Musikalische Bildung in Deutschland - Deutscher Musikrat
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II. <strong>Musikalische</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong><br />
Bei „Jedem K<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> Instrument“ fehlen erheblich Fachkräfte, die für diesen Unterricht <strong>in</strong> großen heterogenen Gruppen,<br />
für Unterricht im Schulzusammenhang und für Unterricht mit e<strong>in</strong>em oft schwierigen sozialräumlichen H<strong>in</strong>tergrund<br />
ausgebildet s<strong>in</strong>d. Entsprechende Fortbildungen sollten erweitert werden.<br />
Staatliche Jugendmusikschule.<br />
Die Staatliche Jugendmusikschule selbst, die ihren Unterricht meist <strong>in</strong> Schulräumen der staatlichen Schulen abzuhalten<br />
hat, hat mittlerweile große Schwierigkeiten, ausreichend Räume zur Verfügung gestellt zu bekommen. Die Schulen<br />
s<strong>in</strong>d gezwungen, diese immer häufiger selbst zu nutzen. Das Zeitfenster für die Individualbildung, das früher zwischen<br />
13 und 14 Uhr begann, hat sich auf spätere Tageszeiten verlagert. Diese s<strong>in</strong>d für den Musikunterricht ungünstig, besonders<br />
für den Unterricht mit jungen Schülern.<br />
Die unzureichende Versorgung mit Musikunterricht hat Konsequenzen für die Berufsvorbereitung.<br />
Noch gilt <strong>Deutschland</strong> <strong>in</strong>ternational als Musikland. Doch es s<strong>in</strong>d bereits Defizite zu beklagen. Junge Leute, die hier das<br />
Instrumentalspiel erlernen, haben abnehmend Chancen, an den Musikhochschulen e<strong>in</strong>en Studienplatz zu bekommen.<br />
Unsere Musikbildung und Ausbildung werden von den Ausbildungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen anderen Ländern längst übertroffen.<br />
Manche Studiengänge der 24 deutschen Musikhochschulen s<strong>in</strong>d bis zu 60% mit ausländischen Studierenden belegt.<br />
Es ist selbstverständlich, dass dies ke<strong>in</strong>e ausländerfe<strong>in</strong>dliche Haltung ist. Im Gegenteil, diese jungen Leute s<strong>in</strong>d unseren<br />
Hochschulprofessoren verständlicherweise aufgrund ihrer besseren Vorbereitung sehr willkommen. Hochschulausbildungen<br />
müssen höchsten Ansprüchen genügen. Doch es sollte uns Gedanken machen, dass sich die <strong>Bildung</strong>sund<br />
Berufschancen unserer <strong>Bildung</strong>s<strong>in</strong>nenländer („Wurzeldeutsche“) zunehmend verschlechtern.<br />
Profiloberstufe<br />
Seit E<strong>in</strong>führung der neuen Profiloberstufe ist die Zahl der Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler, die e<strong>in</strong>en Musikkurs der Oberstufe<br />
besuchen, weiter zurückgegangen. Dem Hören nach gibt es an Hamburgs 59 gymnasialen Oberstufen nur e<strong>in</strong>e Hand<br />
voll Musikprofile mit vierstündigem Musikunterricht. Die meisten Schulen bieten gar ke<strong>in</strong> Musikprofil an. Deshalb gibt<br />
es auch <strong>in</strong> erreichbarer Nähe meist ke<strong>in</strong>e Schule mit Musikprofil. Da die Schüler über die Jahre h<strong>in</strong>weg wenig Musikunterricht<br />
erlebt haben, s<strong>in</strong>d sie nicht motiviert oder schlecht vorbereitet, um dieses Fach auf der Oberstufe zu wählen.<br />
Außerdem müssen Fächerkomb<strong>in</strong>ationen gewählt werden. Es kann von der Wahl e<strong>in</strong>es Musikprofils abhalten, wenn<br />
Schüler sich für die anderen Fächer, die zum Profil (Fächergruppe) gehören, nicht <strong>in</strong>teressieren bzw. wenn sie <strong>in</strong> diesen<br />
Fächern nicht erfolgreich genug se<strong>in</strong> werden. Auch kommen Kurse nicht zustande, weil die vorgeschriebene Teilnehmerm<strong>in</strong>destzahl<br />
nicht erreicht wird. Oder aufgrund der Fächerkomb<strong>in</strong>ation sitzen auch Schüler <strong>in</strong> den Musikkursen,<br />
die das Fach aufgrund anderer Fächer mit wählen mussten, denen aber die nötige Motivation für die Musik fehlt. Das<br />
wirkt sich negativ auf Gesamtmotivation und Leistung aus.<br />
Die Belegregeln verh<strong>in</strong>dern, dass alle <strong>in</strong>teressierten Schüler unabhängig von ihren sonstigen Stärken und Interessen<br />
Musik wählen können. Mit Blick auf die Anforderungen e<strong>in</strong>er Musikhochschuleignungsprüfung ist die zeitliche Belastung<br />
der Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler <strong>in</strong> der Profiloberstufe dem musikalischen Lernen und der Tiefe der Ause<strong>in</strong>andersetzung,<br />
damit der Prüfungsvorbereitung abträglich.<br />
Die Profiloberstufe sollte den Schülern dr<strong>in</strong>gend mehr Möglichkeiten bieten, e<strong>in</strong>en Musikunterricht besuchen zu können.<br />
Lehrerarbeitszeit<br />
In Hamburg gilt e<strong>in</strong>e Arbeitszeitverordnung, die die Lehrerarbeitszeit faktorisiert. Die Faktoren sollen die außerunterrichtlichen<br />
Tätigkeiten der Lehrkräfte erfassen und mit angemessenen Zeitzuschlägen ausstatten. Dabei gibt es unterschiedliche<br />
Faktorisierungen, die allerd<strong>in</strong>gs alle unter e<strong>in</strong>em als realistisch angesehenen Faktor liegen. Das bremst<br />
allzu häufig das Engagement. Die Musiklehrkräfte halten e<strong>in</strong>en Faktor 1,5 für angemessen und notwendig, vor allem<br />
bei der Leitung der Schulchöre, Big Bands und der Schulorchester.<br />
E<strong>in</strong>stellungsverfahren<br />
Bei E<strong>in</strong>stellungen von Musiklehrern orientiert sich Hamburg lediglich an der Abschlussnote, berücksichtigt als E<strong>in</strong>stellungskriterium<br />
nicht die im Studium besuchten Lehrveranstaltungen / Studien<strong>in</strong>halte und erworbenen Kompetenzen.<br />
Die Lehrerausbildung ist andererseits gehalten, die 1. und 2. Phase, Studium und Referendariat, eng mite<strong>in</strong>ander zu<br />
verzahnen. Das läuft überwiegend <strong>in</strong>s Leere, weil <strong>in</strong> das Referendariat mehrheitlich Absolventen anderer Bundesländer<br />
aufgenommen werden, die anders vorbereitet wurden.<br />
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