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P.T MAGAZIN 01/2010

Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung

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Regional-Special<br />

Die Stadt mit den vielen Gesichtern<br />

Auch in Berlin geht es um mehr als nur ums Geld<br />

Die Lücke<br />

46<br />

Jede Metropole hat zwei Gesichter. Mindestens.<br />

Der Berliner Ex-Finanzsenator Thilo<br />

Sarrazin, der es mit einem rigiden<br />

Sparkurs geschafft hat, den Haushalt<br />

der Hauptstadt 2008 mit einem<br />

Überschuss von fast einer Milliarde<br />

Euro abzuschließen, hatte Ende des<br />

Jahres mächtig Wind aufgewirbelt.<br />

Wer befürchtet, dass durch ihn die<br />

Stadt ein schlechtes Image bekommen<br />

hat, ist etwas kurzsichtig. Jede<br />

Metropole hat zwei Gesichter. Mindestens.<br />

Unter der Überschrift „Klasse statt<br />

Masse – Von der Hauptstadt der<br />

Transferleistungen zur Metropole der<br />

Eliten“ in den „Lettre International“<br />

wurde das Interview des Berlin-Kenners<br />

mit den dazugehörigen Diskussionen<br />

unerwartet zum Renner. An<br />

den zitierten Fetzen des Gesprächs<br />

über Berlin kam kurzzeitig niemand<br />

vorbei. Fazit des Ganzen langfristig:<br />

Wenn es um Berlin geht, sind seine<br />

Bemerkungen ernst zu nehmen.<br />

Berlin ganz hinten<br />

Vorreiter des Wandels im Osten<br />

Deutschlands war und ist die Industrie.<br />

So sieht es das Institut der<br />

deutschen Wirtschaft Köln. Sie trägt<br />

mittlerweile ein Fünftel zur Bruttowertschöpfung<br />

bei – im Westen<br />

sind es 25 Prozent. Die IW-Studie<br />

verkündete Ende 2009: In diesem<br />

Jahr erreicht das ostdeutsche Bruttoinlandsprodukt<br />

(BIP) pro Kopf 70 Prozent<br />

des westdeutschen Wertes. Als<br />

Grund für das Turbo-Wachstum gibt<br />

die Studie die massive Förderung an.<br />

Am schlechtesten schnitt Berlin in<br />

dieser Studie ab – trotz Solidarpakt<br />

Ost bis 2<strong>01</strong>9, dem Stadtstaatenzuschlag<br />

und dem Länderfinanzausgleich,<br />

dessen Hauptempfänger<br />

Berlin ist. Die Hauptstadt rangiert in<br />

Sachen Wirtschaftsentwicklung ganz<br />

hinten in Deutschland. Seit 2000<br />

schrumpfte das BIP im Schnitt um 0,2<br />

Prozent im Jahr. Dagegen legte selbst<br />

die Industrie in Brandenburg im Jahresschnitt<br />

um real acht Prozent zu.<br />

Hat Berlin überhaupt Industrie?<br />

(Foto: © Anja Semling/PIXELIO)<br />

„Berlin als eine Stadt des<br />

Wandels und der unterschiedlichsten<br />

Perspektiven bietet<br />

Raum, Aufbruchstimmung und<br />

kreatives Potenzial, um neues<br />

Wissen zu schaffen.“<br />

Prof. Eckard Minx,<br />

Leiter Forschung, Gesellschaft und<br />

Technik, DaimlerChrysler<br />

Auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung<br />

(DIW) kommt nach<br />

einer Studie im Sommer 2009 zum<br />

Schluss – es fehlen zehntausende<br />

Jobs, um mit anderen Großstädten<br />

gleichziehen zu können. IG Metall-<br />

Bevollmächtigter Arno Hager erklärte:<br />

„Berlin hat eine identifizierte<br />

Industrielücke.“<br />

Der Blick auf die Statistik ist alarmierend:<br />

Seit 1991 hat Berlin mehr<br />

als 150 000 Industriearbeitsplätze<br />

verloren. In den letzten vier Jahren<br />

konnte dieser Trend zwar durchbrochen<br />

werden. Die Zahl der Jobs im<br />

verarbeitenden Gewerbe ist seit 2006<br />

sogar wieder leicht gestiegen.<br />

Die wirtschaftliche Leistung Berlins<br />

liege noch weit unter ihrem Potenzial,<br />

so das DIW. So bestehe eine „große<br />

gesamtwirtschaftliche Beschäftigungslücke“<br />

in der Hauptstadt. In der<br />

Industrie fehlen demnach 90 000<br />

Jobs, im Dienstleistungsbereich gar<br />

280 000 Arbeitsplätze. Bei einem<br />

Vergleich der Zahl der Arbeitsplätze<br />

mit der Einwohnerzahl betrage der<br />

Abstand Berlins zu München oder<br />

Hamburg etwa 30 Prozent. Bei den<br />

industriellen Arbeitsplätzen klaffe<br />

gar eine Lücke von 70 Prozent, wie es<br />

in der Studie heißt.<br />

Industrie!<br />

Der Chef der Vereinigung der Unternehmensverbände<br />

Berlin-Brandenburg,<br />

Christian Amsinck, kritisierte:<br />

Gelegentlich entstehe der Eindruck,<br />

dass den Regierenden die Bedeutung<br />

der Industrie „nicht so klar sei“.<br />

Immerhin hat der Berliner Senat<br />

beschlossen: Das Berliner Standort-<br />

Management gehört koordiniert.<br />

Im Charlottenburger Stadtteil steht<br />

das Ludwig-Erhard-Haus. Hier werden<br />

seit Neuestem Unternehmen<br />

durch die Wirtschaftsfördergesellschaft<br />

Berlin Partner GmbH zusammen<br />

mit der ZAB Zukunftsagentur<br />

Brandenburg betreut.<br />

Endlich<br />

Mit dieser Neukonzeption zieht der<br />

Senat die Konsequenz aus einer<br />

von der Wirtschaftsverwaltung in<br />

Auftrag gegebenen Untersuchung.<br />

Demnach gibt es zu viele Akteure<br />

und Kompetenzüberschneidungen.<br />

Es fehlt an Abstimmung und systematischer<br />

Kommunikation mit den<br />

Unternehmen. Seit Sommer 2009 ist<br />

nun klar, 400 strategisch wichtige<br />

Berliner Unternehmen sollen intensiv<br />

betreut werden. „Berlin Partner“<br />

wird den Unternehmensservice im<br />

Januar 2<strong>01</strong>0 starten, die Betreuung<br />

der wichtigen begann bereits im<br />

Oktober letzten Jahres. Der Vorsitzende<br />

des DGB-Landesbezirkes Berlin-<br />

Brandenburg Dieter Scholz (weiter<br />

auf Seite 50)<br />

P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 1/2<strong>01</strong>0

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