br />

Renate Isenburg moderierte die<br />

zweistündige Veranstaltung, zu<br />

der etwa 150 Zuschauer kamen.<br />

Allen Diskussions-Teilnehmern<br />

wurden pro Antwort eine<br />

Redezeit von zwei Minuten<br />

gewährt. In ungewöhnlicher<br />

Sitzkonstellation - die Kandidaten<br />

nahmen zwischen den<br />

Zuschauern Platz - entwickelte<br />

sich eine rege Diskussion. Auch<br />

einige Fragen aus dem Publikum<br />

gab es.<br />

Einige der Schwerpunkte der<br />

Diskussion: Der SPD-Landtagsabgeordnete<br />

Hans-Dieter Haase<br />

will die Gruppengröße bei<br />

Kindergarten und Krippengruppen<br />

senken, bei den Kindergärten<br />

„mit Zwischenschritte irgendwann<br />

auf 20”, bei den<br />

Krippen soll das sofort passieren.<br />

Inklusion will er von Geburt an<br />

bis zur Hochschule. Haase<br />

möchte außerdem eine gebundene<br />

Ganztagsschule umsetzen, bei<br />

den Gesamtschulen sofort, bei<br />

den Grundschulen schrittweise.<br />

Der Landtagsabgeordnete der<br />

SPD plädiert bei den Gesamtschulen<br />

für ein Abitur nach 13<br />

Jahren. „Bei den Gymnasien soll<br />

es nach Absprache mit den<br />

Eltern freigestellt sein.” Haase ist<br />

darüber hinaus gegen Studiengebühren.<br />

Der CDU-Landtagsabgeordnete<br />

Reinhard Hegewald betonte,<br />

es müsse schnell reagiert<br />

werden, um die vorgeschriebene<br />

Quote von 35 Prozent bei der<br />

Vergabe von Krippenplätzen in<br />

Ostfriesland zu erreichen. Hegewald<br />

sagte, die Landesregierung<br />

werde in den nächsten Jahren 44<br />

Millionen Euro bereitstellen,<br />

um die Inklusion voranzutreiben.<br />

Außerdem sollen 1000<br />

zusätzliche Lehrkräfte eingestellt<br />

werden. Er sagte darüber hinaus,<br />

es brauche mehr Lehrer, um die<br />

verlässliche Ganztagsschule flächendeckend<br />

einzuführen. Nach<br />

Angaben des CDU-Landtagsabgeordneten<br />

habe außerdem<br />

„keine IGS etwas zu befürchten”.<br />

Die Gesamtschulen gehörten wie<br />

die Gymnasien dazu. Hegewald<br />

hält das Abitur nach zwölf<br />

Jahren für eine „gute Lösung”, er<br />

ist zudem für Studiengebühren.<br />

Die Emder Ratsfrau Hillgriet<br />

Eilers (FDP) bevorzugt einen<br />

Stufenplan, um die Gruppengrößen<br />

bei Kindergärten- und<br />

Krippengruppen zu reduzieren.<br />

Auch die breite Einführung von<br />

verlässlichen Ganztagsschulen<br />

ist ihrer Meinung nach nur<br />

schrittweise möglich. Eilers<br />

glaubt, das Abitur nach zwölf<br />

Jahren könne sich noch bewähren.<br />

Ihr Gefühl sagt ihr aber<br />

auch: „Die Kinder brauchen<br />

mehr Zeit.” Eilers findet die<br />

Studiengebühren richtig.<br />

Johann Smid von den<br />

Grünen fordert „mehr Steuergerechtigkeit”,<br />

um die Reduzierung<br />

der Größen von Kindergartenund<br />

Krippengruppen finanzieren<br />

zu können. Seiner Meinung<br />

nach sollte es den Eltern<br />

freigestellt sein, ob ihre Kinder<br />

nach zwölf oder dreizehn Jahren<br />

ihr Abitur machen. Smid ist<br />

gegen Studiengebühren.<br />

Wilhelm Raveling von den<br />

Linken ist für einen Bildungsfonds,<br />

um die Reduzierung der<br />

Gruppengrößen im Kindergarten<br />

und in der Kindergrippe zu<br />

erreichen. Raveling ist für das<br />

Abitur nach 13 Jahren und<br />

gegen Studiengebühren.<br />

Neben diesen fünf Landtagskandidaten<br />

für den Wahlkreis<br />

Emden-Norden nahm auch Dr.<br />

Meinhart Ramaswamy, Spitzenkandidat<br />

der Piraten-Partei, teil.<br />

Er war für den Emder<br />

Landtagskandidaten Dr. Michael<br />

Berndt eingesprungen, der zeitgleich<br />

auf einer anderen Veranstaltung<br />

einen Vortrag hielt.<br />

Ramaswamy forderte, die<br />

Ausbildung der Lehrkräfte in<br />

den Kindergärten und Krippen<br />

zu verbessern. Integrierte Gesamtschulen<br />

müssen seiner Ansicht<br />

nach dreizügig sein, sprich<br />

drei Klassen pro Jahrgangsstufe<br />

haben. Ramaswamy fordert die<br />

Rückkehr zum Abitur nach 13<br />

Jahren sowie den Wegfall der<br />

Studiengebühren.<br />

Es fehlte der siebte Landtagskandidat,<br />

Reinhard Brüling von<br />

den Freien Wählern.


