als PDF - Universitätsklinikum Leipzig
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SOZIALES 19<br />
Ausgabe 13 / 22. Juni 2012<br />
Gesundheit und mehr...<br />
NEUBAUTEN<br />
Luxuswohnungen verdrängen Mieter<br />
Die Townhouses in der<br />
Hamburger Hafencity<br />
oder im Berliner Botschaftsviertel<br />
sind längst keine<br />
Ausnahme. Wird in Deutschland<br />
gebaut, entstehen immer<br />
mehr Luxuswohnungen. Auch<br />
ohne goldene Wasserhähne und<br />
Dachterrasse liegen die Quadratmeter-Mieten<br />
bei weit mehr<br />
<strong>als</strong> 12 Euro. Das gehe am Markt<br />
vorbei, kritisiert die Wohnungsbranche.<br />
„Es wird viel zu wenig<br />
für die Gruppe gebaut, die wenig<br />
Einkommen hat“, sagt der<br />
Präsident des Bundesverbands<br />
deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen,<br />
Axel<br />
Gedaschko. Die Folge: Fürs bezahlbare<br />
Wohnen müssen viele<br />
Mieter Lebensqualität aufgeben.<br />
Bei den 3000 GdW-Mitgliedsunternehmen<br />
entstehen inzwischen<br />
rund 43 Prozent der<br />
Wohnungen im oberen Preissegment.<br />
Mieten bis 12 Euro<br />
pro Quadratmeter bedeutet das.<br />
In Ballungszentren wie München<br />
könnten die Durchschnittsmieten<br />
sogar noch<br />
deutlich höher liegen, betont<br />
Sven Vogel vom Bundesverband<br />
Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen.<br />
„Wenn Sie<br />
neu bauen, können Sie derzeit<br />
keinen Wohnraum unter sechs<br />
Euro anbieten“, sagt er. Zu<br />
hoch seien Auflagen, Grundstückspreise<br />
und andere Kosten.<br />
„Den Unternehmen laufen<br />
die Kosten aus dem Ruder.“<br />
Leidtragende sind die Mieter.<br />
„Es gibt Leute, die geben ihre<br />
Hobbys auf, um dort wohnen<br />
zu können, wo sie gern möchten“,<br />
hat Vogel erlebt. Andere<br />
müssten bereits die Hälfte ihres<br />
SOZIALLEISTUNGEN<br />
Teurer „Waldjunge“<br />
Der „Waldjunge“ Ray heißt in Wirklichkeit Robin<br />
und hat auf Kosten der Steuerzahler gelebt.<br />
Protest gegen Luxusbauten: In diesem Jahr werden deutschlandweit mehr <strong>als</strong> 200 000 neue Wohnungen<br />
fertiggestellt. Ein Großteil davon entsteht im hochpreisigen Segment.<br />
Foto: dpa<br />
Einkommens für Miete abzweigen.<br />
Einfach die Quadratmeterpreise<br />
zu deckeln – wie Mieter<br />
vorschlagen – hilft aus Sicht der<br />
Wohnungsunternehmen aber<br />
auch nicht. „Dann baut einfach<br />
keiner mehr neue Wohnungen.“<br />
Und die werden dringend gebraucht.<br />
„Reich baut für Reich“, fasst<br />
Ulrich Ropertz vom Deutschen<br />
Mieterbund das Luxuswohn-<br />
Problem zusammen. Was fehle,<br />
sei sozialer Wohnungsbau und<br />
preiswertes Wohnen für junge<br />
Familien. Da müssten die Immobilienunternehmen<br />
bei den<br />
Renditeerwartungen auch mal<br />
Abstriche machen, meint Ropertz.<br />
„Der Markt alleine wird<br />
nicht dafür sorgen, dass wir mit<br />
Er lebte auf Kosten<br />
der Behörden, bekam<br />
Taschengeld<br />
und Deutschunterricht.<br />
Der vermeintliche „Waldjunge<br />
Ray“ hat sich in<br />
Berlin einigen Ärger eingehandelt.<br />
Der <strong>als</strong><br />
Schwindler enttarnte<br />
„Waldjunge Ray“ soll in<br />
Berlin einen Schaden von<br />
etwa 20 000 Euro verursacht<br />
haben. Davon geht<br />
der Bezirk Tempelhof-<br />
Schöneberg aus, der<br />
Strafanzeige stellen will.<br />
„Es handelt sich um einen<br />
Leistungsbetrug“, sagte<br />
Stadtrat Oliver Schworck<br />
(SPD). „Das können wir so<br />
nicht hinnehmen – es soll<br />
sich ja auch niemand ein<br />
Beispiel daran nehmen.“<br />
preiswerten Wohnungen überschwemmt<br />
werden.“<br />
Gerade in Großstädten kommt<br />
ein weiteres Problem hinzu:<br />
Auf der Suche nach einem sicheren<br />
Hafen drängen Investoren<br />
aus Krisenstaaten auf den<br />
Markt und treiben häufig die<br />
Preise in die Höhe.<br />
Der junge Mann, der in<br />
Wirklichkeit Robin heißt<br />
und aus dem niederländischen<br />
Hengelo kommt,<br />
war im September 2011<br />
im Roten Rathaus in Berlin<br />
erschienen. Er hatte<br />
angegeben, nur seinen<br />
Vornamen und sein Geburtsdatum<br />
zu kennen<br />
und jahrelang im Wald<br />
gelebt zu haben. Als mysteriöser<br />
„Waldjunge Ray“<br />
stellte er die Behörden<br />
monatelang vor ein Rätsel.<br />
Der Schwindel flog<br />
auf, <strong>als</strong> er auf Fotos identifiziert<br />
