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P.T MAGAZIN 01/2010

Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung

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Politik<br />

er den Betrieb ganz schließt. Es sei<br />

denn, Betrieb oder Unternehmer sind<br />

noch verschuldet.<br />

Das trifft aber meistens zu. Dann<br />

kann man eben nicht einfach zumachen.<br />

Die Gläubiger, die das Geld für<br />

den Betrieb gegeben haben, würden<br />

sich getäuscht fühlen und wollen<br />

ihre Darlehen natürlich zurück. Dann<br />

bleibt nur Insolvenz. Und von den<br />

800 bis 1 000 Unternehmen, die täglich<br />

(!) liquidiert werden, ohne dass<br />

ein Insolvenzverfahren eröffnet wird,<br />

nimmt gar keine Öffentlichkeit Notiz.<br />

Diese Chefetage im Ruhrgebiet hatte schon 1880 mit einer festgefahrener Steuerreform<br />

zu tun – Bismarcks förderale Reform kam über Jahre nicht voran.<br />

(Foto: © Dieter Schütz/PIXELIO)<br />

7<br />

Verlierer<br />

Das sind einfach die Verlierer. Niemand<br />

in der Öffentlichkeit nimmt<br />

Notiz davon, dass diese Unternehmen<br />

für das Gemeinwesen wichtig waren.<br />

Die Öffentlichkeit, gerade in den quotenstarken<br />

Sendungen wie Sonntags<br />

bei Anne Will, kennt die Realität<br />

nicht. Die Realität ist nämlich folgende:<br />

In den fixen und Einkaufs-<br />

Kosten von insgesamt 650.000 Euro<br />

im obigen Beispiel stecken bereits<br />

ca. 20.000 Euro Steuern und Abgaben<br />

an den Staat: Benzinsteuer,<br />

Zwangsbeiträge zu Kammern und<br />

Berufsgenossenschaften, Versicherungssteuern,<br />

GEMA GEZ, usw. usw.<br />

In den 250.000 Euro Lohnkosten stecken<br />

durchschnittlich 100.000 Euro<br />

Lohnsteuern und vor allem Sozialabgaben.<br />

Und auf die Wertschöpfung<br />

dieser Lohnkosten will der Fiskus<br />

Mehrwertsteuer haben, und zwar im<br />

Regelfall als Sollversteuerung, also<br />

nach Rechnungslegung, teilweise<br />

Monate, bevor das Unternehmen seine<br />

Rechnung tatsächlich beglichen<br />

bekommt. 19 Prozent von 250.000<br />

Euro sind 47.500 Euro.<br />

Strafsteuer<br />

Summa summarum: Selbst ein Unternehmen,<br />

dass KEINEN Gewinn<br />

macht und deshalb keine Gewinnsteuer<br />

zahlt, hat in diesem Falle<br />

167.500 Euro Steuern und Abgaben<br />

an den Staat abgeführt. Und zwar,<br />

bevor es die eigenen Rechnungen<br />

beglichen bekommt. Die säumigsten<br />

Zahler, die am spätesten zahlen, sind<br />

übrigens seit Jahren die öffentlichen<br />

Haushalte. Die von ihnen eingeforderten<br />

Steuern und Abgaben werden<br />

dagegen immer als Vorauszahlung<br />

erwartet. Verfehlungen und Säumnisse<br />

dabei werden ausnahmslos<br />

als Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten<br />

verfolgt.<br />

Je Mitarbeiter sind das 16.700 Euro<br />

im Jahr oder 1.391 Euro im Monat.<br />

Einen Teil dieser Beträge würden die<br />

meisten Unternehmer gern netto<br />

den Arbeitnehmern mehr auszahlen.<br />

Aber der Fiskus ist schneller. Mit<br />

einem Teil dieser Beträge könnten<br />

viele in Not geratene Unternehmen<br />

auch ihre Probleme meistern. Wenn<br />

Sie Glück haben, bekommen sie<br />

vielleicht eine Bürgschaft einer Bürgschaftsbank,<br />

damit ihnen eine Bank<br />

einen Überbrückungskredit ausreicht.<br />

Den müssen sie natürlich verzinsen.<br />

Und die Bürgschaft müssen sie<br />

auch noch bezahlen. Dieses System<br />

bestraft gerade diejenigen, die das<br />

System braucht: Die Unternehmen,<br />

die Arbeitsplätze schaffen.<br />

Einfacher, gerechter, niedriger!<br />

Im Gegensatz zur bettelarmen DDR<br />

kann heute kein Arbeitnehmer<br />

seinen Lohnzettel lesen und sein<br />

Nettogehalt ausrechnen. Mit dem<br />

begrifflichen Trick der Arbeitgeberund<br />

Arbeitnehmerbeiträge zu den<br />

Sozialkassen wird verschleiert, dass<br />

nicht der Unternehmer, sondern der<br />

Staat die Hälfte dessen abgreift, was<br />

der Unternehmer an Arbeitsplatzkosten<br />

hat. Und von dem, was netto<br />

ausgezahlt wird, greift „Väterchen“<br />

Staat noch mal ca. 20 bis 30 Prozent<br />

ab: Mehrwertsteuer, Kaffeesteuer,<br />

Sektsteuer, Versicherungssteuer,<br />

GEZ, Kindergartengebühren, Schulbuchgelder,<br />

Altersvorsorge und und<br />

und… Unterm Strich summieren<br />

sich diese Belastungen bereits bei<br />

Monatseinkommen um 3.000 Euro<br />

auf 75 Prozent der Beträge, die dem<br />

Arbeitgeber insgesamt an Lohn- und<br />

Lohn„neben“kosten entstehen.<br />

Nachhaltigkeit<br />

Um auf die Eingangsfrage zurückzukommen:<br />

Reich ist ein Unternehmer<br />

dann, wenn der Einsatz seines Privatvermögens<br />

die Insolvenz seines<br />

Unternehmens verhindern kann. Im<br />

Ernstfall heißt das: Ein Jahresumsatz<br />

muss als liquides Vermögen beim<br />

Unternehmer zur betrieblichen Verfügung<br />

stehen. Das wäre Nachhaltigkeit<br />

auf betrieblicher Ebene. Die deutschen<br />

Steuer- und Abgabengesetze<br />

und eine öffentliche Debatte, die<br />

Unternehmer und Manager verwechselt,<br />

Kleinunternehmer geringschätzt,<br />

börsenfixiert ist und ausschließlich<br />

Einnahmeprobleme des Staates diskutiert,<br />

bewirkt das Gegenteil. Da<br />

gelang es nicht einmal der (ehemaligen)<br />

Milliardärin Madeleine Schickedanz,<br />

den Schaden auszubügeln,<br />

den angestellte Quelle-Manager über<br />

Jahre hinweg angerichtet haben.<br />

Es ist höchste Zeit für einfachere,<br />

gerechtere, niedrigere Abgabenbelastungen<br />

und für die Erkenntnis, das<br />

des Bürgers Portemonnaie einem<br />

freiheitlichen Staat als schutzwürdiges<br />

Biotop gelten sollte. n<br />

P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 1/2<strong>01</strong>0

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