27 <strong>LEUCHTTURM</strong><br />

OSTFRIESEN-ZEITUNG, SEITE 11, DONNERSTAG, DEN 10. JANUAR 2013<br />

„Lehrermangel hat Ostfriesland erreicht“<br />

BILDUNG Emder GEW-Vorstandsmitglied Dr. Josef Kaufhold: „Im nächsten<br />

Jahr wird es extrem“<br />

Die Befürchtungen wurden<br />

bei einer Podiumsdiskussion<br />

zur Wahl geäußert. Das<br />

Hauptproblem besteht in<br />

der mangelnden Attraktivität<br />

Ostfrieslands.<br />

VON H EINER S CHRÖ DER<br />

EMDEN - Die Unterrichtsversorgung<br />

in Niedersachsen hat<br />

102 Prozent erreicht. Doch statt<br />

damit zufrieden zu sein, spricht<br />

Dr. Josef Kaufhold von einem<br />

Lehrermangel, der Ostfriesland<br />

längst erreicht habe. Das<br />

Vorstandsmitglied der Gewerkschaft<br />

Erziehung und Wissenschaft<br />

(GEW) in Emden konfrontierte<br />

die Landtagskandidaten<br />

des Wahlkreises Emden/<br />

Norden am Dienstagabend bei<br />

einer Podiumsdiskussion zum<br />

Thema Bildung in Emden.<br />

Kaufhold nannte seine eigene<br />

Schule als Beispiel. Er ist<br />

Schulleiter der Grundschule<br />

Grüner Weg im Emder Stadtteil<br />

Barenburg, der als sozialer<br />

Brennpunkt gilt. Derzeit könne<br />

er vier Stellen nicht neu<br />

besetzen. „Ich habe eine Liste<br />

mit mehr als 200 Adressen aus<br />

ganz Deutschland. Keiner will<br />

an meine Schule kommen.“<br />

Es handele sich dabei jedoch<br />

nicht um ein Emder Problem.<br />

Ganz Ostfriesland sei betroffen.<br />

„Im nächsten Jahr wird es<br />

extrem“, sagte Kaufhold, weil<br />

dann viele Lehrer in Pension<br />

gingen. Der SPD-Landtagsabgeordnete<br />

Hans-Dieter Haase<br />

(Emden) sieht ähnliche Entwicklungen<br />

in anderen ländlichen<br />

Regionen Niedersachsens. „Das<br />

ist aber nicht von heute auf<br />

morgen zu regeln“, meinte der<br />

Sozialdemokrat.<br />

Auch sein christdemokratischer<br />

Konkurrent Reinhard<br />

Hegewald hat keine Lösung<br />

parat. Fachkräftemangel gebe es<br />

nicht nur in der Bildung,<br />

sondern auch in der Wirtschaft.<br />

Man müsse sich wohl eingestehen,<br />

dass „das am Image der<br />

Region Ostfriesland liegt“.<br />

Für den Widerspruch zwischen<br />

Lehrermangel auf der<br />

einen Seite und einer 102-<br />

prozentigen Unterrichtsversorgung<br />

auf der anderen Seite hat<br />

Kaufhold eine Erklärung: Die<br />

meisten jungen Lehrer möchten<br />

dort unterrichten, wo sie ihre<br />

Ausbildung gemacht haben.<br />

Meist sind das größere Städte.<br />

Darum haben die Schulen dort<br />

keine Probleme, ihre Stellen zu<br />

besetzen. Dort liegt die Unterrichtsversorgung<br />

tendenziell immer<br />

etwas höher als in<br />

ländlichen Regionen.<br />

Das Thema ist auch im<br />

niedersächsischen Kultusministerium<br />

bekannt. „Darum haben<br />

wir in den vergangenen Jahren<br />

verstärkt Außenstellen der Studienseminare<br />

gebildet“, sagte gestern<br />

Pressesprecherin Corinna<br />

Fischer. Von einem grundsätzlichen<br />

Lehrermangel in ländlichen<br />

Regionen wie Ostfriesland<br />

möchte sie aber nicht sprechen.<br />

„Das spricht gegen unsere<br />

Daten.“ Sie räumte aber ein, dass<br />