wurde. Es stellte<br />
sich heraus, dass er schon<br />
20 Jahre alt und kein<br />
Teenager mehr ist.<br />
Nun muss sich Robin<br />
Doch nicht nur beim Neubau<br />
scheint die Grenze des Machbaren<br />
bald erreicht. „Wir sanieren<br />
derzeit noch preiswerte Bestände<br />
systematisch vom<br />
Markt“, sagt Gedaschko. Die<br />
Wohnungsunternehmen sollten<br />
– politisch gewollt – immer<br />
mehr Geld in energetische Gebäudesanierung<br />
stecken. Die<br />
Folge laut Vogel: Steigende Mieten,<br />
„denn das Geld schenkt ihnen<br />
ja keiner“. Sozialleistungsempfänger<br />
und Mieter mit<br />
geringerem Einkommen würden<br />
zunehmend verdrängt.<br />
Was kann helfen? Die Wohnungsbranche<br />
setzt auf steuerliche<br />
Anreize und die verbesserte<br />
steuerliche Abschreibung<br />
von energetischer Gebäudesanierung.<br />
Seit Monaten ringen<br />
Bund und Länder um den Steuerbonus<br />
– bisher ergebnislos.<br />
Für viele Mieter wird die Regelung<br />
zu spät kommen. Einige<br />
Berliner suchen bereits ihren<br />
eigenen Weg: Aus Protest gegen<br />
steigende Mieten in Kreuzberg<br />
sind sie in eine Bretterbude gezogen<br />
und campieren seit Wochen<br />
auf dem Bürgersteig.<br />
möglicherweise wegen<br />
des Erschleichens von sozialen<br />
Leistungen verantworten.<br />
Dazu gehörten<br />
nach Angaben des Bezirks<br />
betreutes Wohnen,<br />
ein Taschengeld von 240<br />
Euro im Monat und<br />
Deutschstunden.<br />
Zur Frage nach allgemeinen<br />
Konsequenzen für<br />
den Bezirk sagte<br />
Schworck, es werde in<br />
Einzelfällen entschieden.<br />
„Grundsätzlich gehen wir<br />
davon aus, dass Leute, die<br />
zu uns kommen, uns auch<br />
brauchen“, so der Jugend-<br />
Stadtrat. Und: „Wir haben<br />
schon so viele unglaubliche<br />
Geschichten gehört,<br />
die wahr sind.“ dpa<br />
AM RANDE<br />
Minister drängt<br />
auf Fahndung<br />
per Facebook<br />
Die Suche nach Verbrechern<br />
mit Hilfe sozialer Netzwerke<br />
soll nach dem Willen<br />
von Hessens Justizminister<br />
Jörg-Uwe Hahn (FDP) in<br />
Deutschland verstärkt genutzt<br />
werden. Straftaten könnten<br />
mit Hilfe sozialer Netzwerke<br />
aufgeklärt werden, sagte der<br />
derzeitige Vorsitzende der<br />
Justizministerkonferenz in einem<br />
Interview mit der „Bild“-<br />
Zeitung. „Dieses Potential<br />
sollte der Staat nicht liegen<br />
lassen.“ Auch die Innenministerkonferenz<br />
hatte sich auf<br />
ihrer Tagung Anfang Juni dafür<br />
ausgesprochen, den Länderpolizeien<br />
das Nutzen sozialer<br />
Netzwerke für derartige<br />
Fahndungsmaßnahmen zu erlauben.<br />
Dies ist bei Datenschützern<br />
allerdings umstritten,<br />
da die Server von<br />
Facebook in den USA stehen.<br />
Hoheitliche deutsche Polizeiaufgaben<br />
wie Fahndungsaufrufe<br />
dürften aus rechtlichen<br />
Gründen nicht über das Ausland<br />
erledigt werden. Nach<br />
Hahns Angaben laufen derzeit<br />
Gespräche mit Facebook. Dabei<br />
gehe es unter anderem<br />
auch um die Frage, wo etwa<br />
die Daten gespeichert würden,<br />
die staatliche Behörden<br />
in soziale Netzwerke einstellten.<br />
Er hoffe, dass bis zum<br />
Herbst eine Lösung gefunden<br />
werde, sagte Hahn der „Bild“-<br />
Zeitung.<br />
dpa<br />
Echte Stellen<br />
statt Minijobs<br />
Die Jobcenter wollen verstärkt<br />
Hartz-IV-Empfänger<br />
mit Minijobs in vollwertige<br />
Stellen vermitteln. Die steigende<br />
Zahl an Minijobs werde<br />
immer mehr zu einer Gefährdung<br />
der Sozi<strong>als</strong>ysteme, sagte<br />
der nordrhein-westfälische<br />
Arbeitsminister Guntram<br />
Schneider (SPD) in Dortmund.<br />
Pilotprojekte in Nordrhein-<br />
Westfalen hätten erste Erfolge<br />
gezeigt, hieß es zum Auftakt<br />
der bundesweiten Aktion. Unter<br />
dem Motto „Mehrwert<br />
schaffen“ sollen die Jobcenter<br />
bei Unternehmen und Beschäftigten<br />
dafür werben, Minijobs<br />
in eine sozialversicherungspflichtige<br />
Beschäftigung<br />
umzuwandeln. Ziel sei es,<br />
Hartz-IV-Bezieher wieder zurück<br />
in eine existenzsichernde<br />
Beschäftigung zu vermitteln<br />
und den Betrieben eingearbeitete<br />
und motivierte Beschäftigte<br />
langfristig für ihr Unternehmen<br />
zu sichern.<br />
Gleichzeitig würden die Sozialkassen<br />
der Städte und Gemeinden<br />
und die Steuerzahler<br />
entlastet, hieß es. epd