JAHRE STANDORT SCHWEIZ
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Trends<br />
14<br />
IMMOBILIEN BUSINESS_10/2014<br />
hen begeben und Kapitalerhöhungen<br />
vornehmen zu können. Hinzu kommt<br />
das vom Basler Ausschuss der Bank<br />
für Internationalen Zahlungsausgleich<br />
beschlossene jüngste Reformpaket,<br />
kurz Basel III genannt. Es sieht vor,<br />
dass Banken bis zum 31. März 2019 die<br />
von ihnen ausgereichten Kredite mit<br />
deutlich mehr Eigenkapital als bislang<br />
unterlegen müssen. Besonders hohe<br />
Eigenkapitalquoten sind für Hypothekardarlehen<br />
vorgesehen, deren Beleihungsauslauf<br />
– im Fachjargon auch<br />
Loan to Value, kurz LTV, genannt – die<br />
Schwelle von 60 Prozent überschreitet.<br />
Dabei haben zahlreiche Institute in den<br />
vergangenen Jahren immer höhere Beleihungsausläufe<br />
akzeptiert, um mehr<br />
Geschäft zu machen. «In Deutschland<br />
reicht die Spanne der LTV-Werte inzwischen<br />
bis zu 110 Prozent», sagt Flatow.<br />
«Im Mittel liegt der LTV-Wert derzeit<br />
bei 71 Prozent.»<br />
Die Basel-III-Vorgaben und die Gläubigerhaftung<br />
zwingen nun die Institute,<br />
künftig nur noch weitgehend risikoarme<br />
Immobilienkredite mit LTV-Werten<br />
von maximal 60 Prozent zu begeben.<br />
Das ist weniger, als die meisten Investoren<br />
wollen. Damit bahne sich eine tief<br />
greifende Veränderung am Finanzierungsmarkt<br />
an, meint Flatow. «Banken<br />
werden sich von Kreditgebern zu Kredit-Arrangeuren<br />
wandeln.»<br />
Beispielhaft dafür sei der jüngst von<br />
der Deutsche Hypo als Konsortialführer<br />
geschmiedete langfristige Kredit<br />
für die Mall of Berlin, sagt Flatow.<br />
«Künftig werden wir deutlich mehr<br />
solcher strukturierten Finanzierungen<br />
mit Banken-externen Partnern<br />
sehen.» Das grösste innerstädtische<br />
Shoppingcenter Europas mit<br />
80.000 Quadratmetern Einzelhandelsfläche<br />
am Leipziger Platz im Herzen<br />
der deutschen Hauptstadt hat ein<br />
Joint Venture der High Gain House<br />
Investments und der Arab Investments<br />
in London erworben. Für den<br />
Deal hat die Deutsche Hypo über eine<br />
komplexe Strukturierung einen Kredit<br />
mit zehnjähriger Laufzeit über umgerechnet<br />
724,4 Millionen Franken<br />
arrangiert. Dabei stellt der Gewerbeimmobilienfinanzierer<br />
selbst nur<br />
96,6 Millionen Franken. 543,3 Millionen<br />
Franken kommen von der Bayerischen<br />
«Durch die Einbindung unterschiedlicher<br />
Finanzierungspartner haben wir die Mallof-Berlin-Transaktion<br />
realisieren können.»<br />
Andreas Pohl, Vorstandssprecher der Deutsche Hypo<br />
Versorgungskammer (BVK), den Rest<br />
bringen zwei Kreditfonds der BNP<br />
Paribas REIM Germany auf. «Durch<br />
die Einbindung unterschiedlicher Finanzierungspartner<br />
haben wir diese<br />
Transaktion realisieren können», sagt<br />
Andreas Pohl, Vorstandssprecher der<br />
Deutsche Hypo. Weitere gemeinsame<br />
Vorhaben seien geplant, sagt André<br />
Heimrich, Mitglied des Vorstands der<br />
BVK. Die Mall of Berlin sei «ein gelungenes<br />
Beispiel für zukünftige<br />
Projekte».<br />
Konsolidierungswelle<br />
im Bankensektor<br />
Dass Banken ihr Kreditgeschäft künftig<br />
zurückfahren und verstärkt als<br />
Arrangeure tätig werden, hat noch<br />
einen weiteren Grund: Die Institute<br />
lieferten sich zuletzt einen so harten<br />
Wettbewerb um Immobilieninvestoren,<br />
dass sie selbst kaum noch dem Risiko<br />
angemessene Erträge generieren<br />
können. «In Deutschland sind die<br />
Margen im Immobilienfinanzierungsgeschäft<br />
von 181 Basispunkten im<br />
zweiten Quartal auf zuletzt nur noch<br />
167 Basispunkte gesunken», sagt Flatow.<br />
«Die Banken haben daher keinen<br />
nennenswerten Spielraum mehr, um<br />
die Hypothekarkreditzinsen noch weiter<br />
zu senken.»<br />
Darüber hinaus kündigt sich noch<br />
eine weitere Entwicklung an: «Europas<br />
Bankenlandschaft steht vor einer<br />
Konsolidierungswelle», urteilt Guy de<br />
Blonay, Fondsmanager bei der Londoner<br />
Investmentgesellschaft Jupiter Asset<br />
Management. Die Ergebnisse des<br />
Stresstests der EZB werden zahlreiche<br />
mittelgrosse Institute zwingen, sich mit<br />
anderen zusammenzuschliessen. Etliche<br />
dieser Banken dürften nicht über<br />
ausreichende Aktiva verfügen, um auf<br />
Dauer allein weiter am Markt bestehen<br />
zu können. Zwar würden die Aufsichtsbehörden<br />
weitere Übernahmen jenen<br />
Finanzkonzernen untersagen, die als<br />
systemrelevant gelten, weil sie bei einem<br />
Zusammenbruch Kapitalmarktkrisen<br />
auslösen können. Unter den<br />
mittelgrossen Banken dürfte jedoch<br />
eine Reihe von Instituten die Resultate<br />
des Stresstests «für ausgewählte Zukäufe<br />
schwächerer Mitbewerber nutzen»,<br />
ist de Blonay überzeugt.<br />
Für Käufer und Bestandshalter von<br />
Liegenschaften bedeutet dies, dass<br />
die Zahl der Hypothekarbanken in<br />
den kommenden Jahren schrumpfen<br />
wird und die verbleibenden Institute<br />
ihre Zinssätze anheben werden. «Zu<br />
einer Kreditklemme muss dies nicht<br />
führen», sagt Flatow. «Weltweit steigen<br />
immer mehr Pensionskassen und<br />
Versicherungen in Kreditfonds und<br />
das Immobilienfinanzierungsgeschäft<br />
ein, sodass weiterhin ausreichend<br />
Liquidität vorhanden sein dürfte.» Im<br />
Gegensatz zu Banken, die Giralgeldschöpfung<br />
betreiben und deshalb<br />
mit geringeren Renditen auskommen<br />
können, müssen diese institutionellen<br />
Investoren bei Hypothekardarlehen<br />
jedoch höhere Erträge erzielen, um<br />
ihre Verpflichtungen gegenüber ihren<br />
Versicherten decken zu können. Höhere<br />
Zinsen auf Hypothekarkredite,<br />
glaubt Flatow, «sind deshalb unausweichlich».