eine rechnerische Unterrichtsversorgung<br />

von 102 Prozent nicht<br />

die Situation an jeder Schule<br />

widerspiegele.<br />

Kaufhold muss weiter suchen<br />

und stößt auf Hindernisse. Er<br />

hatte jetzt eine Interessentin, die<br />

in den Niederlanden Lehramt<br />

studiert hatte, und die gerne<br />

nach Emden gekommen wäre.<br />

Aber ihr niederländischer Abschluss<br />

wurde nicht anerkannt.<br />

Dazu meinte Fischer: „Wir<br />

haben das rechtlich vereinfacht.<br />

Aber wir müssen jeden Einzelfall<br />

prüfen.“<br />

Die Lehrerversorgung in Niedersachsen liegt bei 102 Prozent.<br />

Doch in ländlichen Regionen herrscht Mangel. BILD: DPA<br />

Dr. Josef<br />

Kaufhold


<strong>LEUCHTTURM</strong><br />

28<br />

Mathias Brodkorb<br />

»Lehrer sind die Helden unseres Alltags«<br />

aus „vorwärts“<br />

Der neue Bildungsminister<br />

Mecklenburg-Vorpommerns<br />

fordert ein gesellschaftliches<br />

Umdenken. Wer mehr<br />

Bildungserfolge will, sollte Lehrern<br />

den Rücken stärken.<br />

Aristoteles hat Einzug ins<br />

Bildungsministerium Mecklenburg-Vorpommerns<br />

gehalten.<br />

Den griechischen Philosophen<br />

zitiert der neue Landesminister<br />

für Bildung, Wissenschaft und<br />

Kultur am liebsten. Mit Aristoteles’<br />

Erkenntnis, die wichtigste<br />

Aufgabe des Staates sei die<br />

Bildung und Erziehung der<br />

Jugend, wirbt Mathias Brodkorb<br />

für mehr Anerkennung der<br />

Lehrkräfte. Wenn man Aristoteles’<br />

Lehre ernst nehme, seien<br />

Lehrer doch die wahren „Helden<br />

unseres Alltags“, so Brodkorb.<br />

Sein wichtigstes Anliegen im<br />

Amt sei es, einen Zustand<br />

herbeizuführen, in dem Lehrer<br />

mit „Zuversicht und Selbstvertrauen“<br />

ihren Aufgaben nachgehen<br />

könnten. Im Klartext heißt<br />

das: Mehr Respekt für die Lehrer<br />

für mehr Motivation im Job...<br />

Volksinitiative<br />

für bessere Rahmenbedingungen in den niedersächsischen Kindertagesstätten<br />

Der Personalschlüssel in der Kita ist unverantwortlich!<br />

Mehr Personal oder kleinere<br />

Gruppen schaffen erträgliche<br />

Arbeitsbedingungen und sind gut<br />

für unsere Kinder<br />

Für Krippen:<br />

1 ErzieherIn für 3 Kinder im Alter<br />

von 0 bis 1½ Jahren<br />

1 ErzieherIn für 4 Kinder im Alter<br />

von 1½ bis 3 Jahren<br />

Für Kindergärten / Horte:<br />

1 ErzieherIn für 7 bis 8 Kinder im<br />

Alter von 3 bis 6 Jahren<br />

1 ErzieherIn für 7 bis 8 Kinder im<br />

Grundschulalter<br />

Das will die Volksinitiative erreichen<br />

Die Volksinitiative fordert<br />

vom niedersächsischen<br />

Landtag eine Überarbeitung des<br />

Kindertagesstätten-Gesetzes mit<br />

dem Ziel, die Rahmenbedingungen<br />

in den Kindertagesstätten zu<br />

verbessern. In einer Regel-Kita-<br />

Gruppe für Kinder ab drei<br />

Jahren drängeln sich 25 Kinder,<br />

die von zwei ErzieherInnen in<br />

ihrer Entwicklung gefördert<br />

werden möchten. Wenn beide<br />

ErzieherInnen anwesend sind,<br />

verbleiben pro Stunde für jedes<br />

Kind höchstens 3 Minuten. Wir<br />

fordern mehr Personal oder<br />

