als PDF - Universitätsklinikum Leipzig
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14 REISE<br />
Ausgabe 13 / 22. Juni 2012<br />
Gesundheit und mehr...<br />
NORWEGEN<br />
Lofoten: Zackige Felsen und viel Ruhe<br />
Mia stammt aus Tromsø<br />
und lebt erst seit kurzem<br />
hier. „Ich habe auf<br />
den Lofoten mein Paradies gefunden“,<br />
sagt die junge Norwegerin.<br />
Mias Paradies – das sind<br />
80 Inseln, 100 bis 200 Kilometer<br />
nördlich des Polarkreises<br />
im Nordatlantik vor Norwegen:<br />
die Lofoten. Als schroffe Felsengruppe<br />
ragt der Archipel<br />
von Narvik aus 190 Kilometer<br />
nach Westen in den Nordatlantik.<br />
Filigrane Brücken und<br />
atemberaubende Tunnel verbinden<br />
die Inseln seit 2007 mit<br />
dem Festland.<br />
Nur drei Monate im Jahr ist<br />
auf den Lofoten Sommersaison.<br />
Ab Ende Mai fallen die Touristen<br />
aus aller Herren Länder<br />
von Kreuzfahrtschiffen, den<br />
Hurtigruten-Liniendampfern<br />
oder mit Reisebussen vornehmlich<br />
in die Orte auf der<br />
Südseite der Inselgruppe ein.<br />
Die Inselhauptstadt Svolvær<br />
mit ihren 4200 Einwohnern<br />
sowie die Fischerdörfer Henningsvær,<br />
Nusfjord, Reine und<br />
Hamnøya sind viel besuchte<br />
Plätze. Doch nur einige Kilometer<br />
weiter herrscht Ruhe,<br />
die Natur entfaltet ihre ganze<br />
Schönheit. Das manchmal<br />
azurblaue Meer und die Sandstrände<br />
vor den Dörfern Vik<br />
und Utakleiv sind umrahmt<br />
von einer beeindruckenden<br />
Bergkulisse.<br />
„Die meisten unserer ausländischen<br />
Gäste kommen aus<br />
Deutschland“, erzählt Jan Rune<br />
Yanni Vikan, Tourismuschef<br />
der Lofoten in Svolvær. Besonders<br />
beliebt sind die Wochen<br />
der Mitternachtssonne in der<br />
ersten Julihälfte, wenn die Sonne<br />
nicht untergeht. Mit dem<br />
Wohnmobil, dem eigenen Auto<br />
und neuerdings auch mit dem<br />
Flugzeug reisen Urlauber in<br />
das Inselreich. Angeln, Radeln,<br />
Bergwandern, Surfen und die<br />
ursprüngliche Natur genießen<br />
– das können Sommerurlauber<br />
auf den Lofoten. „Man muss<br />
kein Sportangler sein, um einen<br />
Ausflug mit einem der Fischerboote<br />
zu machen. Es macht<br />
Spaß, sich den eigenen Fisch<br />
für das Abendessen aus dem<br />
Meer zu holen“, sagt Vikan.<br />
Mittags um zwei tuckert Børge<br />
Iversen von Ballstad aus mit<br />
seinem Fischerboot aufs Meer<br />
hinaus. An Bord sind ein rundes<br />
Dutzend Gäste – Sportangler<br />
und Freizeitfischer. Keine<br />
halbe Stunde ist der Fischer<br />
unterwegs, dann stoppt er die<br />
Maschine. „An den Klippen unter<br />
uns steht der Fisch“, sagt<br />
Iversen nach einem prüfenden<br />
Blick auf die farbigen Bildschirme<br />
im Ruderhaus. „Unsere<br />
Fischfinder“, erklärt er lachend.<br />
Und dann dauert es<br />
Die Inselhauptstadt Svolvær mit ihren 4200 Einwohnern gehört auf den Lofoten zu den viel besuchten<br />
Plätzen. Dennoch ist selbst in der Sommersaison keine Hektik zu spüren.<br />
Fotos: dpa<br />
tatsächlich nur noch zehn Minuten,<br />
bis der erste Seelachs<br />
an einer Angelleine zappelt.<br />
Mehrere Kisten Seelachs,<br />
