Musikalische Bildung in Deutschland - Deutscher Musikrat
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Thesen für die <strong>Bildung</strong>spolitik<br />
1.5. Musik im Bereich der Sekundarbildung<br />
Damit <strong>Deutschland</strong> weiterh<strong>in</strong> aufgrund se<strong>in</strong>er künstlerischen, wirtschaftlichen und pädagogischen Potenziale<br />
e<strong>in</strong>es der bedeutenden Musikländer bleiben kann, sollte e<strong>in</strong>e gesellschaftlich verantwortliche <strong>Bildung</strong>spolitik<br />
mit Änderungen reagieren und das Fach Musik <strong>in</strong> den Schularten der Sekundarstufe I durchgehend <strong>in</strong> allen Jahrgängen<br />
als Pflichtfach mit zwei wöchentlichen Unterrichtse<strong>in</strong>heiten e<strong>in</strong>führen.<br />
Die Wahl des Faches Musik bei Schülern der gymnasialen Oberstufe und die Konstituierung von Leistungskursen<br />
Musik hängen wesentlich davon ab, welche zeitlichen Chancen die Stundentafel der Sekundarstufe I dem<br />
Fach Musik gab, um e<strong>in</strong>en aufbauenden Musikunterricht zu realisieren.<br />
Schulpolitik und Schulverwaltung können rechtliche und organisatorische Voraussetzungen schaffen, damit<br />
vom schulischen Musikunterricht aus und im Rahmen des Schultages Kooperationen mit außerschulischen Institutionen<br />
der Musikkultur (Musikschulen, Musiktheatern, Orchestern, Musikvere<strong>in</strong>en, Kirchenmusik) ermöglicht<br />
werden – die zeitliche Belastung der Schüler durch die Ausdehnung des täglichen Unterrichts bis <strong>in</strong> den<br />
späten Nachmittag h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> verh<strong>in</strong>dert oft z. B. den Besuch von Musikschulen.<br />
Bei Schulen der Sekundarstufe hat sich die Kooperation des Musikunterrichts mit Musikvere<strong>in</strong>en <strong>in</strong> besonderer<br />
Weise als nachhaltig bewährt: Schüler erhielten so die Möglichkeit, <strong>in</strong> den Musikvere<strong>in</strong>en e<strong>in</strong> Instrument zu<br />
erlernen, e<strong>in</strong>em Musikzug oder Blasorchester anzugehören und aufgrund ihrer Akzeptanz im Vere<strong>in</strong> auch E<strong>in</strong>blicke<br />
und Kontakte zu den Berufen der älteren Vere<strong>in</strong>smitglieder zu gew<strong>in</strong>nen.<br />
Wegen der Dom<strong>in</strong>anz der MINT-Fächern darf das Musizieren <strong>in</strong> Schulensembles ke<strong>in</strong>en weiteren Abbau erfahren.<br />
Auch hier kommt der Sekundarstufe I e<strong>in</strong>e besondere Bedeutung zu, entscheidet doch e<strong>in</strong> motivierender<br />
Musikunterricht <strong>in</strong> den Klassen 5 und 6 darüber, ob bei der Abiturfeier oder der Außenrepräsentation der Schule<br />
e<strong>in</strong> Musikensemble zur Verfügung steht.<br />
Musikensembles und Musicals bereichern ebenso wie Kooperationen das Schulleben, verlangen von Musiklehrern<br />
aber auch e<strong>in</strong> Engagement weit über ihr Stundenkont<strong>in</strong>gent h<strong>in</strong>aus. Die Anerkennung dieser Leistungen<br />
durch die Schulverwaltung mittels e<strong>in</strong>er Regelung zur angemessenen Anrechenbarkeit im Stundenkont<strong>in</strong>gent<br />
wird zum Aufbau weiterer Schulensembles motivieren. Diese Leistungen bedürfen e<strong>in</strong>er entsprechenden Regelung<br />
durch die Schulverwaltung.<br />
Zu den Inhalten des Musikunterrichts gehört auch die Verdeutlichung der wirtschaftlichen Dimension der Musik<br />
und ihrer Berufe. Schüler erhalten auf diese Weise Vorstellungen von den vielfältigen Berufen der Musikkultur<br />
und der Musikwirtschaft sowie von Musikberufen <strong>in</strong> musikpädagogischen und sozialpädagogischen Tätigkeitsfeldern.<br />
In Schulen der beruflichen Sekundarstufe II ist der Vermittlung e<strong>in</strong>er künstlerisch-ästhetischen Allgeme<strong>in</strong>bildung<br />
mehr Aufmerksamkeit zu widmen, zumal hier offenbar große Defizite im Angebot an Musikunterricht<br />
vorliegen. Es wird angeregt, dass die Länder diese Situation untersuchen und Maßnahmen zur Verbesserung<br />
e<strong>in</strong>leiten.<br />
1.6. Musik <strong>in</strong> Förderschulen<br />
Unabhängig von der Frage der Inklusion bedürfen K<strong>in</strong>der und Jugendliche mit Handicps e<strong>in</strong>er spezifischen musikalischen<br />
Förderung. Deswegen benötigen Schulen, die die Inklusion von Beh<strong>in</strong>derten fördern, zusätzliches<br />
speziell sonderpädagogisch ausgebildetes Personal, um den Anspruch der Beh<strong>in</strong>derten auf <strong>in</strong>dividuelle Fördermethodik<br />
erfüllen zu können.<br />
Die Methodik des förderpädagogischen Musikunterrichts kann von besonderer Relevanz für das Lernen an<br />
Grundschulen und im Sekundarbereich se<strong>in</strong>. Vor dem H<strong>in</strong>tergrund zunehmender Lernstörungen müssen Lehrern<br />
mit dem Fach Musik Grundlagen der Förderpädagogik <strong>in</strong> der Aus- und Fortbildung vermittelt werden, zumal<br />
heute zunehmend mehr Lernstörungen im Schulalltag der allgeme<strong>in</strong> bildenden Schulen zu beobachten s<strong>in</strong>d.<br />
Trotz der nachgewiesenen rehabilitativen Wirkung von Musik gibt es an Förderschulen bisher noch zu wenig<br />
Förderpädagogen mit dem Fach Musik. Daher sollte jedes Land – eventuell als länderübergreifende Kooperation<br />
– dafür sorgen, dass <strong>in</strong> der Lehreraus- und -fortbildung e<strong>in</strong> Hochschulzentrum mit dem Ausbildungs- und<br />
Forschungsgebiet Förderpädagogik existiert, das auch Musik <strong>in</strong> der Sonderpädagogik als Studienfach anbietet.<br />
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