kleinere Gruppen, damit die<br />

Kinder gut vorbereitet in die<br />

Schule kommen können und die<br />

Erzieherinnen individuell auf<br />

jedes Kind eingehen können!<br />

Ab August 2013 gibt es den<br />

Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz<br />

für Kinder ab dem<br />

zweiten Lebensjahr. Das finden<br />

wir gut. Aber reichen zwei<br />

Fachkräfte für 15 Krippenkinder?<br />

Das sind höchstens 5<br />

Minuten für jedes „Wickelkind“<br />

pro Stunde. Mütter, Väter und<br />

Großeltern wissen, dass dies<br />

nicht funktionieren kann.<br />

Eltern, die ihre Kinder einer<br />

Einrichtung anvertrauen, müssen<br />

ein gutes Gefühl dabei<br />

haben können, dass es ihren<br />

Kindern gut geht!<br />

Hier steht das Land Niedersachsen<br />

in der Verantwortung!<br />

Über die Qualität der frühkindlichen<br />

Bildung finden entscheidende<br />

Weichenstellungen für das<br />

gesamte weitere Leben der<br />

Kinder und damit für die<br />

Zukunft unseres Landes statt.<br />

Kitas sind Bildungseinrichtungen!<br />

ErzieherInnen wollen entsprechend<br />

ihrer Ausbildung<br />

pädagogisch tätig sein und den<br />

heutigen Herausforderungen der<br />

Förderung aller Kinder gerecht<br />

werden (z.B.- Sprachförderung,<br />

Gesundheitsförderung/Motorik,<br />

musische Bildung, naturwissenschaftliche<br />

Experimente, Integration<br />

uvm.).<br />

Wir brauchen mehr Möglichkeiten<br />

zur individuellen Förderung<br />

- bessere Bildungschancen<br />

für Kinder und gute Arbeitsbedingungen<br />

für ErzieherInnen!<br />

Unterschriftenlisten sind erhältlich unter info@kita-volksinitiative.de<br />

Weitere Infos unter www.kita-volksinitiative.de


29 <strong>LEUCHTTURM</strong><br />

Die Schulstruktur<br />

Kleine Anleitung für Bildungspolitiker<br />

Oldenburg, Dezember 2012<br />

Überlegen sie sich als erstes:<br />

Welche Funktion soll ihr<br />

Schulsystem haben?<br />

Wollen sie als Bildungspolitiker<br />

eine hierarchisch geordnete<br />

Schulstruktur, müssen sie festlegen,<br />

wie sie die Kinder zuordnen<br />

wollen. Die Abschaffung der<br />

Orientierungsstufe ermöglicht<br />

ihnen ja nun die soziale Auslese<br />

schon in der Grundschule. Die<br />

soziale Auslese sollte aber<br />

keinesfalls offensichtlich als<br />

solche erkennbar sein, deshalb<br />

sollten sie diese mit „Begabung“<br />

begründen.<br />

Der Name der untergeordneten<br />

Schule sollte möglichst<br />

(bevor dieser völlig verbrannt<br />

ist) von Zeit zu Zeit gewechselt<br />

werden. Gelungene Beispiele<br />

finden sich in der Historie: Die<br />

Volksschule wurde in Hauptschule<br />

umbenannt und die<br />

Hauptschule in Oberschule. Ein<br />

sehr gelungener Namenswechsel<br />

war der Wechsel von Sonderschule<br />

zur Förderschule. Bis<br />

heute glauben Eltern an „Förderung“<br />

der aussortierten Störer.<br />

Verstehen sie warum? Es ist<br />

wichtig!<br />

Eventuelle Ansprüche aus<br />

dem Grundgesetz umgehen sie<br />

leicht mit Argumenten wie:<br />

Gezielte Förderung der Schwachen<br />

in Extrafürschulen und<br />

Wahlfreiheit der Schullaufbahn.<br />

Gleichzeitig sorgen sie dafür,<br />

