Musikalische Bildung in Deutschland - Deutscher Musikrat
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II. <strong>Musikalische</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong><br />
Im Kapitel 6 des umfangreichen KMK-Papiers „Sekundarbildung …“ 19 f<strong>in</strong>det Musik nur achtmal Erwähnung: als Unterrichtsfach<br />
(Hauptschule, Realschule, Gymnasium), als Fach der Jahrgangsstufen 5-10 des Gymnasiums und des Wahlpflichtbereichs,<br />
als Fach mit praktischen Leistungsnachweisen und als Fach des sprachlich-literarisch-künstlerischen<br />
Aufgabenfeldes <strong>in</strong> der Sekundarstufe II zusammen mit Deutsch, Fremdsprachen und Bildender Kunst. Musik gehört nicht<br />
zum Fächer-Kernbestand der Jahrgansstufen 5-10, sondern zu den Pflicht- oder Wahlpflichtfächern zusammen mit Kunst<br />
und Sport. 20 Weiterh<strong>in</strong> wird auf die Möglichkeit der Zusammenarbeit des Faches Musik mit außerschulischen E<strong>in</strong>richtungen<br />
der Jugendbildung wie z. B. Jugendmusikschulen h<strong>in</strong>gewiesen. 21<br />
E<strong>in</strong>e Analyse des KMK-Textes lässt deutlich werden, dass die Zielvorstellungen der Sekundarstufe I wesentlich von den<br />
Kernfächern (Sprachen, Mathematik und Naturwissenschaften) dom<strong>in</strong>iert s<strong>in</strong>d, um Schüler frühzeitig <strong>in</strong> der Schule mit<br />
dem Wissen und den Fertigkeiten auszustatten, die heute e<strong>in</strong> Berufsleben <strong>in</strong> der Wirtschafts- und F<strong>in</strong>anzwelt erfordert.<br />
Die beobachtete Tendenz e<strong>in</strong>er „Ökonomisierung der <strong>Bildung</strong>s<strong>in</strong>halte“ f<strong>in</strong>det <strong>in</strong> diesem Text ihre Bestätigung; die Vorstellung<br />
von der Aufgabe der Schule als Institution der Formung der Persönlichkeit, als Ort der Reflexion über die geistige,<br />
ethische, soziale und ökonomische Existenz des Menschen mit der Erkenntnis- und Aktionstrias sprachlich <strong>in</strong>terpretierend,<br />
wissenschaftlich forschend, ästhetisch gestaltend sche<strong>in</strong>t <strong>in</strong> den H<strong>in</strong>tergrund zu treten und vom Leitbild e<strong>in</strong>er<br />
re<strong>in</strong>en Verwendbarkeit des Menschen überlagert zu werden. Dabei benötigt doch gerade e<strong>in</strong>e Demokratie nicht nur ausgebildete,<br />
sondern gebildete Bürger, um weiter bestehen zu können.<br />
Die Zuordnung der Musik zum sprachlich-literarisch-künstlerischen Aufgabenfeld (Deutsch, Fremdsprache, Bildende<br />
Kunst, Musik) offenbart Vorstellungen der Ästhetik des 19. Jahrhunderts („die schönen Künste“). Die philosophische, politisch-gesellschaftliche,<br />
wirtschaftliche und technische Dimension der Musik und ihrer Berufe sowie die Bedeutung der<br />
Musik für die Volkswirtschaft 22 wird offenbar noch nicht <strong>in</strong> ihrer Größendimension wahrgenommen, um dem Fach Musik<br />
<strong>in</strong> der Stundentafel mehr als den derzeitigen Rang e<strong>in</strong>es Randfaches zu geben – Musiklehrwerke für die Sekundarstufen<br />
I und II bieten schon seit vielen Jahren Lerne<strong>in</strong>heiten an, um diese Dimensionen der Musik Schülern zu erschließen und<br />
zu verdeutlichen.<br />
Von den Musikverbänden bisher zu wenig beachtet und untersucht wurde die Situation des Musikunterrichts <strong>in</strong> der beruflichen<br />
Sekundarstufe II. 23 Die Herauslösung der künstlerisch-ästhetischen <strong>Bildung</strong> aus dem Pflichtcurriculum der beruflichen<br />
Gymnasien (z. B. BW 1998) hat offenbar dazu geführt, dass nur wenige Schulstandorte überhaupt Musikräume<br />
und e<strong>in</strong> Angebot an Musikunterricht bereitstellen. Am stärksten sche<strong>in</strong>en davon die technischen Schulen betroffen zu<br />
se<strong>in</strong>. Spezielle Fortbildungen für die <strong>Bildung</strong>sarbeit von Musiklehrern <strong>in</strong> der Beruflichen Sekundarstufe II s<strong>in</strong>d den Landesmusikräten<br />
bisher nicht bekannt.<br />
19 op. cit. Seiten 113, 114, 118, 119, 121, 125.<br />
20 op. cit. S. 118<br />
21 op. cit. S. 118<br />
22 Die große wirtschaftliche Bedeutung der Musik im BIP hat nicht nur der Schlussbericht der Enquete-Kommission „Kultur <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>“ des Deutschen Bundestages<br />
2007 (S. 809ff.) herausgestellt, sondern wird auch vom Bundesm<strong>in</strong>isterium für Wirtschaft und Technologie mit weiteren Zahlen belegt:<br />
www.kultur-kreativ-wirtschaft.de/KuK/Navigation/Kultur-Kreativwirtschaft/musikwirtschaft.html. Internet Stand 14.06.2012. Vgl. dazu auch die Presseerklärung<br />
des BMWi vom 17.02.2009: www.bmwi.de/BMWi/Navigation/Presse/pressemitteilungen,did=289984.html?view=renderPr<strong>in</strong>t Internet Stand 14.06.2012. Nicht<br />
erfasst s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> diesen Zahlen die vielen künstlerischen, musikpädagogischen und zuarbeitenden Berufe <strong>in</strong> Orchestern, Musiktheatern, Musikschulen, Schulen,<br />
Hochschulen und anderen Kulture<strong>in</strong>richtungen.<br />
23 Der Landeskongress Musikpädagogik <strong>in</strong> Mannheim griff am 20.20.2011 diese Thematik auf. Erstmals wurden hier auch Zahlen vorgelegt. Siehe dazu weiter unten<br />
den Bericht des Landesmusikrates Baden-Württemberg <strong>in</strong> Kap. 6: Dokumentation: Musikunterricht und <strong>Musikalische</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> – e<strong>in</strong> Thema <strong>in</strong><br />
sechzehn Variationen.<br />
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