10.09.2014 Aufrufe

LEUCHTTURM

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>LEUCHTTURM</strong><br />

Inklusion in Norden<br />

Herbert Czekir<br />

Auf der Mitte Mai stattfindenden<br />

Kreisvorstandssitzung<br />

des Kreisverbandes Norden stand<br />

das Thema Inklusion im<br />

Mittelpunkt. Als Gäste waren der<br />

Schulleiter Martin Albers von<br />

der Grundschule Süderneuland<br />

und Remmer Kruse von der<br />

Förderschule am Meer in Norden<br />

anwesend. Beide berichteten von<br />

der sich verändernden Schullandschaft<br />

in Norden und<br />

Umgebung. Bereits seit Beginn<br />

des Schuljahres 2011/2012 wird<br />

an den Norder Grundschulen im<br />

Sinne der Inklusion unterrichtet.<br />

Das bedeutet, dass Schülerinnen<br />

und Schüler (SuS) mit<br />

besonderem Förderbedarf in den<br />

Bereichen Lernen, Sprache oder<br />

emotional-soziale Entwicklung<br />

nicht mehr an einer Förderschule,<br />

sondern in ihrer zuständigen<br />

Grundschule gefördert werden.<br />

Auf diese Weise soll verhindert<br />

werden, dass Kindern ein sonderpädagogischer<br />

Status zuerkannt<br />

werden muss. Jeder Schule<br />

steht dazu die sonderpädagogische<br />

Grundversorgung zur Verfügung.<br />

Das bedeutet zurzeit, dass<br />

einer Grundschule pro Klasse 2<br />

Stunden und Woche an Unterstützung<br />

durch eine Sonderpädagogin<br />

oder einen Sonderpädagogen<br />

zustehen.<br />

Martin Albers begründete den<br />

frühzeitigen Beginn der Inklusion<br />

an Norder Schulen (flächendeckender<br />

Start in Niedersachsen<br />

erst mit Beginn des nächsten<br />

Schuljahres) mit den sachlichen<br />

Voraussetzungen, die im Moment<br />

besonders günstig seien. So<br />

finanzierten der Landkreis Aurich<br />

und die Stadt Norden im<br />

Rahmen des regionalen Integrationskonzeptes<br />

(RIK) zurzeit<br />

eine Sozialarbeiterin mit 30<br />

Stunden. Darüber hinaus stünden<br />

im Rahmen des MESEO-<br />

Projektes (Modellversuch emotionale<br />

und soziale Entwicklung<br />

in Ostfriesland) weitere 10<br />

Stunden von Förderschulkräften<br />

zur Verfügung.<br />

Dieses Modellvorhaben über<br />

eine präventive und begleitende<br />

Förderung von Grundschülerinnen<br />

und Grundschülern mit<br />

Beeinträchtigungen im Bereich<br />

der emotionalen und sozialen<br />

Entwicklung sei auch von<br />

besonderer Bedeutung, da diese<br />

Schülergruppe immer umfangreicher<br />

werde. Martin Albers<br />

betonte, dass dem Erwerb von<br />

Sozialkompetenz in inklusiven<br />

Klassen eine besondere Bedeutung<br />

zukomme. Auch in Zukunft<br />

würde man den Einsatz von<br />

SozialarbeiterInnen benötigen.<br />

Durch die Verteilung der<br />

zusätzlichen Stunden auf die<br />

vier Norder Grundschulen,<br />

stünden punktuell zwar nur<br />

geringe zusätzliche Ressourcen<br />

zur Verfügung, es hätte sich aber<br />

gezeigt, dass bei frühzeitiger und<br />

gezielter Förderung erhebliches<br />

erreicht werden könne.<br />

Kritisch sah Albers die<br />

geforderte Benotung in Klasse 3.<br />

Stigmatisierung und Ausgrenzung<br />

von Kindern solle durch<br />