dass ihre Beamten „Fehlgeleitete“<br />

(Nichtempfohlene) rechtzeitig<br />

wieder aussortieren und der<br />

unteren Schulform zuführen.<br />

Keinesfalls darf sich die obere<br />

Schule den Kindern anpassen,<br />

weil sonst Tür und Tor für<br />

Kinder aus der sozial schwachen<br />

Schicht geöffnet wird.<br />

Wie oben schon angedeutet:<br />

Der Begriff „Oberschule“, für die<br />

untere Schulform wurde geschickt<br />

gewählt, denn er suggeriert<br />

das Gegenteil von „Unten“.<br />

Behalten sie ihn zunächst bei.<br />

Bestehende Gesamtschulen dürfen<br />

nicht als Alternative zum<br />

gegliederten Schulsystem etabliert<br />

bleiben. Das ist möglich,<br />

indem sie mittelfristig die<br />

jetzigen Oberschulen zu Gesamtschulen<br />

machen. So erreichen<br />

sie ein zweigegliedertes<br />

Schulsystem ohne Alternative.<br />

Verstehen sie? Es ist wichtig!<br />

Gegenüber den Eltern, deren<br />

Kinder zur Unteren und nicht<br />

zur Oberen Schulform gehen<br />

sollen, sollten sie argumentieren:<br />

Dort lernen die Kinder<br />

ALLE GEMEINSAM. Das<br />

nimmt auch den Einheitsbreiideologen<br />

den Wind aus den<br />

Segeln! Jetzt kann die Wahlfreiheit<br />

in erster Instanz und die<br />

späterer Zurückführung der<br />

falsch Angemeldeten in zweiter<br />

Instanz die Selektion gewährleisten.<br />

Die Funktion der Wahlfreiheit:<br />

Alle sozial besser gestellten<br />

Eltern können ihre Kinder zur<br />

Gesamtschule (die ja jetzt der<br />

untere Teil ist) anmelden, damit<br />

sie mit den sozial schwachen<br />

Kindern gemeinsam lernen.<br />

Aber sie können ihr Kind<br />

natürlich auch auf die höhere<br />

Schulform schicken.? Keine<br />

Angst! Wenn nun die sozial<br />

schwachen Eltern ihren Kindern<br />

das antun wollen ;-) und sie zur<br />

oberen Schulform schicken, ist<br />

das in Ordnung. Die Schullaufbahnkorrektur<br />

rückt das ja nach<br />

kurzer Zeit wieder gerade.? Die<br />

Verantwortung liegt nun nicht<br />

mehr bei ihnen als Politiker. Die<br />

Trennung ist jetzt Volkes Wille!<br />

Verstehen sie? Es ist wichtig!<br />

Bedenken sie dabei auch:? Es<br />

wird entscheidend sein ob unser<br />

und dann ja auch ihr Kind in<br />

einem schwächeren oder stärkeren<br />

Umfeld (Milieu) lernt und<br />

lebt. Entscheidend dafür, dass<br />

unsere (und ihre Elite-) Kinder<br />

ein von allen finanziertes<br />

Studium mit entsprechenden<br />

Aussichten durchlaufen wird<br />

oder nicht.? Der NDR hat es<br />

passend so ausgedrückt: Ob sie<br />

später „... ein Zweitauto haben,<br />

oder einen Zweitjob brauchen“?<br />

Sie wissen was wir von ihnen<br />

erwarten! Oder?<br />

Mitgliederversammlung<br />

KV Wittmund<br />

am Dienstag, dem 16.04.2013,<br />

um 17 Uhr in der Stadthalle „Residenz“ in Wittmund<br />

Bernd Siegel<br />

mit den üblichen Tagesordnungspunkten wie Tätigkeitsbericht, Kassenbericht, Wahlen zum Vorstand,<br />

Ehrungen.<br />

Als Gast geladen haben wir den Vorsitzenden des Bezirksverbandes Weser Ems der GEW, Stefan<br />

Störmer, der eine Einschätzung der Koalitionsvereinbarungen zur Bildungspolitik geben wird.


