Mein Gewissen ist die Wahrheit - Kath.de
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Kirchenkampf in <strong>de</strong>r Tschechoslowakei IX.<br />
IX. Spionage-Ziel: Radio Vatikan<br />
Wie für an<strong>de</strong>re „sozial<strong>ist</strong>ischen Sicherheitsorgane“ galt auch für <strong>de</strong>n Nachrichten<strong>die</strong>nst <strong>de</strong>s<br />
kommun<strong>ist</strong>ischen Regimes in Prag „<strong>die</strong> Stimme <strong>de</strong>s Papstes“, also Radio Vatikan, als eine<br />
erste Adresse <strong>de</strong>r Ausforschung, ob mit funktechnischen Mitteln o<strong>de</strong>r durch <strong>die</strong> „Arbeit am<br />
Mann“, sprich: <strong>de</strong>n Spitzel. Radio Vatikan war bei seiner Gründung im Jahre 1931 <strong>de</strong>m<br />
Jesuitenor<strong>de</strong>n übertragen wor<strong>de</strong>n. Den StB interessierte selbstverständlich in erster Linie das<br />
tschechische Programm, d.h. <strong>die</strong> dort tätigen Redakteure aus <strong>de</strong>r Tschechoslowakei. Von dort<br />
o<strong>de</strong>r umgekehrt bestan<strong>de</strong>n engste Beziehungen zum tschechischen Stu<strong>die</strong>nkolleg in Rom,<br />
<strong>de</strong>m „Nepomucenum“. (1) In bei<strong>de</strong>n Richtungen begegnen einige <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n<br />
Kapiteln genannten Personen.<br />
Zwar stehen nur wenige Details über <strong>die</strong>sen Spezialbereich <strong>de</strong>r Spione aus <strong>de</strong>m Osten vor,<br />
<strong>de</strong>nnoch soll an <strong>de</strong>r Lebensgeschichte einiger Betroffener das Ausmaß <strong>de</strong>r Bespitzelung und<br />
Verfolgung, bis hin zur physischen Vernichtung einiger Opfer, wenigstens in Umrissen<br />
dargestellt wer<strong>de</strong>n. Ein erschüttern<strong>de</strong>s Zeugnis liefert <strong>de</strong>r Brief, <strong>de</strong>n P. Josef Kolácek SJ<br />
schrieb. (2)<br />
Josef Kolácek, geboren 1929 in Brünn-Bystrc , fand 1968, „nach <strong>de</strong>r Invasion <strong>de</strong>r Roten<br />
Armee“ als politischer Flüchtling Aufnahme in Österreich. An <strong>de</strong>r Hochschule <strong>de</strong>r Jesuiten in<br />
Innsbruck (<strong>Kath</strong>olisch-Theologische Fakultät <strong>de</strong>r staatlichen Leopold-Franzens-Universität),<br />
been<strong>de</strong>t er seine Stu<strong>die</strong>n, ging zwei Jahre später nach Rom und leitete ab <strong>de</strong>m 1. Oktober<br />
1970 <strong>die</strong> tschechische Sektion von Radio Vatikan.<br />
Vatikanische „Ostpolitik“<br />
Die Ketten sowjetischer Panzer noch im Ohr, o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rs ausgedrückt: „Nach <strong>de</strong>r persön<br />
lichen Erfahrung mit <strong>de</strong>n Kommun<strong>ist</strong>en in <strong>de</strong>r Heimat, mit <strong>de</strong>m Regime, mit <strong>de</strong>r Verfolgung<br />
<strong>de</strong>r Kirche, mit <strong>de</strong>n Spitzeln und mehrstündigen Verhören von <strong>de</strong>r StB“ (gemeint <strong>ist</strong> <strong>die</strong><br />
Staatssicherheit, Anmerkung <strong>de</strong>s Autors), „mit <strong>de</strong>r harten Arbeit“, <strong>die</strong> von <strong>de</strong>n kommun<strong>ist</strong>ischen<br />
Behör<strong>de</strong>n als „Umschulung“ <strong>de</strong>klariert wur<strong>de</strong>, in Wirklichkeit aber nichts an<strong>de</strong>res als eine<br />
Strafmaßnahme gewesen sei, wird <strong>de</strong>r tschechischen Exil-Priester mit einer an<strong>de</strong>ren Art von<br />
Real-Politik konfrontiert. Es sind „<strong>die</strong> Vorstellungen o<strong>de</strong>r Einsichten <strong>de</strong>r verantwortlichen<br />
vatikanischen Diplomaten für <strong>die</strong> vatikanische „Ostpolitik“. Kolácek apostrophiert <strong>de</strong>n<br />
Begriff.<br />
Kolácek schreibt, er sei doch sehr erstaunt über <strong>die</strong> Haltung <strong>de</strong>r Herren aus <strong>de</strong>m<br />
vatikanischen Außenmin<strong>ist</strong>eriums gewesen. Er erwähnt namentlich Casaroli, Silvestrini,<br />
Cheli, Poggi und Colasuonno (3).<br />
Das waren <strong>die</strong> Spitzendiplomaten <strong>de</strong>s Heiligen Stuhls aus <strong>de</strong>m Führungskreis um Casaroli im<br />
Rat für öffentliche Angelegenheiten (<strong>de</strong>m vatikanischen „Außenmin<strong>ist</strong>erium“), <strong>die</strong> in<br />
verschie<strong>de</strong>nen Teilen <strong>de</strong>r Welt, beson<strong>de</strong>rs aber Son<strong>de</strong>rmissionen in <strong>de</strong>n Län<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>s Ostblock<br />
übernahmen, d. h. in <strong>de</strong>n Hauptstädten <strong>de</strong>r sozial<strong>ist</strong>ischen Staaten einen nach vatikanischer<br />
Ansicht praktikablen „modus vivendi“ („mit etwas leben“ zu können) suchten und dabei,<br />
wohl o<strong>de</strong>r übel, eine gewisse Flexibilität gegenüber <strong>de</strong>n Wünschen <strong>de</strong>r staatlichen<br />
Gesprächspartner zeigen mussten, in <strong>de</strong>r Hoffnung auf zumin<strong>de</strong>st Minimalerfolge. Papst<br />
Johannes Paul II. hat <strong>die</strong> hier Genannten allesamt später mit <strong>de</strong>m Purpur (<strong>de</strong>s Kardinalats)<br />
ausgezeichnet.<br />
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