Inklusion weitgehend vermieden<br />

werden. Dies sei jedoch durch<br />

die Benotung in Gefahr.<br />

Insgesamt lobte der Schulleiter<br />

die positive Grundhaltung<br />

aller Beteiligten bei der Umsetzung<br />

der Inklusion. Er wies<br />

jedoch auf die erhebliche<br />

Arbeitsbelastung hin und forderte<br />

mehr Ressourcen. Dies wurde<br />

vom Kreisvorstand ausdrücklich<br />

unterstützt.<br />

Förderschullehrer Remmer<br />

Kruse betonte die positiven<br />

Möglichkeiten von Inklusion:<br />

„Sehr viele Kinder mit<br />

Problemen in den Bereichen<br />

Lernen und Sprache lernen<br />

besser und mehr, wenn sie in der<br />

Grundschule verbleiben, als<br />

wenn sie in eine Förderschule<br />

überwiesen werden. Ferner entwickeln<br />

sie ein deutlich höheres<br />

Selbstbewusstsein. Häufig werden<br />

sie aber wegen der meist<br />

nicht so guten Noten unzufrieden<br />

und sogar unglücklich.“ Er<br />

äußerte die Vermutung, dass<br />

insbesondere Eltern, die selbst<br />

positive Erfahrungen mit der<br />

Förderschule gemacht hätten,<br />

10<br />

von ihrem Recht auf Wahlfreiheit<br />

nach Klasse 4 Gebrauch<br />

machen könnten, um erneut die<br />

Förderschulen anzuwählen. Diese<br />

würden zwar erhalten bleiben,<br />

jedoch in Form von Schwerpunktschulen<br />

und Beratungszentren.<br />

So werde die FöS Norden<br />

den Bereich Krummhörn und<br />

FöS Großheide den Bereich<br />

Brookmerland mitbetreuen.<br />

Erstaunt nahm der Kreisvorstand<br />

zur Kenntnis, dass - anders<br />

als erwartet - die sonderpädagogische<br />

Förderung flexibel mit<br />

unterschiedlichen Organisationsformen<br />

durchgeführt wird.<br />

Nur eine Möglichkeit sei der<br />

gemeinsame Unterricht mit der<br />

Grundschullehrkraft, so Remmer<br />

Kruse. Teilweise mit differenzierendem<br />

Unterrichtsmaterial werde<br />

auch in Einzelunterricht oder<br />

in Kleingruppen gefördert. Hinzu<br />

kämen spontan abzustimmende<br />

Kurzzeitförderungen,<br />

etwa bei Einführung in neue<br />

Themenbereiche.<br />

Er wies auch darauf hin, dass<br />

Inklusion stark differenzierende<br />

Unterrichtsmethoden erfordere.<br />

Dies bedeute für viele Lehrkräfte<br />

ein Umdenken und Mehrarbeit.<br />

„Es gibt eine Unmenge an<br />

geeigneten Methoden, die Schüler<br />

nicht nur besser zu fördern,<br />

sondern auch bei gemeinsamer<br />

Unterrichtung zufriedener zu<br />

machen“, äußerte Remmer Kruse.<br />

Der Weg zu einem inklusiven<br />

Bildungssystem sei jedoch nicht<br />

festgelegt und damit sehr<br />

beschwerlich.<br />

Nirgends gäbe es klare<br />

Vorgaben, an denen man sich<br />

orientieren könne, kritisierte der<br />

Förderschullehrer. So müssten<br />

die betroffenen Kollegen in jeder<br />

Region die Flut von Aufgaben<br />

und Planungen selbst bewältigen.<br />

Die Norder Grundschulen<br />

hätten zusammen mit der<br />

Förderschule schon im Jahr<br />

2011 in einer zweitägigen<br />

Veranstaltung die Diskussion<br />

eines Konzeptes begonnen. Aus<br />

dieser Veranstaltung sei ein<br />

Steuerkreis entstanden, der regel-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!