<strong>LEUCHTTURM</strong><br />

30<br />

AG Jugendliteratur & Medien der GEW (AJuM)<br />

Vorbei, Vergessen?<br />

Nein, das wird schon nicht geschehen, das kann gar nicht sein, das ist Panikmache!<br />

Als es doch passiert, ist es zu spät. Wir sprechen von einer Szene von<br />

Homosexuellen ab dem Jahr 1932, deren strafrechtliche Verfolgung durch den<br />

§ 175 StGB, der sogar in die Bundesrepublik Deutschland übernommen wurde<br />

und offiziell erst 1994 abgeschafft wurde, und Stigmatisierung. Eine sehr eindringliche<br />

Bildergeschichte mit einer Rahmenhandlung ohne Happy End.<br />

Michel Dufranne & Milorad Vicanoviæ & Christian Lerolle:<br />

Rosa Winkel<br />

Aus dem Französischen von Edmund Jacoby<br />

Berlin: Jacoby & Stuart 2012<br />

www.jacobystuart.de<br />

ISBN 978-3-941787-79-7<br />

32 S * 12,90 Euro * ab 14 J<br />

Ulli Baselau<br />

Die kleine Rahmenhandlung<br />

im heutigen Paris ist<br />

koloriert: Der Urgroßvater von<br />

Alex soll für ein Referat befragt<br />

werden, denn Andreas Müller,<br />

inzwischen über 90 Jahre alt, ist<br />

«Überlebender» des KZ. Der<br />

Epilog, die letzten drei Seiten, ist<br />

übertitelt: «Pflicht der Erinnerung<br />

– Recht zu vergessen». In<br />

diesem Spannungsbogen lebt die<br />

Geschichte dazwischen, die nicht<br />

nur dieses Leben zerstörten –<br />

auch wenn Andreas gegen alle<br />

Annahmen – und nicht wie viele<br />

andere – die Zeit des Nationalsozialismus<br />

irgendwie körperlich<br />

überstand.<br />

Die knapp 140 Seiten<br />

zwischen fünf und zehn Bildern<br />

sind in Brauntönen gehalten.<br />

Wir verfolgen das Leben des<br />

jungen Mannes Andreas Müller,<br />

der von seiner verwitweten<br />

Mutter großgezogen wird, sehr<br />

erfolgreich als Werbegrafiker<br />

arbeitet und sich in einer, wir<br />

würden heute sagen, Schwulenszene<br />

zu Hause fühlt. Die<br />

Sprache ist sehr direkt, die<br />

Körper «gestählt». Man ist jung,<br />

man vergnügt sich mit Seinesgleichen.<br />

Angst muss man auch<br />

nicht nach 1933, dem Wahlsieg<br />

der NSDAP, haben, denn<br />

obwohl die Liebe unter Männern<br />

zwar (noch) nicht verboten<br />

ist, aber man befürchtet so etwas.<br />

Das Gegenargument ist Ernst<br />

Röhm und seine Sturmabteilung<br />

(SA), «weil niemand wärmer ist<br />

als er und seine süssen Truppen».<br />

Der erste Schreck kommt, als<br />

die SA-Truppen das Publikum<br />

zusammenschlagen, weil diese<br />

mitbekommt, dass ein Boxkampf<br />

«verschoben» wurde. Noch hat<br />

Andreas die Chance, mit einem<br />

Freund nach Amerika auszuwandern,<br />

aber er verpasst diesen<br />

Moment, wird von der Hausmeisterfrau<br />

denunziert, soll seine<br />

Freunde für seine eigene Freiheit<br />

verraten – aber es kommt noch<br />

viel schlimmer.<br />

Vom Beginn der Boxkampfszene<br />

an, also nach Seite 38,<br />

werden wir richtig in die<br />

Geschichte hineingezogen, die<br />

zu Beginn vor allem wegen<br />

fehlender Identifikation der<br />

Personen schleppend in Gang<br />

kommt. Das ist schade, denn die<br />

Vorteile der Graphic Novel, auch<br />

«Lesefaule» mit Literatur oder<br />

Sachbuch vertraut zu machen,<br />

werden hier zu Beginn verschenkt.<br />

Auf der Innenklappe<br />

des Broschurbuches ist hinten<br />

eine kurze Geschichte des § 175<br />

StGB abgedruckt, die die heutige<br />

Entwicklung in eine sehr<br />

aktuelle Geschichte stellt.<br />

Zum geschichtlichen Hintergrund<br />

des Titels: Jeder Häftling<br />

musste in den Konzentrationslagern<br />

ein Abzeichen an seiner<br />

Jacke tragen, dessen Farbe ihn<br />

einer der verfolgten Gruppen<br />

zuordnete. Dabei wurde unterschieden<br />

zwischen «Politischen,<br />

Berufsverbrechern, Emigranten,<br />

Bibelforschern, Homosexuellen<br />

und Asozialen». Besondere<br />

Abzeichen gab es z. B. für<br />

«Juden und Rasseschänder».<br />

Diese Rezension steht im Internet unter<br />

www.ajum.de (Datenbank)


