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Das strafrechtliche Sanktionensystem und die ...

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<strong>Das</strong> <strong>strafrechtliche</strong> <strong>Sanktionensystem</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> Sanktionierungspraxis in Deutschland 11<br />

aus häufigster Strafart an einem ähnlich bedeutsamen Wendepunkt, wie es einst der<br />

Übergang von den Leibes- <strong>und</strong> Lebensstrafen des Mittelalters zur Freiheitsstrafe der<br />

Aufklärungszeit gewesen ist" (Jescheck, in: Leipziger Kommentar, 11. Aufl., Berlin/New<br />

York 1992, Einleitung, Rndr. 93). Namentlich durch <strong>die</strong> beiden Strafrechtsreformgesetze<br />

sollte u.a. "<strong>die</strong> moderne Ausgestaltung des <strong>Sanktionensystem</strong>s als taugliches<br />

Instrument der Kriminalpolitik mit dem Ziel einer Verhütung künftiger Straftaten, vor<br />

allem durch Resozialisierung des Straftäters" (Erster Schriftlicher Bericht des Sonderausschusses<br />

für <strong>die</strong> Strafrechtsreform, BT-Drs. V/4094, S. 3) erreicht werden. Dem<br />

<strong>die</strong>nten vor allem<br />

<strong>die</strong> Ersetzung der verschiedenen Arten freiheitsentziehender Strafen durch <strong>die</strong><br />

(Einheits-)Freiheitsstrafe (§ 38 StGB),<br />

<strong>die</strong> Heraufsetzung des Mindestmasses der Freiheitsstrafe von einem Tag auf einen<br />

Monat (§ 38 Abs. 2 StGB),<br />

<strong>die</strong> Zurückdrängung der kriminalpolitisch unerwünschten kurzen Freiheitsstrafe unter<br />

sechs Monaten zugunsten der Geldstrafe (§ 47 StGB),<br />

<strong>die</strong> Erweiterung des Anwendungsbereichs der Strafaussetzung zur Bewährung auf<br />

Freiheitsstrafen bis zwei Jahren (§ 56 StGB),<br />

<strong>die</strong> Umstellung der Geldstrafe auf das Tagessatzsystem (§ 40 StGB)<br />

sowie<br />

<strong>die</strong> Einführung der Rechtsinstitute der Verwarnung mit Strafvorbehalt (§ 59 StGB)<br />

<strong>und</strong> des Absehens von Strafe (§ 60 StGB).<br />

Kernstück des kriminalpolitischen Programms war <strong>die</strong> nachhaltige Einschränkung der<br />

als resozialisierungsfeindlich angesehenen kurzen Freiheitsstrafe, <strong>die</strong> "in Zukunft nur<br />

noch in einem ganz engen <strong>und</strong> auch kriminalpolitisch vertretbaren Bereich verhängt <strong>und</strong><br />

vollstreckt" (Erster Schriftlicher Bericht des Sonderausschusses für <strong>die</strong> Strafrechtsreform.<br />

BT-Drs. V/4094, S. 6) werden sollte. Damit war <strong>die</strong> Erwartung verb<strong>und</strong>en, den<br />

Strafvollzug nachhaltig zu entlasten <strong>und</strong> so überhaupt erst <strong>die</strong> tatsächlichen<br />

Voraussetzungen für dessen Reform zu schaffen (Erster Schriftlicher Bericht des<br />

Sonderausschusses für <strong>die</strong> Strafrechtsreform. BT-Drs. V/4094, S. 11). Hauptstrafe der<br />

Gegenwart sollte <strong>die</strong> Geldstrafe sein, deren Anwendungsbereich <strong>die</strong> leichte <strong>und</strong> mittlere<br />

Kriminalität sein sollte. In Verbindung mit der Strafzumessungsvorschrift von § 46 StGB<br />

wurde durch <strong>die</strong> Strafrechtsreform von 1969 <strong>die</strong> Idee der Spezialprävention wesentlich<br />

gestärkt <strong>und</strong> in den Vordergr<strong>und</strong> gerückt.<br />

Der B<strong>und</strong>esgerichtshof hat <strong>die</strong>se kriminalpolitische Gr<strong>und</strong>konzeption folgendermassen<br />

zusammengefasst: "Nach der kriminalpolitischen Gesamtkonzeption, von der <strong>die</strong> Strafrechtsreform<br />

ausgeht, soll in der Regel auf <strong>die</strong> Verhängung kurzer <strong>und</strong> <strong>die</strong><br />

Vollstreckung mittlerer Freiheitsstrafen verzichtet werden .... Der Begriff 'Verteidigung<br />

der Rechtsordnung' <strong>die</strong>nt insoweit der Abgrenzung der Ausnahmefälle, in denen <strong>die</strong>s<br />

nicht möglich ist. Seine Auslegung kann daher nur an <strong>die</strong> kriminalpolitischen<br />

Erwägungen anknüpfen, auf denen <strong>die</strong> in den §§ 14, 23 StGB (jetzt: 47, 56 StGB - d.<br />

Verf.) getroffene Regelung beruht.<br />

Dem 1. Strafrechtsreformgesetz liegt der Gedanke zugr<strong>und</strong>e, dass <strong>die</strong> Strafe nicht <strong>die</strong><br />

Aufgabe hat, Schuldausgleich um ihrer selbst willen zu üben, sondern nur gerechtfertigt<br />

ist, wenn sie sich zugleich als notwendiges Mittel zur Erfüllung der präventiven<br />

Schutzaufgabe des Strafrechts erweist. Einen wesentlichen Akzent hat der Gesetzgeber<br />

durch <strong>die</strong> Aufnahme der spezialpräventiven Klausel als Ziel des Strafzumessungsvorgangs<br />

in § 13 Abs. 1 Satz 2 StGB (jetzt: § 46 Abs. 1 StGB - d. Verf.) gesetzt.<br />

Die Tatsache, dass das Gesetz den Strafzweck der Generalprävention im Gegensatz<br />

zur mehrfachen Erwähnung des Gedankens der sozialen Anpassung (§ 13 Abs. 1 Satz<br />

2, § 14 Abs. 1, § 23 Abs. 1 StGB) (jetzt: § 46 Abs. 1 Satz 2, § 47 Abs. 1, § 56 Abs. 1<br />

StGB - d. Verf.) nicht ausdrücklich nennt, lässt für <strong>die</strong> Bemessung der Strafe eine<br />

bedeutsame Schwerpunktverlagerung auf den spezialpräventiven Gesichtspunkt im

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