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Das strafrechtliche Sanktionensystem und die ...

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<strong>Das</strong> <strong>strafrechtliche</strong> <strong>Sanktionensystem</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> Sanktionierungspraxis in Deutschland 67<br />

Der Anteil der Verurteilten an allen (informell <strong>und</strong> formell) Sanktionierten ging dementsprechend<br />

zwischen 1981 <strong>und</strong> 2004 um 25 Prozentpunkte zurück, was überwiegend<br />

auf einem Rückgang der Verhängung von Erziehungsmassregeln <strong>und</strong> ambulanten<br />

Zuchtmitteln (1981 .. 2004: -16,7%) beruhte, aber auch, wenngleich in deutlich<br />

geringerem Masse, von Jugendarrest (1981-2004: -5,7%) <strong>und</strong> Jugendstrafe (1981-<br />

2004: -2,9%) (Schaubild 26).<br />

100%<br />

§ 45 JGG<br />

§ 47JGG<br />

formell<br />

sanktioniert %<br />

KONSTANZER<br />

INVENTAR<br />

SANKTIONSFORSCHUNG<br />

KIS:SXJB1.04.6 #26'<br />

80%<br />

60%<br />

56 56 55 52 50 48 49 48<br />

§ 27 JGG<br />

Erziehungsmaßregeln/<br />

ambulante<br />

Zuchtmittel<br />

Jugendarrest<br />

44<br />

39 38 36 36 33 33 32 33 31 31 31 31 31 31 31<br />

40%<br />

20%<br />

bed. Jugendstrafe<br />

unbedingte<br />

Jugendstrafe<br />

1981 85 1990 95 2000 2004<br />

Diversionsrate 44 44 45 48 50 52 51 52 56 61 62 64 64 67 67 68 67 69 69 69 69 69 69 69<br />

Erz.maßr./amb.Zuchtm. 36 36 35 33 32 31 32 31 29 26 25 23 22 21 21 20 20 19 19 19 19 20 20 20<br />

Jugendarrest 11 12 11 11 10 10 9 9 8 6 6 6 6 6 5 5 6 6 5 5 5 6 6 6<br />

Jugendstrafe 8 8 8 8 7 7 7 7 7 6 7 6 7 6 6 6 6 6 6 6 6 5 5 5<br />

0%<br />

Schaubild 26: Entwicklung der Sanktionspraxis im Jugendstrafrecht<br />

Zu den rechtsstaatlichen Defiziten zählt, dass <strong>die</strong> Einstellungsmöglichkeiten des JGG in<br />

regional extrem unterschiedlichem Masse genutzt werden. Die Unterschiede im<br />

Gebrauch der §§ 45, 47 JGG übersteigen jene beim Gebrauch der Einstellungsmöglichkeiten<br />

der §§ 153, 153a, 153b StPO bei weitem (vgl. Schaubilder 8 <strong>und</strong> 27; 9 <strong>und</strong> 28).<br />

So betrug <strong>die</strong> Diversionsrate 2004 im Saarland 51,4%, in Hamburg 81,7%, in Bremen<br />

86,0% (Schaubild 28).<br />

Unterschiede bestehen nicht nur hinsichtlich des Ausmasses, in dem von §§ 45, 47<br />

JGG Gebrauch gemacht wird. Höchst unterschiedlich ist vor allem das Mass, in dem<br />

der Jugendstaatsanwalt entscheidet bzw. der Jugendrichter eingeschaltet wird. 2004<br />

wurde in Rheinland-Pfalz bei 66,8%, in Hamburg bei 60,6% aller (informell oder formell)<br />

Sanktionierten das Verfahren gem. § 45 Abs. 1 oder 2 JGG eingestellt, in Bayern<br />

dagegen lediglich bei 34,9%. Unter Beteiligung des Jugendrichters gem. §§ 45 Abs. 3,<br />

47 JGG erfolgte in Bayern, das mit 60,5% mit <strong>die</strong> niedrigste Diversionsrate hatte, bei<br />

25,6% aller Sanktionierten <strong>die</strong> Verfahrenserledigung, in Baden-Württemberg mit einer<br />

etwas höheren Diversionsrate (68,2%) wurde der Jugendrichter nur in 8,6% der Fälle<br />

eingeschaltet, in Rheinland-Pfalz sogar – trotz einer nochmals höheren Diversionsrate<br />

(70,8%) - nur in 4,0% aller Fälle. Hierdurch ergibt sich eine ungleiche Belastung, wird<br />

doch im Falle des § 47 JGG Anklage erhoben, wo in vergleichbaren Fällen in anderen<br />

Ländern das Verfahren ohne Anklage eingestellt wird. Der Kilometerstein des Tatortes<br />

entscheidet somit in nicht unerheblichem Masse nicht nur darüber, ob das Verfahren

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