31 <strong>LEUCHTTURM</strong><br />

Jahreshauptversammlung<br />

des GEW Kreisverbandes Wilhelmshaven am 27. November 2012<br />

Der Vorsitzende Wolfgang<br />

Niemann-Fuhlbohm begrüßt<br />

die Anwesenden und bittet<br />

sie, sich für eine Minute<br />

schweigend zur Totenehrung zu<br />

erheben. Stellvertretend für die<br />

Toten des Berichtszeitraumes<br />

erinnert er an die Kollegen<br />

Opitz und Behnke.<br />

Der stellvertretende Vorsitzende<br />

Hans-Dieter Broek stellt die<br />

Aktivitäten des Kreisverbandes<br />

und des Vorstandes im Berichtszeitraum<br />

dar:<br />

Am 15.11.11 und am 20.11.12<br />

führte der KV zwei ganztägige<br />

SPR-Schulungen mit der Referentin<br />

Astrid Müller (SBPR)<br />

durch. Halbtägige SPR-Konferenzen<br />

fanden am 24.03.11, am<br />

16.06.11 (beide mit der Referentin<br />

Schramm) sowie am 24.04.12<br />

mit Astrid Müller statt. Thematische<br />

Informations- und Diskussionsveranstaltungen<br />

gab es mit<br />

Pröbstel „Damit Schule nicht<br />

krank macht“ (16.11.10) und<br />

Krohs „Inklusion – die bessere<br />

Pädagogik?“ (01.03.11).<br />

Auf Initiative des KV Wilhelmshaven<br />

neu geschaffen und in<br />

Zusammenarbeit mit den KVs<br />

Wittmund und Jever wurde die<br />

Informationsreihe für Schulleitungen<br />

der GEW. Startveranstaltung<br />

war hier am 07.12.11 mit<br />

Astrid Müller.<br />

Der KV organisierte die Teilnahme<br />

an der diesjährigen Didakta<br />

in Hannover und orderte hierfür<br />

einen Bus.<br />

Ebenfalls begleitete der KV die<br />

Personalratswahlen am 06. und<br />

07.03.12.<br />

Weitere Ereignisse mit Beteiligung<br />

des KV:<br />

· Einstellung des „Rohrstock“<br />

und Beteiligung am „Leuchtturm“<br />

· Aufkündigung der Organisation<br />

des Krökel-Pokals<br />

· Beitrag zur Broschüre „20<br />

Jahre Integration Hafenschule“<br />

· Pressemitteilung zur Schulentwicklungsplanung<br />

(27.08.12)<br />

Nicht zuletzt trafen sich die<br />

Vorstandsmitglieder einmal monatlich<br />

zu ihren Vorstandssitzungen!<br />

Die Wahlen im Kreisverband<br />

gehen wie folgt aus:<br />

o Auf den alleinigen Vorschlag<br />

für den 1. Vorsitzenden Wolfgang<br />

Niemann-Fuhlbohm entfallen<br />

100% der Stimmen.<br />

o Auf den alleinigen Vorschlag<br />

für den stellvertretenden Vorsitzenden<br />

Hans-Dieter Broek entfallen<br />

alle Stimmen bis auf eine.<br />

o Auf den alleinigen Vorschlag<br />

für den Schatzmeister Wolfgang<br />

Leuper entfallen 100% der<br />

Stimmen.<br />

o Weitere Mitglieder des Vorstandes:<br />

Bernhard Opitz, Inge Lehmhus,<br />

Günter Wagner, Martin Toepel.<br />

Zu Delegierten für die Kreisdelegiertenkonferenz<br />

des DGB werden<br />

einstimmig gewählt:<br />

Friedrich Fischer, Dieter Meisel.<br />

Zu Kassenprüfern des neuen<br />

Amtszeitraumes werden gewählt:<br />

Christoph Seifert, Dieter Meisel.<br />