Schellfisch und Heilbutt sind<br />
die Ausbeute am Ende der<br />
dreistündigen Angeltour.<br />
Für die Gäste wird Iversen den<br />
Fang an Land filetieren. So ist<br />
für alle das Abendessen gesichert.<br />
Die Ausfahrten mit Urlaubern<br />
sind Børge Iversens<br />
Sommerjob. Von Mitte Januar<br />
bis Mitte April kreuzt er wie<br />
zahlreiche Fischer zum Kabeljaufang<br />
im Norden des Archipels.<br />
Der geschlechtsreife<br />
Dorsch – auch Skrei genannt –<br />
wird nach alter Tradition auf<br />
Holzgestellen <strong>als</strong> Stockfisch getrocknet.<br />
Tørrfisk – trockener<br />
Fisch – von den Lofoten gilt <strong>als</strong><br />
Delikatesse in Italien, Brasilien<br />
und in Portugal. Alles vom<br />
Stockfisch wird exportiert – die<br />
Fischköpfe bis nach Nigeria.<br />
Von Svolvær auf der Insel Vagan<br />
aus leitet<br />
die Europastraße<br />
10 <strong>als</strong> Hauptverkehrsader<br />
über kühne Brücken<br />
und durch<br />
Tunnel auf die<br />
Nachbarinseln<br />
Vestvagøya,<br />
Flakstadøya und<br />
Moskenesøya.<br />
An die 150 Kilometer<br />
sind es<br />
bis zum Ziel in<br />
Å, wo alle Straßen<br />
enden. Es<br />
ist eine Tagesreise,<br />
denn unterwegs<br />
bieten<br />
sich zahllose Fotostopps<br />
an.<br />
Grünes Bauernland breitet sich<br />
in der weiten T<strong>als</strong>enke auf<br />
Vestvagøya im Schutz der Bergketten<br />
aus. Vestvagøya ist eine<br />
der größten landwirtschaftlichen<br />
Gemeinden in ganz Norwegen.<br />
Vom hoch gelegenen<br />
Rastplatz bei Indre aus eröffnet<br />
sich ein Panorama mit dem viel<br />
besuchten Wikingermuseum in<br />
Borg und scharf gezackten<br />
Berggipfeln ringsum.<br />
Traditioneller Exportartikel: Stockfisch wird heute nur noch<br />
von etwas mehr <strong>als</strong> 150 Lofotenfischern gefangen.<br />
„Hier im Lauvdalen auf Vestvagøya<br />
liegen wir ganz günstig“,<br />
erzählt Knut auf seinem<br />
Bauernhof. „Im Sommer ist’s<br />
bei uns im Tal trocken, der<br />
Winter bringt uns manchmal<br />
bis zu einem Meter Schnee.“<br />
Bei diesem Klima pflegt Knut<br />
seinen Garten mit 20 verschiedenen<br />
Kräuterarten.<br />
Kräuter, Bauernhofkäse und<br />
hausgemachte Marmeladen<br />
verkauft der Farmer in einem<br />
kleinen Hofladen. Tochter<br />
Heidi hält darüber hinaus von<br />
Juni bis Mitte August das einzige<br />
Hofcafé der Lofoten geöffnet.<br />
Weiter geht die Fahrt auf der<br />
Europastraße 10 durch den 1,8<br />
Kilometer langen Nappstraumentunnel<br />
auf die Nachbarinsel<br />
Flakstadøya. Mit acht Prozent<br />
Gefälle und Steigung führt<br />
die Route bis in 55 Meter Tiefe<br />
unter den Meeresspiegel. Kurvig<br />
windet sich die schmale<br />
Straße von der E 10 nach Nusfjord<br />
hinunter. Rote Fischerhäuser<br />
kleben in der engen Meeresbucht<br />
wie Vogelnester an<br />
blanken Felswänden. Wer<br />
Nusfjord besuchen will, muss<br />
jedoch Eintritt – etwa fünf Euro<br />
pro Person – bezahlen: Das<br />
malerische Dorf mit seiner<br />
mehr <strong>als</strong> 100 Jahre währenden<br />
Geschichte ist in Privatbesitz.<br />
Im 19. Jahrhundert überschrieb<br />
