Die Zeitmacher

Mitte Oktober 1916 war Boris zurück in St. Petersburg. Die
politische Lage zeigte sich sehr angespannt. Die Bevölkerung
hungerte, die Arbeiter befanden sich teilweise im Streik und
gingen, von gewissen Kreisen aufgehetzt, zu Hunderten auf
die Straße, um gegen die Missstände zu protestieren. Doch in
diesen Protesten war nicht die Spur irgendeiner Organisation
zu erkennen.
Olga überschlug sich fast vor Freude, als sie den Garanten
ihres feudalen Lebens wohlbehalten zurückerhielt. Sie
verschwendete jedoch keine Sekunde, irgendwelche Fragen zu
seiner langen Reise zu stellen, sondern behandelte Boris nach
wie vor wie einen Putzlappen, den man achtlos in die nächste
Ecke wirft. Aber Boris wusste längst über die Gefühle von
Olga Bescheid, doch sie war die Mutter seines Sohnes, auch
wenn sie sich kaum mit ihm beschäftigte. Aufgrund der nicht
enden wollenden Feiern ist aus der einst schlanken Grafentochter
eine achtzig Kilogramm schwere Matrone geworden,
deren Kleider fortwährend zu eng waren und durch neue ersetzt
werden mussten. Ihre Pflichten als Mutter nahm sie überhaupt
nicht mehr wahr und es grenzte an ein Wunder, dass der Kleine
nicht schon fragte: »Wer ist das?«
Zunehmende Versorgungsprobleme, insbesondere Brennstoffmangel,
machten den Winter 1916/17, der auch noch außergewöhnlich
streng verlief, für die Bevölkerung zur Hölle und
das Elend nahm ungeheure Ausmaße an. Die Leute hungerten
und froren, die Todesfälle nahmen rasant zu und begannen,
unglaubliche Dimensionen anzunehmen. Alles, was irgendwie
brennbar aussah, wurde zusammengekratzt und gestohlen, aber
wer glaubte, damit der entsetzlichen Kälte zu trotzen, hatte
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