Der Vorsitzende gibt zur<br />

Kenntnis: Schatzmeister Wolfgang<br />

Leuper wird das GEW-<br />

Konto in ein Körperschaftskonto<br />

umwandeln.<br />

Zu Delegierten für die Bezirksdelegiertenkonferenz<br />

Weser-Ems<br />

werden einstimmig gewählt:<br />

Jutta Hildebrandt, Renate Herde,<br />

Martin Toepel, Inge Lehmhus,<br />

Wolfgang Niemann-<br />

Fuhlbohm (Ersatz)<br />

Für 25-jährige Mitgliedschaft<br />

in der<br />

GEW werden geehrt:<br />

- Jutta Hildebrand,<br />

Gertrud Marwede,<br />

Edeltraut Schmidt.<br />

Für 40-jährige Mitgliedschaft<br />

in der<br />

GEW wurden geehrt:<br />

- Ruth Hartmann,<br />

Martin Toepel, Harald<br />

Bouillon, Traugott<br />

Böhlke und<br />

Wolfgang Niemann-<br />

Fuhlbohm.<br />

Mitglieder des Schulausschusses<br />

berichten von den<br />

Entwicklungen im Rahmen der<br />

aktuellen Schulentwicklungsplanung<br />

in Wilhelmshaven.<br />

Der weitere Verlauf der Sitzung<br />

ist öffentlich, und die Kolleginnen<br />

und Kollegen begrüßen Ina<br />

Korter, die bildungspolitische<br />

Sprecherin der Grünen-Fraktion<br />

im niedersächsischen Landtag,<br />

sowie weitere Gäste. Frau Korter<br />

erläutert – sehr kompetent<br />

übrigens – die<br />

bildungspolitischen<br />

Vorstellungen der<br />

Grünen in Niedersachsen:<br />

„Wir wollen<br />

die Kinder von Anfang<br />

an in guten<br />

Krippen und Kitas<br />

fördern, statt dafür 1,2<br />

Mrd. pro Jahr dafür zu<br />

zahlen, dass sie zuhause<br />

bleiben. Wir<br />

stellen in der Schulpolitik<br />

die Kinder - und zwar alle<br />

Kinder - und ihre Bildungschancen<br />

in den Mittelpunkt. Wir<br />

machen Schluss mit der Ausleseschule<br />

und Schluss mit der<br />

Bevormundung der Eltern, die<br />

eine Gesamtschule für ihr Kind<br />

wollen. Wir wollen an unseren<br />

Schulen statt Turbo-Stress genügend<br />

Zeit für nachhaltiges<br />

Lernen! Und wir werden mit<br />

guten Ganztagsschulen für bessere<br />

Bildungschancen sorgen.“<br />

Ina Korter<br />

Gertrud Marwede, Jutta Hildebrandt, Harald Bouillon, Ruth<br />

Hartmann, Martin Toepel, Edeltraut Schmidt, Wolfgang Niemann-<br />

Fuhlbohm (von links)


<strong>LEUCHTTURM</strong><br />

32<br />

... isst Grünkohl<br />

am Freitag, dem<br />

1. März 2013, beginnend<br />

um 15 Uhr<br />

beim Forsthaus<br />

Upjever<br />

Krongutsallee 54<br />

26419 Schortens<br />

(liegt am Ende der jeverschen<br />

Boßelstrecke; ab da sind wir immer auf<br />

der Teerstr. nur gelaufen wg. der tiefen<br />

Gräben)<br />

Alle Kolleginnen und Kollegen<br />

aus den ost-friesischen<br />

KVs sind hierzu<br />

herzlich eingeladen.<br />

Gegen 17.30 Uhr gibt es dann<br />

schmackhaften Grünkohl.<br />

Um Anmeldung bis zum<br />

23.02.13 bei Jürgen Kramm<br />

04462/6102 (WTM) bzw.<br />

Fridolin Haars - 04461/5123<br />

(FRI) wird gebeten.

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