der norwegische König<br />
die Fischerhütten einem gewissen<br />
Hans Grön Dahl, der es zu<br />
einem der bedeutendsten Fischerei-<br />
und Handelsplätze<br />
der Lofoten<br />
ausbaute.<br />
So gab es in Nusfjord<br />
bereits zu<br />
Beginn des 20.<br />
Jahrhunderts<br />
nicht nur die Post,<br />
Bäckerei, Kaufmannsladen,<br />
Trankocherei und<br />
ein Gefängnis,<br />
sondern ab 1905<br />
auch ein eigenes<br />
Wasserkraftwerk<br />
zur Stromerzeugung.<br />
Beim Bummel<br />
durch den Ort<br />
fühlen sich die<br />
Besucher in alte<br />
Zeiten zurückversetzt:<br />
Im Landhandel-Kaufmannsladen<br />
aus dem Jahr<br />
1907 sind die originalen Verkaufstheken,<br />
Vitrinen und<br />
Emaillewerbeschilder noch zu<br />
sehen. Die Rorbuer-Hütten der<br />
Fischer wurden nach dem<br />
Rückgang der Lofotenfischerei<br />
zu Ferienquartieren.<br />
Hamnøya, Reine und Sørvagen<br />
liegen wie aufgereiht entlang<br />
der E 10 auf Moskenesøya, der<br />
westlichsten Lofoteninsel, die<br />
mit dem Auto erreichbar ist.<br />
Kameras klicken am Hafen von<br />
Hamnøya, umrahmt von den<br />
über 800 Meter aufragenden<br />
Zackenfelsen der Lofotenwand,<br />
wie der mächtige Gebirgszug<br />
im Süden des Archipels auch<br />
genannt wird. Geologen schätzen<br />
dessen Alter auf 3,5 Milliarden<br />
Jahre.<br />
Nicht wie im Alphabet <strong>als</strong> erster<br />
Buchstabe am Anfang, sondern<br />
ganz am Ende der Europastraße<br />
10 liegt der winzige<br />
Flecken. Ein paar Fischerhütten,<br />
das Norwegische Fischerdorfmuseum<br />
und das Lofoten<br />
Tørrfiskmuseum lohnen die<br />
weite Anfahrt. „Wir sind das<br />
einzige Stockfischmuseum des<br />
Welt“, sagt Museumsleiter<br />
Steinar Larsen. Auf zwei Etagen<br />
dreht sich alles nur um<br />
Stockfisch. Er wird heute noch<br />
nur von etwas mehr <strong>als</strong> 150<br />
Lofotenfischern gefangen, erfahren<br />
die Besucher beim<br />
Rundgang durch die Sammlung.<br />
Beliebtes Ziel vieler Lofoten-<br />
Urlauber ist der Abstecher in<br />
den Trollfjord. Der zwei Kilometer<br />
lange Meeresarm verengt<br />
sich an seiner schm<strong>als</strong>ten<br />
Stelle auf nur 100 Meter.<br />
Schnelle, stark motorisierte<br />
Schlauchboote starten täglich<br />
ab Svolvær zu zweistündigen<br />
Ausflügen. Doch spektakulärer<br />
ist die Passage mit einem der<br />
großen Hurtigruten-Linienschiffe.<br />
Im Sommer legen die<br />
Dampfer zur Mittagszeit in<br />
Stokmarknes auf der benachbarten<br />
Insel Hadseløya ab,<br />
nehmen südwärts Kurs in den<br />
Raftsund und biegen auf der<br />
Teilstrecke nach Svolvær ein in<br />
den engen Trollfjord.<br />
Zum Greifen nahe erscheinen<br />
die rund 1000 Meter hoch aufragenden<br />
Felsenwände. Meter<br />
um Meter schiebt sich der 20<br />
Meter breite Schiffskoloss in<br />
langsamer Fahrt vorwärts, immer<br />
tiefer hinein in die Meeresenge.<br />
Am Ende des Fjords,<br />
der auch hier gerade auf 800<br />
Meter Breite kommt, dreht der<br />
Dampfer auf der Stelle – ein<br />
schwieriges Manöver, das der<br />
Schiffsführung höchste Konzentration<br />
abverlangt.<br />
Bernd F. Meier